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Beitrag veröffentlicht im “Tag: 5. Juli 2012

Duogynon

CBG Redaktion

5. Juli 2012

Gericht weist Klage von Duogynon-Opfer ab

Im juristischen Streit um mögliche Missbildungen durch den Schwangerschaftstest Duogynon ist Andre Sommer, mutmaßliches Duogynon-Opfer, erneut mit einer Klage gegen den Pharmakonzern Bayer Schering gescheitert. Das Berliner Landgericht wies seine Schmerzensgeldklage zurück, weil mögliche Ansprüche verjährt seien.
Sommer hatte einen ehem. Schering-Mitarbeiter als Zeugen benannt, der in den 70er Jahren vermeintlich unabhängige Wissenschaftler bestochen hatte, damit diese die Unbedenklichkeit von Duogynon attestieren. Das Gericht hat den Zeugen jedoch nicht angehört.

Zum heutigen Urteil erklärt Rechtsanwalt Herr Heynemann:
Die Haftungsklage wurde abgewiesen. Das Landgericht ging davon aus, dass die Ansprüche verjährt seien. Immerhin stellte der Richter Dr. Matthiessen fest, dass der Treuwidrigkeitseinwand gegen die Einrede der Verjährung auch nach 30 Jahren noch erhoben werden könne. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, aus welchem Grund das Gericht dann nicht den Beweisangeboten des Klägers nachgegangen ist. Der Kläger hatte einen Zeugen benannt, der im Vorfeld angab, Wissenschaftler im Auftrag von Schering bestochen zu haben, damit diese die Unbedenklichkeit von Duogynon attestieren. Weiter wurde beantragt, die Unterlagen aus dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren heranzuziehen, die derzeit noch im Landesarchiv Berlin unter Verschluss liegen. Aus diesen Akten ergibt sich, dass die Verantwortlichen von Schering die Gefahren kannten, die von Duogynon ausgingen und diese vertuscht haben. Hierin sieht der Kläger einen Verfahrensfehler, denn das Gericht hätte erst prüfen müssen, ob der Treuewidrigkeitseinwand greift. Erst danach hätte das Gericht darüber entscheiden können, ob sich Bayer auf die Einrede der Verjährung berufen kann oder nicht. Der Kläger wartet zunächst die Urteilsbegründung ab und wird dann Rechtsmittel einlegen.

Andre Sommer ergänzt:
Der Richter hat mehrfach das Verhalten von BAYER gerügt und eine Mediation vorgeschlagen. Außerdem gäbe es einen Unterschied zwischen Moral und Recht. Moral sei die eine Sache und Recht die andere. Er sagte: „Ein Weltkonzern wie Bayer sollte den Dialog suchen, da kann ich sie nur ermahnen!“ Es ging wieder nicht um Inhalte oder Studien, sondern rein um die Verjährungsfrage, da Bayer die Einrede der Verjährung benutzt hat. Laut Angaben eines ehemaligen Scheringmitarbeiters sollen damals „vermeintlich unabhängige Wissenschaftler Zuwendungen“ von Schering erhalten haben. Bayer sagte zu diesem Vorwurf gar nichts...sie stritten es nicht ab oder machten sonstige Aussagen dazu. Das Verhalten von Bayer kann ich nicht verstehen und es ist einfach vollkommen inakzeptabel.

[Leverkusen] BAYER Leverkusen

CBG Redaktion

Presse Information vom 5. Juli 2012
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

BAYER-Werk Leverkusen:

Mengenangaben gelagerter Chemikalien veröffentlicht

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat heute die Mengenangaben der im BAYER-Werk Leverkusen gehandhabten Chemikalien veröffentlicht. Auf dem Fabrikgelände werden demnach große Mengen giftiger, leichtentzündlicher, explosionsgefährlicher und krebserzeugender Substanzen eingesetzt, darunter Phosgen, Ethylenoxid, TDI, Dimethylsulfat, Benzotrichlorid, Chlor und Brom.

Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Die Bevölkerung hat ein Anrecht darauf, die von Chemie-Fabriken und Kraftwerken ausgehenden Risiken zu kennen. Nur so entsteht öffentlicher Druck auf Betreiber und Gesetzgeber, diese Gefahren zu verringern. Wir fordern eine Überarbeitung der Störfallverordnung nach amerikanischem Vorbild, so dass die Höhe der Emissionen und die Menge der gelagerten Chemikalien für jedes Werk öffentlich einsehbar ist.“ In den USA ist für jede einzelne Fabrik die Menge der gehandhabten Gefahrstoffe sowie der Schadstoff-Ausstoß im Internet abrufbar.

Prof. Jürgen Rochlitz, Mitglied der vom Bundes-Umweltministerium eingesetzten Kommission für Anlagensicherheit, ergänzt: „Bei BAYER werden weiterhin in großem Umfang hochgefährliche Chemikalien eingesetzt. Auffällig ist zum Beispiel die beachtliche Menge von Ethylenoxid und Propylenoxid - immerhin Stoffe, die sowohl krebserregend als auch hochentzündlich sind. Auch die großen Mengen krebserzeugender Stoffe stellen ein besonderes Gefährdungspotential dar. Zu fordern ist eine Substitution dieser besonders risikoreichen Chemikalien“.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren verlangt seit Jahrzehnten eine Veröffentlichung der Mengenangaben toxischer Substanzen. Wegen angeblicher Betriebsgeheimnisse hatte sich die Firma BAYER jedoch stets geweigert, entsprechende Anfragen zu beantworten. Die CBG erhielt die Daten nun über eine Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz.

Auszüge der in Leverkusen gelagerten Chemikalien:

Bayer MaterialScience
giftige Stoffe: 9.200 Tonnen
sehr giftige Stoffe: 1.600 to
leichtentzündliche Flüssigkeiten: 3.400 to
Phosgen: 42 to
Toluylendiisocyanat (TDI-Gemisch): 1.700 to

Lanxess
giftige Stoffe: 36.120 Tonnen
sehr giftige Stoffe: 2.720 to
leichtentzündliche Flüssigkeiten: 16.200 to
umweltgefährliche Stoffe: 17.600 to
Brom: 18 to
Ethylenoxid: 80 to
Toluylendiisocyanat (TDI-Gemisch): 1.000 to
Schwefeldichlorid: 1.100 to

Currenta (60% Bayer, 40% Lanxess)
giftige Stoffe: 7.000 to
sehr giftige Stoffe: 6.000 to
leicht- und hochentzündliche Stoffe: 12.850 to
umweltgefährliche Stoffe: 6.500 to
Ethylenoxid: 210 to
Propylenoxid: 281 to
Bleialkylverbindungen: 2.5 to
Chlor: 305 to

Saltigo (Tochterfirma Lanxess)
giftige Stoffe: 9.300 to
sehr giftige Stoffe: 6.400 to
leichtentzündliche Flüssigkeiten: 4.400 to
umweltgefährliche Stoffe: 7.600 to
Benzotrichlorid: 4.000 to
Hydrazin: 3.900 to
Brom: 36 to
Bei Saltigo kommen zudem 3 Tonnen des Bhopal-Gases Methylisocyanat (MIC) zum Einsatz (zum Vergleich: bei der Bhopal-Katastrophe waren 30 Tonnen MIC ausgetreten).

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren wurde nach Störfällen in BAYER-Werken gegründet und arbeitet seit über drei Jahrzehnten zu allen Risiken, die von Produkten und Fabriken des BAYER-Konzerns ausgehen. Das Netzwerk setzt sich insbesondere für eine Substitution hochgefährlicher Stoffe wie Phosgen sowie für ausreichende Sicherheits-Abstände zwischen gefährlichen Anlagen und der Wohnbebauung ein. Bereits im Frühjahr hatte das Netzwerk die Menge der im BAYER-Werk Dormagen eingesetzten Chemikalien veröffentlicht.

weitere Mengenangaben senden wir auf Anfrage gerne zu