SWB 04/01 - Ticker

AKTION & KRITIK

Jahrestagung 2001
Der Schwerpunkt der diesjährigen Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema „Gentechnik“ lag auf den Bereichen „Entschlüssung des menschlichen Genoms“, „Bio- Patente“, „Stammzellen“ sowie - nach BAYERs Kauf der AVENTIS CROPSCIENCE für die CBG besonders akut: „grüne Gentechnik“.
Die Vorträge von Ursel Fuchs (Autorin), Erika Feyerabend (BIOSKOP) und Monika Rhein (BUND AK) boten reichlich Gelegenheit, sich zu informieren, zu diskutieren und sich über mögliche Gegen-Strategien auszutauschen.

Protest gegen IG FARBEN
Auch die diesjährige AktionärInnen-Versammlung der IG FARBEN in Auflösung konnte nicht ohne den massiven Protest von AntifaschistInnen stattfinden. Den KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN, der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und anderen AktivistInnen gelang es - ausgestattet mit einem entsprechend großen Aktien-Paket im Nennwert von 1 Mio. Reichsmark - sogar erstmals, die Auflösung der Mörder-Gesellschaft offiziell auf die Tagesordnung zu setzen. Das Ergebnis der Abstimmung spricht für sich: abgelehnt von der überwältigenden Mehrheit der AktionärInnen! Noch einen zweiten Erfolg errangen die ProtestlerInnen: CBG-Vorstandsmitglied Axel Köhler- Schnura ließ den Reaktionären der IG FARBEN in seiner Rede praktisch keine Wahl und bewegte sie dazu, sich von den Plätzen zu erheben und der Opfer ihrer hunderttausendfachen Mordanschläge gedenken. Der Widerwillen stand den „Liquidatoren“, Aufsichtsräten und AktionärInnen überdeutlich im Gesicht geschrieben. Von Reue und Sühne keine Spur.

GREENPEACE schreibt BAYER
GREENPEACE-MitarbeiterInnen haben im Nepal massenhaft Alt- Pestizide aufgespürt (siehe auch SWB 4/01). Unsachgemäß in Säcken, kaputten Flaschen und durchgerosteten Tonnen gelagert, stellen die Mittel eine massive Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt dar. Mittels einer Postkarten-Aktion hat GREENPEACE deshalb den Hauptliefe-
ranten BAYER aufgefordert, die Chemie-Gifte zurückzunehmen und fachgerecht zu entsorgen.

BUND: EU-Beschwerde wg. BAYER
BAYER plant in Dormagen ein Werk zur Herstellung von Toluylen-di- Amin (TDA) zu errichten. Bei der Produktion wird unter anderem das hoch giftige und hoch explosive Phosgen eingesetzt. Trotzdem hat der Chemie-Multi es unterlassen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu lassen. „Dies ist ein weiterer Punkt in der langen BAYER-Skandal-Chronik. Um die derzeit verfügbaren fortschrittlichen Produktionsverfahren zu unterlaufen, verzichtet BAYER auf eine Alternativen-Prüfung und hält an veralteter, hoch gefährlicher Chlorchemie-Technik fest. Und die Genehmigungsbehörde gibt ihren Segen dazu“, erbost sich die BUND-Chemieexpertin Angelika Horster. Der Umweltverband hat gegen dieses Vorgehen des Leverkusener Chemie-Multis inzwischen eine Beschwerde bei der EU eingereicht.

