Der Rhein gehört weltweit zu den am stärksten mit Plastikmüll verschmutzten Flüssen. Einer der größten Plastikproduzenten ist die BAYER-Tochter Covestro. Informationen zur Plastikmüll-Kampagne der CBG finden sich hier.
9. Dezember 2015
Uni Basel: Unmengen von Mikroplastik schwimmen im Rhein
Kein Fluss weltweit ist laut einer Studie derart stark mit kleinen Plastikpartikeln verschmutzt wie der Rhein. Bei einem Großteil des gefundenen Mikroplastiks ist völlig unklar, wie er in den Rhein gekommen ist und woher er stammt.
Der Rhein gehört nach Erkenntnissen Schweizer Wissenschaftler zwischen Basel und Rotterdam zu den weltweit am stärksten mit Plastikteilchen verunreinigten Gewässern. Besonders viele dieser Mikroteile fanden sich im Ruhrgebiet, berichten Forscher der Universität Basel in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“. „Die Konzentrationen von Mikroplastik im Rhein liegen damit im Bereich der höchsten Konzentrationen der bisher weltweit untersuchten Gewässer“, sagt die Leiterin der Studie, die Biologin Patricia Holm vom Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel.
Am Rheinknie in Basel sei die Belastung noch leicht unter jener des Genfersees, in der Rhein-Ruhr-Region sei sie hingegen zehnmal höher. In den Weltmeeren bilde Plastikabfall längst riesige treibende Inseln. Zahlreiche Organismen nähmen die Mikroteile auf. Plastikteile von 0,3 bis 5 Millimeter finden sich demnach inzwischen in fast allen Gewässern.
Egal, wo entlang der gut 800 Flusskilometer die Forscher schauten, überall fanden sie reichlich Mikroplastik. Im Durchschnitt enthält der Rhein 892.777 Partikel pro Quadratkilometer oder 4.960 Plastikteilchen pro 1.000 Kubikmeter Wasser. Das ist nach Angaben der Wissenschaftler weit mehr als beispielsweise im ebenfalls mit Mikroplastik belasteten Genfer See oder dem Eriesee in den USA.
Studienleiterin Holm: „Gehen wir von der mittleren Mikroplastik-Konzentration am Tag der Probenahme in Rees aus, trägt der Rhein täglich eine Fracht von mehr als 191 Millionen Plastikteilchen in Richtung Nordsee, und das allein an seiner Oberfläche.“
In Würmern, Schnecken, Muscheln, Wasserflöhen und Muschelkrebsen ließen sich bereits aufgenommene Mikropartikel nachweisen. Gefährlich ist neben der mechanischen Wirkung vor allem, dass die Partikel Schadstoffe enthalten und anreichern können. Pestizide zählen dazu, Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) – allesamt gesundheitsschädlich oder krebserregend. Ihre Konzentration kann in den Plastikpartikeln nach Analysen bis zu 100 000-fach höher sein als in der Umgebung.
Rätselhafte Kügelchen
Am häufigsten fanden die Forscher Mikroplastik in Form von kleinen Kügelchen, aber auch Fragmente und Fasern, wie sie beispielsweise aus Fleece-Textilien freigesetzt werden. „Auffallend ist der enorm hohe Anteil von bis zu über 60 Prozent Mikrokügelchen in gewissen Flussabschnitten“, sagt Erstautor Thomas Mani von der Universität Basel. Woher diese Kügelchen stammen und wofür sie hergestellt werden, ist jedoch unklar.
Unter den Kunststoffarten sind Polyethylen, Polypropylen und Polystyrol am stärksten vertreten. Diese werden in der Industrie unter anderem für Verpackungen, Innenausstattung und im Fahrzeugbau verwendet. „Angesichts unserer Ergebnisse unterstreichen wir die Dringlichkeit von sofortigen Maßnahmen, um den Plastikmüll zu begrenzen“, betonen die Forscher. „Bisher sind gesetzliche Regelungen in den meisten europäischen Ländern fehlend oder unzureichend.“
Der Rhein sei der erste große Meereszufluss, der auf Plastikabfall untersucht wurde, hieß es am Dienstag weiter. Andere Forschende hätten zuvor Ozeane, Seen und kleinere Flüsse unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler entnahmen bis zur Rheinmündung nahe Rotterdam an elf Standorten insgesamt 31 Proben an der Flussoberfläche. Dabei wurde Mikroplastik in einer durchschnittlichen Konzentration von 892 777 Partikeln pro Quadratkilometer gefunden. Zwischen Basel und Mainz waren es 202 900 Partikel. In der Gegend um Köln 714 053 und im Rhein-Ruhr-Raum im Mittel 2,3 Millionen Partikel.
Der Spitzenwert von 3,9 Millionen Partikeln pro Quadratkilometer wurde in Rees gemessen, rund 15 Kilometer vor der niederländischen Grenze. Weiter meerwärts sanken die Mikroplastik-Werte wieder. Zum Vergleich: Im Genfersee wurden 220 000 Partikel, im Erie-See in den USA 105 500 festgestellt. Rechne man den Spitzenwert von Rees hoch, so bringe der Rhein jeden Tag 191 Millionen Partikel zum Atlantik, was sich auf zehn Tonnen im Jahr summiere, erklärte Holm.
Zur konkreten Herkunft des Plastikabfalls werden in der Studie keine Angaben gemacht. Bei diesen Mini-Ausmaßen sei die Identifikation des Ursprungsmaterials sehr schwierig, sagte Studien-Erstautor Thomas Mani. Kläranlagen würden nur einen Teil herausfiltern. Zudem könne durch Regen-Überläufe ungefiltertes Wasser in den Fluss gelangen.