SWB 03/97

BAYER trifft Grüne

BAYER und die gesamte chemische Industrie treffen offensichtlich Vorsorge für den Fall, daß es in Bonn zu einem Regierungswechsel kommen sollte. Erstmals führen die Konzerne Gespräche mit den Grünen und finden eine "große Konsensbereitschaft" vor.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) und die grüne Bundestagsfraktion haben sich am 30. Juni 1997 erstmals in Bonn getroffen. Thema: Die Zukunft der Chemie. Lange schon haben die Grünen ihre BAYER- und industriefeindliche Haltung einer "regierungs-
fähigen" Dialogstrategie geopfert: "Eine nachhaltige Wirtschaft kann nicht gegen, sondern nur mit der Industrie durchgesetzt werden", meint die umweltpolitische Sprecherin Michaele Hustedt. Und Fraktionsspre-
cherin Kerstin Müller ergänzt: "Die Zeiten der Erzfeindschaft, in denen wir der Chemie-Industrie tote Fische vor die Werkstore kippten, sind vorbei."

Die Grünen sehen sich in einer guten Lage. Die "langen fetten Jahre" der Branche seien vorbei, es sei "Dynamik hereingekommen", die Innovationen möglich machen. Mit ihrem (aus Sicht der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ziemlich blauäugigen) Papier "Zukunft der Chemie-Industrie" haben die Grünen sich auf das historische Treffen vorbereitet. Darin definieren sie Umweltbewegung, AnwohnerInnen und kritische VerbraucherInnen als marktwirtschaftliches Element, das BAYER und Co. "zu Höchstleistungen treibt". Die Firmen erlangten durch die Proteste den Vorteil, sich notgedrungen auf neue interessante Marktsegmente hinzubewegen. Sie würden mit neuen Produkten "vom Getriebenen zur treibenden Kraft".

In diesem Sinne zeigen sich die Grünen durchaus aufgeschlossen für ehemals indiskutable BAYER-Forderungen an die Politik. Nun fordern auch die Grünen neu gestaltete Arbeitszeiten und rasche wie verläßliche Genehmigungsverfahren. Kein Wunder, daß die Chemie-Manager begonnen haben, die Grünen zu lieben. Die Konzernlenker lobten die "überraschend positive Atmosphäre sowie die große Ernsthaftigkeit und Konsensbereitschaft".