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Eine neue Studie der Europäischen Umweltagentur (EEA) stellt für Raps ein hohes so genanntes Auskreuzungsrisiko fest (1). Selbst Rapsfelder oder verwandte
Wildpflanzen in 2,5 km Entfernung sind nicht sicher (2). Besonders problematisch ist der Pollen-Transport durch Bienen oder andere Insekten, die den Pollen noch viel weiter tragen können, Schwebfliegen z. B. fünf
Kilometer weit (3). Gen-Raps kreuzt sich nicht nur mit normalen Raps-Pflanzen, sondern auch mit Kulturpflanzen wie Rüben (Brassica rapa ssp. Olefera), Kohlrübe (Brassica napus var napobrassica) und mit verwandten
Wildpflanzen wie dem Schwarzen Senf (Brassica nigra), Hederich (Raphanus rhaphanistrum) oder der Französischen Hundsrauke (Erucastrum gallicum).
Raps stammt aus Europa, d.h. in unseren Breitengraden ist eine besonders große Vielfalt verwandter Pflanzen heimisch (4). Der Gen-Raps bedroht diese
Artenvielfalt. Aus diesem Grund hat die belgische Regierung Ende April die Gen-Raps-Versuche der Firma BAYER als neuem Besitzer der AVENTIS CROPSCIENCE untersagt, in Deutschland finden die Versuche trotz der Gefahr
weiterhin statt.
Gen-Raps schleicht sich auch auf einem anderen Weg in die Nahrungskette: Bienen sammeln fleißig Pollen und Nektar von Raps-Blüten. Doch sie können Gen-Raps
nicht von normalem Raps unterscheiden. So gelangt die Gentechnik über unseren Honig auf's Butterbrot. Erst im Januar 2002 fand GREENPEACE in Deutschland Honig aus Kanada, der mit Pollen von Gen-Raps verunreinigt war.
Ein Wissenschaftler aus Deutschland fand zudem heraus, dass Mikroorganismen im Darm der Bienen Raps-Gene aufnehmen (5). Auf diese Art können sich
beispielsweise auch Gene für eine Antibiotika-Resistenz von manipulierten Pflanzen auf Bakterien übertragen. Gegen diese kommen die in der Humanmedizin verwendeten Antibiotika dann nicht mehr an.
Das Versuchsfeld Biere Bei Biere liegt eines von 20 genehmigten Versuchsfeldern in
Sachsen-Anhalt. Die inzwischen zu BAYER gehörige AVENTIS CROPSCIENCE baut hier Raps an, der durch Gen-Manipulation gegen das Breitband-Herbizid BASTA/GLUFOSINAT resistent gemacht wurde. In der direkten Umgebung des
Test-Ackers liegen konventionelle Rapsfelder. GREENPEACE fordert BAYER auf, die Ausbreitung der Gen-Pflanzen vollständig zu verhindern.
Mehr Gift für Gen-Pflanzen Kreuzen sich gen-manipulierte Pflanzen, die Ackergiften
widerstehen können, mit normalen Pflanzen, können sich die Resistenzen übertragen. Raps-Pflanzen überleben in unseren Breitengraden den Winter, die Gen-Saat kann bis zu 20 Jahre im Boden überdauern und auskeimen.
Die ungewünschte Gen-Übertragung kann sich also nach einer Aussaat über Jahre hinweg unkontrolliert fortsetzen (6). Die neuen Gen-Pflanzen kreuzen sich wieder mit weiteren Pflanzen und verbreiten so die vorhandenen
Resistenz-Gene.
Resistenzen gegen unterschiedliche Agro-Chemikalien sammeln sich schließlich in Pflanzen an ("gene-stacking") und machen sie immun gegen
herkömmliche Ackergifte. In Kanada sind bereits Pflanzen entstanden, die gegen drei Herbizide gleichzeitig resistent sind (7). Die wissenschaftlichen ExpertInnen der kanadischen Royal Society befürchten daher,
dass auswildernder, resistenter Raps zum größten Unkraut-Problem Kanadas wird (8). Um die so genannten Super- Unkräuter zu bekämpfen, müssen kanadische Bauern und BäuerInnen verstärkt zu noch giftigeren Mitteln
greifen, da normale Herbizide nichts mehr ausrichten.
Industrie für Genfood In der Gentechnik hat sich bislang nicht das
Verursacher-Prinzip durchgesetzt, wonach eine Firma für Beseitigung eines Umwelt- Schadens verantwortlich ist, den sie verursacht hat. Die Industrie weigert sich, für Schäden durch Gen-Pflanzen aufzukommen.
Haftungsanfor- derungen weist sie zurück. Das Risiko und den entstandenen Schaden tragen allein die betroffenen LandwirtInnen, ImkerInnen und VerbraucherInnen. In Kanada klagen Bauern und BäuerInnen bereits
gegen die Konzerne MONSANTO und BAYER auf Schadensersatz. Der Gen-Raps dieser Unternehmen hat sich unvermutet auf die Felder der Farmer ausgebreitet und ihre Ernte gen-kontaminiert. Insbesondere Öko-Bauern und
Bäuerinnen können durch Gen-Raps verunreinigte Erträge nicht mehr verkaufen und auch konventionell arbeitende FarmerInnen bleiben wegen der Ablehnung der VerbraucherInnen auf ihrer schmutzigen Ernte sitzen. Durch
die Verunreinigung der Felder des kanadischen Bauern Percy Schmeiser mit Gen-Raps der Firma MONSANTO wurden dessen Zucht-Leistungen der vergangenen 40 Jahre zerstört. Auch in der Gentechnik muss daher das
Verursacher- Prinzip greifen und die Gentech-Industrie zur Verantwortung gezogen werden. Wenn das Prinzip durchgesetzt ist, wird die Industrie aus eigenem Interesse die Gen-Verschmutzung verhindern. Wenn sie dazu
nicht in der Lage ist, ist die gesamte Technologie nicht praktikabel und daher nicht zu verantworten.
