SWB 03/01 - Ticker

AKTION & KRITIK

Patente auf Lebewesen
Das GEN-ETHISCHE NETZWERK hat 14.400 Unterschriften gegen die Umsetzung der Biopatent-Richtlinie der EU gesammelt. Nach diesem Regel-Werk können Patente auf Gensequenzen, menschliche Organe und Zellen sowie auf Tiere und Pflanzen erteilt werden. Der BAYER- Konzern besitzt schon zahlreiche dieser Patente auf Leben und hat sich so den Reichtum der Natur zu Verwertungszwecken privat-wirtschaftlich angeeignet. Das GEN-ETHISCHE NETZWERK appellierte an die Bundestagsabgeordneten, die Umsetzung dieser Richtlinie zu verhindern, um eine Neuverhandlung auf europäischer Basis zu erreichen.

Streiks in Belgien
Am 6. Februar streikten MitarbeiterInnen der belgischen BAYER-Niederlassungen in Brüssel, Antwerpen und Zwijndrecht und führten Demonstrationen durch. Sie brachten mit diesen Aktionen ihren Protest gegen die Gründung eines "Service-Centers" für das gesamte nicht-deutsche europäische Rechnungswesen in Barcelona zum Ausdruck, da mit dieser Konzentration eine massive Arbeitsplatz-
vernichtung verbunden ist. Die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine Gruppe alternativer GewerkschaftlerInnen im Leverkusener BAYER-Werk, druckte in ihrem März-Flugblatt einen Brief der belgischen BAYER- Belegschaftsangehörigen an den BAYER-Landessprecher Benelux ab. In ihm schrieben die Beschäftigten unter anderem, für sie sei es "nicht akzeptabel, dass Menschen wie 'Marionetten' behandelt werden, bei denen man nur an einem Strick zieht, um sie 'marschieren' zu lassen."

Proteste in Brunsbüttel
Unter dem Motto "Wir wehren uns" fand am 17. Juni eine Kundgebung von ca. 1.000 Brunsbütteler BAYER-MitarbeiterInnen statt, die so ihren Protest gegen die Politik der Unternehmensspitze ausdrückten. Verkauf der H-Säure-Produktion, die für 2003 angekündigte Verlagerung der DNT/TDA-Kunststoff-Herstellung nach Dormagen, Umstrukturierungen beim Werkschutz, drei nur in allerletzter Minute von Belegschaft und Betriebsrat verhinderte weitere Ausgliederungen - das sind für die Belegschaftsangehörigen Anzeichen dafür, dass BAYER dem Standort keine große Zukunft mehr einräumt. "Inzwischen wird bei BAYER ganz offen gesagt, dass aus heutiger Sicht das Werk nicht gebaut worden wäre. Das zeigt, dass der Vorstand die Trennung von Brunsbüttel gedanklich vollzogen hat", kritisierte der BAYER-Betriebsratsvorsitzende Hans-Joachim Möller in seiner Rede auf dem Brunsbütteler Marktplatz.

CBG auf Kirchentag
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) war auf dem diesjährigen Kirchentag vertreten. Sie teilte sich einen Stand mit einer Düsseldorfer Kirchengruppe und informierte über die Themen "Störfälle/Anlagensicherheit" und "globaler Widerstand gegen BAYER". Zudem forderte die CBG die KirchentagsbesucherInnen auf, Protest-Postkarten an BAYER zu schreiben, worin der Konzern aufgefordert wird, wie angekündigt seine Pestizide der Toxizitäts- Klasse I vom Markt zu nehmen. Die Aktion erfreute sich reger Beteiligung.

Ermittlungen wg. CIPROXIN-Tests
Auf Einladung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG)  berichtete der britische Arzt Dr. Steven Karran auf der diesjährigen BAYER-Hauptversammlung am 27. April über skandalöse Vorgänge bei Arzneimittel-Tests mit dem BAYER-Antibiotikum CIPROXIN in englischen Krankenhäusern. Noch am selben Tag reichte der Mediziner eine Klage gegen den Leverkusener Chemie-Multi ein. Anfang August schließlich gab die Kölner Staatsanwaltschaft bekannt, einen Anfangsverdacht wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz zu prüfen. Der Düsseldorfer Kriminalpolizei erteilte die Behörde die Weisung, in der Sache einen Zeugen zu vernehmen.

