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Beitrag veröffentlicht im Juli 2022

Presseerklärung: US-Saatgutproduzenten kritisieren das Agro-Oligopol von BAYER & Co.

CBG Redaktion

„Ein extremer Grad an Konzentration"

Der Verband der unabhängigen US-amerikanischen Saatgut-Produzenten hat massive Kritik an der marktbeherrschenden Position von BAYER und drei weiteren Konzernen auf dem Agrar-Markt der Vereinigten Staaten geübt. Bei allen bedeutenden Ackerfrüchten hätte sich das Quartett den Zugriff auf das für die Züchtung unerlässliche Keimplasma gesichert, so die „Independant Professional Seed Association" (IPSA). „Wir sind in einem Geschäftsumfeld, in dem vier Unternehmen das Haupt-Keimplasma für Baumwolle und Mais und alle wichtigen Technologien für diese Kulturpflanzen – plus Soja – kontrollieren", konstatiert IPSA-Geschäftsführer Todd Martin und spricht von einem „extremen Grad an Wettbewerbskonzentration".

Der IPSA zufolge beherrscht das Quartett 85 Prozent des Marktes für Gen-Mais und 76 Prozent des Marktes für Gen-Soja. Besonders schlimm stellt sich für Martin die Situation bei dem Elite-Keimplasma von Mais dar: „Etwa 90 Prozent der kommerziellen Sorten befinden sich – direkt oder indirekt durch Lizenzvergabe – im Besitz von zwei Unternehmen. BAYER CROPSCIENCE hat vor kurzem seinen Anteil am Keimplasma mit 55 Prozent angegeben, und 35 Prozent entfallen auf CORTEVA – eine Konzentration, die weit höher ist als in jedem anderen Land".

Als Grund für die Entwicklung nennt die „Independant Professional Seed Association" die Einführung genmanipulierter Gewächse Anfang der 1990er Jahre, die zu einem Konsolidierungsprozess in der Branche führte. Dieser läutete das Ende von hundert Saatgut-Firmen ein und ließ von zwölf Agro-Multis nur noch vier übrig. Der fehlende Wettbewerb wirkte sich vor allem auf die Preise aus. Für Saatgut stiegen sie laut IPSA im Zeitraum von 2000 bis 2015 um über 700 Prozent.

Einen wesentlichen Anteil an der Herausbildung des Oligopols hatte nach Einschätzung der Saatgut-Produzenten das Patentrecht. Es ermöglicht BAYER & Co., geistiges Eigentum auf ein großes Quantum des Keimplasmas zu beanspruchen und nötigt unabhängigen ZüchterInnen Lizenz-Zahlungen auf – einen ähnlichen Vorwurf hat jüngst die Initiative „No Patents on Seeds" gegen das europäische Patentrecht erhoben. Und selbst nach dem eigentlichen Ende der Patent-Laufzeit gelänge es den Multis durch juristische Winkelzüge, den Schutz zu verlängern, hält Martin fest und verweist darauf, dass es nach dem Ablauf der Schutzrechte für die ersten Gentech-Pflanzen im Jahr 2014 immer noch kaum von anderen Anbietern entwickelte Nachfolger gebe.

Die Äußerungen des Verbandschefs stehen im Zusammenhang mit einer Stellungnahme, welche die IPSA auf Aufforderung des Landwirtschaftsministeriums abgab, das ermitteln wollte, inwieweit das geltende Patent-Reglement den Wettbewerb auf den Märkten für Saatgut, Dünger und andere Produkte behindert. Dieses Vorhaben wiederum ist Teil größer angelegter Bemühungen der Biden-Administration, der Dominanz weniger großer Unternehmen in der US-Wirtschaft entgegenzutreten. Das entsprechende Dekret des US-amerikanischen Präsidenten führt neben dem Agrar-Sektor unter anderem noch das Banken- und Transport-Wesen sowie den Krankenhaus-, Pharma-, Internet- und Lebensmittelbereich auf.

