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Carl Duisberg

Bonn-Dransdorf: Bürgerantrag zur Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße vertagt

18. März -- Die Kommunalpolitik ist von Pragmatismus und Sachentscheidungen geprägt. Bei Abstimmungen sind Einmütigkeit oder aber wechselnde Mehrheiten nicht selten. Dies ändert sich bei Fragen, die allgemein- oder gesellschaftspolitischen Charakter haben. Hier brechen grundsätzliche Konflikte auf, Unterschiede zwischen rechten und linken Parteien werden offenkundig.
Die Behandlung des Umbenennungsantrags in der gestrigen Sitzung der Bezirksvertretung war brisant. Auf der einen Seite stand Duisbergs Verantwortung für Giftgas-Forschung, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, auf der anderen die enge Beziehung Carl Duisbergs und der Bayer AG zur Bonner Universität.

Konfliktreich wurde die Sitzung auch wegen eines kurzfristigen und nicht vorab mitgeteilten weiteren Bürgerantrags der Anwohner („Ablehnung des Umbenennungsantrags“), die sich nicht beteiligt fühlen und erst aus der Zeitung vom Antrag erfuhren. Der Antragsteller teilte mit, 48 der etwa 70 Anwohner zu vertreten, die sich für eine Ablehnung des Umbenennungsantrags ausgesprochen haben. Zur Person Duisbergs wurde nur ausgeführt, dass die Geschehnisse fast 100 Jahre zurückliegen und man mit der Geschichte leben müsse.

Es folgte eine intensive, zum Teil hitzige politische Diskussion (30 Min.): Vertreter von CDU, SPD und FDP lamentierten über zunehmende Umbenennungs-Diskussionen, die die Verordneten belasten und teilweise – da es um politisch-historische Bewertungen geht - überfordern würden. Die Grünen hielten dagegen, dass sich mit Straßenumbenennungen eine der wenigen eigenen Entscheidungsbefugnisse für eine Bezirksvertretung verbinde. Die Linken forderten eine Diskussion von Positivkriterien für die städtische Benennungsliste.

Die Diskussion im Einzelnen:
=> Grüne: Der Antrag ist verdienstvoll und legitim. Die Argumentation des Antragsteller hat Hand und Fuß: Jeder Bürger kann einen Antrag einbringen: Er muss nicht Anwohner sein und sich auch nicht mit diesen abstimmen. Denn eine solche Diskussion ist notwendig und sie hat gesamtstädtischen Charakter: Kann sich Bonn eine solche Benennung leisten. „Ehre nur, wem Ehre gebührt“.
=> CDU: Ignorierte die vorgetragenen Fakten und Zitate. Die Stellungnahme war eher eine Verharmlosung der Taten Duisbergs („lose Behauptungen, die der Lebensleistung Duisbergs nicht gerecht werden“) und eine Glorifizierung des Chemikers und Wohltäters für Uni und Stadt / „erst noch vor kurzem wurde an der Universität ein Raum nach Duisberg benannt“, „Politisch motivierte Kampagne einer Gruppe, die sich selbst anti-kapitalistisch nennt“. Die Stellungnahme machte den Eindruck als sei Bayer der Stichwortgeber gewesen…
• Dies wurde durch den folgenden Redner bestätigt: Der Beitrag des BürgerBundes brachte zutage, dass Bayer einen Brief an zumindest einen Teil der Bezirksverordneten gesandt hatte, um Einfluss zu nehmen. Der BürgerBund regierte denn auch devot: Man müsse auf den größten Steuerzahler und einen der größten Arbeitgeber in NRW Rücksicht nehmen.
=> SPD: Der Antrag verdient Respekt, weil er eine notwendige Diskussion um die Person Duisbergs initiiert. Nur: Man kann Duisberg von zwei Seiten betrachten…
Und: Die Kosten und Aufwendungen für die Stadt Bonn sind angesichts der katastrophalen Haushaltslage hoch. „Deshalb kann die SPD-Fraktion dem Antrag heute nicht zustimmen; sie unterstützt aber den Antrag der Grünen auf Vertagung“.
=> Piraten: Beantragten gleich zu Anfang der Diskussion ein Zusatzschild zum bisherigen Straßennamen; keine weiteren Diskussionsbeiträge.
=> Linke: Vorbehaltlose Zustimmung zum Antrag; argumentierten nochmals zu den historischen Fakten und empfahlen die Überprüfung weiterer Straßennamen sowie die Diskussion von Positivkriterien für die städtische Benennungsliste. Stimmten aus diesen Gründen gegen eine Vertagung.
=> FDP/AfD: Duisberg ist nicht nur der Übeltäter, sondern auch überragender Forscher, Förderer der Wissenschaften und Wirtschaftslenker
=> Der als Gast anwesende rechtsextreme Ratsvertreter von ProNRW: „Giftgaseinsatz wird von der Haager Landkriegsordnung gedeckt“

Vorläufige Entscheidung:
Nachdem CDU, FDP, AFD und BürgerBund ihre deutliche Ablehnung signalisierten und die SPD unentschieden war, beantragten die Grünen eine Vertagung.
Vertagung mit 10 (5 SPD, 4 Grüne, 1 Pirat) gegen 9 Stimmen (5 CDU, 1 FDP, 1 AfD, 1 BürgerBundBonn, 1 Linke)

Nächste Sitzung der Bezirksvertretung Bonn:
Dienstag, den 21. April um 17 Uhr
im Ratssaal des Stadthauses
Ausführliche Informationen zu Carl Duisberg und der Umbenennung von Duisberg-Straßen in anderen Kommunen: www.cbgnetwork.org/4071.html