Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Die Alliierten hatten Deutschland vom Faschismus befreit. Die 1925 von BAYER und anderen Chemie-Gesellschaften gegründete I.G. FARBEN hatte den Nazis durch üppige Parteispenden an die NSDAP mit zur Macht verholfen. Fortan bildete sie das industrielle Rückgrat des Hitler-Regimes und stellte ihm auch wichtiges Personal wie etwa Wehrwirtschaftsführer. Unter anderem arbeitete die Interessensgemeinschaft die Blaupause für den Vierjahresplan aus, mit dem Hitler & Co. die Wirtschaft wehrtüchtig machten. Als es dann 1939 soweit war, konnte das Unternehmen die Armee fast alleine ausstatten. Im Schlepptau der Raubzüge nahm es sofort die chemischen Anlagen der überfallenden Länder in Beschlag. Zudem betätigten sich Beschäftigte der Auslandsniederlassungen als Spione und fertigten Karten-Material für Bombenangriffe an.
An der Vernichtungspolitik wirkte die I.G. FARBEN ebenfalls mit. Ihre Tochterfirma DEGESCH lieferte den Nazis mit Zyklon B die Mordwaffe. Zudem errichtete der Konzern in unmittelbarer Nähe zu Auschwitz ein eigenes Werk, um beim Bau auf ZwangsarbeiterInnen zugreifen zu können. Später unterhielt er in der Nähe der Baustelle sogar ein firmen-eigenes KZ. Damit nicht genug, dienten die Häftlinge der I.G. auch noch als Versuchskaninchen für medizinische Experimente.
„Sollte es zu Wirtschaftsklagen kommen, würde das Material den Verteidigern den Schlaf rauben“, schwante deshalb dem I.G.-Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler. Und zunächst sah es auch ganz danach aus. Aber es kam anders. Die Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesse widmeten der I.G. FARBEN zwar einen eigenen Verfahrensstrang, und von den 23 angeklagten Managern landeten auch 13 im Gefängnis, sie mussten ihre Haftstrafen allerdings nicht voll abbüßen. Die Zeiten hatten sich nämlich geändert. Im Zuge des Kalten Krieges baute der Westen wieder auf Deutschland. Deshalb erfolgte auch nicht wie ursprünglich vorgesehen eine radikale Zerschlagung des Mörder-Kombinats. Es blieb bei einer Entflechtung, die die tragenden Säulen BAYER, BASF und HOECHST unangetastet ließ. Resultat: Kaum 20 Jahre nach dem Neustart erreichten die drei Gesellschaften für sich allein eine Größe, die derjenigen der I.G. FARBEN in ihren besten Zeiten entsprach.