Zur Zeit wollen die Konzerne ihre Gen-Produkte jedoch den VerbraucherInnen unterschieben. Im April tauchte ein in den USA nicht genehmigtes Gen-Konstrukt im
Saatgut auf. Der Konzern MONSANTO schrieb an die US-Agrarbehörde: "Obwohl der GLYPHOSAT-tolerante Raps GT200 nicht kommerzialisiert werden soll (...) kommt (er) potenziell in niedrigen, zufälligen
Konzentrationen in kommerziellem Saatgut vor." Statt das Saatgut umgehend aus dem Verkehr zu ziehen, versucht MONSANTO den GT200-Raps nachträglich zu legalisieren und den Vorfall zu verharmlosen (9).
In Europa gibt es im Gegensatz zu Nordamerika und Kanada noch keinen kommerziellen Anbau von Gen-Pflanzen. Damit dies so bleibt, muss die Politik dafür
sorgen, dass das Vorsorge-Prinzip auch bei Gen-Pflanzen greift. Ansonsten geht die verbraucherInnen-feindliche Taktik der Gen-Konzerne auf, und die Gentechnik breitet sich unkontrolliert aus.
Experimente mit Gen-Pflanzen Derzeit sind in Deutschland über 450 experimentelle
Freisetzungen von Gen-Pflanzen wie Raps, Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben und Wein geneh- migt. Die Europäische Union hat für die Aussaat der Gen-Pflanzen in die freie Natur keine generelle Genehmigung erteilt. Die
Freisetzungs- versuche in der Bundesrepublik sollen dazu dienen, die Eigenschaften der gen-manipulierten Pflanzen im Freiland zu testen. Meist untersuchen die Firmen wirtschaftliche Aspekte der Gen-Pflanzen wie
Ertrags- steigerung. Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt werden dagegen kaum erforscht. Den Gentech-Konzernen BAYER, MONSANTO, SYNGENTA u.a. dienen diese Versuche zur Entwicklung von Gen-Pflanzen, die sie
anschließend im großen Stil kommerziell in Europa vermarkten wollen.
Genehmigung ohne Kontrolle Viele Gen-Experimente bewilligt das Robert-Koch-Institut
(RKI), das dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) unterstellt ist, nach dem so genannten "vereinfachten Verfahren": Sobald die erste Genehmigung vorliegt, können weitere Flächen einfach nachgemeldet
werden. Die zusätzlichen Versuche durchlaufen dann keine Genehmigungsverfahren mehr.
Die Öffentlichkeit und die betroffenen NachbarInnen erfahren von dem Anbau der Gen-Pflanzen meistens erst dann, wenn das Feld längst bestellt ist. Die
Test-Areale sind jedoch nur schwer zu finden, da sie nicht gekennzeichnet werden müssen. Bei den Genehmigungen der "vereinfachten Verfahren" haben BürgerInnen und Gemeinden keine Möglichkeit, sich im
Vorfeld gegen die Freisetzung zu wehren. Zwar darf die Ernte der Test-Äcker nicht verkauft werden, doch durch die Auskreuzung der Gen-Pflanzen in konventionelle Nachbarfelder kann sie in Lebensmittel und Tierfutter
gelangen.
GREENPEACE fordert:
Keine Freisetzung von gentechnisch veränderten Lebewesen
Kein Anbau von Gen-Pflanzen
Keine Gentechnik im Essen
(1) Genetically modified organisms (GMOs): The significance of gene flow through pollen transfer, K. Eastham & J. Sweet, 2002,
http://reports.eea.eu.int/environmental_issue_report_2002_28/en. (2)Timmons et al., 1996, Risks from Transgenic crops, Nature Vol. 380, S. 489 (3) Prof. Dr. Martin Schlegel, Dekan der Fakultät für
Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie der Universität Leipzig am 2.5.02 (4) Centers of Diversity, Greenpeace, 1999 (5) Pressemitteilung Friedrich-Schiller-Universität Jena, 23.05.2000,
Informationsdienst Wissenschaft (idw) (6)Genehmigungsbescheid zum Freisetzungsversuch 6786-01-0101 des Robert-Koch-Instituts (7) New Scientist, Vol 165, 2226, 19/02/2000, S. 21
(8)Canadian Royal Society Expert Panel Report, 2001 (9) Pressemitteilung "The Center for Food Safety": "Although GLYPHOSATE-tolerant canola event GT200 is not intended to be commercialized . .
.[it] has the potential to be present in low, adventitious levels in commercial canola varieties." (Letter to USDA from MONSANTO, November 9, 2001), aus: Evidence Reveals that Illegal Genetically Engineered
Seeds Contaminate U.S. Canola Crops, www.centerforfoodsafety.org/inthenews/CanolaPet2.htm
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