Ein Mahnmal für Dessau?
Der von BAYER mitgegründete Mörder-Konzern IG FARBEN ließ unter anderem in Dessau Zyklon B herstellen. Um die Erinnerung daran wachzuhalten, hat sich in der Stadt die FORSCHUNGSGRUPPE ZYKLON B zusammengefunden. Seit langem schon setzt sie sich für die Errichtung eines Mahnmals ein. Aber die PolitikerInnen halten die Initiative nur hin. Sie konnte ihre Pläne zwar Ende Mai dem Kulturausschuss vorstellen, aber ein klares Bekenntnis zu dem Vorhaben kam den Ausschuss-Mitgliedern nicht über die Lippen. Zweifelhafte Äußerungen dafür um so leichter. Ein FDP-Mitglied nahm die Täter durch die Behauptung, damals seien alle zum Mitmachen gezwungen gewesen, in Schutz. Ein CDUler störte sich an dem Satz „Der Tod kam aus Dessau“, der in der Broschüre zum Mahnmal steht, und schlug stattdessen die Formulierung „Der Tod kam auch aus Dessau“ vor.
Und die PDS-Vertreterin schwieg, was die FORSCHUNGSGRUPPE besonders schockierte. Trotzdem aber zeigten sich die AktivistInnen von der Anhörung nicht entmutigt. Sie wollen sich unbeirrt weiter für die Verwirklichung ihres Projektes einsetzen.

BAYER-Abteilungsleiter Neonazi
Der Leverkusener Chemie-Multi beschäftigt einen Neonazi als Abteilungsleiter. Dr. Hans-Ulrich Höfs war Bundesvorsitzender des „Gesamtdeutschen Studentenverbandes“ und gründete 1989 in Krefeld die „Republikaner“. Seitdem er seine Mitwirkung dort einstellte, betreibt er den „Krefelder Gesprächskreis - Deutsche Politik“ und das „Krefelder Forum Freies Deutschland“. In diesem Forum haben die Rechtsextremen 1998 auch die Stör-Aktionen bei einer Veranstaltung mit Michel Friedmann anlässlich der Eröffnung einer Auschwitz- Ausstellung vorbereitet. Selbst von einer 1996 wegen „Volksverhetzung“ erfolgten Verurteilung ließ sich Höfs nicht von seinem Tun abhalten. Der BAYER-Konzern schert sich nicht darum, was sein Angestellter in seiner Freizeit tut. Eine Ermahnung erfolgte lediglich, als Höfs sich auch innerhalb des Betriebes rechtsextremistisch betätigen wollte. Gemeinsam mit der SPD, der DKP und anderen Bündnispartnern beteiligt sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an antifaschistischen Aktivitäten gegen die Umtriebe Höfs.

CBG schreibt BfArM
Scheinbar harmlose, frei verkäufliche Erkältungspräparate wie BAYERs ALKA-SELTZER bergen ebenso wie appetithemmende Pillen ein großes Gesundheitsrisiko (siehe auch SWB 1/01). Der in ihnen oft enthaltene Pharmastoff Phenylpropanolamin (PPA) erhöht die Schlaganfall-Gefahr beträchtlich, fanden WissenschaftlerInnen der Yale-University heraus. Nach Bekanntwerden der Ergebnisse gab die US-Gesundheitsbehörde FOOD AND DRUG ADMINISTRATION (FDA) eine „ungewöhnlich eindringliche“ (ABC-News) Warnmeldung heraus und forderte BAYER und die anderen Hersteller zu einem „freiwilligen“ Rückruf auf.
Welche Konsequenzen daraus die Aufsichtsbehörden in der Bundesrepublik zu ziehen gedenken (wo BAYER keine PPA-haltigen Mittel vertreibt), wollte die COORDINATION GEGEN BAYER- GEFAHREN (CBG) in einer Anfrage vom zuständigen „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) wissen. Die Behörde antwortete, sie habe die Öffentlichkeit in einer Presseerklärung auf Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung von PPA-haltigen Arzneimitteln hingewiesen und zudem ein Risiko-Bewertungsverfahren der Gefahrenstufe II eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens hat sie die Pharma-Unternehmen um eine Stellungnahme zur Yale-Studie gebeten und sie zu regulatorischen Maßnahmen - „von der Änderung der Produkt-Information bis hin zum Widerruf der Zulassung“ - angehört. Das hört sich alles nicht so an, als würde das BfArM es der FDA gleichtun und die Hersteller zu einem „dringenden, freiwilligen Rückruf“ auffordern.

