Dr. Beate Kirk (Apothekerin) Gefahren der Hormonspirale MIRENA
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Beate Kirk und ich spreche zum Thema Mirena®. Diese auf 5 Jahre konzipierte Hormonspirale enthält das Gestagen Levonorgestrel als einzigen Inhaltsstoff und wird hergestellt und vertrieben von der Fa. Jenapharm, einer 100%igen Tochterfirma des Bayer Konzerns.
Bis 2008 habe ich als Apothekerin gearbeitet und auch heute und in Zukunft möchte ich dazu beitragen, dass Menschen vor schädlichen Arzneimitteln gewarnt werden. Ich wurde 1998 mit einer pharmaziehistorischen Dissertation zum Contergan-Fall promoviert, daher bin ich mit Arzneimittelskandalen vertraut, übrigens auch mit dem „Fall Duogynon“. Vom negativen Kosten-Risiko-Verhältnis der Hormonspirale Mirena® bin ich überzeugt. Ich habe in den sozialen Netzwerken zahlreiche Frauen kennengelernt, bei denen die Hormonspirale Mirena® wie auch bei mir selbst zu schweren Gesundheitsschäden geführt hat. Die Nebenwirkungen kommen schleichend und der kausale Zusammenhang wird meist nicht erkannt. Ich selbst habe 15 Jahre mit der Hormonspirale verhütet. Dann habe ich Anfang Oktober 2015 infolge eines Frauenarztbesuches die Begriffe Mirena® und Nebenwirkungen gegoogelt und mir am nächsten Morgen die Hormonspirale ziehen lassen. Heute weiß ich: Für meine Psyche war die Verwendung der Mirena® eine Katastrophe. Wie viele andere Frauen litt ich unter der Hormonspirale an heftigen Depressionen und Stimmungsschwankungen, weder Antidepressiva noch Gesprächstherapie halfen. Ich hatte über 5 Jahre einen extremen Dauerhusten, Magenspiegelungen, Allergietests, Check in einer Klinik für Lungenkrankheiten brachten kein Ergebnis. Eine Woche nach dem Ziehen der Mirena® war der Hustenreiz verschwunden. Auch andere körperliche Probleme, die ich hier nicht schildern möchte, besserten sich, psychisch geht es mir viel besser, aber „Die Alte“ werde ich in diesem Leben nicht mehr. 15 Jahre Mirena® haben mich auf Dauer geschädigt und massiv zu meiner Berufsunfähigkeit beigetragen. Die Kausalität zwischen dem Levonorgestrel-Input durch die Mirena® und meinen Gesundheitsproblemen wurde mir erst im Rückblick klar, ist aber eindeutig.
Hoffentlich hat eine der in Deutschland betroffenen Frauen die Kraft und den Mut, „im Fall der Hormonspirale Mirena®“vor Gericht zu gehen und für eine Entschädigung zu kämpfen. In den USA wurden bis März 2016 über 3500 Klagen in dieser Sache gegen den Bayer-Konzern eingereicht. Die Deutsche Apotheker Zeitung berichtete hierüber am 16. März 2016, weiter heißt es, Zitat: „Die Frauen verlangen Schaden- und Strafschadenersatz. Mit weiteren Klagen sei zu rechnen, teilt Bayer mit. Auch in diesem Fall habe der Konzern finanziell vorgesorgt. So hat Bayer 2013 unter anderem Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe für erwartete Verteidigungskosten gebildet.“ Zitatende.
Insgesamt habe ich die folgenden drei Fragen an die Damen und Herren des Vorstandes:
1. Frage:
Welche finanziellen Entschädigungen planen Sie für die deutschen und die europäischen geschädigten Frauen? Allein in den deutschsprachigen Mirena®-Selbsthilfegruppen bei Facebook gibt es zur Zeit ca. 3000 Mitglieder. Gesundheit ist bekanntlich ein unbezahlbares Gut. Dennoch würde es mich interessieren, wie hoch Sie meine persönliche Gesundheit veranschlagen. Ich und auch meine Familie haben massiv unter Ihrem mangelhaften Produkt gelitten.
2. Frage:
Diese Frage betrifft die angeblich „lokale“ Wirkung der Hormonspirale Mirena®. Es mag sein, dass irgendwann mal bei Jenapharm/Bayer wirklich geglaubt wurde, man hätte ein galenisches Wunderwerk geschaffen und eine hauptsächlich lokale Wirkung wäre möglich. Das ist aber längst widerlegt. 2007 wurde im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte der Beipackzettel geändert, das Brustkrebsrisiko unter der Mirena® wird heute als ebenso hoch wie das unter oralen Kontrazeptiva eingeschätzt. Wie soll der Wirkstoff das Brustgewebe erreichen wenn nicht über den Blutkreislauf? Viele Frauen berichten in Internetforen darüber, dass die Frauenärzte von einer lokalen Wirkung der Mirena® ausgehen. Meine Frage an den Vorstand: Welche Informationen vermitteln die Pharmareferenten der Fa. Jenapharm/Bayer den Frauenärztinnen und Gynäkologen? Ich als Apothekerin bin wirklich entsetzt, wie hartnäckig sich die Mär von der lokalen Wirkung hält.
3. Frage:
Wieso enthalten die Gebrauchsanweisungen der Mirena® Hormonspirale in den verschiedenen Vertriebsländern derartig unterschiedliche Aussagen? Was wirklich skandalös ist, ist das Fehlen von psychiatrischen KontraIndikationen in der deutschen Gebrauchsanweisung. In der kanadischen Patienteninformation werden Frauen mit einer „history of depression“ vor der Hormonspirale Mirena® gewarnt. Wenn in Kanada unter der Mirena® eine Depression auftritt, soll dort die Hormonspirale entfernt werden. Die deutschen Frauen sind anscheinend nicht so empfindlich, denn in deutschsprachigen Gebrauchsanweisungen wird auf derartige Warnungen vollständig verzichtet. Warum? Sie könnten vielen Frauen so großes Leid ersparen, warum tun Sie dies nicht? Ich selbst habe mich darauf verlassen, dass die Fa. Bayer ein verantwortungsvolles vertrauenswürdiges Unternehmen der Pharmazeutischen Industrie ist. Heute beurteile ich Bayer ganz anders.
Sehr geehrter Herr Baumann,
auch bei den Zulassungsbehörden in Bonn und London wird man langsam wach: Per Signalverfahren hat sich die Europäische Arzneimittelagentur an Bayer gewandt. Eine Stellungnahme zu Berichten über, ich zitiere „Angstgefühl, Panikattacken, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Rastlosigkeit“ infolge der Verwendung der levonorgestrelhaltigen Interuterinpessare wurde bis zum 06.04.2017 angefordert. Die bisherige Vertuschungspraxis scheint nicht länger aufzugehen, das wird auch wirtschaftliche Folgen haben. In der heutigen Zeit ist es selbst einem mächtigen Pharmakonzern nicht mehr gestattet, so mit Frauen umzugehen. Was mich betrifft: ich werde nicht rasten noch ruhen, um andere Frauen vor den Hormonspiralen der Mirena®Produktfamilie zu warnen. Ich hoffe sehr, dass die Hormonspiralen Mirena®, Jaydess® und die neue Kyleena® in absehbarer Zeit nur noch von pharmaziehistorischem Interesse sind und statt in der Gebärmutter in einer Vitrine im deutschen Apothekenmuseum ihren Platz finden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.