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Beitrag veröffentlicht im April 2025

Offener Brief an die Bayer-Aktionäre – 25. April 2025

CBG Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Vorfeld der Bayer-Hauptversammlung schreiben wir, zivilgesellschaftliche Organisationen von beiden Seiten des Atlantiks und anderen Teilen der Welt, Ihnen wegen der anhaltenden Lobbying-Aktivitäten des Unternehmens, insbesondere in den USA, die auf Kosten der Rechte von US-Bürgern gehen. Unserer Ansicht nach werden diese Aktivitäten weder dem Bayer-eigenen Verhaltenskodex[1] noch den allgemeinen Grundsätzen der Unternehmensverantwortung gerecht, wie dem Internationalen Verhaltenskodex für Pestizid-Management[2] und den Grundprinzipien des UN Global Compact[3].

Im Jahr 2024 erklärte Bayer-CEO Bill Anderson, dass beim „Aufbau eines Unternehmens (...) ein gemeinsamer Sinn für Integrität und ein starker ethischer Kodex absolut unverzichtbar sind”, und rief „jeden im Team Bayer (...) dazu auf, sicherzustellen, dass wir integer handeln”. Herr Anderson erklärte auch:  „Politische Interessenvertretung oder Lobbying bedeutet, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen und die Politik mitzugestalten, indem man die Interessen einer Person oder einer Organisation gegenüber denjenigen Politikern und Institutionen vertritt, die politische und regulatorische Rahmenbedingungen schaffen, die sich auf den Tätigkeitsbereich oder das Geschäft jener auswirken”.

Seit mindestens zwei Jahren betreibt der in Europa ansässige multinationale Konzern Bayer in den USA jedoch eine intensive Lobbykampagne, die weit über das bloße „Vermitteln der Interessen einer Person oder Organisation gegenüber Politikern und Institutionen, die politische und rechtliche Rahmenbedingungen schaffen”, hinausgeht. In den letzten zehn Jahren haben 181.000 US-Bürger Klage gegen das Unternehmen eingereicht, weil sie sich nicht ausreichend über die Gefahren des Glyphosat-Herbizids „Roundup” informiert fühlten. Viele von ihnen haben Schadensersatz in Höhe von mehreren Millionen und sogar mehreren Milliarden Dollar erstritten, und Zehntausende haben von Bayer Vergleichszahlungen erhalten. Doch viele weitere Verfahren laufen noch.

Bayer reagiert nun mit Lobbyarbeit auf bundesstaatlicher und zentralstaatlicher Ebene, um Bürger daran zu hindern, die Hersteller giftiger Produkte zu verklagen, wenn sie gesundheitliche Schäden erleiden. Wie die Washington Postberichtet[4], enthält der Entwurf des US-Landwirtschaftsgesetzes einen Abschnitt, der „mit Hilfe von Bayer entworfen” wurde und der die bundesstaatlichen und lokalen Behörden daran hindern würde, ihre eigenen Standards für Sicherheitswarnungen bei Pestiziden festzulegen. Dies kann nicht als „ethisches und verantwortungsvolles” Verhalten angesehen werden. Entsprechende Gesetze sind in mindestens acht US-Bundesstaaten eingebracht worden[5] und werden in mehr als zwanzig Staaten vorbereitet. Nach eigenen Angaben gab Bayer im Jahr 2023 18 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit in den USA aus. 

Aus Gerichtsdokumenten geht hervor[6] , dass Bayer und Monsanto die wissenschaftlichen Erkenntnisse[7],[8] zu Glyphosat und glyphosatbasierten Herbiziden wie Roundup lange und aggressiv bekämpft haben. In einem offenen Brief vom April letzten Jahres bezeichnete Bayer wissenschaftliche Studien, die in den Roundup-Prozessen vorgelegt wurden, als „Junk Science“. Dazu gehören auch Studien von Wissenschaftlern, die unabhängig von den Pestizidunternehmen arbeiten und die von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) überprüft wurden und dazu führten, dass diese Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen einstufte.

