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STICHWORT BAYER 03/2011

Niederlage für BAYER

Gericht stoppt CO-Pipeline

Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat am 25. Mai 2011 die Inbetriebnahme von BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline wegen ihrer mangelnden Erdbeben-Sicherheit untersagt.

Als vernachlässigbar hatte die Düsseldorfer Bezirksregierung die Erdbeben-Sicherheit von BAYERs CO-Leitung angesehen. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht teilte die Meinung der Genehmigungsbehörde nicht. Deshalb erklärte es Ende Mai 2011 den Planfeststellungsbeschluss zu der zwischen Dormagen und Krefeld geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline für „rechtswidrig und vorerst nicht vollziehbar“. Nach Meinung von Richter Winfried Schwerdtfeger versäumte es die Behörde zu prüfen, ob die oberirdisch verlaufenden Rohr-Brücken Erschütterungen standhalten. Zudem warf das Gericht ihr vor, keine Untersuchung des Grundwasser-Standes unter der Trasse vorgenommen zu haben, obwohl ein besonders hoher Pegel im Zusammenspiel mit ungünstigen Bodenverhältnissen bei einem Beben zu Erd-Absackungen mit verheerenden Folgen für das Röhrenwerk führen kann.

„Bis auf die Knochen blamiert“ sehen die STOPP-BAYER-CO-PIPELINE-Intiativen nun BAYER, den TÜV als Gutachter und die Bezirksregierung, die sich dann auch bass erstaunt über die „völlig neue Rechtsauffassung der Kammer“ zeigte. Die Gruppen werteten das Urteil als „Etappen-Sieg“. Am Ziel wähnen sie sich noch nicht. Die JuristInnen haben dem Projekt nämlich zugebilligt, dem Allgemeinwohl dienlich zu sein, und deshalb keinen Anstoß an den Enteignungen entlang des Streckenverlaufes genommen. Zudem haben sie den Streckenverlauf trotz bestehender Alternativen abgesegnet und sich auch nicht an den teilweise schon rostenden Bau-Teilen gestört. „Denken Sie daran, wie rostig die Stahlstreben sind, die in Stahlbeton eingebaut werden. Das ändert an der Sicherheit des so entstandenen Hauses gar nichts“, hatte der Sachverständige dem Richter erfolgreich ins Gewissen geredet.

Darum akzeptieren die Anwohner, die gegen ihre Zwangsenteignung geklagt hatten, das Urteil nicht und gehen in Berufung. Die Bezirksregierung muss indessen ein Planergänzungsverfahren auf den Weg bringen. Die grüne Regierungspräsidentin Anne Lütkes kündigte an, dieses transparent und unter Einbeziehung der BürgerInnen gestalten zu wollen. Trotzdem macht BAYER gute Miene zum bösen Spiel. „Die geringfügigen Nachbesserungen zur Erdbeben-Sicherheit sind unproblematisch“, erklärte ein Konzern-Justiziar nach dem Urteil.

Der Gerichtsbeschluss dürfte den Genehmigungsprozess jedoch nochmals empfindlich verzögern. Schon seit Jahren ist die Inbetriebnahme der Leitung ausgesetzt, da das Oberverwaltungsgericht Münster im Dezember 2007 erhebliche Zweifel an der Gemeinnützigkeit des Projekts geäußert hatte. Zudem liegen noch mehr als 40 weitere Klagen vor. Aber der Widerstand beschränkt sich nicht auf die juristische Ebene. Die Bürgerinitiativen entlang der Trasse zeigen ein beeindruckendes Engagement und haben beispielsweise mehr als 110.000 Unterschriften gegen den Bau gesammelt. Die CBG hat auf den BAYER-Hauptversammlungen mehrfach Gegenanträge zu dem umstrittenen Projekt eingereicht. Sogar die Feuerwehren haben sich gegen das Vorhaben ausgesprochen, denn sie sehen sich außerstande, die Bevölkerung im Fall eines Gas-Austritts umfassend zu schützen. Und selbst innerhalb der Belegschaft des Leverkusener Multis gibt es Pipeline-GegnerInnen.

Der Pharma-Riese zeigt sich sichtlich überrascht von der breiten Ablehnung. Er hatte das Ganze lange als reine Formsache betrachtet. Schon bevor der nordrhein-westfälische Landtag das Rohrleitungsgesetz verabschiedete und die Bezirksregierung sich mit der Genehmigung befasste, hatte er Verträge über Gas-Lieferungen nach Krefeld mit LINDE geschlossen. Steif und fest behauptete BAYER stets, dass „Pipelines sowohl unter Sicherheits- als auch unter Umweltaspekten das beste Transportmittel“ wären, weil diese Schiffs- oder LKW-Frachten ersetzten. Tatsächlich finden auf diesen Wegen jedoch keine nennenswerten CO-Transporte statt. Nicht nur deshalb muss nach Auffassung der Coordination weiter das Prinzip gelten, Gefahrstoffe nur am Ort ihrer Verwendung zu produzieren. Und dies gilt umso mehr, als durch die Errichtung neuer Kunststoff-Fertigungsstätten in Dormagen dort nun gar kein überschüssiges Kohlenmonoxid mehr anfällt, das per Röhren-Verbund nach Krefeld geleitet werden könnte, denn genau das hatte der Global Player ursprünglich zur Begründung seiner Pläne angeführt.

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), welche die BürgerInnen-Proteste Anfang 2006 mitinitiiert hatte, nimmt deshalb das Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts zum Anlass, abermals ein Ende des Projekts zu fordern. „Wir beglückwünschen die Kläger und die Bürgerinitiativen zu diesem großen Erfolg! Nun ist der Moment gekommen, dieses unselige Vorhaben zu beerdigen“, heißt es in ihrer Presseerklärung.
Von Philipp Mimkes und Jan Pehrke