24. April 2015
BAYER-Hauptversammlung am 27. Mai 2015
Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet
Begründung: Riesige Mengen Plastikmüll gelangen in die Ozeane – mit verheerenden Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Als einer der größten Kunststoff-Produzenten ist BAYER für dieses Umweltverbrechen mitverantwortlich. Der Vorstand soll daher nicht entlastet werden.
Zwanzig Millionen Tonnen Kunststoff landen jedes Jahr in den Weltmeeren. Mehr als 5 Billionen Plastikteilchen schwimmen bereits in den Ozeanen. Allein auf dem Pazifik treibt ein Müllteppich, der mit 3,4 Millionen Quadratkilometern größer ist als Indien. Teilweise findet sich im Wasser mehr Plastik als Plankton. Da die meisten Kunststoffe auf natürlichem Weg kaum abbaubar sind, gefährden sie die Umwelt über Jahrhunderte hinweg.
Für Flora und Fauna hat dies fatale Folgen. Durch Wind und Wellen werden die Kunststoff-Teile klein gerieben und von Mikroorganismen, Fischen und Meeressäu-gern aufgenommen. Robben, Seevögel und Delphine sterben jämmerlich. So wurde in Spanien ein verendeter Pottwal angespült, in dessen Magen sich 30 Quadratmeter Kunststoff-Folie, viereinhalb Meter Schlauch, eine Leine, diverse Tüten und ein Kleiderbügel befanden.
Auch Kleinstorganismen wie Zoo-Plankton nehmen Mikroplastik auf. Die Stoffe gera-ten dadurch in die marine Nahrungskette und über den Fischfang schließlich in die menschliche Nahrung.
BAYER hat einen gehörigen Anteil an diesem Desaster. Der Konzern zählt zu den größten Kunststoff-Herstellern der Welt. Allein bei TDI beträgt der Marktanteil rund 25 Prozent. Bei Polycarbonaten ist BAYER der weltweit größte Hersteller.
Eine besonders gefährliche und unverantwortliche Erfindung von BAYER ist Mikro-plastik aus der BAYCUSAN-Reihe. Mikroplastik-Kugeln finden sich in Kosmetika, Putzmitteln und Duschgel. Früher wurden hierfür zerkleinerte Fruchtkerne eingesetzt, die in kurzer Zeit biologisch abbaubar sind. Aus Profitgründen wird hierfür nun Kunststoff verwendet.
BAYER bietet die Mikrokugeln für Haarpflegemittel, Lotionen, Sonnenmilch, Haut-cremes und Wimperntusche an. Der Stoff Polyurethane-32 etwa soll dafür sorgen, dass sich Gesichtsmasken besser ablösen lassen. Polyurethane-34 verspricht laut BAYER „exzellenten Locken-Halt“ sowie „hohen Glanz“, während Polyurethane-35 Kosmetika angeblich zu einer sehr guten Wasserbeständigkeit verhilft und ihnen „ein natürliches Hautgefühl“ verleiht. BAYER hat den Schönheitsmarkt erst vor relativ kurzer Zeit entdeckt, sich aber zum Ziel gesetzt, schon in diesem Jahr Weltmarktführer unter den Mikroplastik-Zulieferern zu werden. Zum Produktionsstart von BAYCUSAN hieß es: “Als Newcomer muss man in dieser hart umkämpften Branche forsch auftreten“.
Die Abwasser-Reinigung ist jedoch nicht in der Lage, den Eintrag der Partikel in die Gewässer zu verhindern. Mikroplastik landet in Flüssen und im Grundwasser und wurde bereits in Bier, Milch, Mineralwasser und Honig nachgewiesen.
Das Alfred-Wegener-Institut überprüfte das gesäuberte Wasser von zwölf Kläranlagen in Norddeutschland und wies darin bis zu 700 Plastik-Fragmente pro Kubikmeter nach. Dazu kamen bis zu 1.400 Kunststofffaser-Reste. Nur Klärwerke, die über Tuchfilter verfügen, können die Einträge weitgehend stoppen. Allein von den unter-suchten Anlagen aus strömen über die Flüsse rund zwölf Milliarden Partikel pro Jahr in die Nordsee.
Im Meer potenziert sich die Giftwirkung von Mikroplastik noch. Die Teilchen binden durch ihre wasserabweisende und fettlösliche Oberfläche Schadstoffe wie Polychlo-rierte Biphenyle (PCB), Pestizide, Medikamenten-Rückstände, Quecksilber, Blei oder Chrom. Zu allem Übel gelangen die Kunststoffe nicht nur in die Gewässer: der bei der Wasserreinigung anfallende Klärschlamm absorbiert ebenfalls Mikroplastik – und gibt es in seinem späteren Leben als Brennstoff oder Dünger in großen Mengen wieder ab. Ökotoxikologen warnen deshalb, dass Mikroplastik auch für den Men-schen eine Gefahr darstellt. Der Ozeanograf Charles J. Moore bezeichnet die Ver-schmutzung der Weltmeere als „neueste globale Gefahr“.
Um die Gefahr einzudämmen, sind umfangreiche Maßnahmen notwendig: Der Verkauf von Mikroplastik muss eingestellt werden. Kunststoffe müssen so weit wie mög-lich durch biologisch abbaubare Stoffe ersetzt werden. Die Hersteller von Kunststoff-Produkten müssen verpflichtet werden, alle Inhaltsstoffe und sämtliche toxikologischen Daten offenzulegen. Stoffe wie Bisphenol A und Weichmacher müssen aus Produkten des täglichen Lebens, zum Beispiel Lebensmittel-Verpackungen, Spiel-zeug und Kleidung, verschwinden. Notwendig ist auch eine Umkehr der Beweis-pflicht: nicht Behörden oder Verbraucher müssen die Gefährlichkeit eines Stoffes beweisen, sondern die Produzenten dessen Ungefährlichkeit.
Der Vorstand von BAYER hat keine Maßnahmen eingeleitet, um die Verschmutzung der Ozeane durch Plastikmüll einzudämmen. Im Gegenteil: durch ständig wachsende Produktionsmengen wird das Problem weiter verschärft. Dem Vorstand ist daher die Entlastung zu verweigern.