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Frankfurter Rundschau

Frankfurter Rundschau, 21. Februar 2007

Bayer exportiert Pestizide in arme Länder

Dritte-Welt-Gruppen werfen Chemiekonzern Verstoß gegen Selbstverpflichtung vor

Der Chemiekonzern Bayer steht in der Kritik von Dritte-Welt-Gruppen: Das Unternehmen verkauft hochgiftige Pestizide in armen Ländern. Eigentlich wollte Bayer diese Produkte bereits vor sechs Jahren vom Markt nehmen.

Köln - Vor einigen Wochen sorgte das Bayer-Pestizid Mocap auf den Philippinen für Aufregung. Rund 80 Kinder und Lehrer einer Grundschule in Davao del Norte mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden, nachdem Arbeiter auf einer nahe gelegenen Bananenplantage das Pflanzenschutzmittel eingesetzt hatten. Nach einem Bericht auf der Internetausgabe des Philippine Daily Inquirer fielen 30 Kinder in Ohnmacht, andere klagten über Schwindel und Übelkeit.

Deutsche Umwelt- und Dritte-Welt-Gruppen nahmen den Vorfall zum Anlass, Bayer an ein Versprechen zu erinnern. Bereits 1995 hatte der Chemieriese zugesagt, innerhalb von fünf Jahren hochgiftige Pestizide aus seinem Programm zu nehmen. Gemeint waren Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen, die die Weltgesundheitsorganisation WHO in die Gruppe 1a (extrem gefährlich) oder 1b (hoch gefährlich) einstuft. Doch heute, gut sechs Jahre nach Ablauf der Frist, vertreibt Bayer noch immer solche Produkte.

Mocap, das auf den Philippinen den Kindern zusetzte, beinhaltet Ethoprophos - und das fällt in die WHO-Klasse 1a. "So etwas sollte nicht mehr verkauft werden und schon gar nicht dort, wo Leute in Armut leben und keine Schutzkleidung haben", sagt Jens Elmer vom Eine-Welt-Netz NRW. Bayer müsse die gefährlichen Pestizide sofort vom Markt nehmen, fordert er.

Bei Bayer bestätigt man den Vorfall auf den Philippinen, betont aber, dass alle Kinder noch am selben Tag ohne Symptome aus der Klinik entlassen worden seien. "Bayer Crop-Science vertreibt ausschließlich Pflanzenschutzmittel, die behördlich zugelassen und bei sachgemäßem Umgang sicher sind für den Anwender, den Verbraucher und die Umwelt", heißt es in einer Erklärung.

Das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) zweifelt das an. Ethoprophos stehe unter dem Verdacht, Krebs erregend zu sein, und sei in Deutschland nicht als Pflanzenschutzmittel zugelassen, erklärt Susanne Smolka von PAN. "Was schon hier als gefährlich gilt und verboten ist, sollte erst recht nicht in Dritte-Welt-Ländern verkauft werden", sagt auch Elmer. Drastischer formuliert es Philipp Mimkes von der Gruppe Coordination gegen Bayer-Gefahren: "Der Konzern trägt eine Mitverantwortung für tausende Pestizid-Vergiftungen pro Jahr, viele davon sind sogar tödlich." Außer Ethoprophos hat Bayer noch einige 1b-Pflanzenschutzmittel im Programm. Sie sind laut PAN "unter Armutsbedingungen nicht sicher anzuwenden".

Dass Bayer trotz des alten Versprechens noch Klasse-1-Produkte vertreibe, liege vor allem an der Übernahme von Aventis im Jahr 2001, betont ein Sprecher. Dadurch habe man viele dieser Pestizide neu ins Portfolio bekommen. "Wir haben bereits Klasse-1-Produkte ersetzt und werden das auch weiter schrittweise tun, das gilt nach wie vor", betonte der Sprecher. So habe Bayer weltweit die Vermarktung des als gefährlich eingestuften Pestizids Folidol eingestellt.

Damit dies auch bei den anderen Klasse-1-Pflanzenschutzmitteln geschieht, will das Eine-Welt-Netz Druck machen. Es sammelt momentan Unterschriften und wird diese auf der kommenden Hauptversammlung Bayer-Chef Werner Wenning übergeben. Man habe schon das Gefühl, dass der Konzern für Kritik empfänglich sei, sagt Elmer. "Wir hoffen, dass steter Tropfen bei Bayer den Stein höhlt." Jan Hildebrand