Erst im Dezember 2023 legte eine Studie des US National Institute of Health neue Beweise dafür vor, dass die Exposition gegenüber Glyphosat mit oxidativem Stress beim Menschen verbunden ist, der bekanntermaßen zu vielen Krankheiten, einschließlich Krebs, führt[9]. Daraufhin reichte in den USA ein Bündnis aus Landarbeitern, Vertretern der öffentlichen Gesundheit und Umweltschützern eine  Petition bei der US-Umweltschutzbehörde (EPA) ein und forderte die sofortige Aussetzung der Zulassung von Glyphosat[10].

Tatsächlich versprach der Bayer-Konzern 2023, Glyphosat in den USA aus den für Privat-Anwender bestimmten Roundup-Produkten zu entfernen – nur um dann alles noch schlimmer zu machen, indem er vier Chemikalien hinzufügte, von denen zwei in der EU verboten sind, darunter Diquatdibromid. Wie FOE US berichtet, macht dies das neue Roundup im Durchschnitt nach langfristiger Exposition 45-mal giftiger für die menschliche Gesundheit als die alte Version.

Auf der ganzen Welt versucht Bayer mit seinen tiefen Taschen, Gesetze und Verordnungen zu untergraben, die die Bevölkerung und die Umwelt schützen und somit dem Allgemeinwohl dienen sollen, und setzt dabei eine breite Palette von Lobbytaktiken ein[11]. In Europa zum Beispiel hat Bayer – zusammen mit seiner Lobbygruppe Croplife EU – hart dafür gekämpft, eine Verordnung zur Reduzierung von Pestiziden zu Fall zu bringen, die ein wesentlicher Bestandteil des EU Green Deal ist.

Dies steht auch in krassem Gegensatz zu dem, was EU-Politiker in ihrem Bericht über die Monsanto-Papiere[12]dargelegt haben. Die Autoren – Mitglieder des Europäischen Parlaments – erklärten, dass wir stärkere Maßnahmen zum Risikomanagement benötigen: „Das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel sollte weiterhin wissenschaftlich fundiert sein und auf unabhängigen, transparenten und effizienten Verfahren beruhen“ und „die für die Bewertung verwendeten Studien sollten unabhängiger sein und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, um Interessenkonflikte zu vermeiden”.

Die Lobbykampagne von Bayer in den USA hat nun in mehreren US-Bundesstaaten Kämpfe zwischen Bauernverbänden entfacht. Aaron Lehman, ein Mais- und Sojabohnenfarmer aus Iowa und Präsident der Iowa Farmers Union, sagte in The New Lede und The Guardian: „Wir sind sehr besorgt. Unsere Landwirte sind der Meinung, dass sie bei Verletzungen oder Krankheiten, die auf den Einsatz von Pestiziden zurückzuführen sind, Zugang zu den Gerichten haben sollten. Wir sind einfach der Meinung, dass dieser Zugang niemandem versperrt werden sollte”.

Der Bayer-Konzern behauptet, die Gesetzesänderungen seien einfach notwendig, um seine „wichtigen Investitionen” zu schützen und um sicherzustellen, dass die Landwirte nicht den Zugang zu Roundup verlieren. Dies steht in krassem Widerspruch zu dem von Bayer selbst für sich reklamierten Wert der „Integrität” und international anerkannten Standards.

Das Ziel der Lobbykampagne von Bayer ist einfach: Gewinnmaximierung und die Aufrechterhaltung einer nahezu monopolistischen Kontrolle über die kommerziellen Saatgut- und Pestizidmärkte[13]. Wie der US-Wissenschaftler Phil Howard schrieb, schaden die kommerziellen Strategien von Bayer auch den Landwirten in den USA: „Die Konzentration auf dem Agrar-Markt verringert die Autonomie der Landwirte und verteilt Kosten und Nutzen über die gesamte Lebensmittelkette, was die Einkommen der Landwirte drückt”[14].

Kurz gesagt: Bayers Fehlkalkulation beim Kauf von Monsanto für 53 Milliarden Euro im Jahr 2018 geht auf Kosten von Verbrauchern, Landwirten und der Demokratie, wobei kommerzielle Interessen offenkundig über die Belange der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt gestellt werden.  

