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Hochschulkooperationen

Coordination gegen BAYER-Gefahren
Presse Information vom 29. Juni 2015

Gekaufte Uni-Forschung: „Kooperationen mit Industrie offenlegen“

Prof. Christian Kreiß, Autor des Buchs „Gekaufte Forschung – Wissenschaft im Dienst der Konzerne“, unterstützt die Klage der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) auf Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zwischen der Uni Köln und der Bayer AG. Das OVG Münster wird den Fall am 18. August verhandeln.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat für den 18. August eine Verhandlung zur Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zwischen der Universität Köln und dem BAYER-Konzern angesetzt. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte sich im Dezember 2012 über das Votum des NRW-Landesbeauftragten für Informationsfreiheit hinweg gesetzt. Dieser hatte den Vertrag eingesehen und keine Inhalte gefunden, die einer Einsichtnahme entgegenstehen. Die CBG ging daher in Berufung.

Prof. Christian Kreiß, Autor des jüngst erschienenen Buchs „Gekaufte Forschung – Wissenschaft im Dienst der Konzerne“ begrüßt das Verfahren: „Durch den zunehmenden Einfluss von Konzernen auf die öffentliche Forschung - sei es über direkte Zahlungen, sei es über industriefreundliche Gremienbesetzungen - werden die Ergebnisse immer einseitiger und immer stärker interessengeleitet. Letztlich stellt sich die Frage, ob die Forschung öffentlicher Hochschulen dem Allgemeinwohl oder den Gewinninteressen einiger weniger dienen soll. Es ist daher das mindeste, solche Kooperationsverträge offenzulegen. Ich würde sogar einen Schritt weitergehen und direkte Zahlungen von Wirtschaftsunternehmen an öffentliche Hochschulen untersagen.“

Prof. Kreiß verweist auf die mitunter gravierenden Konsequenzen der Heimlichtuerei. So bezahlte die Tabakindustrie jahrzehntelang renommierte Forscher dafür, dass sie behaupteten, Rauchen und Passivrauchen wären unschädlich. Interne Unterlagen zeigen, dass die Finanzierung der Wissenschaftler top secret war, um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden. So gelang es über Jahrzehnte, raucherfeindliche Gesetze zu verhindern. Ähnlich verfuhr die Chemieindustrie: Durch gekaufte Gutachten verfälschte sie Studienergebnisse zu gesundheitsschädigenden Chemikalien wie Holzschutzmittel oder Polychlorierte Biphenyle (PCB) und konnte diese jahrzehntelang weiterproduzieren.

In der Medikamentenforschung werden heute rund 90 Prozent aller veröffentlichten Studien durch die Pharmaindustrie finanziert. Negative Studienergebnisse veröffentlichen die Unternehmen häufig nicht, so dass der Nutzen neuer Medikamente aufgebauscht und die Schäden verharmlost werden. Dies führt oftmals zu falschen Therapie-Empfehlungen.

Christian Kreiß abschließend: „Das Problem gelenkter Forschung ist meist nicht, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse falsch sind, sondern dass Teilwahrheiten zur einzigen oder Gesamtwahrheit erklärt werden und mit großer Kapitalkraft in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. So setzen sich in den Medien und der Politik nicht die besseren Argumente durch, sondern diejenigen mit dem dickeren Geldbeutel.“

=> Hier finden Sie Presseberichte und ausführliche Infos

Mit fünfstelligen Kosten pro Instanz übersteigt das Verfahren die finanziellen Möglichkeiten der CBG. Wir bitten daher um Umterstützung:

=> leisten Sie eine einmalige Spende
=> werden Sie Fördermitglied (mtl. ab fünf Euro)
=> Spende per PayPal (auf der website oben links)

=> oder per Überweisung (Stichwort: Prozesskosten):
EthikBank, IBAN DE94830944950003199991
BIC GENODEF1ETK

Hintergrund

Das Kölner Universitätsklinikum hat im Jahr 2008 mit dem BAYER-Konzern eine Zusammenarbeit in den Bereichen Onkologie, Neurologie und Kardiologie vereinbart. Der damalige Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bezeichnete den Vertrag als die „weitest reichende Kooperation, die eine nordrhein-westfälische Universitätsklinik bislang eingegangen ist". Auch sonst ist der Einfluss des Unternehmens auf die Uni groß. So ist Richard Pott, langjähriges Vorstandsmitglied von BAYER, zugleich Vorsitzender des Kölner Hochschulrats.

Die Rahmenbedingungen der Kooperation blieben bis heute geheim. Daher ist ungeklärt, wer künftige Forschungsbereiche auswählt, wie die Publikationsfreiheit sichergestellt wird, wie die Universität an den Ergebnissen gemeinsamer Projekte partizipiert und ob auch Forschung für ökonomisch uninteressante Krankheiten durchgeführt wird.

Gemeinsam mit Transparency International, medico international und der IPPNW forderten wir unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz eine Offenlegung des Vertrags. Auch der AStA der Uni Köln sowie der Deutsche Hochschul-Verband unterstützen unsere Forderung. Nach unserem Verständnis muss eine aus Steuergeldern finanzierte Einrichtung der öffentlichen Kontrolle unterliegen - zumal in einem sensiblen Bereich wie der Pharma-Forschung.

Der Beauftragte für Informationsfreiheit des Landes NRW hat den Vertrag geprüft und uns vollumfänglich Recht gegeben. Doch Universität und BAYER weigerten sich, dem Votum zu entsprechen – absurderweise mit der Begründung, die Freiheit der Wissenschaft schützen zu wollen. Dabei wird der wissenschaftliche Austausch gerade durch die zunehmende Abhängigkeit von wirtschaftlichen Interessen ausgehebelt.

Trotz der finanziellen Unwägbarkeiten haben wir uns wegen der prinzipiellen Bedeutung entschlossen, Klage einzureichen. Diese wurde im Dezember 2012 am Verwaltungsgericht Köln erstinstanzlich abgewiesen. Der zuständige Richter hatte sich nicht die Mühe gemacht, den umstrittenen Vertrag zu lesen und war der Argumentation der von BAYER und Universität engagierten Großkanzleien (Redeker; Freshfields) gefolgt. Die CBG ging daher in Berufung.