SWB 01/00 - Ticker

AKTION & KRITIK

Die "Battle of Seattle"
Die von den Konzernen und ihren politischen Handlangern betriebene Politik der Globalisierung hat bei der "Millenniumsrunde" der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle Ende November 1999 eine erste empfindliche Niederlage erlitten. Mehr als 1.100 Nicht- Regierungsorganisationen - die amerikanische StahlarbeiterInnen- Gewerkschaft, Verbraucherschutz-Verbände, koreanische Bauern, Umweltschutz- Organisationen, HEALTH ACTION INTERNATIONAL (HAI), der WORLD WILDLIFE FUND (WWF) und viele andere - sorgten mit ihren Widerstands- und Protestaktionen dafür, dass die Verhandlungen abgebrochen werden mussten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat auf internationalen Treffen und im Rahmen ihrer Internet-Kontakte für diese Aktionen mobilisiert. Widerstand gegen BAYER & Co. kann also durchaus Erfolg haben!

Aktionen in Davos/Schweiz
Regelmäßig treffen sich die Vorsitzenden der großen transnationalen Konzerne aus aller Welt mit SpitzenvertreterInnen der internationalen Politik in Davos/Schweiz. Im winterlichen Alpenambiente werden Strategien der Globalisierung entwickelt, wird die Politik der kommenden Jahre festgelegt, Differenzen zwischen Politik und Wirtschaft bereinigt etc.. Mit der Ruhe war es im Januar 2000 vorbei. Das kleine Davos sah sich mit einer wahren Polizeiarmee und tausenden von DemonstrantInnen konfrontiert. Trotz Polizeischutz gelang es diesmal nicht mehr, das Treffen ungestört stattfinden zu lassen. Die örtliche McDonalds-Filiale wurde zerstört, der Tagungssaal gestürmt. COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat die Widerstandsaktionen mit einem offenen Brief unterstützt.

Aktion zur Entschädigung
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte in der Bundesrepublik und den USA zu einer Postkarten-Aktion aufgerufen.
Mit diesen Postkarten an BAYER soll Druck auf den Konzern ausgeübt werden, endlich die ZwangsarbeiterInnen und Opfer medizinischer Experimente angemessen zu entschädigen. Viele US-Zeitschriften und Kooperationspartner wie die Jüdische Gemeinde in Pittsburgh, Stammsitz von BAYER in den USA, streuten sie in ihren Organisationen. Bislang sind bereits mehrere Tausend Postkarten bei BAYER in den USA und in der Bundesrepublik eingegangen.

Protest gegen Pestizid-Anlage
In El Salvador formiert sich Widerstand gegen die Gift-Ausstöße eines Pestizid- Werkes von BAYER. Die Gesundheit der BewohnerInnen der Gemeinde Guozapa ist durch hohe Konzentrationen von Agrochemikalien wie Methyl Parathion um die dortige Produktionsanlage herum extrem gefährdet, so Victor Hugo Mota, Sprecher des Umweltverbandes UNIDAD ECOLOGIA SALVADORENA (UNES). Er wirft dem Chemie-Multi vor, sich nicht an bestehende Umweltgesetze zu halten. Entsprechendes vermutet auch die Staatsanwaltschaft; sie hat inzwischen Ermittlungen eingeleitet. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat die Konzern-Zentrale in Leverkusen aufgefordert, die Missstände unverzüglich abzustellen.

Pestizid-Konferenz in Malaysia
Landarbeiterinnen in der "Dritten Welt" sind in besonderem Maße durch Pestizide gefährdet, da diese in den Hormon-Haushalt eingreifen und zu Fortpflanzungsstörungen sowie zu Missbildungen bei Neugeborenen führen können. Aus diesem Grund hat das PESTIZID AKTIONS- NETZWERK (PAN) im malaysischen Penang die Konferenz "Frauen für Gesundheit und Umwelt" organisiert, die sich speziell mit diesem Thema befasste. Die TeilnehmerInnen kritisierten die Täuschungsmanöver scharf, mit deren Hilfe BAYER & Co. ihre Ackergifte weltweit vermarkten. Desweiteren erhoben sie die zentrale Forderung, Pestizide, die wegen ihrer Gefährlichkeit in den Industrie-Nationen längst vom Markt verschwunden sind, auch in den "Entwicklungsländern" zu verbieten.

