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Hauptversammlung

CBG Redaktion

Pressemitteilung vom 15. März 2005

zur heutigen Bilanzpressekonferenz der BAYER AG:

Kritische Aktionäre reichen Gegenanträge ein

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren reicht zeitgleich zur heutigen Bilanzpressekonferenz der BAYER AG Gegenanträge zur Hauptversammlung des Konzerns ein. Das Unternehmen missachtet demnach den Schutz der Umwelt und schädigt mit seinen Produkten Tausende Personen. „Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weshalb ihm die Entlastung verweigert werden muss“, heißt es in dem Antrag.

Im vergangenen Geschäftsjahr war der Konzern erneut für eine Reihe von Skandalen verantwortlich:

* Preisabsprachen mit Konkurrenz-Unternehmen;
* Verkauf hochgefährlicher Pestizide in Entwicklungsländer;
* Kinderarbeit bei indischen Zulieferern;
* Störfälle, bei denen regelmäßig giftige Chemikalien austragen;
* Gefährdung von Patienten durch den Verkauf unwirksamer oder gefährlicher Pharmazeutika.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren macht seit 20 Jahren auf die Schattenseiten der Konzernpolitik von BAYER aufmerksam und wird die Gegenanträge in der Hauptversammlung am 29. April erläutern. Im Folgenden dokumentieren wir den Antrag im vollen Wortlaut:

An die BAYER AG
51368 Leverkusen

Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung am 29. April 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit zeigen wir an, dass wir zu den Punkten 2 bis 6 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die anderen Aktionäre veranlassen werden, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung dieser Gegenanträge sowie der nachstehenden Begründungen gemäß §§ 125, 126 AktG dürfen wir bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet
Begründung: Der BAYER-Konzern verursachte im vergangenen Geschäftsjahr eine Vielzahl von Missständen. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung, weshalb ihm die Entlastung verweigert werden muss.
Es folgt eine Auswahl aktueller Problemfälle:

* BAYER tätigt regelmäßig Preisabsprachen mit der Konkurrenz und wurde dabei allein im vergangenen Jahr vier Mal erwischt. Im Sommer musste der Konzern 66 Millionen Dollar Strafe zahlen – BAYER hatte sich gegenüber US-Behörden schuldig bekannt, mit anderen Herstellern die Preise für Kunststoff-Zusätze abgesprochen zu haben. Im Herbst erhielt BAYER erneut eine hohe Strafe, diesmal 33 Mio Dollar wegen eines Kartells mit mehreren Polyester-Produzenten. Kurz darauf musste der Konzern illegale Absprachen beim Verkauf von Kautschuk-Chemikalien einräumen und 4,7 Mio Dollar Strafe zahlen. In Portugal wurde BAYER wegen Preisabsprachen beim Verkauf von Diabetes-Tests verurteilt. Illegale Kartelle sind bei BAYER seit vielen Jahren an der Tagesordnung. Diese Praxis wird vom Vorstand augenscheinlich gedeckt.

* Die von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) im Jahr 2003 veröffentlichte Studie „Kinderarbeit im indischen Baumwollanbau“ enthüllte, wie internationale Saatgut-Konzerne von Kinderarbeit profitieren. Zulieferer der indischen BAYER-Tochter ProAgro beschäftigten demnach mehr als 2.000 Kinder zwischen sechs und 14 Jahren. Sprecher von BAYER bekannten sich nach Veröffentlichung der Studie zu ihrer Verantwortung und versprachen Abhilfe. Neue Untersuchungen zeigen aber, dass sich die Situation bei ProAgro kaum gebessert hat: auch im vergangenen Jahr arbeiteten rund 1.650 Kinder für Zulieferer der Firma. Dies ist unvereinbar mit den Standards der ILO, der OECD und der UNO.

* Seit den 20er Jahren finanziert BAYER Politiker – seinerzeit bekannt als das „System Duisberg“. Zahlreiche Mitarbeiter des Konzerns wurden Abgeordnete und sogar Minister. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren nahm die aktuelle Diskussion zum Anlass, einen Offenen Brief an das Unternehmen zu senden. Darin fragten wir nicht nur, welche Abgeordnete ein Gehalt oder Zuwendungen vom BAYER-Konzern bezogen haben, sondern auch, in welche staatliche Einrichtungen (Behörden, Forschungseinrichtungen, Universitäten) Mitarbeiter des Unternehmens abgestellt wurden. Der Konzern bleibt bis heute eine Antwort schuldig. Generell beantwortet BAYER nur solche Fragen, die dem Unternehmen genehm sind – ein klarer Widerspruch zur Kampagne „Chemie im Dialog“.

