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GenReis

Rede von Ulla Krajewski

Sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,

ich spreche für die Coordination gegen Bayer-Gefahren

und möchte mich einem Thema widmen, das uns schon viele Jahre beschäftigt, nämlich der grünen Gentechnik. Hierbei konzentriere ich mich auf die Bayer-Reissorte L L 62, für die Bayer einen Importantrag bei der EU gestellt hat.

Auf Ihrer Website habe ich nachgelesen, und ich zitiere: „Sicherheit und Umweltverträglichkeit haben auch bei unseren gentechnischen Produkten höchste Priorität. Wir vertreiben gentechnische Produkte oder Verfahren nur, wenn ihre Sicherheit und Umweltverträglichkeit nach dem Stand des Wissens und der Technik gewährleistet sind.“

Was Bayer unter „Sicherheit und Umweltverträglichkeit“ versteht, werde ich Sie, Herr Wenning, später fragen.

L L 62 ist gegen das Bayer-Herbizid Liberty resistent. Dieses Herbizid enthält den wegen seiner auch für den Menschen hohen Giftigkeit umstrittenen Wirkstoff Glufosinat.

Im Jahre 2004 hat Bayer bei der EU einen Antrag gestellt, dem Import von LL 62 die Genehmigung zu erteilen. Angebaut werden soll dieser Reis jedoch vornehmlich in asiatischen Ländern, wo er das Hauptnahrungsmittel der Menschen ist. Fast 3 Mia. Menschen weltweit ernähren sich vorwiegend von Reis.

Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden, und die CBG hat Anfang diesen Jahres zusammen mit anderen Organisationen, darunter Greenpeace, dem „Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland“, dem „Gen ethischen Netzwerk“ und den Anbauverbänden Demeter, Bioland und Naturland einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin geschrieben.

Folgende Bedenken gegen die Importzulassung haben wir, und folgende Fragen möchte ich auch heute hier loswerden:

Im Jahre 2004 hatten bereits 9 der damals 15 EU-Mitgliedsländer Bedenken gegen eine Zulassung von LL-Reis geäußert. Daraufhin wurde eine Stellungnahme der EFSA, der europäischen Nahrungsmittelsicherheitsbehörde, angefordert.

Die EFSA kam im letzten Jahr zu dem Ergebnis, dass der Import von herbizidresistentem Reis keine Gefahr für europäische Verbraucher darstelle. Gleichwohl wurde auf das Risiko für die Anbauländer hingewiesen, nämlich dass eine ungewollte Auskreuzung sowohl in konventionelle Reiskulturen als auch in Wildkräuter, die dem Reis verwandt sind, möglich sei.

Erfahrungen mit dem Auskreuzungsrisiko von LL-Reis mussten die US-amerikanischen und europäischen Verbraucher im Sept. vorletzten Jahres machen.

Bei Kontrollen im Lebensmittelhandel sind nämlich in 30 Ländern mit LL 601 verunreinigte Produkte entdeckt worden. Pikanterweise war LL 601 jedoch in keinem Land der Welt zum Anbau zugelassen, sondern es hatte nur umgrenzte Freilandversuche in den USA gegeben. Die gesundheitlichen Risiken für die Verbraucher waren also unbekannt. Zudem entstand durch Rückrufe und Importausfälle der amerikanischen Reis-Wirtschaft ein Schaden von geschätzten 1,2 Mia. US-$.

Bayer hingegen wies jegliche Entschädigungsforderung mit dem Argument zurück, dass es sich um höhere Gewalt gehandelt habe.

Nun frage ich Sie, Herr Wenning: Wie bringen Sie einerseits „Sicherheit als höchste Priorität“, wie auf Ihrer Website zu lesen ist, und andererseits den Hinweis auf „höhere Gewalt“, der ja eine gewisse Unsicherheit dieser Technologie beinhaltet, zusammen? Die Kontamination von konventionellen Nahrungsmitteln oder Saatgut mit Bayer-Gen-Produkten ist in den letzten Jahren ja nicht nur einmal vorgekommen, sondern es gab auch etliche andere Vorfälle, nämlich im Jahre 2002 eine Auskreuzung von Genraps aus einem Versuchsfeld in Dtl. in umliegende Rapsfelder, im Juni 2005 der Fund von Bayer-Gen-Raps in einer als genfrei deklarierten und für den Export bestimmten Rapssendung in Australien sowie im August 2007 der Fund von nicht zugelassenem Genraps bei einem deutschen Saatguterzeuger, wobei das kontaminierte Saatgut bereits auf Feldern in 5 dt.en Bundesländern ausgesät worden war.

Ähnliche „Unfälle“ erlitten auch die anderen Gentechnikkonzerne in den letzten Jahren, so dass sich einem die Frage aufdrängt, ob diese Gentechnologie nicht ausgesprochen unsicher ist, weil Auskreuzungen und Verunreinigungen zum Geschäft zu gehören scheinen?