In Anbetracht dessen fordern wir, die unterzeichnenden Organisationen aus den USA, der EU und anderen Teilen der Welt Sie auf, folgende Forderungen an den Bayer-Vorstand zu stellen:

  • Stellen Sie die Bemühungen um ein Immunitätsgesetz für Glyphosat in den USA ein
  • Unterlassen Sie weitere Lobbyarbeit, die dem öffentlichen Interesse schadet
  • Hören Sie auf, die wissenschaftliche Integrität zu untergraben, indem Sie die unabhängige Wissenschaft angreifen, und respektieren Sie stattdessen das Vorsorgeprinzip.


[1]    Wie internationale Untersuchungen zeigen, erwirtschaften die größten Agrarchemieunternehmen der Welt (BASF, Bayer Crop Science, Corteva Agriscience, FMC und Syngenta/Synochem) mehr als ein Drittel ihres Umsatzes mit hochgefährlichen Pestiziden - den Pestiziden, die für die menschliche Gesundheit und die Umwelt am schädlichsten sind. Siehe: https://www.publiceye.ch/en/media-corner/press-releases/detail/pesticide-giants-make-billions-from-bee-harming-and-carcinogenic-chemicals

[2]    Die letzte Fassung des Internationalen Verhaltenskodexes mit Schwerpunkt auf der öffentlichen Gesundheit „konzentriert sich auf Risikominderung, indem sie die Länder auffordert, hochgefährliche Pestizide zu identifizieren und falls nötig aus dem Verkehr zu ziehen“, und fordert die Industrie und die Regierungen auf, „alle erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz von Arbeitnehmern, Unbeteiligten, nahe gelegenen Gemeinden und der Umwelt zu treffen“; siehe: https://openknowledge.fao.org/server/api/core/bitstreams/a9191456-07cb-4a79-9dce-50472e31b694/content

[3]    https://unglobalcompact.org/what-is-gc/mission/principles/principle-7 und https://unglobalcompact.org/what-is-gc/mission/principles/principle-9

[4]    Washington Post, 20 Juni 2024. ‘Bayer lobbies Congress to help fight lawsuits tying Roundup to cancer’: https://www.washingtonpost.com/business/2024/06/20/bayer-roundup-farm-bill-lobbying/

[5]    The Guardian, 10 Februar 2025. ‘Farmers ‘very worried’ as US pesticide firms push sto bar cancer diagnoses lawsuits’: https://www.theguardian.com/environment/2025/feb/10/pesticide-lawsuits-cancer-gag-act

[6]    https://www.wisnerbaum.com/toxic-tort-law/monsanto-roundup-lawsuit/monsanto-papers/

[7]    https://www.wisnerbaum.com/documents/monsanto-documents-chart-101217.pdf

[8]    Dazu gehören die Manipulation der Wissenschaft, einschließlich Ghostwriting, die Finanzierung von Desinformationskampagnen, die Beeinflussung von Regulierungsbehörden und die Organisation einer Hetzkampagne gegen das IARC. Siehe: https://stopglyphosate.eu/policy-and-scientific-integrity/

[9]    Glyphosate Use and Mosaic Loss of Chromosome Y among Male Farmers in the Agricultural Health Study : https://ehp.niehs.nih.gov/doi/10.1289/EHP12834 and: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36629488/

[10]  https://www.centerforfoodsafety.org/files/12-13-23_glycancelpet_final_85692.pdf

[11]  Bayer und Monsanto haben die Handelspolitik genutzt, um Drittländer zur Änderung ihrer Gesetze zu zwingen, während sie gleichzeitig die politischen Entscheidungsträger mit Investitionsversprechen hinhielten und ablenkten. Diese Taktik wurde in der ganzen Welt angewandt: in der EU und den USA, aber auch in Thailand, Mexiko und in afrikanischen Ländern. Siehe: https://www.corporateeurope.org/en/2024/09/bayers-toxic-trails

[12]  https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20181206IPR21260/pesticides-meps-propose-blueprint-to-improve-eu-approval-procedure

