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GENE & KLONE
Weltgrößter Biotech-Deal mit CURAGEN BAYER hat mit dem US-amerikanischen
Biotech-Unternehmen CURAGEN einen 1,3 Mrd. Dollar schweren Vertrag über die gemeinsame Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von Wirkstoffen gegen Fettsucht und Altersdiabetes geschlossen. Der Leverkusener
Chemie-Multi wird 56 Prozent der Kosten tragen, CURAGEN 44 Prozent. Dieser Deal ist der größte, der jemals zwischen einem Pharma-Konzern und einem Gentech-Unternehmen abgeschlossen wurde. Die Tatsache, dass CURAGEN
sowohl an den Investitionen als auch an den späteren Profiten beteiligt ist, werten BeobachterInnen als Zeichen für die gestiegene Macht von Biotechnologie-Konzernen. Motiv für BAYER, die Kooperation einzugehen:
CURAGEN kann angeblich untersuchen, ob PatientInnen auf bestimmte Wirkstoffe ansprechen sowie die Giftigkeit von Wirkstoffen überprüfen.
Trojanisches Pferd "Goldener Reis" Gen-Forscher haben eine Reis-Pflanze
gentechnisch so verändert, dass sie Vitamin A enthält. Vor allem in den ärmeren Ländern auftretende Mangelerscheinungen wie Sehstörungen bis zur Erblindung und erhöhte Infektionsanfälligkeit sollen durch den Anbau
angeblich in Zukunft verhindert werden, so die Wissenschaftler Peter Beyer und Ingo Potrykus. Da bei der Entwicklung der Gentech-Pflanze über 70 Patente berührt waren, haben sie lange mit BAYER, MONSANTO, ZENECA und
anderen Biotech-Riesen um eine Freigabe verhandeln müssen. BAYER & Co. gaben schließlich ihre Einwilligung, da sie erkannten, welche PR-Chancen sich durch den "Goldenen Reis" für die unter massiven
Akzeptanz-Problemen leidende "grüne Gentechnik" ergeben würden. Sie forderten aber, dass Bauern oder Organisationen die Pflanze nicht kommerziell nutzen dürften. Die exklusiven Vermarktungsrechte
übertrugen Beyer und Potrykus schon vor einem Jahr ASTRA-ZENECA. Der Konzern will den Reis in den wohlhabenden Ländern als "Functional Food" vermarkten und betrachtet die milde Gabe
"Risiko-Technologie" als willkommene Produkteinführungskampagne. "Dritte Welt"-Gruppen kritisierten das Projekt dagegen fast einhellig. Ihrer Meinung nach ließe sich der Vitamin A-Mangel weit
einfacher beheben. Es müsste in den betreffenden Ländern nur unpolierter Reis verarbeitet werden, denn dieser enthält in seiner Schale reichlich Vitamin A. Dies geschieht nicht, weil auf dem Weltmarkt nur der
polierte weiße Reis nachgefragt wird. Eine Umstellung der Landwirtschaft nach den Bedürfnissen der BewohnerInnen wäre also gesundheitspolitisch weit sinnvoller. Auch muss eine ausgewogene Ernährung gewährleistet
sein, damit der Körper den Stoff überhaupt aufnehmen kann, was die Gen-Werker nicht bedacht haben. Und schließlich enthält der Gen-Reis eine Menge Substanzen ungeklärter Herkunft, die in der natürliche Pflanze nicht
anzutreffen sind, was eine Gesundheitsgefahr darstellt.
BAYER Biotech-Vorreiter Jochen Wulff, der Leiter von BAYERs Pestizid-Sparte, hat
den Konzern als "den Vorreiter im Einsatz innovativer Technologien in den Pflanzenschutz-Forschung", sprich in der "grünen Gentechnik", bezeichnet (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE).
Schneider: BAYER bei Biotech führend BAYER-Chef Manfred Schneider bezeichnete den
Chemie-Multi in einem Vortrag, den er Mitte Oktober letzten Jahres auf dem Luxemburger Finanzmarkt-Forum hielt, als eines der führenden Biotech-Unternehmen. Der Vorstandsvorsitzende bezifferte den Umsatz des
Konzerns mit gentechnischen Produkten auf 500 Millionen Euro und kündigte innerhalb der nächsten fünf Jahre eine Verdoppelung an.