Don't buy BAYER
Eine in Los Angeles ansässige Initiative hat in Zusammenarbeit mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen Boykott gegen BAYER und sieben der anderen weltgrößten Pestizid- Produzenten wie NOVARTIS und MONSANTO initiiert. "Es ist ein Boykott gegen DIE MACHT und gegen die Lebensauffassung, welche die gigantischen Konzerne repräsentieren, die ihre Kontrolle über den Planeten mit jedem Tag ausdehnen", heißt es in dem Aufruf. Weiteres zum Boykott ist im Internet zu erfahren,
Adresse:
http://home.earthlink.net/~alto/boycott.html.

Chemie-kritischer Report erschienen
In Bhopal, Indien explodierte im Dezember 1984 eine Chemie-Anlage. Die Folgen waren verheerend. Noch heute sterben täglich Menschen an den Folgen der Katastrophe. Am 15. Jahrestag dieses Chemie-GAUs wurde ein Sündenregister der Chemie-Industrie veröffentlicht. Als Herausgeber dieses Reports mit dem Titel "Beyond the Chemical Century: Restoring Human Rights and Preserving the Fabric of Life" fungierten AktivistInnen-Gruppen aus 15 verschiedenen Ländern. "Das Bhopal- Desaster ist nur ein Beispiel für die Masse von Menschenrechtsverletzungen durch die chemische Industrie in diesem Jahrhundert", heißt es in der Publikation. Hauptautor Sanford Lewis wirft BAYER & Co. vor, das Recht auf Leben, auf Gesundheit und auf eine intakte Umwelt systematisch  zu missachten. Und im Zeitalter der Globalisierung steigt dieses Bedrohungspotenzial, da die WTO-Regeln es erlauben, gefährliche Stoffe in 134 Länder zu exportieren und sie dort herzustellen, wo die minimalsten Umweltauflagen zu erwarten sind. Der Report ist über die Geschäftsstelle erhältlich.

Wütender Leserbrief
Die Maßnahme von BAYER, "Lernen durch Tun", das Förder-Programm für lernschwache Jugendliche, einzustellen, ruft Proteste hervor. "Nun lässt man auch die letzten sozialen Feigenblätter fallen", so geißelt ein im Kölner Stadtanzeiger veröffentlichter Leserbrief das Vorgehen des Chemie-Multis. "Wie groß soll ein Betrieb bitte schön denn noch sein, bis auch Schwächere eine Chance bekommen?", fragt der Autor und schließt mit dem Satz: "Wer solche soziale Kälte verbreitet, soll sich nicht wundern, wenn irgendwann mächtig eingeheizt wird."

Kleinaktionär klagte in Karlsruhe
Der Würzburger Wirtschaftswissenschaftler Ekkehard Wenger, der regelmäßig die Hauptversammlungen (HVs) großer Konzerne besucht, hat beim Bundesverfassungsgericht eine Klage eingereicht, um die Rechte von KleinaktionärInnen zu verbessern. Seiner Ansicht nach ist die Gepflogenheit der Aufsichtsratsvorsitzenden auf HVs, missliebigen Unternehmenskritikern die Redezeit zu beschränken - eine Erfahrung, die RednerInnen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) oft machen mussten - verfassungswidrig. Auch die Weigerung von Firmen, den HV-TeilnehmerInnen Auskunft über ihre stillen Reserven, also die Finanzpolster, die in keiner Bilanz aufzutauchen brauchen, zu geben, ist nach Wengers Meinung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht sah dagegen in beiden Punkten keine Verstöße gegen die "Aktionärsdemokratie" gegeben und wies die Klage ab. Da es Wenger einzig um die Aktionärsprofite geht, wird zweierlei deutlich: Zum einen mißachten die Konzernherren auch die Rechte ihrer Geldgeber, indem sie ihnen Auskünfte und Rederecht verweigern. Zum anderen treffen sich hier die Interessen von KonzernkritikerInnen mit denen der in ihren Rechten beschnittenen KleinaktionärInnen.

Positionspapier von PAN-Gruppen
In Hamburg fand ein Meeting des PESTICIDE ACTION NETWORK (PAN) EUROPE statt, an dem VertreterInnen von 30 Verbänden teilnahmen. Ziel der Zusammenkunft war es, eine gemeinsame Linie für europaweite Aktivitäten gegen die Pestizid- Gefahren zu finden. Am letzten Tag erstellten die verschiedenen Gruppen ein Positionspapier. Darin verlangten sie strengere Grenzwerte für Pestizide in Nahrungsmitteln, eine Verschärfung der Pestizid-Zulassungsrichtlinie und eine genaue Erfassung der Produktions- und Einsatzmengen der Ackergifte, um so die gesundheits- und umweltschädigenden Wirkungen besser erfassen zu können. Desweiteren forderten die AktivistInnen eine präzise Definition der "guten landwirtschaftlichen Praxis" ein und sprachen sich für eine Förderung der ökologischen Landwirtschaft aus. Darüber hinaus einigten sich die VertreterInnen darauf, in den nächsten Jahren der Pestizid-Situation in den osteuropäischen Ländern verstärkt Beachtung zu schenken.

