Uwe Friedrich (CBG) zum Thema „PFAS-Pestizide“
Brigitte Hincha-Weisel (CBG) zum Thema „BAYERs Lieferketten“
Lars-Ulla Krajewski (CBG) zum Thema „Parkinson durch Pestizide“
Presse-Information vom 04.06.25
Ein Gericht im französischen Poitiers sprach am Montag einer Frau Schadensersatz zu, weil sie durch BAYERs Hormon-Medikament Androcur gravierende Gesundheitsstörungen erlitten hatte. Véronique Dujardin nahm Androcur gegen Endometriose und eine übermäßige Körper-Behaarung ein und erkrankte mehrfach an – gutartigen – Hirntumoren.
Im Verlaufe des Prozesses hatte Dujardins Anwalt Romain Sintès den RichterInnen diverse Fachartikel über den Zusammenhang zwischen dem Mittel und der Krankheit vorgelegt, was schlussendlich Wirkung zeigte. Das „Tribunal judiciaire“ verurteilte BAYER, zwei weitere Pharma-Firmen sowie einen Arzt und einen Apotheker zu einer Schadensersatz-Zahlung von 300.000 Euro.
Sintès kommentierte die Entscheidung mit den Worten: „Es ist ein jahrelanger Kampf, der endlich Früchte trägt“ und wertete den Fall „Dujardin“ als einen Präzedenz-Fall, der auch anderen PatientInnen helfen wird, zu ihrem Recht zu gelangen.
Der Androcur-Wirkstoff Cyproteronacetat kann dabei nicht nur Hirntumore auslösen. Er steht zudem in Verdacht, zu Leberkrebs, Thrombosen und Brustdrüsen-Vergrößerungen zu führen. Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) bezeichnete Androcur deshalb bereits 1995 „als Mittel der letzten Wahl“. Das BfArM sah es als geboten an, die Anwendung von Cyproteronacetat „auf das medizinisch unverzichtbare Maß“ zu beschränken und untersagte die Nutzung in Verhütungspräparaten.
„Wieder einmal kommen dem BAYER-Konzern die Risiken und Nebenwirkungen seiner Pharmazeutika teuer zu stehen. Die Konsequenz des Urteils muss eine strengere Arzneimittel-Aufsicht sein, denn Big Pharma geht Profit über Sicherheit“, so Brigitte Hincha-Weisel vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren.
Geschädigte anderer Pharmazeutika auf Hormon-Basis wie der Spirale MIRENA und den Verhütungsmitteln aus der YASMIN-Produktfamilie und erstritten ebenfalls schon hohe Summen. Aber auch sonstige Arzneien wie der Gerinnungshemmer XARELTO und die Kunststoff-Spirale ESSURE kosteten den Leverkusener Multi bereits viel Geld.
CBG zur heutigen Bundesrat-Sitzung
Presse-Information vom 14.06.2024
Am heutigen Freitag berät der Bundesrat über die weitere Zukunft von Glyphosat in Deutschland. Dazu liegen Empfehlungen vor, die Auflagen zu lockern und den Gebrauch auch in Wasserschutzgebieten zu erlauben.
„Das wäre absolut verantwortungslos. Die EU hat zwar die Zulassung von Glyphosat im November letzten Jahres verlängert, die Mitgliedsländer aber explizit dazu angehalten, dem Schutz des Grundwassers in gefährdeten Gebieten und dem Schutz von Oberflächengewässern besondere Aufmerksamkeit zu widmen“, hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren fest.
Überdies hat die Europäische Union die Effekte des Herbizids auf die Artenvielfalt wegen fehlender Studien nicht abschließend bemessen können. Sie sprach von einer „generellen Daten-Lücke“. Damit nicht genug, machte die EU über 20 weitere „data gaps“ aus. Diese betrafen unter anderem die Entwicklungsneurotoxizität – also die Auswirkungen des Mittels auf die noch im Wachstum befindlichen Nervensysteme von Embryos, Säuglingen und Kindern – sowie mögliche Beeinträchtigungen von Zellteilungsprozessen und Schädigungen von Chromosomen. Zudem blieb „die Bewertung des ernährungsbedingten Risikos für Verbraucher“ offen, da keine Angaben der Hersteller zu den Glyphosat-Rückständen auf Karotten, Weizen und Salat vorlagen.
Den Umgang mit diesen Unwägbarkeiten überlässt die EU ausdrücklich den Mitgliedsländern. Wenn ein Staat trotz der Einführung von Risikominderungsmaßnahmen noch Bedenken hätte, dürfe er „die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in seinem Hoheitsgebiet beschränken oder verweigern“, heißt es im sogenannten Renewal Report.
