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Preisabsprachen

Frankfurter Rundschau, 28. April 2006

Kritiker geißeln Kartellbildung

Strafanzeige gegen Bayer-Chef Wenning / Rekordgewinn verbucht

Kritische Aktionäre haben bei der Staatsanwaltschaft Köln Strafanzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden von Bayer Werner Wenning sowie seinen Vorgänger Manfred Schneider wegen Untreue erstattet.

Leverkusen/Köln Dem Bayer-Vorstand steht heute eine ungemütliche Hauptversammlung bevor. Er muss den Aktionären erklären, weshalb der Konzern 275 Millionen Euro für Kartellstrafen zurückgestellt hat. Mit dem Hinweis auf diesen Posten begründen kritische Aktionäre ihre Strafanzeige gegen Firmenboss Werner Wenning und Aufsichtsratschef Manfred Schneider sowie ihre Anträge zur Nicht-Entlastung beider.

Der Leverkusener Pharma- und Agro-Konzern ist in den vergangenen Jahren mehrfach der Teilnahme an Kartellen überführt worden. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG), die zum Dachverband der Kritischen Aktionäre gehört, wirft den Managern vor, die Beteiligung des Unternehmens an illegalen Preisabsprachen geduldet oder angeordnet zu haben. „Der große Umfang derartiger Kartellabsprachen und die Vorsorge in der Bilanzierung belegen ganz eindeutig, dass es sich hier nicht um einzelne Ausrutscher, sondern um eine systematische Geschäftspolitik handelt“, meint CBG-Anwalt Eberhard Reinecke. „Der Vorstand der Bayer AG macht sich daher der Veruntreuung schuldig“.

Zuletzt wurde Bayer im Oktober 2005 in Portugal und Brasilien zu Kartellbußen verurteilt. Immerhin 33 Millionen Dollar Strafe musste Bayer im Herbst 2004 in den USA zahlen, weil sich der Konzern an einem Kartell für Polyole beteiligt hatte. Am härtesten traf es Bayer wegen Absprachen bei Kautschuk-Chemikalien mit den Konkurrenten Flexsys und Crompton. Die EU-Kommission verhängte ein Bußgeld von fast 59 Millionen Euro, in den USA zahlte Bayer zusätzlich 66 Millionen Dollar.

In Brüssel gibt es Bestrebungen, die Verantwortlichen in den Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes stuft private Klagen gegen Kartelle als „zentrales Mittel der Bekämpfung rechtswidriger Absprachen“ ein.

Der Bayer-Konzern ist überraschend stark ins laufende Jahr gestartet. Dank florierender Pharma-Geschäfte erzielten die Leverkusener im ersten Quartal einen Rekordprofit. Der Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen hat um acht Prozent auf gut 1,2 Milliarden Euro zugenommen. Der Umsatz legte um gut zwölf Prozent auf 7,5 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich verbuchte Bayer einen Überschuss von 600 Millionen Euro nach 652 Millionen zuvor. Markus Dufner