Offener Brief erfolgreich
Mit dem von der BAYER-Tochter H. C. STARCK im Kongo massenhaft erworbenen Metall Tantalit wird dort der blutige Bürgerkrieg finanziert (siehe auch ERSTE & DRITTE WELT). Neben der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN engagieren sich noch zahlreiche andere Initiativen gegen dieses Geschäft mit dem Tod. Eine belgische Gruppe hat jetzt einen Erfolg errungen. Die Fluggesellschaft SABENA gab ihrer in einem Offenen Brief gestellten Forderung nach, den Tantalit-Transport zukünftig zu verweigern.

„Durchschaubare“ zu „BAYER vs. Südafrika“
Die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAU-
BARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine Gruppe alternativer GewerkschaftlerInnen im Leverkusener BAYER-Werk, nahmen die von BAYER und anderen Pharma-Multis nur aufgrund des massiven öffentlichen Druckes zurückgezogene Klage gegen Südafrika, das HIV-Infizierte lediglich unter Umgehung von Patent-Gesetzen mit den dringend benötigten Medikamenten versorgen konnte, zum Anlass, Vorschläge für eine verbesserte Arznei-Versorgung der Menschen in den ärmeren Ländern zu entwickeln. In ihrem September-Flugblatt traten sie dafür ein, Subventionen für Forschung und Entwicklung von Pharmazeutika an wirklich gesellschaftlich nützliche Projekte zu binden. Zudem plädierten sie dafür, die Pillen-Riesen zu verpflichten, einen Teil ihrer Gewinne für die Herstellung dringend benötigter, aber nicht profit-trächtiger Arzneien zu verwenden.

Proteste gegen Umstrukturierung
In einer gemeinsamen Presseerklärung protestierten oppositionelle Betriebsratsgruppen aus Leverkusen, Wuppertal und Brunsbüttel gegen die von BAYER avisierte Umstrukturierung und kritisieren das zustimmende Votum der ArbeitnehmerInnen-Vertreter im Aufsichtsrat zu den Maßnahmen. Sie wenden sich gegen Pläne, das so genannte Vier-Säulen-Modell (Chemie, Gesundheit, Kunststoff, Pestizide) zugunsten einer Holding-Konstruktion aufzugeben. Dies wird nach Ansicht der GewerkschaftlerInnen ebenso mit Arbeitsplatzvernichtung verbunden sein wie das Eingehen einer strategischen Partnerschaft mit einem anderen Pharma-Konzern im Bereich „Gesundheit“.
Die Verfasser werfen dem Chemie-Multi vor, die LIPOBAY-Krise lediglich als Vorwand für eine Aufspaltung des Unternehmens zu nutzen.

 

CBG beim ATTAC-Kongress
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat im Oktober an dem vom Anti-Globalisierungsnetzwerk ATTAC in Berlin veranstalteten Kongress teilgenommen, den ca. 3.500 Menschen besuchten. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes war gemeinsam mit dem „Schwarzbuch Markenfirmen“-Autoren Klaus Werner und zwei „New Economy“-Sachbuch-Autoren zu einer Podiumsdiskussion über „Der Verbraucher als Revolutionär“ eingeladen und steuerte kritische Anmerkungen zum Thema bei.

Protest gegen Wiederzulassungen
Durch die Hintertür einer EU-Positivliste sollten die drei Pestizid- Wirkstoffe Azinphos-methyl, Fenthion und Parathion, enthalten u. a. in den BAYER-Produkten E 605 FORTE und ECOMBI, in der Bundesrepublik wiederzugelassen werden. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) startete eine Presse-Kampagne, die nicht ohne Wirkung blieb. Nach Einschätzung Ulf Jacobs vom WORLD WILDLIFE FUND DEUTSCHLAND hat die umfangreiche Berichterstattung die Bundesregierung veranlasst, sich für eine Streichung der gefährlichen Ackergifte von der Liste einzusetzen.

600 Postkarten an BAYER
Seit langem fordert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) vom BAYER-Konzern, zu seiner auf einer Hauptversammlung gemachten Zusage zu stehen, die besonders giftigen Pestizide der Toxizitätsklasse I vom Markt zu nehmen. Auf dem diesjährigen Kirchentag startete die CBG eine Postkarten-Aktion zum Thema. Ca. 600 Protest-Karten erreichten den Leverkusener Chemie-Multi.