Herr Wenning, können Sie uns bitte etwas genauer erklären, was Bayer mit „höherer Gewalt“ gemeint hat und was Ihrer Meinung nach der konkrete Ausbreitungsweg Ihrer Reissorte in die Nahrungskette im Jahr 2006 war?

Desweiteren möchte ich von Ihnen wissen, was Bayer nach dem Genrapsunfall 2005 auf dt.en Äckern mit dem Argument meinte, dass die Verunreinigung „unvermeidlich“ gewesen sei? Wie kann es denn zu solchen ungewollten großflächigen Ausbreitungen kommen? Die meisten Wissenschaftler vermuten, dass diese Probleme von Feldversuchen mit noch ungenehmigten Sorten herrühren. Wenn dem so sei: Was unternimmt Bayer hiergegen? Haben diese Erfahrungen zu neuen Forschungsanstrengungen geführt, was man ja annehmen könnte, wenn Bayer solch großen Wert auf die Sicherheit legt?

Zurück zum Importantrag für LL 62:

Wie wir gesehen haben, ist die Auskreuzung in die konventionelle und traditionelle Landwirtschaft nicht zu vermeiden. Aber dadurch würden die lokalen Reissorten in den Entwicklungsländern verloren gehen und der verfügbare Genpool drastisch reduziert. Damit ginge auch die Möglichkeit verloren, zukünftig widerstandsfähige oder krankheitsresistente Sorten zu züchten, was aber unbedingt notwendig ist, um auf Ernteausfälle zu reagieren. Das Hauptnahrungsmittel für die Hälfte der Menschheit geriete also in Gefahr.

Herr Wenning, halten Sie Ihre Gentechnik für sicher genug, um solch ein Experiment an der weltweit wichtigsten Nahrungspflanze vorzunehmen? Sind hier besondere Vorsichtsmaßnahmen geplant?

Weitere Unbill könnte den Reisbauern Asiens drohen: Wegen Patentschutzforderungen könnten sie sich plötzlich Zahlungsaufforderungen von Bayer gegenüber finden, falls auf ihren Äckern patentgeschützte Pflanzen gefunden werden. Dies könnte die Betroffenen in den finanziellen Ruin treiben und dazu zwingen, Haus und Hof zu verkaufen und in die Elendsgürtel der Megacities abzuwandern. Das hätte enorme soziale Folgen sowie Folgen für die Nahrungsmittelproduktion, wenn Felder nicht mehr von Einheimischen mit ihren ganz speziellen Kenntnissen der regionalen Bedingungen der Landwirtschaft bestellt würden.

Herr Wenning, was hält Bayer von solchen Patentschutzforderungen, wo nämlich unsicher ist, wie die Genpflanzen auf das Feld des Landwirtes gekommen sind? Gibt es hier schon Richtlinien, wie Bayer-Mitarbeiter mit solchen Fällen umzugehen haben? Oder beruft sich Bayer auf die Patentschutzgesetze ohne Rücksicht auf Verluste? Gibt es schon Beispiele, von denen Sie uns berichten könnten?

Und ein letztes Problem bei der beantragten Importgenehmigung möchte ich noch ansprechen:

Falls die EU-Zulassung erfolgt, würde der Druck auf die Entwicklungsländer steigen, den Anbau zuzulassen. Da in diesen Ländern die Agrar- und Umweltschutzbehörden, so sie denn existieren, viel schlechter mit Personal und Geld ausgestattet sind als unsere, richten sich die staatlichen Genehmigungen oft nach unserem europäischen Beispiel, zumal Europa dort den Ruf genießt, die Risiken moderner Technologien gut einschätzen zu können. Hinzu käme der Druck über die europäisch und nordamerikanisch dominierten internationalen Handelsorganisationen. Wer wollte da widerstehen?

Die Bevölkerung auf den Philippinen hat dennoch massiv protestiert, als dort bekannt wurde, dass Bayer einen Antrag auf Zulassung von LL-Reis gestellt hatte. Die Vorbehalte gegen Geenfood sind also bereits in den Ländern des Südens angekommen, so dass wir europäischen Verbraucher mit unserer breiten Ablehnung nicht mehr alleine da stehen.

Herr Wenning, was würden Sie der dortigen Bevölkerung sagen, um deren Sorgen zu entkräften? Vermutlich würden Sie versprechen, dass der Anbau von gv-Ackerfrüchten helfen wird, den weltweiten Hunger zu bekämpfen, aber meine Frage zielt auf konkretere Aussagen:

Gibt es schon ein Beispiel, wie eine Genpflanze gehofen hat, den Welthunger zu lindern? Immerhin gibt es den kommerziellen Anbau von Bayer-Genpflanzen im großen Maßstab schon seit 10 Jahren, und da müsste es doch das eine oder andere Beispiel zu berichten geben?

Meine Damen und Herren , ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.