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STICHWORT BAYER 01/2005

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

der erste Teil des Gentechnik-Gesetzes ist Anfang Januar in Kraft getreten. Er beinhaltet gute und wichtige Teile zum Beispiel betreffs der Transparenz und der Haftung, auch wenn Verbesserungen - etwa im Naturschutz - nötig sind. Trotzdem muss klar sein, dass damit der Anbau gentechnisch veränderter Sorten in Deutschland - zumindest theoretisch - deutlich näher rückt. Vielleicht schon in diesem Jahr werden gentechnisch veränderte Pflanzen aus kommerziellen Gründen auf die Felder gebracht, was natürlich nicht in unserem Interesse liegen kann. Seit Monaten läuft intensivstes Lobbying. Gerade das Torpedieren der Haftungregeln des neuen Gesetzes, die sich klar am Verursacher-Prinzip orientieren, zeigte die Strategie der Industrie: Auf der einen Seite wird immer wieder versichert, die Koexistenz der Gentechnik mit konventionellem oder ökologischem Anbau sei kein Problem. Gleichzeitig wird aber darauf insistiert, allzu strenge Haftungsregeln in Sachen Verunreinigung würden die LandwirtInnen vom Anbau der Gentech-Sorten abhalten und die Weiterentwicklung der Technologie in Deutschland verhindern. Auch die BAYER-Konzernspitze stößt in dieses Horn, so zum Beispiel Forschungsvorstand Bernward Garthoff. "Mit diesem Gesetz ist die Chance vertan worden, zukunftsgerichtete Rahmenbedingungen für die Pflanzen-Biotechnologie in Deutschland zu schaffen. Das ist ein negatives Signal für den Forschungsstandort Deutschland", lautete sein Kommentar. Eine klar doppelzüngige Argumentation mit dem Ziel, der Allgemeinheit die Kosten der Risiko-Technologie aufs Auge zu drücken. Die soll über Steuergelder an einem möglicherweise einzurichtenden Haftungsfonds beteiligt werden, eine Haftungsübernahme durch die Industrie für Schäden zum Beispiel durch Verunreinigung von Produkten mit gen-manipulierten Organismen wird derzeit nicht mehr diskutiert. In einem nächsten Schritt werden weitere Konkretisierungen des Gesetzes ausgearbeitet, welche die so genannte Koexistenz mit den bisherigen Anbauformen gewährleisten sollen. Zweifel sind angebracht, ob dies in der Praxis funktioniert. In Deutschland und international sind bereits viele Verunreinigungsfälle bekannt geworden.
Weltweit schlägt den Konzernen Protest entgegen. Das zurückliegende Jahr 2004 war - international - geprägt durch eine Reihe von Rückzügen globaler Konzerne der Biotech-Branche aus ausgewählten Märkten mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Den Anfang machte MONSANTO, andere Unternehmen folgten, so zum Beispiel SYNGENTA und auch BAYER. Der Konzern kündigte gleich dreierlei an: Einerseits gab er seine Gentech-Forschungsaktivitäten in Großbritannien auf. Darüber hinaus stoppte der Multi die Kommerzialisierung von gentechnisch verändertem Raps in Australien und zu guter Letzt gab ein Konzern-Sprecher bekannt, die Projekte mit transgenen Pflanzen in Indien seien ausgesetzt worden. BAYER werde sich dort auf die konventionelle Züchtung konzentrieren.
Die Rückzugsankündgungen können als Erfolge des Protestes gewertet werden. Doch muss man diese Änderungen von Konzern-Strategien mit Vorsicht genießen. Sie gründen nicht auf der späten Einsicht, dass die Gentechnik in der Landwirtschaft überflüssig ist. Der Glaube an die Wunder der neuen Technologie ist ungebrochen. Vielmehr verhalten sich die Global Player schlicht opportunistisch, um - so liegt der Verdacht nahe - ihren Namen vor allzu schlechter Presse zu schützen. Für die NGOs kann dies nur heißen: Watch Out!

Christof Potthof ist im GEN-ETHISCHEN NETZWERK (www.gen-ethisches-netzwerk.de) aktiv