„Hier besteht auch in Europa Handelsbedarf, besonders auf dem Gebiet der Landwirtschaft. Es kann nicht sein, dass das Schicksal der Welternährung vom Profit-Kalkül BAYERs und weniger anderer Multis abhängt", erklärt Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Pressekontakt:

Marius Stelzmann 0211/33 39 11

presse@cbgnetwork.org

Ein Jahr nach der Explosion

CBG Redaktion

Konsequenzen für die Verantwortlichen!

Ein Jahr liegt die Explosion bei der CURRENTA in Leverkusen nun zurück. Die Bilanz? Die Anlage ist wieder im "Normalbetrieb", weiterhin in unzulässiger Nähe zu den AnwohnerInnen.

Ermittelt wird gegen vier Beschäftigte, die die Explosion durch Fahrlässigkeit verursacht haben sollen. Aber wird gegen den Vorstand der CURRENTA ermittelt, der das gesamte, auf Profit und nicht auf Sicherheit getrimmte Modell der Entsorgung verantwortet und zeitnah nach der Explosion wieder in Betrieb nehmen wollte?

Unsere Forderungen, die wir anlässlich der Wiederinbetriebnahme der Müllverbrennungsanlage gestellt haben, bleiben weiter aktuell:

Hier zu finden

Mit unserem offenen Brief an die Konzernleitung sind wir für eine lückenlose Aufklärung und Bestrafung der Verantwortlichen eingetreten:

Der offene Brief

Ebenfalls zum Weiterlesen:

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Drohende Konzernwillkür durch eingeschränktes Fragerecht

CBG Redaktion

Presseerklärung des Dachverbandes der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und der CBG

  • Strittige Themen und Fragen könnten unberücksichtigt bleiben, wenn Aktiengesellschaften das Recht erhalten, die Anzahl der Fragen nach eigenem Ermessen zu begrenzen
  • Zuvor geplante, massive Einschränkungen der Aktionärsrechte nach lautstarker Kritik abgewendet
  • Umfassende Reform der Aktienrechts zur Stärkung der Aktionärsrechte nötig
  • Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) kritisieren die vom Bundestag verabschiedete gesetzliche Regelung zu virtuellen Hauptversammlungen als weiterhin unzureichende Alternative zur Präsenzveranstaltung, da die Organisationen Aktionär:innenrechte gefährdet sehen.

Die CBG erkennt keine Notwendigkeit für eine Änderung des Aktiengesetzes. „Es ist nicht einzusehen, warum Bayer und Co. nun auch ohne pandemische Not die Möglichkeit erhalten sollten, vor der Konzernkritik ins Internet zu fliehen und Aktionär:innen-Rechte generell zu schwächen“, erklärt CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.

Gerade bei komplexen und strittigen Themen würden Aktiengesellschaften zu vielen kritischen Punkten keine Auskunft geben müssen bzw. diese gar nicht zur Kenntnis nehmen, wenn sie willkürlich im Voraus den Umfang von einzureichenden Fragen beschränken dürfen. Zwar müssen entsprechende Einschränkungen „angemessen“ sein, doch allein die Aktiengesellschaften können entscheiden, was sie für angemessen erachten.

„Es droht ein Flickenteppich, wie viele Fragen und damit auch Kritik die Aktiengesellschaften überhaupt zulassen“, warnt Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. „Das neue Gesetz überlässt es den Aktiengesellschaften, wie gut die Frage- und Informationsrechte von Aktionär:innen auf virtuellen Hauptversammlungen wahrgenommen werden können. Damit wird die Bundesregierung nicht dem im Koalitionsvertrag gemachten Versprechen gerecht, Aktionärsrechte auch auf virtuellen Hauptversammlungen vollumfänglich zu wahren. Für uns stellt die virtuelle Hauptversammlung weiterhin keine gleichwertige Alternative zur Hauptversammlung in Präsenz dar. Wir werden die Pläne und Umsetzungen durch die Aktiengesellschaften kritisch beobachten und Missstände klar benennen“, kündigt Massa an.

Laut Gesetz können Aktiengesellschaften nicht nur über Anzahl und Länge der Fragen bestimmen, sondern auch darüber, ob es eine absolute Höchstzahl von Fragen oder ein Limit pro Aktionär:in geben soll. Das könnte zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten führen. Zu einer Auswahl auf der Basis des Aktienbesitzes darf es nicht kommen, da Aktionärsrechte unabhängig von der Anzahl der gehaltenen Aktien gelten.