PAN für strengere Grenzwerte
Nach einer Presse-Mitteilung des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz (BgVV) stieg 1998 die Anzahl der Lebensmittel, die Pestizid- Rückstände oberhalb der zulässigen Höchstwerte aufwiesen. Zusätzliche Recherchen des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKS (PAN) ergaben, dass nicht nur die vom BgVV genannten Nahrungsmittel Räucheraal, Blattsalat, Weintrauben, Erdnüsse und Paprikapulver über Gebühr belastet sind, sondern darüber hinaus ca. 20 weitere Obst- und Gemüsearten. BAYER als einer der weltgrößten Produzenten von Agrochemikalien trägt maßgeblich zu diesem Gesundheitsrisiko bei. Der alarmierende Befund veranlasst PAN zu der Forderung an die Zulassungsbehörden, sich bei der Festsetzung von Pestizid- Höchstmengen an den äußerst strengen Grenzwerten für Babynahrung zu orientieren und damit dem Prinzip eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes zu folgen.

Ärzte starten Initiative
In den Staaten der "Dritten Welt" ist die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneien nur äußerst unzureichend gesichert. Zum einen haben sich BAYER und andere Pharma-Firmen wegen zu geringer Profit- Aussichten schon lange aus der Tropenmedizin zurückgezogen, zum anderen bieten sie ihre Präparate in den betreffenden Ländern oft zu unerschwinglichen Preisen an. Um diesen Missstand wenigstens ansatzweise zu beheben, hat die Organisation ÄRZTE OHNE GRENZEN eine Initiative ins Leben gerufen. Steuerliche Anreize sollen BAYER & Co. dazu bewegen, Malaria-Präparate und andere in den ärmeren Ländern dringend benötigte Arzneien zu entwickeln. Zudem regt die Organisation die Schaffung eines zentralen Einkaufsmodells für Medikamente an, das Preis-Nachlässe ermöglicht und die Konzerne im Gegenzug vor Arznei-Fälschungen schützt. Schließlich will ÄRZTE OHNE GRENZEN den Pharma-Konzernen die Lizenzgebühren für patent- geschützte Arzneien sichern, wenn sie den "Drittweltländern" den Zugang zu notwendigen Präparaten ermöglichen. Insgesamt ist die Initiative von ÄRZTE OHNE GRENZEN sehr industrie-freudlich. Diese butterweiche Politik wird die Arzneimittelversorgung in den ärmeren Staaten nicht verbessern.

Kritik an Pharma-Studien
Gerd Richter, der Vize-Präsident der Akademie für Ethik in der Medizin, prangerte in Leipzig vor JournalistInnen den größer werdenden Einfluss der Pharma-Industrie auf Klinische Studien an. Richter befürchtet, dass die Profit-Interessen von BAYER & Co. immer mehr bestimmen, was zu welchem Zweck erforscht wird. Ein anderes Akademie-Mitglied, der Düsseldorfer Philosoph Dieter Birnbacher, kritisierte die Zunahme gefälschter Forschungsergebnisse sowie die Gepflogenheit, Negativ-Resultate zu verheimlichen. Marianne Rabe, Akademie- Beisitzerin, beklagte den rücksichtslosen Umgang der Konzerne mit den TeilnehmerInnen an Medikamenten-Versuchen: "Sie leiden oft extrem unter den Nebenwirkungen." Wie die ProbandInnen des METRIFONAT- Tests, einem Alzheimer-Mittel von BAYER. 20 von ihnen erlitten Anfang 1999 während des Medikamenten-Versuchs eine plötzliche Muskelschwäche (siehe Ticker 2/99).

Treffen linker Gewerkschaftler
Fast 300 Personen nahmen am ersten Dezember-Wochenende 1999 an einem Treffen der Gewerkschaftslinken in Stuttgart teil. Organisiert wurde die Konferenz von der "INITIATIVE FÜR VERNETZUNG DER GEWERKSCHAFTSLINKEN" sowie von den Zeitschriften express und Sozialismus. Die TeilnehmerInnen diskutierten kontrovers über die Möglichkeiten linker Gewerkschaftspolitik in SPD und PDS sowie über das "Bündnis für Arbeit". Da das Plenum sich nicht über einen Aufruf zum Ausstieg aus dem "Bündnis" einigen konnte, wurde das Positionspapier mit dem Titel "Für eine Gewerkschaftspolitik jenseits von Sozialpartnerschaft und Wettbewerbskorporatismus" nicht gemeinsam veabschiedet. Trotz der Meinungsverschiedenheiten sahen die Veranstalter die Konferenz als Erfolg an und planen für das Frühjahr 2000 eine weitere, um das Netzwerk weiter auszubauen.

