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Beitrag veröffentlicht im “Tag: 15. Februar 2012

[Nexavar] Generika Indien

CBG Redaktion

15. Februar 2012

Patentstreit in Indien

Hintergrundinformationen zum Krebspräparat Nexavar

In Indien klagt der BAYER-Konzern gegen die Erteilung einer Lizenz für das Krebspräparat Nexavar (Wirkstoff: Sorafenib). Der Generika-Hersteller Natco Pharma hatte eine Zulassung beantragt und eine preisgünstige Versorgung mit dem Präparat angekündigt.

Der Preis für eine einmonatige Anwendung von Nexavar übersteigt das Jahreseinkommen der meisten Inder um ein Vielfaches. In Indien können – wie in vielen anderen Ländern – Zwangslizenzen ausgestellt werden, wenn die Kosten eine Behandlung für breite Bevölkerungsteile unmöglich machen. BAYER rechtfertigt den extrem hohen Preis mit den angeblich hohen Entwicklungskosten. Allerdings weigert sich der Konzern, eine detaillierte Aufstellung dieser Kosten vorzulegen.

James Love von der amerikanischen Organisation Knowledge Ecology International hat gegenüber den indischen Behörden nun eine Erklärung an Eides statt (Affidavit) abgegeben. Darin zeigt er, dass die Entwicklung des Präparats gemeinsam von BAYER und der Firma Onyx erfolgte (Punkt 28ff). Gemäß den Unterlagen, die Onyx bei der US-Börsenaufsicht eingereicht hat, lagen die Entwicklungskosten für mehrere Präparate bei maximal 275 Mio Dollar. Dem stehen Verkaufszahlen von 1,2 Milliarden Dollar innerhalb von nur drei Jahren entgegen. James Love arbeitet seit langem als Berater für WHO und WTO zu Pharma-Fragen.

Bei der Entwicklung gab es zudem umfangreiche staatliche Unterstützung: die Zulassung als „Orphan Drug“ (Medikament zu Behandlung seltener Krankheiten) führte zu deutlichen Steuernachlässen. Zudem finanzierte das US National Institute of Health (NIH) zahlreiche Studien zu Nexavar; diese führten auch zu der lukrativen Indikationsausweitung. Das Beharren von BAYER auf den extrem hohen Preisen ist daher nicht zu rechtfertigen.

Der BAYER-Konzern wollte mit mehreren Klagen vor indischen Gerichten die Zulassung von Nexavar verhindern. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren befürchtete einen Präzedenzfall, durch den die Zulassung von Generika generell behindert werden sollte, und startete gemeinsam mit indischen Initiativen eine Öffentlichkeitskampagne. Indien ist in weiten Teilen der Welt wichtigster Lieferant billiger Pharmazeutika.

Nexavar ist wegen seiner geringen Heilwirkung sehr umstritten und erhielt in mehreren Ländern keine Kassenzulassung. Bei Pharma-Tests mit Nexavar in Indien starben zahlreiche Probanden; ungeklärt ist bislang, ob es auch zu Todesfällen durch Nebenwirkungen des Präparats kam.

Weitere Informationen zur Kampagne

CO Pipeline

CBG Redaktion

15. Februar 2012

310 Ärzte fordern Stopp der CO Pipeline

Mehr als 300 Ärzte aller Fachrichtungen fordern von der NRW Landesregierung ein Ende der CO-Pipeline, die die BAYER-Werke Dormagen und Krefeld verbinden soll. Wir dokumentieren den Offenen Brief, der von dem Kinder- u. Jugendarzt Dr. Gottfried Arnold initiiert wurde. Ausführliche Informationen finden sich auf unserer Kampagnenseite.

An die Ministerpräsidentin von NRW,
an den Umweltminister von NRW,
an den Landtag von NRW,
an die Bezirksregierung Düsseldorf,
an die CO-Pipeline-Betreiber-Firma BAYER

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir wenden uns gemeinsam als Ärzte im Bereich der CO-Pipeline der Fa. Bayer an Sie, weil wir die Auffassung vertreten, dass im Falle eines CO-Pipeline-Unfalls viele Tote und Verletzte mit Langzeitschäden zu beklagen sein werden und daher das CO Pipeline-Projekt nicht in Betrieb genommen werden darf.

Zur Verdeutlichung dieser Annahme beschreiben wir einige medizinische Fakten:

1. Wie für Radioaktivität gibt es kein menschliches Sinnesorgan, das CO wahrnehmen und damit eine Schutzreaktion in Gang setzen kann. Daher ist die Diagnose schwierig und es hat schon mancher Helfer beim Versuch, einen Bewusstlosen zu retten, selbst eine CO-Vergiftung erlitten.

