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SPORT & MEDAILLEN
Schlepperbande BAYER Leverkusen Schon in den 80er Jahren war dem Chemie-Unternehmen
jedes Mittel recht, um dem Konzern-eigenen Fußball-Team zum Erfolg zu verhelfen. Bei der Verpflichtung von neuen Spielern hatte man sich aus politischen, finanziellen und sportlichen Gründen besonders auf einen
Markt konzentriert: den der damaligen DDR. Treibende Kraft im BAYER- Vorstand war Günther W. Becker, der nach Aussagen des ehemaligen Chefs der Berliner Niederlassung, Pross, "eine äußerst rechte Position in
allen politischen Fragen" hatte. Als ausführendes Organ fungierte der 1978 aus der DDR in die Bundesrepublik geflohene Trainer Jörg Berger. Er beobachtete für BAYER systematisch alle Auswärtsspiele von
DDR-Mannschaften und erstellte Charakter-Profile über die einzelnen Spieler. Handelte es sich um "besonders unentschlossene oder labile" Persönlichkeiten und darüber hinaus noch um gute Fussballer wie im
Falle von Falko Götz oder Dirk Schlegel, verleitete der Chemie-Riese sie durch lukrative Angebote zur Republikflucht. Diese dunklen Machenschaften kamen jetzt durch Stasi-Unterlagen ans Tageslicht. Der Leverkusener
Chemie-Multi wollte nämlich nicht, dass das preiswerte Aufstocken des Kicker-Kaders durch den "Fußballer- Geheimdienst" des Vereins die Geschäfte mit der DDR verhagelt. Deshalb arrangierte er ein
"vertrauensbildenden Gespräch" zwischen dem Leiter der West-Berliner BAYER-Niederlassung, Pross, und dem für Außenwirtschaft zuständigen DDR-Offiziellen Hans-Joachim Menzel, der der Stasi anschließend
Bericht erstattete. Demnach hat Pross sich "um die Beziehungen angesichts des gespannten Verkaufs/ Einkaufsvolumens" nicht noch stärker zu belasten, bereit erklärt, Menzel "eine Reihe von
Informationen (zu) geben, die die Gesamtsituation erläutern sollten". Hintergründe über die Abwerbe-Strategien des Fußball-Klubs gegen eine "Business as usual"-Garantie, dieser Handel wurde also im
Berliner Palast-Hotel besiegelt.
Daum für Deutschland oder für BAYER? In der Frage, ob Christoph Daum die Freigabe
erhalten sollte, um Nationaltrainer zu werden, gab es bei BAYER Leverkusen eine heftige Kontroverse zwischen denjenigen, die Fußball zu 80 % als Geschäft ansehen wie Manager Reiner Calmund und solchen wie den
Sportbeauftragten Meinolf Sprink, für den er zu 100 % ein Business ist. Während Fußball-Patriot Calmund bereit war, der Nationalmannschaft in Not sofort Daum als Trainer abzutreten, legte Sprink ein Veto ein:
"Wir sind nicht die Retter des deutschen Fußballs, wir schießen uns doch nicht selbst ins Knie". Vorstandsvorsitzender Manfred Schneider pflichtete seinem Sport-Chef bei und erteilte den DFB-Oberen in
einem persönlichen Gespräch eine Absage. Calmund tobte und war kurz davor, zu kündigen. Schließlich einigten sich Schneider, Sprink, die DFB-Funktionäre und Calmund aber doch noch auf die Kompromiss- Lösung
"Erst Völler, dann Daum". Mehr denn je haben die turbulenten Tage nach der EM gezeigt, welchen zentralen Machtfaktor BAYER im bundesdeutschen Fußball-Geschäft darstellt.
AVANZA neuer Co-Sponsor BAYER Leverkusen ist es gelungen, einen zweiten
Haupt-Sponsoren für sein Kicker-Team aufzutreiben: die RWE-Tochter AVANZA. Die Gesellschaft will auf dem privatisierten Strom-Markt Fuß fassen und lässt sich den medienwirksamen Werbeauftritt auf den BAYER-Trikots
deshalb mehr als 13 Millionen Mark pro Jahr kosten. BAYER-Chef Manfred Schneider sitzt beim Essener Energie-Konzern im Aufsichtsrat. Dass er seine Beziehungen hat spielen lassen, um den Werbe-Deal einzufädeln,
bestreitet er jedoch vehement.
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