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BAYER Hauptversammlung 2008
Marlis Elsen spricht in der Hauptversammlung

Mein Name ist Marlis Elsen und ich spreche als Gründungsmitglied der Initiative „Baustopp der Bayerpipeline“ für alle diejenigen, die sich gegen die Kohlenmonoxid-Pipeline wehren.

Wir stellen uns nicht gegen den Industriestandort NRW. Jedoch kann das wirtschaftliche Interesse des Bayer-Konzerns nur so lange ausschlaggebend sein, wie das Allgemeinwohl nicht gefährdet und geschädigt wird.

Fast 200000 Kinder, Frauen und Männer leben auf den 200 km2 Fläche, die man als unmittelbare Gefahrenzone der Kohlenmonoxid-Pipeline bezeichnen kann.

Dabei dient die CO-Pipeline alleine der Versorgungssicherheit des Bayer-Konzerns, ohne in Erwägung zu ziehen, dass die Produktion von CO am Ort der Verwendung stattfinden könnte und so die Sicherheitsrisiken alleine auf dem Betriebsgelände verbleiben würden. Bayer zieht es vor, die Gefahrenabwendung in die Verantwortung kommunaler Bereiche zu legen (was diese nachweislich nicht leisten können) und somit selbst keine Verantwortung zu übernehmen.

Dabei wurde schon im Juni 2007 bewiesen, dass das Schutzsystem Lücken hat. Das angeblich hochreißfeste Geogrid, das vor Baggerangriffen schützen soll, ließ sich mit der rostigen Rosenschere schneiden und mit den bloßen Händen zerreißen, da der Kleber in der Feuchtigkeit aufquoll und sich löste. Fortan schrieb man nur noch davon, dass das Geogrid Warnfunktion habe. Durch einen durch Filmaufnahmen dokumentierten Baggerversuch wurde auch die Warnfunktion widerlegt. Der Baggerführer bemerkte das Geogrid nicht.

1. Woher nehmen Sie die Überzeugung, dass die Sicherheitsvorkehrungen die gesetzlichen Vorgaben übertreffen und angemessen für ein derartig tückisches Gas sind?

Die gesamte Pipeline enthält bei dem zulässigen Betriebsdruck von 40 Bar eine Gasmenge von über 100 000 m3 des hochgiftigen und hochexplosiven Gases. Geht man davon aus, dass an einer Schieberstation ein Vollbruch entsteht, so beträgt die austretende Gasmenge etwa 30000 m3.

2. Wie groß wäre das Sperrgebiet, das beim genehmigten Bau eines Gasometers gleichen Fassungsvermögens, menschenleer bleiben müsste?

Bei diesem Projekt steht auf der einen Seite ein reines Profitdenken eines Wirtschaftsunternehmens und auf der anderen Seite ein erheblicher ökonomischer Schaden der betroffenen Bevölkerung. Es kam nicht nur zu Zwangsenteignungen, sondern auch zu einem immensen Wertverlust der einzelnen Immobilien. Grundstücke, auf denen die Leitung verläuft, werden auch nach Jahren noch unverkäuflich sein.

3. Kommt der Konzern für den Wertverlust auf?

Die Begründung des Allgemeinwohls kann nicht aufrecht erhalten werden, wenn der Nutzen alleine auf Seiten der Industrie und die Kosten alleine auf Seiten der „Allgemeinheit“ zu verorten sind.

Käme es zu einem Rohrleitungsschaden mit Austritt des tödlichen Gases, so würden drei Parteien geschädigt werden: Betroffene BürgerInnen, die im extremsten Falle mit ihrem Leben bezahlen müssten, die Politiker, welche die politische Verantwortung für das von ihnen verabschiedete Gesetz übernehmen müssen und die Industrie selbst aufgrund von nicht abzusehenden Haftungsansprüchen.

4. Hat der Konzern Rücklagen dafür gebildet oder eine Versicherung abgeschlossen?

Die wirkliche Verantwortung für den Bau dieser Giftgasleitung liegt einzig und alleine auf der Seite des Bayer-Konzerns.

