SWB 02/97

Protest gegen Plastik-Werk

BAYER in der Defensive

In Taiwan wendet sich die Bürgerinitiative Anti-Bayer Action Union (ABAU) heftig gegen den Bau einer BAYER-Fabrik, die das Polyurethan-Vorprodukt TDI liefern soll (s. SWB 1/97). Die BI kämpft für eine öffentliche Abstimmung über die Anlage. Nach monatelangen Protesten und Demonstrationen wurde immerhin erreicht, daß vor der Errichtung der Fabrik eine umfassende staatliche Umweltverträglich-
keitsprüfung, bei der auch die Öffentlichkeit gehört wird, vorgenommen werden muß. Die staatliche Umweltbehörde hat im Frühjahr ein Komitee aus Wissenschaftlern und Politikern aufgestellt, das die Prüfung leitet und die endgültige Genehmigung für den Bau der Anlage aussprechen soll. In der Vergangenheit waren vergleichbare Kommissionen zumeist handverlesen und extrem unternehmerfreundlich, die ABAU sieht es daher als großen Erfolg an, daß auf öffentlichen Druck hin mehrere

Professoren aus ihren Reihen in das Komitee aufgenommen wurden.

Am 26. Februar versuchten drei BAYER-Teams in insgesamt sieben Zusammenkünften in betroffenen Städten und Gemeinden, die KritikerInnen zu beschwichtigen. Die Veranstaltungen waren von einem großen Polizeiaufgebot begleitet; teilweise lag die Anzahl der Sicher-
heitskräfte höher als die Teilnehmerzahl. Am 7. März startete dann die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit einem Vorbereitungs-
treffen, in dem das Ausmaß und die Dauer der Prüfung sowie der Umfang der von BAYER vorzulegenden Sicherheitsstudien festgelegt wurden. Erst nachdem das Unternehmen alle geforderten Unterlagen eingereicht hat beginnen die öffentlichen Anhörungen, das Vorberei-
tungstreffen ist daher entscheidend für den weiteren Verlauf der Prüfung. Das erste Treffen war ein kräftiger Schuß vor den Bug von BAYER: die Kommission bemängelte die Unvollständigkeit der Unterlagen und forderte umfangreiche Risikoanalysen. Das Vorbereitungstreffen mußte vertagt werden, so daß die öffentlichen Anhörungen frühestens im Sommer beginnen können. Ende des Jahres finden in der entsprechen-
den Provinz Wahlen statt und es zeichnet sich ab, daß die umstrittene Anlage ein wichtiges Wahlkampfthema wird. Die ABAU erwartet, daß das Genehmigungsverfahren sich bis in das nächste Jahr hinziehen wird. Die gewonnene Zeit soll genutzt werden, um eine öffentliche Abstimmung über das Projekt durchzusetzen.

Eine gefährliche Anlage
(pm) Die TDI-Produktion ist risikoreich und bedarf hoher Sicherheitsauflagen. Das in Taiwan ursprünglich geplante Hauruck-Genehmigungsverfahren zeigt, daß der Konzern sich einer sorgfältigen Überprüfung möglichst entziehen möchte - auch ein Grund, neue Anlagen in Ostasien statt in Deutschland aufzubauen.

Bei der Herstellung von TDI tauchen gleich mehrere Probleme auf:
* Das Vorprodukt Phosgen ist hochtoxisch (entwickelt wurde es im
  ersten Weltkrieg als Kampfstoff), daher muß gewährleistet sein, daß
  auch kleinste Mengen nicht austreten können. In Deutschland unter-
  liegen Phosgenanlagen daher der Störfallverordnung.
* Phosgen wird in dem krebserregenden Stoff o-Dichlorbenzol gelöst,
  welches in Sondermüllverbrennungsanlagen "entsorgt" werden muß.
  Die geplante Anlage in Taiwan würde jährlich ca. 1000 Tonnen dieses
  Abfallprodukts erzeugen.
* Um die mit TDI hergestellten Weichschäume von den Formstücken
  zu trennen, benötigt man spezielle Emulsionen, die Ozonkiller und
  Treibhausgase wie FCKW und CKW enthalten.