[13]  Nur vier multinationale Konzerne - Bayer, BASF, Corteva und Syngenta - kontrollieren über 65 % des weltweiten Handels mit Pestiziden und mindestens die Hälfte des weltweiten Saatguthandels, was einen Markt von mehreren Milliarden Euro darstellt. Siehe: https://philhoward.net/2020/11/19/concentration-and-its-impacts/

[14]  https://philhoward.net/2020/11/19/concentration-and-its-impacts/

CBG reicht zur Hauptversammlung Gegenanträge ein

CBG Redaktion

Presse-Information vom 16.04.25

Die andere BAYER-Bilanz

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hat zur BAYER-Hauptversammlung am 25. April zahlreiche Gegenanträge eingereicht. „Mit unseren Gegenanträgen legen wir die etwas andere BAYER-Bilanz vor. Sie zeigt, welch katastrophale Folgen für Mensch, Tier und Umwelt die gnadenlose Profit-Jagd des Konzerns hat“, erklärt Brigitte Hincha-Weisel vom CBG-Vorstand. 

So setzt die Coordination die prekären Lieferketten des Leverkusener Multis auf die Tagesordnung der Hauptversammlung. Auch die Pestizid-Nebenwirkung „Parkinson“ und das besondere Gefährdungspotenzial von PFAS-haltigen Ackergiften macht sie zum Thema. Zudem wendet sich die CBG gegen das Vorhaben des Global Players, eine Kapital-Erhöhung vorzunehmen, um sich ein Polster für die Glyphosat-Entschädigungsverfahren und „andere Maßnahmen im Zusammenhang mit einer weitgehenden Eindämmung von Klage-Verfahren in den USA“ zu verschaffen. Ihrer Ansicht nach besteht die einzige Möglichkeit, die Rechtsstreitigkeiten in Sachen „Glyphosat“ zu beenden, darin,die Vermarktung des Herbizids zu beenden. Wäre dieser Schritt schon frühzeitig erfolgt, hätte das den Beschäftigten auch das Rationalisierungsprogramm „Dynamic Shared Ownership“ erspart, das bis dato bereits 7.000 Arbeitsplätze gekostet hat.

Die Zusammenarbeit BAYERs mit der PR-Agentur V-Fluence und deren Netzwerk-Portal „Bonus Eventus“ stößt ebenfalls auf Kritik, denn das US-Unternehmen pflegt die politische Landschaft mit äußerst zweifelhaften Methoden im Sinne der Agro-Riesen. Darüber hinaus schrieb die CBG einen Gegenantrag zur Weigerung des Leverkusener Multis, Verantwortung für die bis in die 1970er Jahre hinein an Heimkindern durchgeführten Arznei-Tests zu übernehmen. Damit nicht genug, fordert sie die AktionärInnen auf, dem Vorstand kein neues Mandat zur Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen zu erteilen: „Solange die Hauptversammlung lediglich online im virtuellen Raum stattfindet, ist sie kein Ort des wirklichen Austausches zwischen AktionärInnen und Management mehr.“

Darum gibt es von der Coordination neben virtuellem Protest in Form von Online-Reden auch weiterhin physischen Protest. Sie hält zeitgleich mit Hauptversammlung eine Kundgebung vor BAYERs Konzern-Zentrale in Leverkusen ab. Dort wie bei der HV selbst kommen neben den Themen der Gegenanträge noch viele weitere zur Sprache. Unter anderem beteiligen sich an der Konzern-Kritik das Pestizid Aktions-Netzwerk, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, das Gen-ethische Netzwerk, das Umweltinstitut München, der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzen-Vielfalt und das Corporate Europe Observatory. 

Das Corporate Europe Observatory wird im Vorfeld der Hauptversammlung überdies einen an die BAYER-AktionärInnen gerichteten – und von zahlreichen US-amerikanischen und europäischen Organisationen unterzeichneten – offenen Brief veröffentlichen. Dieser prangert die Bestrebungen des Konzerns an, in den Vereinigten Staaten mit immensem Lobby-Einsatz Gesetze zu lancieren, die Glyphosat Straffreiheit verschaffen sollen. 