Niemand kann heute mehr anzweifeln, dass es bei einem Vollbruch zu tausenden Toten kommen kann. Es reicht sicher nicht aus, dass Bayer dann Entschädigungszahlungen leistet und die Rettungseinsätze bezahlen wird.

5. Auf welche Art und Weise wird der Bayer-Konzern die Verantwortung übernehmen, wenn es tatsächlich zu einem Unglück mit vielen Toten kommt?

Wir verwahren uns gegenüber Aussprüchen wie: „Wir nehmen die Sorgen und Nöte der Menschen ernst.“ Aufgrund einer breiten Informationsebene, welche die unterschiedlichen Aspekte beinhaltet, sind die von uns in der Diskussion immer wieder genannten Gefahren rational begründet. Und somit können wir sowohl Risiken bei Leckage oder Totalbruch, fehlende Sicherheitsaspekte (bezüglich Bauausführung und Bauaufsicht), einen nicht möglichen Gefahrenabwehrplan und eine fehlende Risikoanalyse sachlich bewerten.
Es ist ein großer Unterschied, ob diese Leitung durch eine menschenleere Wüste verläuft oder in einem dichtbesiedelten Gebiet.

Schon der gesunde Menschenverstand sagt aus, dass die Leitung für die Anwohner ein hohes Lebensrisiko bedeutet.
6. Warum lässt der Vorstand keine Risikoanalyse durchführen, wenn er den Argumenten des gesunden Menschenverstandes nicht folgen kann?

Schon vor einem Jahr haben wir den Konzern aufgefordert, sich ehrenvoll zurückzuziehen. Dies ist nicht erfolgt. Stattdessen sind durch den Weiterbau in der Landschaft bereits erhebliche, nicht wiedergutzumachende Schäden entstanden. Uns wirft man Vandalismus vor, den wir nicht begangen haben. Aber die Baustellen sehen durch die unfachmännischen Bauarbeiten aus, als haben die Vandalen gehaust.
Die Rohre liegen an vielen Stellen (z.B. in Langenfeld und Erkrath) schon seit vielen Monaten im Wasser, verrotten dort und werden unbrauchbar.

7. Warum lässt man schon monatelang viele Baustellen als Bauruinen liegen?

An einigen Stellen (z.B. in Langenfeld-Richrath) liegt die Leitung bereits unter der Erde.

8. Warum führt man dort die Bauarbeiten nicht zügig zu Ende, sodass die betroffenen Bauern ihre Felder endlich ohne Einschränkung bestellen können?

Beim Baubeginn, der ohne Öffentlichkeitsarbeit und ohne Kennzeichnung der Baustellen erfolgte, lagen dem Konzern noch nicht alle Wegerechte vor. Deswegen musste der Konzern trotz des Enteignungsgesetzes mit Privatklagen rechnen.

9. Warum war der Konzern sich so sicher, vor Gericht nicht zu scheitern?

Zunächst wurde wegen der angeblichen Wichtigkeit der Leitung der sofortige Vollzug angeordnet. Für den zumindest theoretischen Fall des Scheiterns sollte ein Weltkonzern schon zu Beginn einen Plan B haben.

10. Wie sah der Alternativ-Plan aus und wie überbrückt der Konzern die Jahre, bis zur entgültigen gerichtlichen Entscheidung?
11. Wäre es nicht preiswerter und planerisch sicherer gewesen, sofort die Produktionsanlage in Krefeld-Uerdingen zu sanieren oder zu erneuern?

Eine räumliche Zuordnung der in der Gefahrenzone befindlichen Institutionen ergab, dass sich in diesem Bereich zahlreiche Kindergärten, Schulen und Altenheime befinden.

In Hilden liegen bei einem Totalbruch der Leitung an zentraler Stelle neben vielen anderen wichtigen Institutionen
14 Kindergärten, Kindertagesstätten und Horte
1 Kinderheim
5 Grundschulen
6 weiterführende Schulen und
1 berufsbildende Schule.

