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Bienensterben

Badische Zeitung - ‎ 21. November 2008

Nie wieder Clothianidin


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FREIBURG. Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) will gerichtlich gegen das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV) vorgehen, sollte die Behörde die Zulassung des Maisbeizmittels Clothianidin wieder aktivieren. "Wir meinen, dass die bisherigen Prüfverfahren mit denen die Wirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Bienen und die Umwelt untersucht werden, unzureichend sind", erklärt Christoph Koch, Imker aus Oppenau im Ortenaukreis und DBIB-Vorstandsmitglied.
Er und seine Berufskollegen sind der Ansicht, dass die Behörden – darunter das baden-württembergische Ministerium Ländlicher Raum (MLR) das die Anwendung des umstrittenen Insektengifts im Gebiet Lahr angeordnet hatte – das Bienensterben zum Anlass nehmen sollten, nicht nur das Zulassungsverfahren, sondern auch die Anbaupraktiken zu überdenken. Im April und Mai dieses Jahres waren im Oberrheingebiet rund 11 000 Bienenvölker eingegangen. Das Beizmittel haftete nicht ausreichend stark an den Saatkörnern, weshalb giftiger Abriebstaub aus den Sämaschinen auf blühende Pflanzen gelangte (die BZ berichtete). Angewandt wurde das Clothianidin, weil im Sommer 2007 der Maiswurzelbohrer aufgetreten war. Dieser Schädling ist meldepflichtig.

Am 24. Mai hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Anwendung für die Dauer von sechs Monaten verboten. Doch ob dieses Verbot bestehen bleibt, ist noch offen. "Die Gespräche mit der Beizmittelindustrie und den Sämaschinenherstellern laufen noch", erklärt BVL-Sprecher Jochen Heimberg. Zwei Ansätze werden verfolgt, informiert Utz Klages, Sprecher von Bayer Crop Science. Einerseits werde die Qualitätskontrolle beim Beizprozess verbessert, zum andern könnten Sämaschinen so nachgerüstet werden, dass der Staub nicht mehr entweiche.
Der DBIB und auch der Landesverband Badischer Imker wollen darauf nicht vertrauen. Abgesehen davon werfen sie der Landesregierung vor, Erkenntnisse aus Italien nicht berücksichtigt zu haben. Bereits im Jahr 2002 waren in den Regionen Lombardei und Venetien Bienenvergiftungen durch Clothianidin und verwandte Wirkstoffe festgestellt worden. Der Befund war zwei Jahre später bei einer internationalen Fachtagung veröffentlicht worden, bei der auch ein Bienenwissenschaftler aus Baden-Württemberg teilgenommen hatte.

Diesem Vorwurf hält Joachim Hauck, Leiter der Abteilung Landwirtschaft im Stuttgarter Agrarministerium entgegen: "Es war ein Verdacht, der geäußert wurde, es gab keine wissenschaftlich fundierten Belege. Sonst wäre die italienische Regierung verpflichtet gewesen, den EU-Behörden die Bienenvergiftungen zu melden und auch wir hätten Kenntnis davon gehabt." Tatsächlich sind in Italien erst in den Jahren 2007 und 2008 behördliche Studien angelaufen; die italienische ebenso wie die deutsche Regierung hatte die Anwendung erst in diesem Jahr verboten.

Sollte das Verbot in Deutschland bestehen bleiben, gibt es die Möglichkeit, in Gebieten, in denen der Maiswurzelbohrer vorkommt, Fruchtwechsel vorzuschreiben oder mit Spezialschleppern während des Wachstums Insektizide auszubringen. Einige wenige Tiere wurden im Sommer 2008 in Mahlberg im Ortenaukreis und ein einzelner Käfer bei Leutkirch im Allgäu registriert. "Wir warten die Entscheidung des BVL ab, bevor wir eine Entscheidung treffen", sagt Joachim Hauck. Die Beizung sei im Vergleich zu anderen Pflanzenschutzmethoden sehr effizient, weil nur geringe Wirkstoffmengen benötigt werden und kein Sprühnebel entstehe. "Die Korrelation zwischen mangelnder Beizqualität und der Ausbringungspraxis einerseits und dem Bienensterben andererseits ist jedoch eine Tatsache, die wir nicht ausblenden", sagt er.

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