* In der Umgebung des mittlerweile von der LANXESS AG betriebenen Werks Durban/Südafrika wurden hochgefährliche Chromverbindungen im Grundwasser gefunden. Den Anwohnern wurde dringend empfohlen, das Wasser aus angrenzenden Brunnen weder zum Kochen noch zum Trinken zu verwenden. LANXESS streitet die Verantwortung nicht ab, behauptet aber, seit 1991 kein Chrom mehr herzustellen; die Verunreinigung wäre von Altlasten ausgegangen. BAYER hatte die Firma Chrome Chemicals in Durban 1968 übernommen. Wegen mangelhafter Sicherheits-Einrichtungen erlitt ein Drittel der Belegschaft bleibende Gesundheitsschäden. Mindestens acht Arbeiter starben an Lungenkrebs, zwei weitere an Tuberkulose. Selbst die Apartheids-Regierung hatte 1976 in einem Bericht Sicherheitsmängel und Gesundheitsprobleme der Belegschaft moniert. Nach Protesten südafrikanischer Gewerkschaften sowie der Coordination gegen BAYER-Gefahren, die zu umfangreichen Medienberichten führten, schloss BAYER 1991 die Chrom-Produktion und entließ einen Großteil der Beschäftigten. Eine Kompensation der betroffenen Arbeiter sowie der Hinterbliebenen unterblieb. Die Vergiftung des Grundwassers zeigt, dass BAYER zudem versäumt hat, in den vergangenen 14 Jahren eine Dekontamination des Geländes vorzunehmen.

* Ein US-Gericht hat BAYER im vergangenen Jahr zu 400.000 Dollar Schadensersatz verurteilt. Der 33-jährige Miguel Valverde hatte vor sechs Jahren einen Schlaganfall erlitten, nachdem er drei Tage das Erkältungsmittel Alka-Seltzer Plus eingenommen hatte. Die Geschworenen stellten fest, dass BAYER ein „mangelhaftes, gefährliches Pharmaprodukt“ vertrieben hatte, obwohl ungefährliche Alternativprodukte verfügbar waren. Alka Seltzer Plus enthielt bis zum Jahr 2000 den Inhaltsstoff Phenylpropanolamin (PPA), der das Risiko eines Schlaganfalls um das Anderthalb- bis Dreifache steigen lässt. BAYER kannte die Risiken von PPA seit Jahrzehnten. Die Pharma-Industrie hielt jedoch ihre eigenen Studien zurück, um die Umsätze PPA-haltiger Medikamente von mehreren Hundert Millionen Dollar pro Jahr nicht zu gefährden. Schlimmer noch: Unter Führung von BAYER legten die Hersteller Gegengutachten vor und drohten mit Klagen, um ein Verbot seitens der US-Gesundheitsbehörde zu verzögern. Hunderte Menschen mussten diese Strategie mit dem Leben bezahlen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert zusätzlich eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen bei BAYER und anderen Unternehmen.

* Rund 40 Millionen Amerikaner befolgen die sogenannte „Atkins-Diät“, die den Verzehr von Fleisch, Eiern und fetthaltigen Nahrungsmitteln uneingeschränkt erlaubt, die Aufnahme von Brot, Reis, Obst und Gemüse hingegen stark einschränkt. Ernährungswissenschaftler warnen eindringlich vor Mangelerscheinungen, Verdauungsprobleme und Kreislauferkrankungen. Trotzdem versucht die Pharma-Industrie, von der „Mode-Diät“ zu profitieren. Der BAYER-Konzern brachte speziell zur Ergänzung der Atkins-Diät den Vitamin-Cocktail CarbSmart auf den Markt und machte hiermit mehrere Millionen Dollar Umsatz. Den Verantwortlichen bei BAYER sollte bekannt sein, dass die Atkins-Diät gesundheitsschädlich ist und dass Vitaminpräparate niemals eine ausgewogene Ernährung ersetzen können. Wieder einmal zeigt sich, dass der Pharma-Industrie die Gesundheit der Bevölkerung herzlich egal ist – solange die Umsätze stimmen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsrat wird nicht entlastet
Begründung: Der Aufsichtsrat kommt seiner Kontrollfunktion nur ungenügend nach und soll daher nicht entlastet werden. Es folgen Beispiele einer umweltfeindlichen Konzernpolitik, die vom Aufsichtsrat mitgetragen werden:

* Beinahe täglich kommt es in BAYER-Werken zu gefährlichen Unfällen – auch eine Folge der fortschreitenden Ausdünnung der Belegschaft. Eine kleine Auswahl von Ereignissen im zweiten Halbjahr 2004: Im Werk Addyston (USA), das seit 2005 von LANXESS betrieben wird, traten allein neun Mal giftige Chemikalien aus. Am 23.11.04 kam es im Brunsbütteler BAYER-Werk zu einer Explosion, fünf Beschäftigte mussten im Krankenhaus behandelt werden. Am 29.9.04 trat im Uerdinger BAYER-Werk Aktivkohle aus, acht MitarbeiterInnen kamen ins Krankenhaus. Ebenfalls in Uerdingen traten am 11. Dezember 400 Kilo der giftigen Adipin-Säure aus. Am 3. November stiegen im Dormagener Werk nach einem Stromausfall Chlor und Nitrose-Gas auf, ein 15-jähriger Junge atmete giftiges Chlor ein und kam ins Krankenhaus. Da die Chlorgas-Wolke in Richtung Bahngleise trieb, musste die Feuerwehr den angrenzenden Zug-Verkehr sperren. Am 26.8.04 kam es im Werk von GE BAYER SILICONES zu einem Zwischenfall: bei Reparatur-Arbeiten an einem Kesselwagen schlug dieser Leck, giftige Salzsäure-Dämpfe stiegen auf.