Auf der letzten Online-Hauptversammlung der Bayer AG hatte die CBG leidvolle Erfahrungen mit Konzernwillkür sammeln müssen. Just als es an die Beantwortung ihrer Fragen ging, erklärte der Versammlungsleiter mit Verweis auf die fortgeschrittene Zeit, nun keine Nachfragen mehr zu erlauben. Damit bestätigte sich der Vorwurf, den CBG-Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura Bayer-Chef Werner Baumann in seinem Video-Statement gemacht hatte: mit der Online-Hauptversammlung die Aktionär:innen-Demokratie gezielt auszuhebeln und sie zu nutzen, um sich der direkten Debatte mit den Aktionär:innen zu entziehen.

Zugleich konstatieren die Organisationen, dass sich etliche Konzernverbände mit Forderungen nach massiven Einschränkungen der Aktionärsrechte, insbesondere beim Rede- und Nachfragerecht, nicht durchsetzen konnten. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) etwa wollte „eine angemessene Auswahl an Rednern unter Berücksichtigung der Aktionärsstruktur“ treffen. So hätten Blackrock und andere Großaktionäre den Vortritt gehabt.

Die Organisationen fordern eine umfassende Reform des Aktienrechts, um die Bedingungen zur Wahrnehmung von Aktionär:innenrechten unabhängig vom Format der Hauptversammlung zu verbessern.

Um die Relevanz der Hauptversammlung und die Mitspracherechte der Aktionär:innen zu stärken, sollte der Hauptversammlung das Recht zugestanden werden, über zentrale strategische Ausrichtungen zu entscheiden. Darunter sollten auch beispielsweise Maßnahmen zum Klimaschutz fallen. Dazu sollte es möglich sein, entsprechende Anträge zu Fragen der Geschäftsführung oder strategischen Ausrichtung der Aktiengesellschaft als Punkte auf die Tagesordnung zu setzen.

Zudem sollte eine aktive Teilnahme auch in englischer Sprache möglich sein. Die Aktiengesellschaften sollten dazu die entsprechende Simultan-Übersetzung sicherstellen. Alle Hauptversammlungen sollten vollständig öffentlich über das Internet übertragen werden und auch sämtliche Stellungnahmen entsprechend öffentlich zugänglich sein. Einige Aktiengesellschaften übertragen die gesamte Hauptversammlung frei zugänglich, die meisten Aktiengesellschaften jedoch nur die Eingangsreden von Vorstand und Aufsichtsrat.

Kontakt:

Tilman Massa, Referent Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, dachverband[at]kritischeaktionaere.de, Tel.: 0221 599 56 47

Jan Pehrke, Coordination gegen BAYER-Gefahren, info[at]cbgnetwork.org, Tel.: 0211 30 58 49

Extrem-Lobbying für Gift-Paket

CBG Redaktion

Brasilien unter BAYER-Einfluss

BAYER, BASF und andere Agro-Multis betreiben in Brasilien massive Einflussarbeit, um die Verabschiedung eines neuen Pestizid-Gesetzes mit aufgeweichten Bestimmungen zu befördern. Das von den KritikerInnen als „Gift-Paket" titulierte Paragrafen-Werk hebelt unter anderem das Vorsorge-Prinzip aus und sieht Verbote von Agro-Chemikalien nur noch bei „inakzeptablen Risiken" vor. Zudem schwächt es die Stellung von Umweltbehörde und Gesundheitsbehörde in den Zulassungsverfahren zugunsten derjenigen des Landwirtschaftsministeriums. Von all dem versprechen sich die Unternehmen bessere Vermarktungschancen für ihre Produkte, weshalb sie zahlreiche Aktivitäten entfalten.

Die Operationen der Konzerne im Einzelnen dokumentiert die Studie „Giftige Profite" der beiden AutorInnen Larissa Mies Bombardi und Audrey Changoe. „Während die europäische Pestizid-Industrie danach strebt, ihre Profite zu maximieren, stirbt in Brasilien jeden zweiten Tag ein Mensch an einer Pestizid-Vergiftung. Und rund 20 Prozent dieser Todesopfer sind Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren", resümieren die VerfasserInnen.

