SWB 03/97 - Ticker

RECHT & UNBILLIG

Bestechung in BAYER-Bauabteilung?
Gegen acht Beschäftigte der Bauabteilung der BAYER AG wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit firmenintern ermittelt, gegen sechs Beschäftigte wurde das Kündigungsverfahren eingeleitet. Ihnen wird vorgeworfen, einem Kölner Unternehmen 500.000 Mark für nicht erbrachte (Bau-)Leistungen aus der BAYER-Kasse verschafft zu haben. Als Gegenleistung sollen sie Sach- und Finanzgeschenke erhalten haben.

BAYER freut sich über Urteil gegen GREENPEACE
Das Landgericht Hamburg hat die Umweltschutzorganisation GREENPEACE Anfang Mai 1997 dazu verurteilt, 7.500 Mark für die Beseitigung von Pestizid-Kanistern an BAYER zu zahlen. Im August 1994 hatten AktivistInnen hunderte der Gift-Behälter sowie eine Brunnenattrappe vor dem BAYER-Vertriebsbüro in Köln abgeladen und damit gegen die Grundwasserverseuchung durch das BAYER-Pestizid DIURON protestiert. Als Folge der öffentlichen Kritik, die insbesondere auch durch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN vorgetragen wurde, hat die DEUTSCHE BAHN AG inzwischen beschlossen, DIURON nicht mehr auf ihren Bahnstrecken einzusetzen.
BAYER forderte von GREENPEACE zunächst 9.000 Mark für die Beseitigung der Kanister, die mit Rückständen der Pestizide DIURON und TRIBUNAL kontaminiert waren. GREENPEACE vertrat vor Gericht den Standpunkt, daß BAYER als Hersteller des Giftes auch für die Entsorgung zuständig sei. Obwohl der Konzern nach wie vor bestreitet, daß DIURON und andere Pflanzengifte das Grundwasser verseuchen, erkannte das Hamburger Landgericht in zweiter Instanz einen Entsorgungsbedarf, den GREENPEACE zu zahlen habe.
Die Staatsanwaltschaft immerhin erkannte keinen Grund, die GREENPEACE-Aktion auch noch strafrechtlich zu ahnden. BAYER-Sprecher Wolfgang van Loon kommentierte hämisch: "GREENPEACE wird jetzt seinen Sympathisanten die Frage beantworten müssen, wieviel Spendengelder denn noch so unsinnig verschwendet werden sollen." Und setzt zynisch hinzu, daß BAYER das GREENPEACE-Strafgeld der Stadt Leverkusen für einen "gemeinnützigen Zweck" spenden werde.

BAYER-Entschädigung in den USA ist jetzt amtlich
Das Bundesgericht in Chicago, USA hat kürzlich dem Vergleichs-
vorschlag von BAYER, BAXTER HEALTHCARE, ARMOUR PHARMACEUTICAL und ALPHA THERAPEUTIC zugestimmt, nachdem Opfer und Angehörigen des AIDS-Skandals mit insgesamt 600 Millionen Dollar entschädigt werden sollen. Zwischen 1978 und 1985 waren insgesamt 6.000 Menschen durch verseuchte Blutgerinungspräparate mit AIDS infiziert worden. BAYER trägt von den Gesamtkosten des Vergleichs in Höhe von 670 Millionen Dollar den Betrag von 270 Millionen Dollar oder 464 Millionen Mark. Der Betrag sei im wesentlichen durch Versicherungen und Rückstellungen gedeckt, so BAYER. Jede/r KlägerIn in den USA erhält 100.000 Dollar, die Anwaltskosten belaufen sich auf 70 Millionen Dollar, und die Unternehmen zahlen dem Staat zusätzlich noch einmal 12 Millionen Dollar für die Pflege von AIDS-Kranken.
Kranke und Angehörige, die sich mit dem Vergleichsergebnis nicht zufrieden geben, können um eine höhere Entschädigung weiterklagen, das sieht der Vergleich vor. Erst kürzlich wurden den Eltern eines mit 14 Jahren verstorbenen Jungen, der durch Blutkonserven mit AIDS infiziert worden war, zwei Millionen Dollar Schmerzensgeld zuerkannt.
Das "Commitee of Ten Thousand", das sich in den USA für AIDS-Kranke einsetzt, erklärte, die Pharma-Konzerne kämen mit dem Vergleich sehr billig weg.
In Deutschland erhalten 1.750 Opfer AIDS-verseuchter Blutpräparate noch weniger: Eine monatliche Rente von nur 1.500 Mark, bzw. 3.000 Mark, wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist, nuß reichen. Den größten Batzen des Gesamtbetrages bringen in Deutschland allerdings nicht die verantwortlichen Pharmafirmen, sondern die SteuerzahlerInnen auf (siehe auch in diesem Heft: "Zum Schluß").
Immerhin wirkte sich das Bekanntwerden des Vergleichs in den USA auf des Aktienkurs von BAYER aus: Er fiel um 3,4 Prozent!
Im Zusammenhhang mit dem US-AIDS-Skandal fordern die Bundestagsabgeordneten Gerhard Scheu (CSU) und Horst Schmidbauer (SPD) eine Umkehr der Beweislast. In Fällen, bei denen anzunehmen sei, daß ein "signifikant erhöhtes Risiko" durch ein Medikament bestehe, solle der Hersteller beweisen, daß sein Präparat die Erkrankung nicht hervorgerufen hat.

HAARMANN & REIMER doch wieder vor Gericht

Die BAYER-Tochter HAARMANN & REIMER war kürzlich in den USA zu einer Strafe von 50 Millionen Dollar, wegen illegaler Preisabsprachen im Zitronensäure-Geschäft verurteilt worden. Um einen peinlichen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden, hatte HAARMANN & REIMER den geschädigten Abnehmern von Zitronensäure eine Entschädigung von insgesamt 46 Millionen Dollar angeboten (wir berichteten in SWB 1/97). Dieser Versuch ist nun gescheitert. Im Juni haben drei Abnehmer von Zitronensäure eine zivile Sammelklage auf Schadenersatz gegen die vier am Kartell beteiligten Firmen, darunter die BAYER-Tochter, eingereicht. Die vier KlägerInnen sind aber keineswegs "kleine Fische" sondern durchaus potente "Global Player": KRAFT (Tochter von PHILIP MORRIS), PROCTER & GAMBLE und SCHREIBER FOODS.