Pflanzen-Genom entschlüsselt GenforscherInnen haben erstmals das Erbgut einer
Pflanze, des Wildkrauts Ackerschmalwand, lateinisch Arabidopsis, entschlüsselt. Mit dabei waren BiotechnologInnen der mit BAYER in vielen Bereichen der Gentechnik kooperierenden Firma LION BIOSCIENCE. Aber der
Leverkusener Chemie-Multi untersucht die Arabidopsis in seinen Monheimer Labors auch selber. Er spekuliert darauf, so Aufschluss über die Möglichkeit gentechnologischer Veränderungen von Pflanzen, beispielsweise den
Einbau von Proteinen, zu gewinnen. Darüber hinaus fahndet BAYER im Ackerschmalwand-Genom nach Wirkorten für Pestizide. Eine Qualitätssteigerung im Schutz vor Schadinsekten haben die GenwerkerInnen dabei natürlich
nicht im Sinn. Nach BAYER-Sprecher Barken geht es lediglich darum, die Kosten verschlingende Entwicklungszeit für Agrochemikalien zu senken. Die Gefahr, die von genmanipulierten Pflanzen ausgeht, wenn der Wind
ihre Blütenpollen auf benachbarte Felder trägt, interessiert die Rationalisierungswissenschaftler dagegen nicht.
BAYER testet Krebsmittel BAYER hat den Beginn von klinischen Tests mit einem
Gentech-Krebsmittel auf Protein-Basis angekündigt, das angeblich ein für die Krebsentstehung verantwortliches Gen blockieren soll. Entdeckt hatte das scheinbare Krebs-Gen und das dazu passende
"Antitumor-Protein" das Biotech-Unternehmen MILLENNIUM, mit dem der Chemie-Multi 1998 einen 465 Millionen-Dollar schweren Kooperationsvertrag abgeschlossen hatte. In der Vergangenheit überstanden solche
Tumor-Hemmer oft klinische Tests nicht. Die "schöne neue Gen-Welt", in der es "Ausschalter" für Krebszellen gibt und "Zauberkugeln" "böse" Gene erkennen "wie ein Schloss
den richtigen Schlüssel", erwies sich nur allzu häufig als reine Märchenwelt. Darum stieß BAYERs voreilige Informationspolitik auf einige Verwunderung. "Große solide Pharma-Unternehmen machen normalerweise
keinen großen Wirbel um etwas, das noch nicht einmal in die klinische Erprobungsphase eingetreten ist", sagte ein Londoner Finanz-Analyst dem Wall Street Journal Europe. Er vermutete als Motiv, der Konzern
wolle die Börsen bewegen, den MILLENNIUMS-Deal endlich angemessen zu honorieren: "BAYER hat für diese Allianz viel Geld ausgegeben und will, dass sie sich bezahlt macht."
Bluterkrankheit-Mittel gekauft BAYER hat vom US-amerikanischen Biotech-Unternehmen
AVIGEN INC. für ca. 60 Mio. Dollar die Lizenz zur Vermarktung des gentechnologisch hergestellten Präparats gegen die Bluterkrankheit Hämophilie B, COAGULIN-B, erhalten. Es soll angeblich ein Gen in die Muskelzellen
der Patienten transportieren, und dort die Produktion des Blutern fehlenden Faktor IX-Eiweißes anregen. Damit entwickelt sich BAYER immer mehr zu einem Monopolisten im Bereich gentechnisch hergestellter
Bluter-Präparate. Dabei betont der Chemie-Multi immer wieder die größere Sicherheit dieser Mittel gegenüber konventionell hergestellten, da sie weniger oder gar kein menschliches Blutplasma enthalten. Ein zynisches
Argument: Mit dem HI-Virus infizierte Blutplasma-Spenden, auf deren Basis Bluter-Präparate entstanden, hatten in den 80er Jahren den AIDS-Skandal ausgelöst. Allein BAYER-Produkte haben damals Zehntausende von
Blutern angesteckt. Una: Auch von gentechnologisch fabrizierten Mitteln gegen die Bluterkrankheit gehen jedoch auch Gesundheitsgefahren aus. Ein zu hoher Gehalt an Genom-Bruchstücken kann die Krebs-Entstehung
begünstigen. Zudem werden bei der Herstellung Hamsterzellen und Rinderseren verwandt, was das Risiko der Übertragung von tierischen Krankheiten wie zum Beispiel BSE birgt.
Wuppertal zweiter Gentech-Standort? Anlässlich der Einweihung des neuen Wuppertaler
Pharma-Zentrums gab BAYER-Chef Manfred Schneider bekannt, dass der Konzern-Vorstand erwäge, die Niederlassung neben Berkeley/USA zu einem zweiten Biotech-Standort zu machen. Voraussetzung für eine positive
Entscheidung sei allerdings ein zügiges Genehmigungsverfahren, redete Schneider dem Bundeskanzler und den anderen bei der Feierlichkeit anwesenden PolitikerInnen ins Gewissen.
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