SWB 04/2003

Risiken durch Impfstoffe

Tierimpfungen können Krankheiten verursachen / Konflikt zwischen Wissenschaft und wirtschaftlichen Interessen

Die Pferdewirtschaftsmeisterin Diana Herrmann ist sauer. Impfungen lösten bei ihren Turnierpferden Nebenwirkungen aus, die zum Teil zu verheerenden Folgen führten: "Nach der zweiten Impfung sind drei Pferde elendig zugrunde gegangen". Doch nicht nur Diana Herrmann musste mit ansehen, wie ihre zum Teil über 200.000 Euro teuren Tiere durch Maßnahmen, die sie eigentlich vor Krankheiten schützen sollten, leiden mussten - ähnliche Fälle gibt es überall in Deutschland und auch im Ausland.

Verantwortlich für impfbedingte Todesfälle bei Pferden ist nach Ansicht von Diana Herrmann vor allem ein Mann: Professor Peter Thein.
Der Veterinär arbeitet seit mehr als 30 Jahren zu virusbedingten Tiererkrankungen und entwickelte für den Bayer-Konzern mehrere Impfstoffe. Als Gutachter und Mitglied in staatlichen Kommissionen setzte er sich über Jahre für eine gesetzliche Impfpflicht für Rinder und Pferde ein - mit Erfolg und zum Segen seines Arbeitgebers, der zwischenzeitlich größter Anbieter für die Vakzine war. Pferde seien zu wertvoll, um sie nicht zu schützen, so die Argumentation von Thein.

Was für Bayer ein wirtschaftlicher Erfolg war, entpuppte sich für die Züchter mitunter als Katastrophe: Sie stellten eine rapide Zunahme von Todesfällen, allergischen Schocks, Koliken, Lähmungen, Unfruchtbarkeit, Augenschäden, Infektionen und Allergien fest. "Alles Symptome, die ich zuvor in meiner langjährigen Praxis nie erlebt hatte", empört sich Diana Herrmann.

Doch Prof. Thein beharrte auf seiner Position und setzte über die Deutsche Reiterliche Vereinigung, an der Gestüte und Reiter von Rang und Namen nicht vorbei kommen, eine standesrechtliche Impfpflicht für Pferde durch, die auch - von Australien abgesehen - international Geltung erlangte. Kein Pferd darf mehr auf ein Turnier geschickt werden, das nicht geimpft worden ist - eine Regelung, die ImpfgegnerInnen wie Diana Herrmann auf die Palme bringt: "Der Wert unserer Tiere bemisst sich nach den Erfolgen auf Wettbewerben. Wenn wir unsere ungeimpften Pferde nicht mehr auf Turniere schicken dürfen, verlieren sie an Wert." Es wird gemunkelt, dass alle, die um die Impfgefahren wissen, ihre Tierärzte um Urkundenfälschung bitten und die Spritzungen nur in die Papiere eintragen lassen, statt sie tatsächlich vorzunehmen.

Der umstrittene Impfstoff wird inzwischen nicht mehr von Bayer, sondern von der Firma Intervet vertrieben, die den Bereich von Bayer übernommen hat und für die auch Prof. Thein heute tätig ist. Intervet wiederum arbeitet eng mit Bayer zusammen, vor drei Jahren brachten die Firmen gemeinsam ein Vakzin gegen die Schweinepest auf den Markt. Auch dieses überstand jedoch nicht den Praxistest.

Impfskandale sind keine Seltenheit. Bayer und Hoechst lieferten in den 90er Jahren einen Stoff, mit dem der gesamte holländische Rinder- Bestand gegen Rindergrippe geimpft wurde. Im Frühjahr 1999 stellte sich heraus, dass ein Drittel der 3,4 Millionen Impfchargen mit einem Durchfall-Erreger infiziert war. 2.000 Tiere starben, 7.000 ZüchterInnen waren betroffen, manche Betriebe standen vor dem Ruin. Auch Kinder sind ExpertInnen zufolge durch Impfungen bedroht. MedizinerInnen waren nach der "Wende" schier baff, dass Kinder aus der DDR, wo weit weniger geimpft wurde, ein besseres Immunsystem hatten als die Sprösslinge im Westen.

Diana Herrmann ist mittlerweile aus der Deutschen Reiterlichen Vereinigung ausgetreten. "Die Funktionäre lassen sich zu Bütteln der Konzerne degradieren", stellt sie erbost fest. Allein die Tatsache, dass Prof. Thein in der Fortbildung für VeterinärInnen tätig ist, zeige, dass Forschung und Lehre nicht unabhängig seien - eine Erkenntnis, die sich in der Humanmedizin längst durchgesetzt hat. An den anerkannten und gewinnbringenden Wettkämpfen kann Frau Herrmann mit ihrer Zucht nicht mehr teilnehmen. "Wir veranstalten nun eigene Turniere, bei denen auch ungeimpfte Tiere zugelassen sind."

Hubert Ostendorf