BAYER hatte Arzneimitteltests durchführen lassen, um für CIPROXIN eine Zulassungserweiterung zu erhalten. Es sollte vor schweren Operationen nicht mehr nur intravenös, sondern auch oral verabreicht werden können. Die Tests fielen aber negativ aus. Oral eingenommen, vermochte CIPROXIN die PatientInnen nach überstandener OP nicht mehr vor Infektionskrankheiten zu schützen. Die Hälfte der ca. 300 Test-Personen erlitt Infektionen; es kam sogar zu Todesfällen. Der Konzern verschwieg diese Ergebnisse der zuständigen Ethik-Kommission und machte vor der "Medicine Control Agency" bewusst falsche Angaben.

Netzwerk von BAYER-BetriebsrätInnen
In den USA haben Betriebsräte von BAYER-Werken ein Netzwerk gegründet. Eine der InitiatorInnen ist Trudy Manderfeld. Sie organisierte 1998 Aktionen gegen die Schließung einer Niederlassung des Konzerns in Elkhart/Indiana (siehe auch SWB 3/98). 

Einwendung gegen neue Anlage
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für neue Anlagen gibt es für politische Initiativen die Möglichkeit, Einwände zu formulieren. Betreffs einer geplanten BAYER-Produktionsstätte für Kunststoffe in Dormagen nahmen der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND e. V. (BUND) und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Gelegenheit wahr. Am 4. Juli war in Köln ein Erörtungstermin anberaumt, auf dem CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes Kritik an den mangelnden Sicherheitsstandards übte. Er beanstandete, dass chlorfreie und damit risiko-ärmere Verfahren zur Polyurethan-Herstellung in Dormagen nicht zur Anwendung kommen und keine Umhüllung der Anlage geplant sei, um im Falle einer Stoff- Freisetzung die Kontamination der Umgebung zu verhindern. Zudem sah er nicht genügend Vorkehrungen dafür getroffen, um Groß-Explosionen wie am 8.6.1999 in Wuppertal oder Gift-Austritte aus Kunststoff-Anlagen wie am 30.6.1997 in Dormagen zu vermeiden. Der Chemie-Multi ist zwar gehalten, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, die ausstehende Bau-Genehmigung gefährden sie aber natürlich nicht.

Anfrage wg. AUTAN
Ein Mitglied des Vereins ELTERN FÜR UNBELASTETE NAHRUNG wandte sich an die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), da er innerhalb seiner Familie aufgetretene gesundheitlichen Probleme mit der jahrelangen Verwendung des BAYER-Haushalts-
insektizids AUTAN in Verbindung bringt. Er bat für die Erstellung einer Dokumentation um Info-Material und ist auch an Kontakten zu anderen Betroffenen interessiert. Wer weiterhelfen kann, setze sich bitte mit der CBG in Verbindung.

Mehr ToxikologInnen gefordert
Die von BAYER & Co. auf den Markt geworfene Anzahl von Produkten mit mehr oder weniger gefährlichen chemischen Inhaltsstoffen nimmt ständig zu. Trotzdem gibt es immer weniger Fach-WissenschaftlerInnen, die diese auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchen könnten. Die bundesdeutschen Universitäten haben in den letzten zehn Jahren mehr als die Hälfte aller Toxikologie-Lehrstühle abgebaut. Dass dabei die industrie-kritischen Institute zuerst betroffen sind, zeigt der Fall des Kieler Toxikologen Prof. Dr. Otmar Wassermann (SWB berichtete). Aufgrund dieser Entwicklung fordert Dieter Schrenk, der Leiter der Sektion Toxikologie der "Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie" (DGPT), einen Kurswechsel. "Der Abbau von toxikologischen Instituten und Einrichtungen muss endlich aufhören. Genauso wenig dürfen Wissenschaftler, die zwar renommiert, aber auf dem Gebiet der Toxikologie nicht bewandert sind, auf toxikologische Lehrstühle berufen werden", schrieb er in der Faz.

Kritik an Öko-Audit-Neufassung
Weil sich immer weniger Unternehmen nach Ablauf des drei Jahre gültigen Öko-Audit-Zertifikats erneut überprüfen ließen, kommt die EU-Gesetzgebung BAYER & Co. jetzt entgegen. Sie integrierte das privat-wirtschaftliche Konkurrenz-Umweltsiegel ISO 14001 in das Öko-Audit und verwässerte es dadurch beträchtlich. Z. B. dürfen es sich die Konzerne jetzt selbst aussuchen, welcher Betriebsteil kontrolliert werden soll. Auch bleiben die einzelnen Standorte künftig vor Umwelt-Checks verschont, die Öko-Bürokraten wollen nur noch die "Organisation" begutachten. Bei den europäischen Gewerkschaften stieß die Neuregelung deshalb auf heftige Kritik.