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Tatsächlich auch hat der Konzern 1997 in den USA Chargen seines aus Blutplasma gewonnenen AAT-Präparates Prolastin zurückgerufen, weil in einigen Präparaten
der Erreger der Creutzfeldt-Jacob-Krankheit nachgewiesen wurde. Aber es war weder das Blut noch das Herstellungsverfahren, was die Gesundheit der PatientInnen gefährdete. Es war die Profitgier des Konzerns. Sie
trieb ihn nämlich dazu, aus Kostengründen darauf zu verzichten, das Blutplasma Virus-Testverfahren bzw. feineren Filterungsprozessen zu unterziehen.
So wenig die aus Blutplasma hergestellten Pharma-Proteine ein Gesundheitsrisiko darstellen müssen, so wenig gewährleisten aus Schafsmilch gewonnene eine
absolute Arzneimittel-Sicherheit. Nicht mehr AIDS- oder Hepatitis C-Erreger stellen nunmehr die Gefahr dar, sondern beispielsweise die Viren der bei Schafen häufig auftretenden Traberkrankheit. Eine zusätzliche
Gefährdung geht von den ca. 60 Schafsproteinen aus, die die Milch enthält. Gelangt nur eines davon in den menschlichen Organismus - und selbst umfangreiche Filterungs- und Reinigungsprozeduren bieten keine Gewähr
dagegen - , kann es zu einer das Immunsystem überfordernden Abwehrreaktion kommen. Darüber hinaus entspricht das Gentech-AAT dem menschlichen Eiweiß nicht komplett. Die Genforscher spritzen nämlich bis zu 1.000 Gene
in einen Embryo, weshalb diese sich unregelmäßig und in unterschiedlicher Konzentration im Erbgut verteilen. Als Folge davon ist die Beschaffenheit des von ihnen produzierten AATs Schwankungen unterworfen, was ihre
pharmazeutische Berechenbarkeit erschwert. Die "unerklärlichen Nebenwirkungen", die den Pharma-Riesen Upjohn Anfang der 90er Jahre bewogen, die klinischen Tests mit dem Blutfarbstoff Hämoglobin, erzeugt
von transgenen Rindern, abzubrechen, sind also alles andere als "unerklärlich".
Wie es den Tieren ergeht, die zu Pharma-Fabriken oder Test-Objekten auf vier Beinen instrumentaliert werden, interessiert die Arzneimittel-Industrie nicht,
solange sie ihrer Fremdbestimmung in zufrieden stellender Weise nachkommen. Im Wuppertaler Pharmaforschungszentrum von Bayer ist Leiden der einzige Daseinsgrund der transgenen Mäuse. Die Wissenschaftler haben sie
mit einem Gen zur Erhöhung des Blutfettspiegels krank gemacht, um Cholesterin-Senker an ihnen auszuprobieren. Tracy und ihre Nachkommen haben andere Strapazen zu überstehen. Viele erleiden Früh- oder Totgeburten,
untrügliches Zeichen dafür, dass der Fremdkörper "Humaneiweiß" den Stoffwechsel der Tiere durcheinander bringt. Den Wissenschaftlern gelingt es nämlich nicht immer, das Protein-Gen punktgenau in den Euter
zu verfrachten, was durch die Koppelung an ein Schafsprotein, das die Milch-Produktion steuert, gewährleistet sein sollte. Deshalb dringt es auch in andere Organe vor und produziert dort fleißig und planlos AAT,
worauf wiederum die körpereigenen Eiweiße reagieren. Im Euter selbst bringt das menschliche Erbgut bei einigen Tiere die biologische Uhr aus dem Takt. Der Rhythmus der Milchproduktion ändert sich, weil die Proteine
Einfluss auf die Milchdrüsen nehmen. Zudem bewirken sie manchmal ein Aufflocken der Milch. Dieses lässt die Zitzen verstopfen und macht ein Melken unmöglich. Welche langfristigen Folgen die Genmanipulation für die
Tiere hat, ist noch gar nicht absehbar.
Absehbar hingegen ist, dass das Gene Pharming weder pharmazeutische noch die Arzneimittel-Sicherheit betreffende Vorteile besitzt. Die Gentechnologie
bestätigt also wieder einmal ihren Ruf, eine reine Rationalisierungstechnologie zu sein. Bayer & Co. erschaffen Kreaturen nach ihrem Geschäftsplan und beanspruchen auf diese armen Zwitterwesen als "eigene
Erfindungen" auch noch ein patentrechtlich geschütztes Eigentumsrecht.
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