CBG beim Klimastreik

CBG Redaktion

Der BAYER-Konzern stößt immens viel Kohlendioxid aus, und er gedenkt auch nicht, dagegen irgendetwas zu tun. Seit Jahren bewegen sich seine CO2-Emissionen um die Marke von drei Millionen Tonnen pro Jahr herum. Darum beteiligte sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN am 11. April 2025 wieder am weltweiten Klimastreik. Sie ging in Düsseldorf mit auf die Straße, wo die Demonstration am Burgplatz begann. Dort brauchten die TeilnehmerInnen ihren Blick nur ein wenig von der Bühne ab auf den Rhein zu richten, um die Dringlichkeit ihres Anliegens bestätigt zu finden; „die niedrigsten Wasserstände seit mindestens 20 Jahren in einem April“ machte das „Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein“ aus. Darunter leidet zwar auch der Leverkusener Multi selbst, aber er zeigt sich gewappnet. „Generell sind wir auf Ereignisse wie Hoch- und Niedrigwasser organisatorisch vorbereitet. Unter anderem können wir auf andere Transport-Möglichkeiten ausweichen“, verlautete aus der Unternehmenszentrale.

CBG zum Welt-Parkinson-Tag

CBG Redaktion

Presse-Information vom 10.04.25

BAYER & Co. müssen die Behandlungskosten mittragen!

Anlässlich des morgigen Welt-Parkinson-Tages fordert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) die Bundesregierung auf, die Empfehlung des „Ärztlichen Sachverständigenbeirats“ „Parkinson durch Pestizide“ als Berufskrankheit bei LandwirtInnen anzuerkennen, rasch umzusetzen. „Die Politik muss die
Berufskrankheiten-Verordnung jetzt entsprechend ergänzen. Sie darf nicht auf den letzten Metern vor der geballten Lobby-Macht einknicken“, so CBG-Vorständin Brigitte Hincha-Weisel.

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) hat aktuell 8.000 Parkinson-PatientInnen unter ihren Mitgliedern. Sie rechnet durch die neue Regelung mit zusätzlichen finanziellen Belastungen von bis zu 270 Millionen Euro pro Jahr. Nicht zuletzt um das zu schultern, hat die Berufsgenossenschaft der LandwirtInnen ihre Beiträge um rund 20 Prozent erhöht. „Die Gefährdeten selbst sollen also zahlen und nicht die Gefährder. Das geht nicht an. BAYER und die anderen Pestizid-Produzenten müssen hier ihren Beitrag leisten“, verlangt Brigitte Hincha-Weisel.

Dazu haben sich BAYER und die anderen im Industrieverband Agrar (IVA) organisierten Hersteller bisher jedoch nicht bereit erklärt. Sie leugnen sogar den Tatbestand. „Die Entstehung von Parkinson ist komplex und in der Medizin nicht vollständig geklärt“, behauptet der IVA. Die vorliegenden Studien würden zwar „statistische Zusammenhänge abbilden (Korrelation), aber die Ursache nicht erklären (Kausalität)“, führt der Lobby-Verband aus. Ansonsten schiebt er in altbekannter Manier alles auf eine möglicherweise nicht sachgerechte Anwendung der Mittel.

Dabei belegten erste wissenschaftliche Untersuchungen bereits in den 1980er Jahren den Zusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und Parkinson. Und im Jahr 2023 forderten MedizinerInnen in der Fachzeitschrift „The Lancet Planetary Health“ ausdrücklich mit Verweis auf die Nebenwirkung „Parkinson“, den BAYER-Antrag auf eine Verlängerung der Glyphosat-Genehmigung abzulehnen. „Eindringlich appellieren wir an die Regierungen und Politiker der Europäischen Union, gegen die Verlängerung der Marktzulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre zu stimmen“, schrieben sie.

Dementsprechend begrüßen die „Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen“ (DPG) und die „Deutsche Gesellschaft für Neurologie“ (DGN) die Anerkennung als Berufskrankheit. „Für viele Pestizide ist ein direkter toxischer Effekt auf das Nervensystem nachgewiesen. So auch für Glyphosat, welches zu Veränderungen der Neurotransmitter- (Überträgerstoff-)Konzentrationen im Nervensystem und zu einem zellschädigenden Milieu beiträgt. Parkinson-Erkrankungen werden sowohl nach akuter (…) wie auch nach chronischer (…) Glyphosat-Exposition beobachtet“, konstatiert die DGN.