Kein Recycling-Papier bei BAYER
Recyceltes Papier schont den Rohstoff Holz; zudem kann es mit weniger Energie-Aufwand hergestellt werden als Papier aus Primärfasern. Deshalb verwenden viele große Unternehmen für ihre Geschäftskorrespondenz Recycling-Papier. Nicht jedoch BAYER. Alle Bemühungen des BUND NATURSCHUTZ IN BAYERN e.V., den Konzern zu einer Umstellung zu bewegen, scheiterten.

KRITISCHER LEHRSTUHL IN GEFAHR
Der bekannte Konzernkritiker Prof. Dr. Otmar Wassermann bittet um Hilfe: Die Leitung der Medizinischen Fakultät der Universität Kiel möchte sein Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben dazu nutzen, das angesehene "Institut für Toxikologie" zu schwächen oder - schlimmer noch!! - gar zu schließen. Das bisher unabhängige Institut soll durch eine Herabstufung der Professur und eine Integration in den medizinischen Fachbereich seiner eigenständigen Existenz und seiner kritischen Fachkompetenz beraubt werden. Einer der letzten industrie-kritischen Wissenschaftsbereiche soll mundtot gemacht werden. Nur Proteste können das verhindern. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat mit einem offenen Brief an die zuständige Ministerpräsidentin Heide Simonis in Kiel protestiert. Heide Simonis windet sich wortreich und läßt offen, "ob die Stelle wieder besetzt werden und ob sie der bisherigen oder einer anderen Fachrichtung dienen soll." (Antwortschreiben v. 31. Januar 2000) Wir bitten darum, sich dem Protest anzuschließen und sich für den Erhalt des Instituts einzusetzen. Proteste an:

Ministerpräsidentin Heide Simonis, Staatskanzlei, Landeshaus, Postfach, 24105 Kiel, Fax 0431 - 98 81 960, eMail heide.simonis@stk.landsh.de

Martin Kayenburg, CDU, Landeshaus, Postfach, 24105 Kiel, Fax 0431 - 98 81 403.
Dekan der Christian-Albrechts-Universität, Brunswiker Str. 10, 24105 Kiel
Kopien der Briefe und Soli-Schreiben bitte an:
Prof. Dr. Otmar Wassermann, Brunswiker Str. 10, 24105 Kiel, Fon 0431 - 59 73 540, Fax 59 73 558.

DRUCK AUF BAYER
Seit vielen Jahren kämpfen Menschen in aller Welt um das Leben von Mumia Abu Jamal. Mumia sitzt seit 1982 trotz einer erdrückenden Fülle von Unschuldsbeweisen in der Todeszelle. Die Ausführung der Todesstrafe konnte bereits zweimal aufgrund der großen internationalen Proteste verhindert werden. Da ihm jetzt endgültig die Hinrichtung droht, verstärkt die internationale Solidaritätsbewegung ihre Anstrengungen zur Rettung seines Lebens. Dabei wird auch Druck auf Konzerne entwickelt, die im für die Hinrichtung zuständigen Bundesstaat Pennsylvania ihren Sitz haben. Dazu gehört auch BAYER. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat im vergangenen Jahr bereits anläßlich des Besuchs des Gouverneurs von Pennsylvania bei BAYER in Leverkusen mit einem offenen Brief protestiert. Wir haben den Konzern aufgefordert, seinen Einfluss geltend zu machen, um die Barbarei der Todesstrafe abzuschaffen. Die Soli-Bewegung hat nun eine Postkarten- Aktion mit BAYER als Adressaten gestartet. Die Protest-Postkarten können bei der CBG angefordert werden.

VVN gegen IG FARBEN-Neuauflage
Die VEREINIGUNG DER VERFOLGTEN DES NAZI-REGIMES/BUND DER ANTIFASCHISTEN und die COORDINATION GEGEN BAYER- GEFAHREN (CBG) protestierten gegen das Vorhaben von BAYER, HOECHST und BASF, ihr Textilfarbstoff-Geschäft zusammenzulegen und damit die IG FARBEN wieder aufleben zu lassen.