|
STANDORTE & PRODUKTION
IG FARBEN-Neuauflage Die Entschädigungsverhandlungen waren noch im Gange, da
kündigten BAYER, BASF und HOECHST an, den mächtigsten und verbrecherischsten Konzern der Nazi-Zeit, die IG FARBEN, in Teilen wiederzubeleben. Ein Tabubruch, der eindrucksvoll belegt, wie wenig diese Konzerne
wirklich ein Bewusstsein von ihrer schrecklichen Vergangenheit haben. Die Unternehmen kündigten an, ihr Textilfarbstoff- Geschäft zusammenzulegen. Dafür fusioniert DYSTAR, Gemeinschaftsunternehmen von BAYER und
HOECHST, mit der Farbstoff-Sparte von BASF. War DYSTAR auf diesem Gebiet bisher schon weltweit die Nr.1, so wird das neue Gemeinschaftsunter- nehmen den Abstand zur Konkurrenz noch vergrößern können und auf
einen Marktanteil von 25 % kommen. DYSTAR und BASF hatten durch die Asienkrise Umsatzrückgänge zu verkraften und erhoffen sich von der Fusion "Synergie-Effekte". Die Beschäftigten müssen gerade diese
"Synergie-Effekte fürchten: Die DYSTAR- Sprecherin Doris Sperzel-Cannon hat schon Entlassungen angekündigt.
Höchster Verhältnisse in Leverkusen? Die Zerschlagung des Chemie-Unternehmens
HOECHST und die anschließende Fusion mit RHONE-POULENC unter dem neuen Namen AVENTIS hat für den ehemaligen Geschäftssitz, den Frankfurter Stadtteil Höchst, schlimme Folgen gehabt. Nach der Aussage des CDU-
Ortsbeiratsmitgliedes Georg von Freyberg droht Höchst ohne HOECHST sogar zu verslumen. Um die Leverkusener Kommunal- politikerInnen und GewerkschaftlerInnen über die Folgen eines derartigen Schrittes von BAYER
für die Stadt in Kenntnis zu setzen, besuchte eine Höchster Ortsbeiratsdelegation den Stammsitz des Chemie-Multis. Für den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erhard Gipperich ist so ein Horror-Szenario für Leverkusen
nicht denkbar. Er vertraut dem Versprechen des BAYER-Chefs Manfred Schneider, der Konzern bleibe ein chemisch- pharmazeutisches Unternehmen. Neueste Entwicklungen im Pharma-Bereich deuten auf etwas anderes hin
(siehe auch IMPERIUM & WELTMACHT). So beurteilt der Bürgermeister der Stadt, Walter Mende (SPD), die Lage denn auch schon skeptischer: "Wenn ich eines Morgens in der Zeitung lesen müsste, dass BAYER mit
DUPONT zusammengeht, dann würde mich das auch nicht überraschen". Um für einen solchen oder ähnlich gelagerten Fall gewappnet zu sein, hat der Leverkusener Stadtrat schon ein "Worst Case Scenario"
ausgearbeitet.
Verkauft Leverkusen BAYER-Aktien? Durch das komplette Ausbleiben der
BAYER-Gewerbesteuern (Ticker 4/99) ist die Stadt Leverkusen in akuter Finanznot. Um den Betrag von zehn Millionen Mark wurde der Haushalt schon zusammengestrichen. Da dies aber nicht reicht, den nötigsten Aufgaben
der Kommune nachzukommen, schlug Oberbürgermeister Paul Hebbel den Verkauf der in Stadtbesitz befindlichen BAYER-Aktien vor. Darüber ist in der Stadt jetzt eine Kontroverse entflammt. SPD-Vertreter Hans Klose sieht
in dieser Maßnahme lediglich die gleiche Ex und Hopp-Mentalität, die BAYER derzeit vorlebe. CDU-Sprecher Rudolf Sykora betrachtet sie hingegen als probates Mittel, wenn der Verkauf auf BAYER auch keinen Eindruck
machen würde: "Dieses große Werk hat sich von den zwischenmenschlichen Werten verabschiedet. In den Zeiten der Globalisierung zählt Zwischenmenschlichkeit nicht mehr". Diese Äußerung veranlasste
Unternehmenssprecher Jürgen Gemke zu einem Leserbrief, in dem er die Vorwürfe fadenscheinig durch Beispiele sozialen BAYER-Engagements zu entkräften suchte.
Trennung von EC ERDÖLCHEMIE? Der Vorstand des Leverkusener Chemie-Multis prüft
momentan ein Angebot der BP, die BAYER-Anteile von 50 % an der EC ERDÖLCHEMIE übernehmen zu wollen. Das seit 1957 gemeinsam mit der BP betriebene Unternehmen sollte ursprünglich dazu dienen, den Konzern mit
Petro-Chemikalien zur Weiterverarbeitung zu versorgen. Inzwischen macht die Belieferung externer Kunden allerdings schon 2/3 des Geschäftsumfangs aus. Jetzt will die EC weiter expandieren und bis zum Jahr 2003 ca.
920 Millionen Mark in den Ausbau ihrer Anlagen investieren. Da BAYER die Petrochemie nicht zu den "Kerngeschäften" zählt, zögert der Konzern, diese Summe zu bewilligen. Eine Entscheidung über die Zukunft
der EC ERDÖLCHEMIE wird vermutlich noch in diesem Jahr fallen.
BAYER-Kultur in Leverkusen Die Einnahme-Verluste, die die Stadt Leverkusen durch
den Komplett-Ausfall der BAYER-Gewerbesteuern erleidet (siehe TICKER 4/99), zwingen auch zu Einsparungen im Kultur-Sektor. Die SPD- Kulturpolitikerin Irmgard Mierbach überlegt deshalb, eine Art Kultur-Joint Venture
zwischen der Kommune und dem Konzern zu gründen: "Wir als Stadt müssen mit BAYER gemeinsam ausloten, welche Aufgaben wir in der Kultur gemeinsam erfüllen können". Sie denkt daran, die Galerie am Werk, das
Leverkusener Museum und den Künstlerbunker in Zukunft zusammen zu betreiben. Auf dem Gebiet der Musik soll die Allianz so aussehen, dass BAYER die großen Konzerte und die Stadt die Kammerkonzerte veranstaltet, womit
das Kräfteverhältnis Kommune/Konzern auf den Punkt gebracht ist. Warum nicht gleich die ganze Stadtverwaltung in die BAYER-Zentrale verlegen?
|