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Leverkusener Anzeiger

Leverkusener Anzeiger, 30. April 2016

Massives Sicherheitsaufkommen bei Bayer-Hauptversammlung

Was ist das? Sicherheitskräfte überall, Fahrverbot für Räder („Es könnten Busse kommen“), viel Polizei, verschlossene Türen, danach Eingangskontrollen für namentlich bekannte Personen in einer Weise, von der chinesische Kontrolleure noch etwas lernen könnten. Schließlich eine enge Begleitung zum abgeschiedenen Pressezentrum, damit der Journalist bloß nicht ausbüxt – wir besuchen die Hauptversammlung des Bayer-Konzerns. In deren Umfeld werden die Sicherheitsvorkehrungen immer strenger. Das gilt freilich nur für diese Veranstaltung. Vor ein paar Wochen konnte man sich noch mit Werner Baumann, dem werdenden Vorstandschef, an einen Tisch setzen, etwas essen und plaudern. Aber das war ja auch im Bayer-Kasino.
Geradezu lässig geht es weiter an diesem zunächst sonnigen Freitag: Werner Wenning leistet sich zwei Minuten Verspätung, bevor er die Aktionäre begrüßt. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist satzungsgemäß Leiter der Hauptversammlung. Schließlich soll in ihrem Rahmen auch der Vorstand entlastet werden; die Aktionäre können also abstimmen. Die Entlastung wird zwar mit Sicherheit gewährt. Doch in der nahezu fünfstündigen Aussprache zum Vortrag des scheidenden Bayer-Vorstandschefs Marijn Dekkers geht es ganz überwiegend um Verfehlungen des Unternehmens. Beziehungsweise um das, was Kritiker dafür halten.

Sondermüll-Deponie
Neu im Themenkreis ist die Sondermüll-Deponie in der Dhünnaue. Vor den Nordhallen der Kölner Messe haben Bürger gegen deren Öffnung im Zuge des Autobahn-Ausbaus protestiert. Drinnen geht Helmut Hesse einen anderen Weg – schließlich sind die Redner verpflichtet, Fragen zu stellen an den Vorstand. Das macht der Bauingenieur und Fachgutachter, der sich auf Bitten des Netzwerks gegen Lärm und der Bürgerliste mit den Plänen von Straßen NRW auseinandergesetzt hatte.
Hesse beginnt mit Grundsätzlichem: „Wird Bayer die Öffnung der Deponie zulassen?“ Und weil er davon ausgeht, fragt er nach den Verträgen, die Bayer schließen will, um mögliche Schadensersatz-Ansprüche zu vermeiden, wenn bei der großflächigen Öffnung der Deponie etwas passiert. Dann möchte er wissen, ob Bayer eine technische Alternative zum Aufbaggern der Deponie kennt. Oder ob der Konzern sich in das Planfeststellungsverfahren einbringt. Das wäre aus Hesses Sicht dringend notwendig. Der Straßenbau-Experte befürchtet, dass es viel teurer wird als von Straßen NRW kalkuliert, wenn in der Dhünnaue gegraben wird: Tests an vergleichbaren Stellen in der Schweiz ließen befürchten, dass die Entsorgungskosten drei bis fünf Milliarden Euro erreichen könnten. Eine astronomische Summe, so Hesse. Es sei offensichtlich, dass dies „die Aktionäre schädigen“ würde. Schließlich müsse Bayer hohe Rückstellungen bilden, um das finanzielle Risiko abzusichern, das aus der Öffnung der Deponie resultiert.

Kein Konzernproblem
Dekkers teilt die Bedenken nicht. Denn dazu gibt es keinerlei Anlass, zeigt sich eine Dreiviertelstunde später. Weil Bayer den Ausbau der A 1 nicht betreibt und plant, trage der Konzern auch keinerlei Kosten, die daraus resultieren. Den von Straßen NRW geplanten Eingriff in die Altlast „haben wir zu dulden“. Ins laufende Planfeststellungsverfahren habe man sich eingebracht. Und zwar schriftlich. Details nennt Dekkers nicht.
Das gilt auch für ein weiteres Thema, das der „Leverkusener Anzeiger“ aufgebracht hatte: die Ausgliederung der Patent-Abteilung in eine hundertprozentige Tochterfirma, die in Monheim angesiedelt wurde. Bayer Intellectual Property residiert in der rheinischen Steueroase. Dieser Effekt habe bei der Umorganisation „nicht im Vordergrund gestanden“, betont Dekkers. Doch die Ersparnis an Gewerbesteuern ist so beträchtlich wie berichtet. Dekkers spricht zwar nicht von 30 Millionen Euro. Seine Formel: „Wir gehen von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag aus.“ Über die Jahre. Konkreter geht’s nicht. Auch die Antwortrunde ist wieder à la Bayer. von Thomas Käding