4. März 2009
Leserbrief zum Artikel „Weißes Wunder: Aspirin wird 110“ im Mindener Tageblatt
Selten liest man Artikel, die so augenscheinlich der Werbeabteilung eines Unternehmens entstammen – sogar die Überschrift wurde der Pressemitteilung der Bayer AG entnommen. Journalismus ist etwas anderes.
Aspirin ist unwidersprochen ein hochwirksames Medikament, das aber, anders als die Werbung suggeriert, mit mitunter schweren Nebenwirkungen verbunden ist. Der Wirkstoff greift tief in den biochemischen Haushalt des Körpers ein und kann nicht nur Schleimhautreizungen hervorrufen, sondern auch Blutungen im Magen-Darm-Trakt und Magengeschwüre verursachen. In den USA sterben mehr Menschen an Aspirin-Nebenwirkungen als an HIV! Trotzdem versucht die Bayer AG das Präparat als „Wunderpille“ (u.a. mit Hilfe der website www.WonderDrug.com) zu vermarkten, von der man besser eine zu viel als eine zu wenig nimmt. Von den Gefahren kein Wort.
Wo Sie schon von dem „ausgeklügelten Marketingkonzept“ sprechen, hätten Sie auch erwähnen können, dass Aspirin fast zeitgleich mit dem „verträglichen Hustenmittel“ (O-Ton Bayer) Heroin auf den Markt gebracht wurde. Jahrelang schaltete Bayer Anzeigen, die gleichzeitig für Aspirin und Heroin warben.
Philipp Mimkes
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.
„Weißes Wunder“: Aspirin wird 110
Markt-Apotheke feiert Geburtstag des Schmerzmittels / Glücksrad zugunsten der Grundschule
Vlotho (va). Verdis Oper „La Traviata“ und Aspirin haben etwas gemein: Beide hatten an einem 6. März ihren ersten großen Auftritt. 1853 feierte Giuseppe Verdi in Venedig die Uraufführung seines Meisterstückes. Und 1899 wurde die Bayer-Marke Aspirin in die Warenzeichenrolle des Kaiserlichen Patentamtes in Berlin aufgenommen.
Mit einem original Aspirin-Oldtimer und einer Glücksrad-Verlosung zugunsten der Grundschule Vlotho feiert die Markt-Apotheke am Freitag, 6. März, von 9 bis 18 Uhr Aspirin-Geburtstag. Der Auslieferungswagen der Firma Bayer aus den zwanziger Jahren trägt die Werbung des Schmerzmittels und ist möglicherweise der Einzige in Europa. Beim Glücksrad gewinnt jeder einen kleinen oder auch größeren Preis. Mit dem Erlös sollen naturwissenschaftliche Lehrmaterialen angeschafft werden.
Dank eines ausgeklügelten Logistik- und Marketingkonzeptes entwickelte sich Aspirin schnell zum weltweiten Standard gegen Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber und Entzündungen. Heute, 110 Jahre später, ist die Acetylsalicylsäure (ASS), der Wirkstoff von Aspirin, das weltweit meisteingesetzte Schmerzmittel.
Die große Dame der Pharmazie ist trotz ihres fortgeschrittenen Alters eines der „jüngsten“ Arzneimittel überhaupt. Als Schlüsselfigur moderner Pharmaforschung steht sie im Fokus zahlreicher Studien und beschäftigt Forscher rund um den Globus. Jährlich erscheinen rund 3 500 wissenschaftliche Veröffentlichungen über neue Wirkmechanismen und Indikationsgebiete der Acetylsalicylsäure.
Der weltweite Siegeszug von Aspirin begann am 10. Oktober 1887 – vor 112 Jahren und ist einer persönlichen Familiengeschichte zu verdanken. Damals gelang es dem jungen Chemiker Dr. Felix Hoffmann in einem Wuppertaler Bayer-Labor zum ersten Mal, Acetylsalicylsäure in chemisch reiner und dadurch haltbarer Form zu synthetisieren. Das Schmerzmittel kam zugleich dem Vater Hoffmanns zugute. Dieser litt seit vielen Jahren unter qualvollen rheumatischen Schmerzen. Die Ärzte hatten ihm Natriumsalicylat verordnet, ein widerlich schmeckendes Mittel. Mit der Entdeckung seines Sohnes konnte er seine Beschwerden nun mit der verträglicheren Substanz lindern. Das war der entscheidende Durchbruch.
Noch 110 Jahre später sind Experten sich einig: In der modernen Arzneimittelforschung wird das „weiße Wunder“ noch oft für Überraschungen unter Wissenschaftlern rund um den Globus sorgen. Oder um es mit den Worten des Nobelpreisträgers Vane zu sagen: „Kein Arzneimittel auf dieser Welt hat eine so faszinierende und rekordträchtige Geschichte – eine Entwicklung, die noch nicht zu Ende ist.“