Siena: Proteste gegen Werkserweiterung
Die Erweiterung des BAYER-Werkes in der Toskana bei Siena hat Unmut unter der Bevölkerung hervorgerufen. Es hat sich eine Bürgerinitiave gebildet, die gegen die Verschandelung der Landschaft protestiert und vor den drohenden Umwelt-Belastungen sowie der Elektrosmog-Gefahr durch das ebenfalls auf dem Firmen-Areal geplante neue Kraftwerk warnt.

Treffen kritischer AktionärInnen
Am 13./14. Oktober fand in Frankfurt eine internationale Konferenz von kritischen AktionärInnen-Gruppen statt, an der zwei Vertreter der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) teilnahmen.
Das Treffen, zu dem mit dem ICCR auch der größte US-Verband kritischer AktionärInnen-Gruppen anreiste, bot Gelegenheit, sich über die verschiedenen Strategien konzern-kritischer Arbeit auszutauschen und die - in den Zeiten der Globalisierung besonders wichtigen - internationalen Kontakte weiter auszubauen.

Krebsregister gefordert
Die Verbreitung von Krebs-Krankheiten ist starken regionalen Unterschieden unterworfen. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass Umwelt-Einflüsse wie z. B. die Schadstoff-Emissionen von BAYER & Co. eine entscheidene Rolle bei der Krebs-Entstehung spielen. Um diese möglichen Auslöser erfassen zu können, hat der Mediziner Prof. Dr. Werner Schlake die Erarbeitung eines Krebs-Registers für Nordrhein-Westfalen gefordert, wie es andere Bundesländer bereits seit längerem führen.

Süllhöfer: Beschwerde hat Erfolg
Der Düsseldorfer Unternehmer und Erfinder Heinz Süllhöfer wirft dem BAYER-Konzern vor, sich widerrechtlich seine Idee zur Herstellung von Kunststoff-Platten angeeignet zu haben. In dem langjährigen Patentraub- Verfahren gegen das Unternehmen hat er jetzt einen erneuten Teilerfolg errungen. Auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hin hat das Justizministerium die Staatsanwaltschaft gerügt und sie ermahnt, die Ermittlungen gegen den Leverkusener Chemie-Multi zügiger zu führen. Der nächste Gerichts-
termin in der Sache „Süllhöfer gegen BAYER“ ist für Januar angesetzt.

Tierrechtler gegen BAYER
BAYER gehört zu den Unternehmen, die zum Tierversuchs-Großkonzern HUNTINGDON LIFE SCIENCES Geschäftsbeziehungen unterhalten. Gemeinsam mit anderen Global Playern gab der Konzern bei HUNTINGDON eine auf zwei Jahre angelegte Untersuchung zur Industrie-Chemikalie Tri-n-butyl-Phosphat (TBP) in Auftrag, in deren Verlauf hundert Ratten starben. Kamen sie nicht direkt durch das Chemie-Gift um, so wurden sie eingeschläfert, um ihre inneren Organe zu examinieren. Deshalb statteten Mitglieder der britischen Tierrechtsorganisation STOP HUNTINGDON ANIMAL CRUELTY (SHAC) der Londoner BAYER-Niederlassung im April einen Besuch ab und gaben dort ihrem Protest Ausdruck.

Aktiontag gegen Tierversuche
Die britische Tierrechtsorganisation STOP HUNTINGDON ANIMAL CRUELTY (SHAC) machte den 29. Oktober zu einem Aktionstag gegen den Tierversuchsmulti HUNTINGDON. In den USA gab es eine Kundgebung beim HUNTINGTON-Großaktionär STEPHENS INC., in deren Verlauf es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam. In der Bundesrepublik fanden Demonstrationen vor den Niederlassungen von SHELL und DOW CHEMICAL statt. Da auch BAYER zu den Kunden des Versuchslabor-Betreibers zählt (siehe oben), beteiligte sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) an dem Aktionstag und veröffentlichte eine Presseerklärung.