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Glyphosat

CBG Redaktion

Glyphosat: Kampagne der Coordination

21. September 2015

Herbizid Glyphosat

Weltgesundheitsorganisation: Risiken unter den Tisch gekehrt

Anfang 2016 läuft die EU-Zulassung für Glyphosat ab. Das weltweit bestverkaufte Pestizid steht im Verdacht, Fehlbildungen zu verursachen. Zudem wird Glyphosat von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Nun fordert die WHO, die Risiken vollkommen neu zu untersuchen, da zentrale Studien bislang nicht berücksichtigt wurden.

Das umstrittene Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat muss nach Ansicht einer Expertenkommission der Weltgesundheitsorganisation (WHO) völlig neu bewertet werden. Viele Studien, die mögliche Risiken belegen, seien bei früheren Einschätzungen nicht berücksichtigt worden, heißt es in einem Bericht, der jetzt von der WHO veröffentlicht wurde.

Nachdem Glyphosat im März von der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft wurde, hatten Hersteller wie MONSANTO und BAYER stets auf ein anderes Gremium verwiesen, das „Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues“ (JMPR). Dieses hatte dem Unkrautvernichter bescheinigt, in den erlaubten Mengen weder Krebs noch Schäden am Erbgut zu verursachen.

Doch jetzt rät selbst eine vom JMPR eingesetzte Expertengruppe, diesen Persilschein zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe empfiehlt eine vollständige Neubewertung von Glyphosat. Das JMPR habe „viele“ von den WHO-Tumorforschern verwendete Studien, vor allem aus Fachzeitschriften, nicht ausgewertet. Die Experten heben hervor, dass die Krebsforscher nicht nur Untersuchungen, in denen es allein um Glyphosat geht, sondern auch solche mit Mischungen analysiert hätten. Pestizidprodukte bestehen meist aus einer Kombination aus dem Wirkstoff und mehreren Hilfssubstanzen.

Kritisiert wird außerdem, dass sich die JMPR zu sehr auf Studien konzentriert habe, die von den Herstellern selbst stammen. Das Problem dabei: Viele Industriestudien fallen unter das Geschäftsgeheimnis, sind nicht veröffentlicht und können von externen Wissenschaftlern nicht geprüft werden. Die JMPR-Gruppe solle ihre Einschätzung von Glyphosat komplett überarbeiten, so die Empfehlung der WHO-Expertenkommission.

Dieses Urteil bringt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Erklärungsnot. Die deutsche Behörde hat Glyphosat in der Vergangenheit immer wieder als unbedenklich eingestuft, obwohl das Pestizid auch im Verdacht steht, Missbildungen und andere schwere Gesundheitsschäden zu verursachen.

Die Einschätzung der WHO könnte weitreichende Folgen haben. Denn die Zulassungen für Glyphosat in der EU und in den USA laufen Ende des Jahres aus und müssen verlängert werden. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche angekündigt, dass sich die Risikoprüfung hinziehen werde bis Sommer 2016. Die derzeitige Genehmigung, die im Wesentlichen auf dem Urteil des deutschen BfR beruht, solle bis dahin verlängert werden.

Der Gentechnik-Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Harald Ebner, forderte nach Bekanntwerden des Berichts, die Anwendung von Glyphosat zu stoppen. „Es kann nicht sein, dass Menschen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind, weil die zuständigen Behörden womöglich vorsätzlich im Profitinteresse gepfuscht haben.“ Die EU müsse ihr laufendes Verfahren für eine neue Zulassung von Glyphosat abbrechen.

Ursprünglich war Glyphosat von MONSANTO unter dem Handelsnamen „Roundup“ auf den Markt gebracht worden. Da der Patentschutz abgelaufen ist, wird das Ackergift inzwischen auch von BAYER verkauft. Der Leverkusener Konzern vermarktet das Herbizid unter den Namen GLYPHOS, USTINEX G und KEEPER und hat auch glyphosat-resistentes Saatgut im Programm.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren und die Agrarkampagne hatten in der jüngsten BAYER-Hauptversammlung gefordert, die Zulassung der gefährlichen Herbizide Glyphosat und Glufosinat zu entziehen.