Deutschlandfunk, 6. Dezember 2012
„Wir wollen das exemplarisch durchfechten“
Klage gegen Kooperation Bayer – Uni Köln
Seit vier Jahren arbeiten die Bayer AG und die Kölner Universität zusammen. Sie kooperieren in der Herz- und Krebsforschung, der Konzern fördert die Ausbildung von Doktoranden und lässt sich das durchaus kosten. Doch was genau steht im Kooperationsvertrag? Eine Klage soll das klären.
Seit vier Jahren arbeiten die Bayer AG und die Kölner Universität zusammen. Sie kooperieren in der Herz- und Krebsforschung, außerdem unterstützt der Konzern die Ausbildung von Doktoranden. Bayer soll die Zusammenarbeit jedes Jahr eine sechsstellige Summe wert sein. Viel mehr ist über die Zusammenarbeit nicht bekannt und das macht Phillipp Mimkes stutzig. Der Geschäftsführer des Vereins „Coordination gegen BAYER- Gefahren“, kurz CBG, kritisiert, wie intransparent der Vertrag und wie unkooperativ die Uni ist:
„Ich bin natürlich sehr verärgert, ich bin selber Absolvent der Universität, dass unsere Fragen, die wir ja im Sinne der Universität eigentlich, damals an die Universität gerichtet hatten, einfach abgebügelt wurden mit einem Zweizeiler, in dem drin stand: ‚Betriebsgeheimnis – kein Kommentar‘, das macht mich schon ärgerlich.“
Die Kölner Uni verweigert der CBG die Einsicht in die Verträge also seit Jahren und hat dies mit der Freiheit der Wissenschaft begründet. Schließlich könne mit ein wenig Sachverstand abgeleitet werden, welche Schwerpunkte die Forschergruppen setzen, wie weit der Forschungsstand bei konkreten Vorhaben ist und wie interessant das Vorhaben im Zweifel für Dritte sei, so die Hochschule. Daraufhin hat Mimkes den Datenschutzbeauftragten des Landes NRW eingeschaltet. Der hat der Universität empfohlen, die Verträge offenzulegen. Das war bereits im Jahr 2010. Nun hat Phillipp Mimkes Klage gegen den Vertrag beim Kölner Verwaltungsgericht eingereicht:
„Wir wollen für Transparenz sorgen, und da uns die Universität keine Antworten auf unsere Fragen gegeben hat, und leider auch auf das Votum des Landesdatenschutzbeauftragten nicht eingegangen ist, blieb uns nichts anderes übrig, als vor Gericht zu ziehen.“
Patrick Honecker kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Der Pressesprecher der Universität zu Köln sieht seinen Arbeitgeber im Recht, an der Kooperation sei nichts auszusetzen, so Honecker:
„Die Bayer AG nimmt keinen Einfluss, also der industrielle Kooperationspartner nimmt keinen Einfluss inhaltlicher Art auf die Gewinnung und Veröffentlichung der Forschungsergebnisse. Das ist auch so vertraglich geregelt, das heißt, der Abschluss des Vertrages ist für uns zugleich Gewährleistung der Forschungsfreiheit.“
Und genau das bezweifelt Philipp Mimkes. Er sieht die Forscher vielmehr als Werkbank des Konzerns:
„Wir haben natürlich die Befürchtung, dass die universitäre Forschung in die Abhängigkeit von Unternehmen gerät, dass darüber die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert wird und wir wollen die Unabhängigkeit der Forschung da gewährleisten und sichern und deswegen muss da als erstes Transparenz geschaffen werden.“
Die fordert auch der AStA der Kölner Uni. Die Studierendenvertreter haben sich eindeutig positioniert, sagt Bildungsreferent Patrick Schnepper:
„Wir sehen das Ganze sehr kritisch, vor allem wegen der Intransparenz, weil einfach gar keiner weiß, was in den Verträgen drinsteht und wir gar nicht wissen, ob da Auftragsforschung betrieben wird, ob negative Ergebnisse veröffentlicht werden, ober wird da Einfluss genommen auf die Forschung.“
Dass ein Konzern und eine Uni zusammenarbeiten, findet Patrick Schnepper in Ordnung. Solange die finanzielle Ausstattung der Hochschulen überschaubar sei, müssten sich diese gerade in Forschungsbereichen, die kostenintensiv sind, nach sogenannten Drittmitteln umsehen:
„Grundsätzlich ist es nicht verwerflich, dass sich ein industrielles Unternehmen die Verträglichkeitsstudien aus öffentlicher Hand machen lässt, auch aufgrund der Unabhängigkeit, die dort besteht, aber dann muss sich jetzt zeigen, welche Einflussmöglichkeiten sind da und worum geht es eigentlich auch.“
Einigkeit herrscht bei allen Beteiligten immerhin darin, dass es sich um einen Präzedenzfall handelt. Es sei das erste Mal, dass eine solche Kooperation von einem Gericht überprüft werde, sagt Phillipp Mimkes. Er richtet sich auf ein längeres Verfahren ein:
„Das ist schon eine Auseinandersetzung von ganz grundsätzlicher Natur und von daher gehen wir davon aus, dass der öffentliche Druck uns da unterstützen wird, das wird sicherlich nicht am 6. Dezember zu einem Ergebnis kommen, wir werden wahrscheinlich auch durch weitere Instanzen gehen müssen, aber wir wollen das exemplarisch durchfechten.“
Gut möglich also, dass letztlich das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil fällen muss. Dann wissen auch andere Hochschulen in Deutschland, wie sie so eine Zusammenarbeit öffentlich machen müssen. Wie in Zukunft über solche Kooperationen in Köln entschieden werden soll, darüber herrsche ebenfalls Einigkeit, sagt Patrick Honecker. Eine Arbeitsgruppe verfasst momentan Richtlinien, wie und in welchem Rahmen zukünftige Partnerschaften möglich und sinnvoll sind.
„Es gibt die große Frage, wie Drittmittel möglichst transparent eingeworben werden können und auch möglichst transparent verwendet werden, um dieses Thema zu untersuchen ist eine Kommission vom Senat eingesetzt worden, diese Kommission hat ihre Arbeit noch nicht beendet.“
Allerdings sitzt diese Kommission schon seit über einem Jahr zusammen und feilt an den Prinzipien. Was eher vorliegt, ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts oder die Richtlinien, wie in Zukunft solche Kooperationen gestaltet werden, darauf möchte derzeit keiner der Beteiligten wetten.