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Dort sammelt sich auch dasjenige verunreinigte Wasser, das Drainagesysteme den Anbauflächen zur Steigerung des Pflanzenwachstums entziehen. Nach Angaben des
Gewässergüteberichts stellen unter den Agrochemikalien die Unkrautvernichtungsmittel (Fachbegriff: Herbizide) die Hauptproblemgruppe dar, weil sie in den größten Mengen ausgebracht werden. Unter den zehn
meistverwandten - und am häufigsten in den Proben nachgewiesenen - Wirkstoffen waren mit Glyphosat, Chlortoluron, Metamitron und MCPA vier Wirkstoffe, die vom Marktführer Bayer hergestellt werden.
Die größte Gefahr für die Gewässer-Qualität bedeuten allerdings die im Heim und Garten-Bereich verspritzten Unkrautvernichtungsmittel. Hier ist das von Bayer
hergestellte Diuron unangefochten die Giftquelle Nr.1. Es zählt zu den sogenannten Total-Herbiziden, die im chemischen Rundumschlag allem "Wildwuchs" den Garaus machen. Die Substanz dringt tief in das
Erdreich ein, da sie über die Wurzeln der "Unkräuter" wirkt und hat eine extrem lange Halbwertzeit. Besonders die Anwendung auf befestigten Flächen wie Gartenwegen, Garagen-Vorplätzen und Parkplätzen führt
zu massiven Wasser-Belastungen, denn dort kann das Gift nicht versickern und wird vom Regen in die Kanalisation gespült. Von den Klärwerken aus gelangt es dann in die Flüsse. Das NRW-weite Messprogramm wies Diuron
in 73 % aller Wasserproben nach; die mittlere Konzentration lag bei 0,72 Nanogramm pro Liter.
Die Pestizid-Produktion in Dormagen und Wuppertal-Elberfeld hat mit ihren Direkt-Einleitungen einen Anteil von 5-10 % an den Agrochemie- Rückständen. Im -
bereits vorbehandelten - Abwasser des Dormagener Werkes fanden die Fluss-Kontrolleure die sieben Wirkstoffe Chlorpropham, Diuron, Metabenzthiazuron, Metamitron, Metribuzin, Pencycuron und Triadimefon. Alle
überschritten den zulässigen Trinkwasser-Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter. Triadimefon wurde in allen Proben festgestellt. Die mittlere Konzentration betrug 9,5 Mikrogramm pro Liter; die auf den Tag
umgerechnete Proben- Durchschnittsmenge 500 Gramm. In den Einleitungen der Wuppertaler Bayer-Anlage tummelten sich die Wirkstoffe Fenamiphos, Isofenphos, Triadimefon und Triadimenol. Durch die Bank lagen die Mengen
über dem Trinkwasser-Grenzwert. Zum höchsten Aussschlag der Messgeräte führte Triadimenol mit einer Konzentration von 44 Nanogramm pro Liter und einem durchschnittlichen Frachteintrag pro Tag von 150-200 Gramm.
Eine verheerende Auswirkung auf das Ökosystem der Wupper hatten 1990 und 1991 zwei Unfälle, bei denen große Mengen Isofenphos und Fenamiphos in den Fluss
gelangten. Dies bedeutete das Todesurteil für Wasserflöhe, Kleinkrebse und Insektenlarven und führte laut Gewässer- gütebericht zu "einer Verödung der Gewässerstrecke von der werkseigenen Kläranlage bis zur
Mündung". Mittlerweile hat sich die Situation durch Produktionsverlagerungen zu Lasten anderer Flüsse und durch technische Maßnahmen etwas gebessert. Aber noch immer ist die Wasserqualität des Fließgewässers
nicht gut. In der Güteklassen- Einteilung, die von I-IV reicht, liegt die untere Wupper bei II-III und der Bereich unterhalb der Kläranlage Buchenhofen bei III.
Der Gewässergütebericht enthält zahlreiche Empfehlungen an Bayer, wie die Pestizid-Schäden zu verringern wären. Ein Vorschlag der ExpertInnen ist die
Einführung abwasserfreier Herstellungsverfahren oder alternativ die chemisch-physikalische Behandlung der Abwasserteilströme. Ein weiterer regt die verbesserte Selbstüber- wachung mit anschließender
Veröffentlichung der Ergebnisse an. Zudem hält das Landesumweltamt eine Verstetigung der Produktion für geboten. Die en bloc-Herstellung von nur saisonal benötigten Pestiziden führt in den Gewässern nämlich zu
Spitzenwerten, die wie chemische Keulen wirken. Auf eine Nachfrage bei der Behörde, ob Bayer die Ratschläge denn beherzigt habe, kommt erwartungsgemäß ein "Nein" als Antwort. Dafür hätte sich das
umweltpolitische Klima zu sehr verändert, so ein Beamter in leicht resigniertem Tonfall. An eine Umwandlung der Empfehlungen in gesetzliche Auflagen möchte er schon gar nicht denken. Trotz der immensen Kosten, die
für die Wasserwerke durch die aufwendige Herausfilterung der Schadstoffe entstehen, wird die Politik hier für geraume Zeit keinen Handlungsbedarf sehen.
Nur auf einem Gebiet musste der Hersteller Bayer klein beigeben: Nachdem die Ausbringung von Diuron auf den Gleisanlagen der Bahn AG schon seit längerer Zeit
untersagt ist, beugte sich der Konzern dem anhaltenden öffentlichen Druck und kündigte an, das Produkt künftig nicht mehr für den Kleingarten-Bereich anzubieten. Im Obstbau bleibt Diuron aber zum Leidwesen der
Flüsse weiter im Einsatz.
Der Gewässergütebericht gibt einen erschreckenden Einblick in die Wasser-Verunreinigungen durch Pestizide. Die Schadensbilanz ist umso alarmierender, als sie
gar nicht das ganze Ausmaß der Agrochemie-Vergiftungen aufzeigt. Die Auswirkungen von Insektiziden vernachlässigte der Bericht ebenso wie die von Schwebstoffen und Sedimenten als Pestizid-Bestandteile. Nicht
untersucht wurden auch die Direkt-Einleitungen von Pestizid-Vorprodukten aus den Formulierungs- betrieben. Den Folgen, die die Gift-Frachten für die Kleinstlebewesen der Flüsse haben, ging die Behörde ebenfalls
nicht systematisch nach. Was also genau so alles im Fluss ist, weiß niemand.
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