„Die Pestizid-Nebenwirkung ‚Parkinson‘ zeigt einmal mehr, was für Lasten gesundheitlicher und finanzieller Art BAYER & Co. der Gesellschaft aufbürden“, hält Hincha-Weisel abschließend fest.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren wird „Parkinson durch Pestizide“ auf die Tagesordnung der BAYER-Hauptversammlung setzen, die am 25. April im Online-Format stattfindet. Auf der Kundgebung, die zeitgleich um 10 Uhr vor der Konzern-Zentrale in Leverkusen beginnt, kommt das Thema ebenfalls zur Sprache. Überdies hat die CBG dazu einen Gegenantrag eingereicht.

Solidaritätserklärung

CBG Redaktion

Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erklärt sich mit der Journalistin Gaby Weber solidarisch, der die Comdirect-Bank das Konto gekündigt hat. Die langjährige Kooperationspartnerin der CBG hat den dringenden Tatverdacht, dass dieses „De-Banking“ im Zusammenhang mit ihrer Arbeit steht. Sie recherchiert nämlich bereits seit Langem zu den Finanzierungsquellen von BAYERs MONSANTO-Übernahme und hat im Zuge dessen auch eine Auskunftsklage gegen die Bundesbank eingereicht, dessen ehemaliger Chef Jens Weidmann der Aufsichtsratsvorsitzender der Comdirect ist.

Zum Hintergrund: Der Leverkusener Multi finanzierte den Erwerb des US-amerikanischen Agro-Riesen zu einem nicht geringen Teil über die Ausgabe von Unternehmensanleihen. Rund 19 Milliarden Euro hat er auf diese Weise eintreiben können. Gaby Weber hat nun die Vermutung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) und sechs Zentralbanken der EU-Länder – darunter die Deutsche Bundesbank – BAYER dabei durch ihr im Juni 2016 angelaufenes Kaufprogramm für Unternehmensanleihen unter die Arme gegriffen haben. 

Indirekt taten die Banken das auf jeden Fall, denn die Shopping Tour – im Januar 2020 hielt allein die EZB Anleihen von Unternehmen im Wert von 183 Milliarden Euro – reduzierte nämlich durch den Nachfrage-Druck die Zinsen, welche die Global Player den KäuferInnen der Papiere zahlen mussten. Aber Weber interessierte sich auch für die direkte Unterstützung. Darum wollte sie wissen, wie viele Anleihen des Leverkusener Multis die Banken damals erwarben. Die Europäische Zentralbank und die Bundesbank mauerten aber, weshalb Weber vor Gericht zog. 

Die beiden Häuser äußerten sich nur allgemein zu dem Tatbestand und wiesen die Vorwürfe der Journalistin zurück. Sie bezeichneten deren Aussage, „dass ‚ein großer Teil der BAYER-Anleihen von der Bundesbank mit EZB-Geldern gekauft’ wurden“, als falsch. Zentral- und Bundesbank gingen vielmehr nach dem „Prinzip der Marktneutralität“ vor und achteten streng darauf, einzelne Unternehmen nicht über- oder unterzugewichten, hieß es in der Stellungnahme. Die BankerInnen räumten zwar ein, mit dem Ankauf-Programm die Finanzierungsbedingungen für die Firmen verbessert zu haben, bezeichneten dies jedoch nicht als das eigentliche Ziel der Maßnahmen. Dieses habe vielmehr darin bestanden, „eine drohende Deflation in der Eurozone abzuwenden“.

„Die Konto-Kündigung kann nicht der Privat-Person Gaby Weber gegolten haben, sondern nur dem politischen Menschen Gaby Weber. Darum solidarisiert sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren mit ihr und allen anderen, denen Ähnliches widerfuhr – und das sind nicht wenige“, erklärt Jan Pehrke vom Vorstand der CBG.