An erster Stelle der politischen Landschaftspflege stehen Gespräche mit den StaatslenkerInnen und MinisterInnen. So trafen BAYER-Chef Werner Baumann und der oberste Öffentlichkeitsarbeiter des Konzerns, der ehemalige Grünen-Politiker Matthias Berninger, sich schon persönlich mit Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Dessen ehemaliger Umweltminister Ricardo Salles machte sogar bereits einmal einen Hausbesuch in Leverkusen. Zudem fanden Treffen von Malu Nachreiner, der Präsidentin von BAYER/Brasil, mit Landwirtschaftsministerin Teresa Cristina statt. Mit deren Nachfolger Marcos Montes dürfte es indes kaum Gesprächsbedarf geben: Montes stand schon in Diensten des Leverkusener Multis und verfügt auch ansonsten über viel Berufserfahrung in der Branche.

Überdies baut die Agro-Industrie durch Unternehmensverbände wie SINDIVEG, ABAG und CropLife Brasil, dem der ehemalige BAYER-Manager Christian Lohbauer vorsteht, Druck auf. Auch über Denkfabriken wie das „Instituto Pensar Agro" und PR-Plattformen wie Agrosaber versucht sie, auf die Annahme der Gesetzes-Vorlage 6299/2002 hinzuwirken.

Dagegen erhebt sich in dem Land starker Widerstand. Am 10. Juni besetzte beispielsweise die Jugendorganisation der Landlosen-Bewegung MST eine BAYER-Niederlassung in Jacareí. „Dieser Gesetzentwurf bringt gravierende Änderungen der geltenden Rechtsvorschriften mit sich, die den Verkauf und die Verwendung von für Mensch und Natur hochgiftigen Stoffen erleichtern", erklärten die Jugendlichen. Zudem kritisierten sie den Agro-Riesen dafür, in Brasilien viele Pestizide zu vertreiben, die in Europa wegen ihrer Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt verboten sind.

Selbst die Vereinten Nationen schaltete sich ein. Dr. Marcos Orellana, der UN-Sonderberichterstatter für die Auswirkungen giftiger Substanzen und Abfälle auf die Menschenrechte, und andere SonderberichterstatterInnen appellierten eindringlich an die Regierung Bolsonaro, das „Poison Package" keine Rechtskraft erlangen zu lassen. Sie sahen durch die Deregulierungen ernste Gesundheitsgefahren auf das lateinamerikanische Land zukommen und warnten vor einem „monumentalen Rückschlag für die Menschenrechte in dem Staat". „Ohne weitere Maßnahmen, die sicherstellen, dass Unternehmen die Menschenrechte und die Umwelt respektieren, werden die Missbräuche weiter zunehmen, wenn dieser Gesetzesentwurf angenommen wird", prophezeihten die UN-MitarbeiterInnen. „Brasilien sollte daran arbeiten, das Regelwerk zu stärken statt zu schwächen", legten sie den PolitikerInnen ans Herz.

Der Lobbyismus der Agro-Riesen beschränkt sich indes nicht auf das Gift-Paket. BAYER etwa hat den Brüsseler Thinktank ECIPE engagiert, um den Abschluss des Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Nationen Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay voranzubringen. Dazu gilt es nach Ansicht ECIPEs zuvörderst, das Image der brasilianischen Landwirtschaft mit ihren ausladenden, sich immer weiter in den Regenwald hineinfressenden Monokulturen zu verbessern und die Größe der Pflanzungen herunterzuspielen. „Die Europäer legen Wert auf Produkte aus kleinen, regionalen Erzeugerbetrieben", redete die ECIPE-Vertreterin Emily Rees dem Agro-Business bei einem öffentlichen Auftritt ins Gewissen.

„BAYERs Pestizide hinterlassen in Brasilien eine Spur der Verwüstung. Und jetzt tut der Konzern durch sein Extrem-Lobbying für das Gift-Paket auch noch alles dafür, sie noch ein bisschen breiter werden zu lassen, um seine Profite zu erhöhen", konstatiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Pressekontakt:

Marius Stelzmann 0211/33 39 11

presse@cbgnetwork.org