„Und eben das muss die Politik nun tun, zumal der Rechtsweg offen ist“, fordert Stelzmann und verweist dazu auf die entsprechenden Expertisen von der Heinrich-Böll-Stiftung, Aurelia und der Deutschen Umwelthilfe. Aurelia und die Deutsche Umwelthilfe nennen dabei als einen Ansatzpunkt den Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dieser Paragraf gestattet es bei neuen EU-Regularien nämlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, wenn das z. B. der Umweltschutz gebietet. Auch böte die von Brüssel ohnehin vorgeschriebene Überprüfung der Genehmigung vom November 2023 die Möglichkeit, das Herbizid aus dem Verkehr zu ziehen. Darüber hinaus gestatte das EU-Recht Notfallmaßnahmen bei Wirkstoffen mit schwerwiegenden Risiken für Mensch, Tier und Umwelt.
Der langen Liste der Glyphosat-Risiken fügten französische WissenschaftlerInnen unlängst noch einen Eintrag zu. Eine ForscherInnen-Gruppe um Claudine Vasseur untersuchte das Sperma französischer Männer und fand Glyphosat-Spuren. Dabei überstiegen die Rückstände diejenigen im Blut um den Faktor 4. „Zusammengefasst deuten unsere Ergebnisse auf einen negativen Einfluss von Glyphosat auf die reproduktive Gesundheit des Menschen und möglicherweise seiner Nachkommenschaft hin“, resümieren sie. Deshalb fordern Vasseur & Co. die Politik eindringlich auf, zu reagieren und dem Vorsorgeprinzip Geltung zu verschaffen.
„Die Politik hat also genug Möglichkeiten zu handeln, sie muss diese nur nutzen“, konstatiert CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann abschließend.
Presse-Information vom 03.06.2024
Das am morgigen Dienstag im Bundestag zur Abstimmung stehende1 Medizinforschungsgesetz fördert die Profite der Pillen-Riesen zu Lasten der PatientInnen-Sicherheit und der Krankenkassen-Kassen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach gibt sogar zu, bei dem Vorhaben in engem Austausch mit BAYERs Pharma-Vorstand Stefan Oelrich gestanden haben, um den Arznei-Standort Deutschland zu stärken. „Mit BAYER hat er deshalb eine Gesetzesinitiative abgesprochen“, resümierte der „Kölner Stadtanzeiger“. „Und so sieht das Paragrafen-Werk auch aus. Karl Lauterbach scheint einfach die Wunschliste von Big Pharma abgearbeitet zu haben“, hält Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren fest.
Das Paragrafen-Werk sieht unter anderem vor, den Unternehmen die Durchführung klinischer Studien zu erleichtern. Die Genehmigungsdauer für Medikamenten-Tests will die Ampelkoalition auf fünf Tage verkürzen und neben Uni-Kliniken auch einfachen Krankenhäusern erlauben, klinische Prüfungen für die Pharma-Industrie durchzuführen, was alles nicht gerade der Sicherheit der ProbandInnen dient.
Darüber hinaus beabsichtigen die Parteien, den Unternehmen künftig zu erlauben, die Preise, die sie mit DAK & Co. für ihre Medikamente aushandeln, unter Verschluss zu halten. Ein teures Geschenk: Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen sieht zusätzliche Belastungen in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro auf die Kostenträger zukommen.
Dementsprechend scharf fällt die Kritik an dem Vorhaben aus. „Das würde zu noch mehr Intransparenz bei der Preis-Bildung und zur Anhebung des ohnehin hohen Preis-Niveaus führen und die Arzneimittel-Preise in Deutschland weiter hochschaukeln“, warnt der stellvertretende AOK-Vorsitzende Jens Martin Hoyer. Seiner Ansicht nach „ist die Wirtschaftsförderung für den Pharma-Standort Deutschland keine Aufgabe der Beitrag zahlenden Versicherten“.
Der Chef von BAYER VITAL, Daniel Steiners, versteht hingegen „den Grad der Empörung nicht so richtig“. Er nennt die Vertraulichkeit „eine Option für mehr Flexibilität in der Preis-Verhandlung“ und zeigt sich auch sonst zufrieden mit dem Medizinforschungsgesetz. „Wir sehen darin das klare Bekenntnis zum medizinisch-pharmazeutischen Forschungsstandort – und damit auch zu Arzneimittel-Innovationen ‚Made in Germany‘“, so Steinert.