* Die Umweltbehörde im kanadischen Bundesstaat Ontario unterzog rund dreißig Werke im Chemiegürtel von Sarnia einer gründlichen Prüfung. In den vergangenen Jahren hatte die Wasserversorgung der umliegenden Gemeinden mehrmals wegen Lecks und Störfällen unterbrochen werden müssen. Zwanzig Fabriken, darunter vier von BAYER, erhielten im vergangenen Jahr Abmahnungen. Die Verweise wurden erteilt wegen fehlender Betriebsgenehmigungen, ungenügender Deklaration von Giftmüll und nicht-genehmigtem Umbau von Anlagen. Die Umweltministerin von Ontario übte scharfe Kritik am Verhalten der Chemie-Industrie.

* Im südindischen Baumwollgürtel kommt es weiterhin zu einer hohen Zahl von tödlichen Vergiftungen durch BAYER-Pestizide. BAYER dominiert den indischen Pestizidmarkt und lässt große Mengen von in Europa nicht mehr zulassenen Agrogiften wie Monocrothopos von Subunternehmern produzieren. Aufgrund fehlender Sicherheitsstandards sind Unfälle an der Tagesordnung, das Grundwasser ganzer Landstriche ist verseucht.

* In mehreren BAYER-Fabriken soll aus Kostengründen die Werks-Feuerwehr abgeschafft werden, u.a. in Wuppertal und Wolfenbüttel. Im Notfall vergeht mehr Zeit, bis Hilfe von außerhalb eintrifft. Die Sicherheit der Belegschaft wird aus Profitgründen aufs Spiel gesetzt.

* Der Umweltverband Friends of the Earth hat in den vergangenen Jahren mehrere Studien zu Risiken von Pestiziden gesammelt. Größtenteils handelt es sich um Untersuchungen von BAYER zu dem Agrogift Glufosinat. Als BAYER davon Wind bekam, wollte der Konzern eine Veröffentlichung der legal erhaltenen Studien gerichtlich untersagen. Nach dem Willen des Konzerns sollte Friends of the Earth nicht einmal den Titel der Studien oder die Adresse, wo die Untersuchungen angefordert werden können, nennen dürfen. Dies ist nicht der erste Fall, in dem der Konzern die Arbeit von Umweltschützern juristisch angreift. Gerichtlich konnte BAYER seine Forderungen jedoch nicht durchsetzen.

* Im vergangenen Jahr tauchten bislang unbekannte Firmen- Unterlagen auf, die belegen, dass BAYER tausende asiatischer Bluter mit seinem Gerinnungspräparat KOATE bewusst dem HIV-Risiko aussetzte. In den achtziger Jahren hatte die BAYER- Tochter Cutter nicht hitze-behandelte und daher mit einem hohen AIDS-Risiko behaftete Chargen des Blutplasma-Produkts nach Asien geliefert – in den USA war der Verkauf zu diesem Zeitpunkt bereits verboten worden. Trotzdem weigert sich das Unternehmen, die Betroffenen angemessen zu entschädigen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert strafrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen BAYER-Manager.

Gegenantrag zu TOP 4: Wir schlagen vor, Axel Köhler Schnura, Diplom Kaufmann, Düsseldorf als Vertreter der Anteilseigner in den Aufsichtsrat zu wählen.
Begründung: Axel Köhler-Schnura kontrolliert den BAYER-Konzern seit mehr als 25 Jahren. Er ist Gründer der Coordination gegen BAYER- Gefahren e.V., Postfach 15 04 18, 40081 Düsseldorf, Telefon: 0211-333 911, und hat zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Menschenrechte und Umweltschutzauflagen publik gemacht. Somit ist er prädestiniert für eine gründliche, von Profitinteressen unabhängige Kontrolle des Vorstands der BAYER AG.

Gegenantrag zu TOP 5: § 12 Abs. 1 der Satzung (Vergütung des Aufsichtsrats) wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst: „Jedes Mitglied des Aufsichtsrats erhält neben dem Ersatz seiner Auslagen eine jährliche feste Vergütung von 5.000 Euro. Eine darüber hinausgehende variable Vergütung erfolgt nicht.“

Gegenantrag zu TOP 6: §14 und §15 der Satzung bleiben unverändert
Begründung: Durch die geplante Änderung der Satzung wird die Teilnahme an der Hauptversammlung erschwert. Hierdurch würde die Kontrolle von Vorstand und Aufsichtsrat weiter behindert werden.

Für den Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN e.V.
Axel Köhler-Schnura
Philipp Mimkes