In Duisburg ist der Schulhof einer Grundschule nur durch die Breite eines Weges von der CO-Pipeline und der Wingas-Leitung entfernt.

12. Werden Sie Herr Wenning den Eltern dieser Kinder und Jugendlichen Ihr Beileid persönlich übermitteln, wenn diese jungen Menschen zu hunderten oder sogar tausenden gleichzeitig durch das Kohlenmonoxid vergiftet werden und ihr Leben verlieren?

Aber auch Feuerwehren, Krankenhäuser und Polizeipräsidien, welche im Bedarfsfalle, wenn auch nur theoretisch, Hilfe leisten könnten und sollten, liegen in der Gefährdungszone.

13. Auf welcher Basis beruht unter diesen Bedingungen der sogenannte „Gefahrenabwehrplan“?

Momentan wird die Installation von Sirenen diskutiert. Nehmen wir an, die Warnung funktioniert.

14. Wie aber werden Sie dafür Sorge tragen, dass die etwa 4000 Schüler eines Hildener Schulzentrums beim Totalbruch innerhalb der kritischen 15 Minuten geordnet und noch lebend aus der Gefahrenzone evakuiert werden. In welchen Druckkammern sollen sie untergebracht werden?

Es ist außerordentlich bedauerlich, dass sich das Krankenhaus, die Feuerwehr und die Polizei ebenfalls in der Gefahrenzone befinden.

Der begründete und notwendige Protest der Bevölkerung wird von den beteiligten Kommunen mitgetragen. Entlang der Trasse stimmten die einzelnen Kommunen einstimmig, d.h. mit jeder im Rat vertretenen Partei, für den Baustopp der CO-Pipeline. Diese Forderung wird mitgetragen von den Trassenbürgermeistern und dem Landrat. Trotz angeblicher Gesprächs- und Kompromissbereitschaft der Bayer-Ag hält der Konzern auch nach dem Beschluss des OVG Münster an seinen Plänen fest. Angeblich hat man sogar Rechtsmittel dagegen eingelegt, obwohl der Beschluss unanfechtbar ist.

Durch eine unselige Verflechtung von Wirtschaft und Landespolitik gibt es auf der Landesebene nur wenige Politiker mit der Zivilcourage, sich nicht der Macht eines Weltkonzerns zu beugen.

Das Leben von nahezu 200000 Menschen wird in Gefahr gebracht, nur um den Gewinn eines Großkonzerns zu maximieren!

Der Vorstand wird heute um die Entlastung bitten.

Warum entlastet der Vorstand nicht

· Die Menschen, die in der Gefahrenzone der Pipeline leben?
· Die Grundstückseigentümer, die möglicherweise noch jahrelang in den gerichtlichen Verfahren ihre Kraft, ihre Zeit und ihr Geld aufbringen müssen?
· Die Politiker, die bedrückt durch die Macht eines Weltkonzerns nicht den Mut besitzen, sich als Volksvertreter auf die Seite der betroffenen Menschen zu stellen?

Kein noch so mächtiger Konzern kann in einem demokratischen Land auf Dauer die eigenen Interessen gegen die mehrheitliche Meinung der Bevölkerung und der Kommunal-Politiker durchsetzen. Auch wenn Herr Wenning die Verlagerung der Produktion ins Ausland angedroht hat, falls die Leitung nicht in Betrieb gehen darf, so ist dies reine Erpressung. Denn auch ohne die Leitung wird die Kunststoffproduktion nicht zum Erliegen kommen und der Gewinn nur unwesentlich geschmälert werden.

15. Warum folgt der Vorstand nicht dem ungeschriebenen Gesetz der chemischen Industrie und produziert das Giftgas an dem Ort, wo es gebraucht wird und zwar unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen?

Ich appelliere an den Vorstand aus Achtung vor den Menschen in diesem Lande, endlich den Baustopp auszusprechen!!!!!!!!!!

Marlis Elsen
Schlehenweg 21
40723 Hilden
02103 31683
marlis-elsen@t-online.de