DRUGS & PILLS
Bittere Pillen für Kinder Zwei Drittel aller Kinder in Krankenhäusern erhalten
Arzneien, die für sie entweder gar nicht zugelassen oder falsch dosiert sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine an fünf europäischen Kinderkliniken vorgenommene Studie. Besonders häufig unter den Risiko- Verordnungen zu
finden: Asthma- und Schmerzmittel. BAYER ist mit ASPIRIN und ALKA-SELTZER einer der größten Anbieter dieser Medikamenten-Gruppe. Das so genannte ASPIRIN FÜR KINDER hat wiederholt das lebensbedrohliche Reye-Syndrom
ausgelöst. Nur rund 20 Prozent aller marktgängigen Pharmazeutika sind ausdrücklich auch für Kinder zugelassen, weil die Hersteller bei den Genehmigungsverfahren die damit verbundenen Mehrkosten für klinische Tests
scheuen. Die MedizinerInnen sehen sich deshalb oft gezwungen, Kindern die Mittel auf eigene Verantwortung zu verabreichen.
AIDS-Skandal: Bund zahlt für BAYER Mit HIV-verseuchten Blutpräparaten haben BAYER
und andere Pharma-Multis Zehntausende Bluter infiziert. Dieser so genannte AIDS-Skandal führte dazu, dass 1995 eine Bundesstiftung für die Erkrankten und ihre Opfer gegründet wurde. Sie war mit einem Kapital von 250
Millionen Mark ausgestattet. BAYER und fünf andere Konzerne steuerten aber nur 90 Millionen Mark dazu bei - der Rest kam von Bund und Ländern. Jetzt ist diese Summe nahezu aufgebraucht. Die COORDINATION GEGEN
BAYER-GEFAHREN (CBG) forderte in einer Pressemitteilung BAYER dazu auf, den Fonds wieder aufzustocken. Was der Chemie-Multi natürlich nicht machte. Statt dessen sprang wiederum der Bund mit Steuermitteln ein.
Wiedereinstieg in AIDS-Forschung Der Leverkusener Chemie-Multi nimmt die
AIDS-Forschung wieder auf. Er hatte sie 1997 nach der erfolgreichen Markt-Einführung anderer Präparate durch die Konkurrenz beendet. Diese Medikamente hätten sich dann aber als doch nicht so wirksam erwiesen, sagte
die BAYER-Forscherin Helga Rübsamen-Waigmann zur Begründung des Wiedereinstiegs. Ihrer Meinung nach lassen sich die vom Konzern in der Virologie erprobten Behandlungswege auch auf die Immunschwäche- Krankheit
übertragen. Schon in zwei Jahren rechnet sie mit den ersten klinischen Tests. Das Präparat soll angeblich den Virus-Spiegel im Blut so weit senken, dass die HIV-Infektion nicht ausbricht. Bevor der Konzern sich zur
Wiederaufnahme der AIDS-Forschung entschloss, hatte er allerdings durch eine Studie klären lassen, ob das Therapeutikum überhaupt Markt-Chancen hat, sprich, ob in den Industrieländern genügend Krankheitsfälle
auftreten. Erst als dies klar war - 2.500 Deutsche stecken sich jährlich an - gab der Vorstand grünes Licht. Wieviel Menschen in ärmeren Ländern an AIDS erkranken, ist dem Unternehmen dagegen egal, weil sie als
KäuferInnen ohnehin nicht in Frage kommen.
Aufgabe von Forschungsgebieten Der Leverkusener Chemie-Multi kündigte an, seine
Pharma-Forschung zu Schlaganfall, Lebererkrankungen sowie Osteoporose einzustellen, da die WissenschaftlerInnen in den letzten Jahren laut Pharma-Chef Wolfgang Hartwig mehrere Erfolg versprechende Wirkstoffe
entdeckt haben. Das Unternehmen will sich in Zukunft im Gesundheitsbereich auf 13 Therapie-Felder konzentrieren. Als neue Untersuchungsgebiete nannte der Konzern AIDS, Parkinson, urologische Gesundheitsstörungen und
Demenz.
Mehr Pharma-Zwischenprodukte Der BAYER-Konzern hat angekündigt, seine
Markt-Position im Bereich pharmazeutischer Zwischenprodukte "nachhaltig" zu stärken. Zu diesem Zweck will der Chemie-Multi während der nächsten fünf Jahren 300 Millionen Euro in das Geschäftsfeld
"Chemikalien" stecken; 50 Millionen Euro davon sollen in das Leverkusener ZeTO (Zentrale Technikum Organisch) fließen.
Wirkstoffsuche mit Chemie-Informatik BAYER baut die Zusammenarbeit mit dem
Heidelberger Unternehmen LION BIOSCIENCE aus. Ergänzend zur Kooperation auf dem Gebiet der Bio-Informatik entwickelt LION eine spezielle Software-Lösung zur beschleunigten Untersuchung von Chemikalien auf ihre
Tauglichkeit zum Pharma- oder Pestizid-Wirkstoff.
Schwierigere Forschung am Menschen BAYER & Co. kämpfen seit Jahren darum, die
Bestimmungen der Deklaration von Helsinki aufzuweichen. Dieses 1964 vom Weltärztebund aufgesetzte medizinische Grundgesetz legte für die Forschung am Menschen bestimmte ethische Standards fest. Nicht
einwilligungsfähige PatientInnen genossen einen besonderen Schutz. Den Pharma-Multis waren diese Bestimmungen ein Dorn im Auge. Für BAYER bedeutete der Schutz für nichteinwiligungsfähige Menschen eine Behinderung
von Testreihen mit Alzheimer-Präparaten. Jetzt scheiterten die Konzerne erneut mit ihren Bemühungen um eine Aufweichung des Regelwerks. Die neue Fassung der Deklaration stärkt die PatientInnen-Rechte sogar. Im
Hinblick auf die klinische Erprobung von AIDS-Medikamenten an afrikanischen ProbandInnen macht sie es zu einer Bedingung, dass Test-TeilnehmerInnen auch die Möglichkeit haben müssen, das Therapeutikum später in
ihrem Land zu erwerben. Als Vergleichsgröße von neuen Pharmazeutika sollen fortan nicht mehr Placebos, sondern die bisher üblichen Therapie-Formen herangezogen werden. Zudem fordert die Deklaration eine
Veröffentlichung auch von negativen Studien-Ergebnissen.
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