2. Die Behandlung einer schweren CO-Vergiftung erfordert eine Sauerstoff-Überdrucktherapie, die in ganz NRW im 24-Std.-Dienst nur an der Uni Düsseldorf für 2 bettlägerige Patienten gleichzeitig möglich ist (1).

3. Bei einem Gesunden können bereits nach 3-minütiger Hypoxie (Sauerstoffmangel) irreversible Gehirnschäden auftreten. Noch empfindlicher reagieren chronisch Herz- u. Lungenkranke, Anämiker, Schwangere und kleine Kinder. Ebenso kann auch ein Herzinfarkt durch eine CO-Vergiftung ausgelöst werden, was dessen Erkennung und Versorgung noch erschwert. Je später die effektive Behandlung beginnt, je länger der Sauerstoffmangel besteht, desto größer sind die Folgeschäden. Diese können auch noch nach mehr als einem Jahr nach erfolgreicher Anfangsbehandlung einer CO-Vergiftung auftreten und sind bei schweren CO-Vergiftungen in mindestens der Hälfte der Fälle irreversibel (2,3). Dazu gehören u.a. Parkinson-Erkrankung, Persönlichkeitsveränderungen, dauerhafte und z.T. progrediente Hirnschäden (3-5).

4. Die Rettungsmöglichkeiten bei einem Massenunfall (7,8) sind völlig unzureichend:
a) die Feuerwehren dürfen ihr Personal mit umluftunabhängigen Atemschutzanzügen nur 10 Minuten in eine CO-Wolke hineinschicken, danach muß der Rückweg angetreten werden;
b) die örtlichen Feuerwehren der Städte z.B. im Kreis Mettmann verfügen etwa über 1 Notarzt- und 2 Krankenwagen, womit also nicht mehr als 3 Patienten mit Sauerstoff versorgt werden können. Längere Wartezeiten bis zum Eintreffen unterstützender Feuerwehren beim Massenanfall von Verletzten gehen mit einer Zunahme von bleibenden Hirnschäden und Todesfällen einher;
c) bei einer Intervall-Behandlung von 2 - 3 Std. mit hyperbarem Sauerstoff (HBO) in der einzigen Sauerstoff-Überdruckkammer in NRW mit 24-Std.- Dienst (s.o.) können also maximal nur 16 - 24 bettlägerige Patienten mit schwerer CO-Vergiftung behandelt werden;
d) in dem im TÜV-Gutachten (6) vorgelegten Scenario eines Massenunfalls bei Rohrbruch wohnen laut Angaben der Stadt Hilden (8) in der AEGL -2- Zone 930 Personen (potentiell CO-Vergiftete), in der AEGL-3-Zone 140 Menschen (potentiell Tote).

Aufgrund dieses menschenverachtenden Gefahrenpotentials appellieren wir nachdrücklich an die Firma Bayer, das CO-Pipeline-Projekt aufzugeben.

Dr. med. Gottfried Arnold
Kinderarzt im Ruhestand

(1) Internetauftritt der Überdruckkammer des Universitätsklinikums Düsseldorf.
Verfügbar unter: www.uniklinik-duesseldorf.de->Institute->Hyperbare
Sauerstoff-therapie (HBO).
(2) www.medizin.uni-halle.de/kai/media/ELearning/Kohlenmonoxid.pdf
(3) Gillespie ND et al., Severe parkinsonism secondary to carbon monoxide
poisoning. J R Soc Med 1999; 92(10): 529-530
(4) Gallerani M et al., Parkinsonian syndrome after acute carbon monoxide
poisoning. Am J Emerg Med 2000; 18(7): 833-834
(5) Min SK, A brain syndrome associated with delayed neuropsychiatric sequelae
following acute CO intoxication. Acta Psychiatr Scand 1986; 73(1): 80
(6) TÜV Nord (2005): Betrachtung der Auswirkung von Lecks und einem Vollbruch
in der Kohlenmonoxidleitung von Köln-Worringen nach Krefeld-Uerdingen
der Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG, Gutachten, Essen
(7) von Mühlendahl,KE et al., Risikowahrnehmung und -kommunikation bei
Planung und Bau einer CO-Pipeline am Niederrhein. Umweltmed Forsch
Prax 16 (1) 21-27 (2011)
(8) persönliche Mitteilung Stadtverwaltung Hilden am 13.4.2011