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Störfallgefahren

Presse Information vom 27. August 2009

Coordination gegen BAYER-Gefahren
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)

Jahrestag der Explosion im BAYER-Werk Institute/USA:

BAYER erfüllt Forderungen teilweise / „Jetzt auf Produktion ohne Giftgase umsteigen“

Anlässlich des morgigen Jahrestags der schweren Explosion im BAYER-Werk in Institute (USA) fordern die Coordination gegen BAYER-Gefahren und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) ein Ende der Lagerung tödlicher Gase wie Phosgen und Methyl Isocyanat (MIC). Durch die Explosion waren zwei Mitarbeiter des Konzerns ums Leben gekommen. Ein Ausschuss im US-Kongress hatte nach einer Untersuchung des Störfalls geurteilt: „Durch die Explosion flog ein mehrere Tonnen wiegender Rückstandsbehälter 15 Meter durch das Werk und zerstörte praktisch alles auf seinem Weg. Hätte dieses Geschoss den MIC-Tank getroffen, hätten die Konsequenzen das Desaster in Bhopal 1984 in den Schatten stellen können.“

Der BAYER-Konzern hatte Forderungen von Umweltverbänden nach einem Abbau der Giftgas-Tanks bislang stets als „unbegründet“ zurückgewiesen. In einer Kehrtwende kündigte das Unternehmen gestern an, die Lagerung von MIC in Institute um 80 % zu reduzieren. Die explodierte Anlage soll nicht wieder aufgebaut werden, die Produktion des in den USA ohnehin verbotenen Pestizids Carbofuran wird eingestellt.

Philipp Mimkes vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Wir haben vier Monate vor der Explosion in der BAYER-Hauptversammlung einen Abbau der MIC-Tanks in Institute gefordert. Unsere Warnungen wurden jedoch als „unbegründet“ abqualifiziert. Kritiker vor Ort wollte BAYER sogar „marginalisieren“. Das Eingeständnis des Unternehmens, dass die Sicherheitslage in Institute verbessert werden muss, ist daher ein großer Erfolg für die beteiligten Umweltverbände und eine gute Nachricht für die Anwohner.“ Die CBG macht jedoch darauf aufmerksam, dass Institute auch nach dem geplanten Umbau das einzige Werk in den USA mit großen MIC-Lagertanks bleibt. Außerdem machte die Firma keine Angaben zur weiteren Verwendung des ebenso gefährlichen Giftgases Phosgen. „Wir fordern von BAYER, in der Kunststoff- und Pestizidproduktion neue Verfahren zu entwickeln und künftig auf Giftgase wie MIC und Phosgen ganz zu verzichten“, so Mimkes weiter.

Die Sicherheitslage in Institute steht seit Jahren in der Kritik. Die Fabrik gehörte in den 80er Jahren zu UNION CARBIDE und galt als „Schwester-Werk“ von Bhopal, Schauplatz des schwersten Unfalls der Industrie-Geschichte. In Bhopal waren 1984 nach einem Austritt von MIC mindestens 10.000 Menschen gestorben. Am 28. August 2008 war in der Pestizidproduktion in Institute ein Vorratsbehälter explodiert, über der Anlage stieg ein Dutzende Meter hoher Feuerball auf. Die Erschütterungen waren in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren, Augenzeugen sprachen von „Schockwellen wie bei einem Erdbeben“. Tausende Anwohner durften über Stunden ihre Häuser nicht verlassen.

Die US-Arbeitsschutzbehörde OSHA bemängelte nach einer Untersuchung des Störfalls “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“. Der Senat in Washington setzte daraufhin einen Untersuchungsausschuss ein, der zu erschreckenden Ergebnissen kam: wegen eines Konstruktionsfehlers waren Sicherheits-Systeme vorsätzlich deaktiviert worden. Dies war der Werksleitung bekannt, die Katastrophe hätte daher „leicht verhindert werden können“. Die Aussage von BAYER, wonach keine gefährlichen Stoffe in die Umgebung gelangten, sei „eindeutig falsch“ - tatsächlich traten rund 10.000 Liter Chemikalien aus. Ein MIC-Tank, der sich nur 20m von dem Explosionsort entfernt befindet, enthielt zum Zeitpunkt des Unglücks sieben Tonnen Giftgas. Es sei nach Aussage des Kongress-Berichts reiner Zufall gewesen, dass der explodierte Rückstandsbehälter nicht in die Richtung des MIC-Tanks flog und diesen zerstörte.

Vertreter von BAYER hatten zudem in der Anhörung unter Eid zugegeben, dass die Firma Anti-Terrorgesetze dazu missbrauchen wollte, die öffentliche Diskussion über die Sicherheitslage in Institute abzuwürgen: “Wir haben uns hinter Anti-Terrorgesetzgebung versteckt, um Informationen zurückzuhalten“, so Greg Babe, Vorstandsvorsitzender von Bayer USA. Gleichzeitig versuchte der Konzern, Bürgerinitiativen und kritische Journalisten in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Der US-Kongress urteilte: „BAYER beteiligte sich an einer Geheimhaltungskampagne. Die Firma hat den Sicherheitskräften entscheidende Informationen vorenthalten, hat den Ermittlern der Bundesbehörden nur eingeschränkten Zugang zu Informationen gewährt, hat die Arbeit von Medien und Bürgerinitiativen unterminiert und hat die Öffentlichkeit unrichtig und irreführend informiert.“

Axel Köhler-Schnura von der CBG: „Seit der Gründung des Konzerns ist zu beobachten, dass BAYER mit Druck und Drohungen versucht, Information und - noch mehr - Kritik zu unterbinden. Die wirtschaftliche Macht wird rücksichtslos eingesetzt, um die Profite zu schützen. Die Wahrheit und die Interessen von Mensch und Umwelt bleiben dabei auf der Strecke.“

weitere Informationen:
=> der heutige Artikel der New York Times
=> alle Infos zur Kampagne