Die CBG gehört zu den Gründungsmitgliedern des „Dachverbands der kritischen Aktionäre“. Im beiliegendem Artikel erläutert CBG-Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura die Ziele kritischer AktionärInnen
Bonner Generalanzeiger, 16. März 2016
Die Schattenseite der Rendite
Seit 30 Jahren konfrontiert der Dachverband der kritischen Aktionäre Dax-Konzerne mit den negativen Folgen ihres Handelns. In ihrer aktuellen Kampagne „Rohstoffe – im Konflikt mit Menschenrechten.“ nehmen sie vor allem die Lieferketten großer Konzerne wie BASF unter die Lupe.
„Nachhaltig“, „ressourcenschonend“, „klimaneutral“ oder „erneuerbar“ – es gibt kaum noch ein Konzern, der seine Philosophie nicht mit Vokabeln des „Greenwashing“ schmückt, und sich so gleichsam als umweltverträglich oder „grün“, darstellt.
Eher wortkarg werden Unternehmen allerdings meist dann, wenn Schattenseiten ihres Gewinnstrebens aufgedeckt werden. Nicht selten gleichen die gläsernen Fassaden großer Banken oder Konzernen dann Mauern des Schweigens, wie zuletzt etwa der Abgasskandal bei Volkswagen zeigte. Um in diese Mauern des Schweigens Risse zu schlagen, nutzt der Dachverband der Kritischen Aktionäre die Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen. In diesem Jahr feiert der Verein mit Sitz in Köln das 30. Jahr seines Bestehens.
„Mittlerweile können wir wirklich Veränderungen erkennen – Banken richten heute Nachhaltigkeitsabteilungen ein und geben sich Selbstverpflichtungen. Noch Ende der 90er Jahre war das für Banken überhaupt kein Thema“, sagte Barbara Happe, Vorstandsmitglied des Verbandes. Mit seinen 26 Mitgliedsorganisationen deckt der Dachverband negative Folgen unternehmerischen Handelns wie Umweltzerstörungen, Menschenrechtsverletzungen, Rüstungsgeschäfte oder Korruption auf. Indem der Verein das Sprach- und Fragerecht von Anlegern wahrnimmt, gelingt es ihm auf Aktionärsversammlungen, die Verantwortlichen direkt mit ihrer Kritik zu konfrontieren und von ihnen Rede und Antwort zu verlangen.
Auf diese Weise verleiht der Dachverband auch Betroffenen eine Stimme – so etwa 2010 als ein brasilianischer Fischer auf der Hauptversammlung von ThyssenKrupp das Wort ergriff. Er berichtete stellvertretend für 8000 Kollegen von den existenzbedrohenden Folgen, die der Bau eines Stahlwerks bei Rio de Janeiro verursacht hatte. „Wir verstehen uns als Gegengewicht zu der Macht der Konzernvorstände“, so Happe.
Allein im vergangenen Jahr besuchten die Mitglieder der „Kritischen Aktionäre“ 29 Hauptversammlungen im In- und Ausland. Als einen der größten Erfolge der vergangenen Jahre nannte Happe den Rückzug des Energieversersorgers RWE und einiger deutschen Banken aus dem in einem Erdbebengebiet geplanten Atomkraftwerk Belene in Bulgarien.
In einem anderen Fall sei es dem Verein gelungen, die Beteiligung der Daimler AG an Rüstungsunternehmen zu beenden. „Wir konnten aufdecken, dass militärisch nutzbare Unimogs in das Bürgerkriegslang Sudan geliefert wurden“, sagte Paul Russmann, ebenfalls Mitglied des Vorstandes des Vereins. „Solche Verbindungen passen natürlich überhaupt nicht zu dem Image, dass Daimler sich selbst gibt. „Wir sind vor allem dort erfolgreich, wo wir den Reputationsverlust eines Unternehmens in die Waagschale werfen können“, sagte Happe.
Vor allem zwei Veränderungen habe der Dachverband vorangetrieben, sagte Axel Köhler-Schnura, der der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“, eines der Gründungsmitglieder des Dachverbandes, vorsteht: Zum einen habe sich der Charakter von Hauptersammlungen geändert. „Früher ging es nur darum, wie viel Geld für die Aktionäre ausgeschüttet wird, heute wird fast immer auch über Nebenwirkungen gesprochen, die mit dem Gewinn verbunden sind“, sagte Köhler-Schnura. Zum anderen rückten die Hauptverantwortlichen der Nebenwirkungen nun stärker als früher in den Fokus. „Das ist der Vorstand, aber in erster Linie sind es große Investmentfonds, wie der Vermögensverwalter „Blackrock“.
Mittlerweile hält der US- Konzern Anteile an allen Dax-Unternehmen. „Leider zählen für solche Großinvestoren heute noch Profit um jeden Preis“, so Köhler-Schnura weiter. Den Dachverband schreckt dies nicht ab, dennoch: „Es bleibt weiter das Spiel ‚David gegen Goliath‘“, sagte Happe.
Aktuell richtet sich der Fokus des Dachverbandes auf ihre Kampagne „Rohstoffe – im Konflikt mit Menschenrechten.“ Dabei sollen Konzerne verstärkt auf ihre Verantwortung für ihre Lieferketten hingewiesen werden, erklärte Markus Dufner, Geschäftsführer der Kritischen Aktionäre. „Da liegt zum Beispiel bei der BASF noch viel im Argen“, so Dufner. Im Blick hat der Verein auch RWE. Das Unternehmen sorge mit dem Braunkohletagebau weiterhin für enorme Feinstaubbelastungen. Tausende Menschen im rheinischen Revier hätten unter den Folgen zu leiden. Auch die Neugründung der RWE-Tochter „NewCo“, die sich um das Geschäftsfeld der erneuerbaren Energien kümmern soll, könne nicht über die Altlasten des Konzerns hinwegtäuschen. „RWE ist noch weit davon entfernt, ein umweltverträglicher Konzern zu werden“, sagte Dufner. (Marcel Dörsing)