Gegenantrag zur Hauptversammlung am 12. Mai 2009
Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.
Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Die Sicherheitslage im BAYER-Werk in Institute/USA ist weiterhin kritisch. Nirgendwo in den USA werden größere Mengen der tödlichen Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) produziert und gelagert. Regelmäßig kommt es zu schweren Unfällen. Die Risiken für Belegschaft und Bevölkerung sind hoch. Anwohner fordern seit Jahrzehnten, die gefährlichen Phosgen- und MIC-Tanks abzubauen.
In der letztjährigen Hauptversammlung wies BAYER-Chef Werner Wenning jeglichen Handlungsbedarf zurück. Die Anlagen entsprächen laut Wenning den „neuesten Sicherheitsstandards“ und hätten eine „ausgezeichnete Störfallbilanz“.
Trotz solcher Beschwichtigungen kam es vier Monate später, am 28. August 2008, in dem Werk zum nächsten schweren Unfall. In der Pestizidproduktion explodierte ein Vorratsbehälter, über der Anlage stieg ein Dutzende Meter hoher Feuerball auf. Zwei Arbeiter verloren das Leben. Tausende Anwohner durften über Stunden ihre Häuser nicht verlassen. Die Erschütterungen waren in einem Umkreis von mehr als 15 Kilometer zu spüren, Augenzeugen sprachen von „Schockwellen wie bei einem Erdbeben“. Eine nahe gelegene Autobahn wurde geschlossen.
Die Arbeitsschutzbehörde OSHA bemängelte nach einer Untersuchung des Störfalls “mangelhafte Sicherheits-Systeme, signifikante Mängel der Notfall-Abläufe und eine fehlerhafte Schulung der Mitarbeiter“. Insgesamt stellte die OSHA 13 schwere Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen fest und verhängte eine Strafe von $143.000.
Kent Carper, Präsident des zuständigen Verwaltungsbezirks Kanawha County, hatte noch in der Unglücksnacht scharfe Kritik an BAYER geübt: „Wir bekommen aus dem Werk vollkommen wertlose Informationen.“ Über Stunden hinweg hatten die Sicherheitskräfte versucht, Informationen zu den entwichenen Stoffen zu erhalten, waren jedoch vom Pförtner (!) abgewimmelt worden. In einem Brief an die staatliche Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board kritisierten die Rettungskräfte, dass den Anwohnern im Falle eines Austritts von MIC oder Phosgen nicht hätte geholfen werden können. Der Gouverneur des Bundesstaats West Virginia erließ eigens wegen des Unfalls einen Erlass, wonach schwere Störfälle den Behörden innerhalb von 15 Minuten gemeldet werden müssen.
BAYER-Sprecher wiegelten nach der Explosion ab und behaupteten, dass die großen MIC-Tanks in einem anderen Teil der Fabrik untergebracht seien. Erst Wochen später stellte sich heraus, dass sich weniger als 20 Meter vom Explosionsort entfernt ein überirdischer MIC-Behälter befindet, der bis zu 20 Tonnen des tödlichen Gases enthält. Im Fall seiner Beschädigung wäre das Leben weiterer Arbeiter und der Anwohner in höchster Gefahr gewesen. Zwar entschuldigte sich die Werksleitung unterdessen für die Kommunikationspannen. Grundsätzliche Konsequenzen zieht das Unternehmen allerdings nicht. Die Produktion auf MIC- und Phosgen-Basis soll bestehen bleiben.
BAYER widersetzt sich derweil einer rückhaltlosen Aufklärung des Unglücks und hat hierfür eigens eine PR-Beratung und ein Heer von Anwälten engagiert. Eine für Mitte März angesetzte öffentliche Anhörung der Aufsichtsbehörde Chemical Safety Board wurde nach Drohungen von BAYER abgeblasen. Anwälte von BAYER beriefen sich dabei ausgerechnet auf das nach dem 11. September erlassene Gesetz Maritime Transportation Security Act zum Schutz von Häfen und Schiffen – obwohl sich das Werk rund 500km vom Meer entfernt befindet. Augenscheinlich soll mit juristischen Tricks verhindert werden, dass die Sicherheitsprobleme in der Öffentlichkeit diskutiert werden. John Bresland, Vorsitzender des Chemical Safety Board hatte angekündigt, insbesondere die Sicherheit der MIC-Tanks zu diskutieren.
Hochgefährliche Stoffe wie Phosgen oder MIC haben in der Massenproduktion nichts verloren – schon gar nicht in der Nähe der Wohnbevölkerung. Die Praxis des Konzerns, eine öffentliche Diskussion mit juristischen Schlupflöchern zu verhindern, ist zu verurteilen.
Seit der Gründung des Konzerns ist zu beobachten, dass BAYER mit Druck und Drohungen versucht, Information und – noch mehr – Kritik zu unterbinden. Die wirtschaftliche Macht wird rücksichtslos eingesetzt, um die Profite zu schützen. Die Wahrheit und die Interessen von Mensch und Umwelt bleiben dabei auf der Strecke.
Vorstand und Aufsichtsrat haben keine Schritte zur substantiellen Verbesserung der Sicherheitslage in Institute und zur Aufklärung der Öffentlichkeit unternommen und sollen daher nicht entlastet werden.