07. April 2008, Rheinische Post
Zum Kampf ,wild entschlossen‘
Die Bürgerinitiative „Saubere Luft e.V.“ sieht sich als „David“ im Kampf gegen „Goliath“: die Unternehmen, die das Steinkohlekraftwerk in Uerdingen planen. Eine Gerichtliche Auseinandersetzung wäre sehr, sehr teuer.
Herbert Mommertz wird der Bürgerinitiative „Saubere Luft e.V.“ künftig nicht mehr als Vorsitzender zur Verfügung stehen. „Ich bin jetzt 70 Jahre. Meine Kraft ist nicht unendlich. Es gibt auch gesundheitliche Probleme“, erklärte er den Mitgliedern anlässlich der Mitgliederversammlung. Damit stellte er klar, dass er allein aus den genannten persönlichen Gründen nicht mehr auf der nächsten Jahreshauptversammlung kandidiere, die am 16. Mai stattfindet. Trotzdem werde er weiter aktiv in der BI mitarbeiten und alles daran setzen, das von den Firmen Trianel und Bayer geplante Kohlekraftwerk am Standort Uerdingen zu verhindern.
Er und die Bürgerinitiative seien nach wie vor schon allein in Namen der Kinder und Enkel „wild entschlossen“, das Kraftwerk zu verhindern. Für die BI in der Rolle des David sei es ein Kampf gegen den Goliath der das Kraftwerk planenden Unternehmen. Den „Monstern“ in den Firmenleitungen, so Mommertz auf der Versammlung, an der auch die Rheinhauser Bezirksvorsteherin Katharina Gottschling teilnahm, seien die Belange der Bevölkerung völlig egal. „Verzögern, verzögern, verzögern“, sei die erfolgversprechendste Taktik, um den Kraftwerksbau abzuwenden. Das Kraftwerk müsse vor 2012 in Betrieb gehen, sonst werde es aus wirtschaftlichen Gründen uninteressant. Unerschwingliche Emissionszertifikate und steigende Kohlepreise verhinderten dann den Bau von selbst.
Große Risiken
Als letzte Chance darüber hinaus den Kraftwerksbau zu stoppen, diskutierte die Initiative den Klageweg. Informationen lieferte dazu in einem Vortrag von der Kreisgruppe Duisburg des BUND Matthias Schneider. Zunächst nannte er den Kreis der Klageberechtigten. Zunächst hätten politische Gremien über die Ausübung des ihnen zustehenden Planungsrechts Einfluss. Dann wären Organklagen von Parteien oder Fraktionen möglich. Schließlich könnten Privatpersonen, deren Belange von dem in Rede stehenden Projekt unmittelbar betroffen wären, vor Gericht ihr Glück versuchen. Das jedoch berge ruinöse Risiken. Vor allem aber stünde zugelassenen Verbänden wie dem BUND nach Umweltrecht ein Klagerecht zu. Dazu habe ihn, erklärte Schneider, seine Kreisgruppe in die Rheinhauser Bürgerinitiative delegiert, um hier zusammen mit den Mitgliedern Chancen auszuloten und Schritte einzuleiten.
Vor allem komme es jedoch darauf an, die für eine Klage nötigen Gelder zusammenzubekommen. Gerechnet werden müsse mit Anwaltskosten in Höhe von fünf bis 10 000 Euro, 1000 bis 3000 Euro Gerichtsgebühren sowie Gutachterkosten zwischen 20 000 und 50 000 Euro. Herbert Mommertz errechnete daraus eine Startkapitalsumme von 30 000 Euro, die die Initiative schultern müsse.
VON HANS-ULRICH KRESS