SWB 04/02

BAYER an Preis-Absprachen beteiligt

Kunststoff-Kartell fliegt auf

BAYER hat mal wieder ein Ding gedreht. Ende September durchsuchten EU-ErmittlerInnen die Leverkusener Konzern- Zentrale, um Beweismittel über illegale Preis-Absprachen im Kunststoff-Geschäft sicherzustellen. Auch in den USA beschlagnahmten Kartell-FahnderInnen Unterlagen des Chemie-Multis.

Von Udo Hörster

Das Geschäft mit Polymeren und anderen Kunststoffen läuft für den Leverkusener Chemie-Multi seit einiger Zeit alles andere als gut. „Die für den Polymer-Bereich wichtigen Abnehmer-Branchen Automobil, Elektronik und Bau haben die Produktionen z. T. drastisch reduziert und Lager-Bestände abgebaut. In allen Bereichen waren deutliche Preis- Rückgänge festzustellen, die den Margen-Druck weiter verschärften“, klagt der diesjährige Geschäftsbericht. Also hat der Pharma-Riese zur Selbsthilfe gegriffen und selbst ein wenig an der Preisschraube gedreht. Der Konzern bildete mit anderen Anbietern ein Kartell und setzte mit ihnen gemeinsam die Gewinn-Spannen hoch. BAYER hat mit solchen Manipulationen einschlägige Erfahrungen. Schon 1988 flog ein Kunststoff-Kartell auf, an dem der Pharma-Riese beteiligt war, und 1996 musste die Tochter-Gesellschaft HAARMANN & REIMER über fünfzig Millionen Dollar Strafe wegen unrechtmäßiger Übereinkommen im Handel mit Zitronensäure zahlen.

Die Chemie-Branche entwickelt bei ihrer Preis-Politik besonders viel kriminelle Energie. Die EU bereitet zur Zeit zehn Verfahren gegen BAYER & Co. vor. Ursache dafür ist der anhaltende Konzentrations-
prozess in der Branche, der nur noch wenige Anbieter übrig lässt und so das Entstehen informeller Zirkel begünstigt. Die Fahndungserfolge der jüngsten Zeit sind allerdings nicht dem detektivischen Spürsinn der Ermittler von EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti zu verdanken, sondern der Einführung einer Kronzeugen-Regelung. Sie gewährt dem ersten Geständigen aus der Reihe der Kartell-Bildner Straffreiheit.
So ganz ungeschoren kommen allerdings auch sie nicht davon.
Sie müssen mit Schadensersatz-Klagen von Seiten ihrer gesetzestreuen Konkurrenten und der geprellten Groß-Kunden rechnen. Die Verbrau-
cherInnen, an welche die erhöhten Kosten in der Regel weitergegeben werden, haben dagegen keine juristischen Interventionsmöglichkeiten.
BAYER stehen größere finanzielle Belastungen bevor. Das Strafgeld bei Verstößen gegen das Kartell-Gesetz kann bis zu zehn Prozent des Jahres-Umsatzes betragen. Und das dürfte über den Inhalt der Porto- Kasse des Konzerns hinausgehen.