„BAYER & Co. sprechen immerfort von Innovationen, schaffen es aber seit Jahren nicht, die Grundversorgung der Bevölkerung abzusichern. Immer wieder fehlen den Apotheken gängige Präparate wie etwa Antibiotika – trotz aller gesetzlichen Bemühungen. Hierfür endlich Lösungen zu finden, wäre eine dringliche Aufgabe der Politik. Aber Karl Lauterbach bedenkt die Branche lieber mit ‚Feel good‘-Gesetzen“, konstatiert Stelzmann abschließend.
1: Hier irrte die CBG: Das Gesetz stand noch nicht zur Abstimmung, es handelte sich lediglich um die 1. Lesung.
Kontaminierte Blutpräparate in Großbritannien
Presse-Information vom 22.05.2024
Von Anfang der 1970er Jahre bis in die 1990er Jahre hinein starben in Großbritannien 3.000 Menschen an verunreinigen Blutprodukten von BAYER und anderen Herstellern. Darüber hinaus infizierten sich 30.000 PatientInnen mit AIDS oder Hepatitis C. Zu diesem Ergebnis kommt der Anfang der Woche vorgelegte Untersuchungsbericht des Richters Sir Brian Langstaff. „Ich muss berichten, dass dies weitgehend, wenn auch nicht vollständig, hätte vermieden werden können“, so sein Resümee bei der Vorstellung des Reports. „Langstaff hat Recht. BAYER & Co. haben wissentlich viren-belastete Blut-Präparate verkauft; ‚tragisch‘, wie der Leverkusener Multi in einem aktuellen Statement behauptet, ist das Ganze keineswegs“, konstatiert Marius Stelzmann von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).
BAYERs US-amerikanische Tochter-Gesellschaft CUTTER hatte im Bereich der Gerinnungspräparate für Bluter eine marktbeherrschende Stellung inne. Das SpenderInnen-Blut für die Medizin-Produkte bezog sie vornehmlich von Risiko-Gruppen wie Strafgefangenen, Prostituierten und Drogenabhängigen. Bereits Anfang 1983 wusste das Unternehmen um die damit verbundenen Gefahren. „Es gibt klare Belege, die nahelegen, dass AIDS durch (…) Plasma-Produkte übertragen wird“, hieß es in einem internen Firmen-Dokument. Aber eine Reaktion erfolgte nicht. Und als eine Methode zur Abtötung der Viren durch Hitze-Behandlung aufkam, versuchte der Konzern deren Zulassung so lange wie möglich hinauszuzögern, fürchtete er doch, auf seinen Alt-Vorräten sitzenzubleiben.
Auch schreckten die ManagerInnen vor den Anlaufkosten für die Produktionsumstellung zurück. Weil sie auf langfristigen Liefer-Verträgen zu festgelegten Preisen saßen, hätte das nämlich ihre Kalkulation zur Makulatur gemacht. Deshalb startete CUTTER eine großangelegte Desinformationskampagne. „AIDS hat in einigen Ländern irrationale Reaktionen hervorgerufen“, schrieb die BAYER-Tochter in einem Brief an Lieferanten aus Frankreich und 20 anderen Staaten und sprach darin von „substanzlosen Spekulationen, dass das Syndrom durch einige Blut-Produkte übertragen werden könnte“.
Sukzessive aber schrieben immer mehr Gesundheitsbehörden in den westlichen Industrie-Nationen die Anwendung der Inaktivierungsverfahren vor. CUTTER vernichtete daraufhin aber die Lagerbestände nicht einfach, sondern exportierte die unbehandelten Chargen nach Asien und Lateinamerika – mit tödlichen Folgen.
„Der BAYER-Konzern ging für seine Profite buchstäblich über Leichen. Darum muss er jetzt Verantwortung übernehmen. Es ist nicht einzusehen, warum die britischen SteuerzahlerInnen allein für die Entschädigungen aufkommen sollen, die die Regierung nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts zugesagt hat“, fordert Stelzmann.
In den USA zwangen die Gerichte BAYER, Alpha, Armour und Baxter bereits 1997 zu Zahlungen. Ein Vergleich mit den Geschädigten bzw. deren Hinterbliebenen kostete die Unternehmen 600 Millionen Dollar, wovon der Leverkusener Multi mit 290 Millionen den größten Teil zu tragen hatte. Auf den Hauptversammlungen haben Betroffene den Pharma-Riesen immer wieder direkt mit ihren Leiden konfrontiert und ein Eingestehen der Schuld sowie Entschädigungen eingefordert, die Vorstände jedoch zeigten keinerlei Reaktion.