SWB 04/97 - Ticker

PROPAGANDA & MEDIEN

Gentech-Industrie verpflichtet PR-Agentur
EuropaBio, der Dachverband der europäischen Gentechnik-Industrie, dem neben MONSANTO, HOECHST, NESTLÉ und UNILEVER auch BAYER angehört, verpflichtete die PR-Agentur BURSON MARSTELLER, um das schlechte Image der Gen-Technik, insbesonders im Bereich des Gen-Foods, aufzupolieren. Ein Strategie- Papier der Werbe-Profis, das GREENPEACE zugespielt wurde, empfiehlt der Industrie, Reiz-Themen ("killing fields") wie Diskussionen über Risiken der Bio- Technologien zu meiden. Statt dessen müsse man versuchen, positive Begleiterscheinungen wie etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen hervorzuheben. Besonders schlau wäre es dabei, ökologische Argumente zu benutzen. Da Nahrungsmittel auf Gen-Basis nach Meinung der Agentur hauptsächlich auf weniger rational begründete als gefühlsmäßige Ablehnung stoßen, rät sie der Gen-Industrie, in ihren Kampagnen auch auf Emotionen wie die Suggestion von Zufriedenheit und Fürsorge zu setzen. Schließlich schlägt BURSON MARSTELLER vor, einen Medien-Service einzurichten, der gezielt (Des)Informationen streut. Dabei sollte man sich geneigter JournalistInnen und WissenschaftlerInnen bedienen, sie würden in der Öffentlichkeit besser ankommen als Industrie-Vertreter.
Die Kampagne geht nach folgendem Schema vor: Erst werden die regionalen Medien ins Visier genommen, im Anschluß daran die nationalen und europäischen. Und ist schließlich der Gen-Boden bereitet, dann soll ein wissenschaftlicher Kongreß mit professoraler Autorität die Ernte einfahren. Für den Göttinger ARBEITSKREIS GEGEN GENTECHNOLOGIE ist ein Artikel im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, der GREENPEACE mit einer indischen Sekte in Zusammenhang brachte und der in der Göttinger Regional-Presse wiederaufgegriffen wurde, bereits Teil der Medien-Offensive der Gentech-Industrie.
 

VCI-Kampagne zu Globalisierung und inländischen Arbeitsplätzen
Um dem Image des Unternehmers als vaterlandsloser Geselle entgegenzuwirken, der für ein paar Dollar mehr sofort die inländischen Zelte abbricht, hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) eine ganzseitige Anzeigen-Kampagne gestartet, die die Chemie-Industrie als Profit-Patrioten darstellt. Im Text ist von Westeuropa als "unser Heimatmarkt" die Rede, die Bundesrepublik wird als Investitions-
schwerpunkt bezeichnet und dialektisch versucht man zu begründen, warum gerade die Übersee-Engagements die heimischen Arbeitsplätze sicherer machen. In einer Studie des gleichen Verbandes zum asiatischen Markt hört sich das alles anders an. Der BAYER- Vorstandsvorsitzende Dr. Manfred Schneider spricht da beispielsweise davon, daß der Konzern daran denke, künftig von Asien aus die japanischen, amerikanischen und europäischen Märkte zu beliefern und nicht mehr aus Europa. Die niedrigeren Lohnkosten spielen dabei für die Investitionen der Unternehmen in Asien nur eine untergeordnete Rolle, wichtiger sind die geringeren Steuern, die Nähe zu einem der weltweit größten Märkte und die Strategie, die südost-asiatische Konkurrenz auf den heimischen Märkten zu binden, damit sie nicht ihrerseits global operieren können. Das Lohn-Argument, das in Standort-Debatten immer als erstes fällt, ist also reine Taktik, um Druck auf die Belegschaften auszuüben.

ASPIRIN-Kampagne
ASPIRIN und kein Ende. Flankiert von unzähligen Presse-Artikeln über den "Tausendsassa" mit stets gleichen Bildern und Anekdoten, geliefert von der BAYER-Presseabteilung, startete der Konzern eine Anzeigen- Kampagne und ließ auch seine Fußballer mit dem entsprechenden Schriftzug auf dem Trikot auflaufen. Über den Sinn der Übung sagte Dr. Marianne Petersen-Braun vom Geschäftsbereich "Consumer Care" in einem Interview mit der Rheinischen Post: "ASPIRIN ist nach wie vor das Flaggschiff unseres Unternehmens. Dies sowohl unter wirtschaftlichem Aspekt als auch unter Image-Gesichtspunkten. Über ASPIRIN wird das ganze Unternehmen nach außen sichtbar". In Zeiten, da es mit dem Ansehen der chemischen Industrie nicht eben zum besten bestellt ist, will sich BAYER fernab von Störfällen, Wasser- Verunreinigungen und den Risiken der Bio-Technologien treudoof als der Hausfreund aus der Haus-Apotheke präsentieren. Und in 2 Jahren soll der Rummel erst richtig losgehen. Da heißt es dann "100 Jahre eingetragenes Warenzeichen ASPIRIN.

Creative GAUCHO-Vermarktung
Die von BAYER verpflichtete PR-Agentur ccd-CREATIVE CONSULT DITHMARSCHEN bietet Zeitungen und Zeitschriften im schleswig- holsteinischen Raum Artikel aus "dem Themenbereich Pflanzenschutz-
mittel"  zum honorfreien Abdruck an, die "sich mit Innovationen der Bayer AG" beschäftigen. Mit der Zielgruppe "Landwirte" im Visier, wird in diesen Fake-Artikeln das BAYER-Insektizid GAUCHO als "kleine Weltsensation" gepriesen, das sparsam dosiert werden kann, dadurch Geld spare und umweltverträglicher sei und außerdem noch Intelligenz genug besitze, kleine "Nützlinge" zu verschonen. Von dem Verein ELTERN FÜR UNBELASTETE NAHRUNG zu Rate gezogen, der von der Agentur auch mit dem Artikel "bemustert" wurde, stellte die Wissenschaftlerin Dr. Gudrun Oetken vom PESTIZID AKTIONS- NETZWERK (PAN) diese PR-Behauptungen in ein richtiges Licht.
Es werden durch GAUCHO lediglich ein bis drei Blatt- Spritzungen gespart und nach wie vor auch Kleinsttiere vernichtet. Sie wies außerdem darauf hin, daß die Weltgesundheitsorganisation GAUCHO in die Stufe der Stoffe eingeteilt hat, die eine mittlere Giftigkeit aufweisen.