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Beiträge verschlagwortet als “Glyphosat”

[Kurzmeldungen] STICHWORT BAYER 03/2009 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Wahlerfolge für Pipeline-GegnerInnen
GegnerInnen der Kohlenmonoxid-Pipeline, die BAYER zwischen den Standorten Dormagen und Krefeld plant, haben sich mit beträchtlichem Erfolg an den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen beteiligt. In Erkrath erreichte ein entsprechendes WählerInnen-Bündnis 18 Prozent, die BÜRGER-UNION in Ratingen kam sogar auf 30 Prozent. Auch bei der Landtagswahl im nächsten Jahr dürfte die umstrittene Gasleitung eine große Rolle spielen.

Erfolgreiche Endosulfan-Kampagne
Die britische Gruppe PANTS TO POVERTY, die sich für ökologischen Baumwoll-Anbau einsetzt und Unterwäsche aus fairer Produktion vertreibt, begann im Juli eine schlüpfrige Kampagne gegen BAYERs Ultragift Endosulfan. Sie forderte die Menschen auf, gebrauchte - aber gewaschene - Unterhosen an den Leverkusener Multi zu senden. Hunderte indische BaumwollfarmerInnen und TextilarbeiterInnen unterstützten die Aktion ebenso wie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) und die ENVIRONMENTAL JUSTICE FOUNDATION. Am Ende gab der Agro-Riese sich geschlagen: Er verkündete einen Endosulfan-Verkaufsstopp (siehe auch SWB 3/09).

Pillen-Preise kritisiert
Die Ausgaben der Krankenkassen für Medikamente sind im letzten Jahr um 5,3 Prozent auf 29,2 Milliarden Euro gestiegen. Einen großen Anteil daran haben die von BAYER & Co. neu auf den Markt gebrachten Arzneien. Für solche Pillen dürfen die Hersteller die Preise netterweise nämlich selbst festlegen. Als „systemsprengend“ hat der Pharmakologe Gerd Glaeske diese Kosten bezeichnet und eine Deckelung gefordert. Die ehemalige BAYER-Angestellte Cornelia Yzer wies diese Kritik in ihrer Funktion als Geschäftsführerin des vom Leverkusener Multi mitgegründeten „Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller“ umgehend zurück. Die neuen Produkte seien „kein Kostentreiber“, so Yzer.

KAPITAL & ARBEIT

Datensammler BAYER
Nicht nur bei der DEUTSCHEN BAHN dient die Korruptionsbekämpfung als Vorwand, um die Beschäftigten zu bespitzeln. Auch der Leverkusener Multi benutzt dieses Argument, um die Computer der Belegschaftsangehörigen zu scannen. Die Computer-Software SAP und das Programm „Staan“ ermöglichen es dem Konzern nach den Worten von Günter Müller, dem Bereichsleiter der Unternehmensrevision, hunderttausende von Daten zu eruieren und den Großen Bruder BAYER „under perfect information“ zu stellen.

Weiter Kritik an Beistandskasse
Die BAYER-Beistandskasse hatte im Jahr 2007 auf ihrer Mitglieder-Versammlung Kürzungen beim Sterbegeld, das ca. 6.000 Euro beträgt, vorgenommen (Ticker 3/08). Die Abschläge durch die Streichung des Gewinn-Zuschlages können sich auf zu 2.000 Euro - also ein Drittel der Summe - summieren. Zwei Jahre später haben sich die Wogen immer noch nicht wieder geglättet. Einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss gab das Amtsgericht Opladen in erster Instanz statt, woraufhin der Leverkusener Multi in die Berufung ging. Und auch auf der diesjährigen Versammlung stellten Mitglieder Anträge auf Wiedereinführung des Gewinnzuschlages, die der Vorstand allerdings nicht zur Abstimmung stellte. Spekulationen mit Lehman-Zertifikaten sowie ein Schrumpfen der Sterbegelder bei steigenden Sterbezahlen sorgten für zusätzlichen Unmut, der sich in den Abstimmungsergebnissen niederschlug. So verweigerten 150 der 652 Anwesenden dem Vorstand und 147 dem Aufsichtsrat die Entlastung.

ERSTE & DRITTE WELT

Milde NEXAVAR-Gaben
Der Leverkusener Multi verklagt routine-mäßig Pharma-Hersteller, die nach Ablauf der Patentfrist Nachahmer-Produkte von BAYER-Pillen auf den Markt bringen wollen, um sich die lästige Billig-Konkurrenz möglichst lange vom Leibe zu halten (siehe auch RECHT & UNBILLIG). Sogar gegen Generika-Unternehmen in der „Dritten Welt“ geht BAYER gerichtlich vor, obwohl diese die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Medikamenten zu erschwinglichen Preisen sicherstellen. So verlor der Konzern in Indien gerade einen Prozess, der den Nachbau seiner Krebs-Arznei NEXAVAR hinauszuzögern sollte (SWB 1/09). Der wachsenden Kritik an dieser Patent-Praxis begegnet der Pharma-Riese mit milden Gaben: Er erleichtert über spezielle Förderprogramme den Zugang zu NEXAVAR.

IG FARBEN & HEUTE

Gedenkplatte enthüllt
Im November 2008 hatte die KULTURVEREINIGUNG LEVERKUSEN e. V. mit einer Kundgebung vor dem Tor des BAYER-Chemie„parks“ an die Opfer des vom Pharma-Riesen mitgegründeten IG-FARBEN-Konzerns erinnert. Die AktivistInnen hatten zu diesem Anlass auch geplant, eine Gedenkplatte in den Boden einzulassen, aber die Stadt untersagte dies. Die Kulturvereinigung gab sich jedoch nicht geschlagen und bot dem Memorial auf ihrem eigenen Grundstück eine Heimat. Am 27. Juni 2009 enthüllte der Verein das Erinnerungsmal und eröffnete parallel dazu eine kleine Ausstellung über die Geschichte des Mörderkonzerns.

Karl-Winnacker-Preis verliehen
Karl Winnacker war von 1933 bis 1945 einer der einflussreichsten Manager des von BAYER mitgegründeten Mörderkonzerns IG FARBEN. Das hindert weder den „Marburger Universitätsbund“ noch das „Deutsche Atomforum“ daran, einen „Karl-Winnacker-Preis“ zu verleihen. Die diesjährige Auszeichnung erhielt die Bertelsmann-Miteignerin Liz Mohn. Karl Winnackers Sohn, der Gentechniker und Wissenschaftslobbyist Ernst-Ludwig Winnacker, setzt heute die Familien-Tradition fort und sitzt im BAYER-Aufsichtsrat. Auch aus anderen Nachkommen von IG-Managern ist etwas geworden. So ging Kurt Biedenkopf, Sohn des Technischen Direktors Wilhelm Biedenkopf, in die Politik und bekleidete einflussreiche Ämter für die CDU. Dieser Partei blieb auch die Fritz-ter-Meer-Tochter Charlotte treu, zumindest privat: Sie heiratete den langjährigen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep.

POLITIK & EINFLUSS

BDI fordert Rohstoff-Strategie
Immer wieder drängen BAYER & Co. die Politik, sich beherzter am Wettlauf um Kupfer, Zink und andere knappe Güter zu beteiligen. Im August 2009 hat der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) von der Bundesregierung und der EU eine „Rohstoff-Strategie“ eingefordert, um die Versorgung der Wirtschaft mit Ressourcen sicherzustellen. Nach den Vorstellungen des BDI müsste diese unter anderem für den Abbau von Handelshemmnisse sorgen, die europäischen Länder konkurrenzfähiger gegenüber China machen und die Ausweisung von immer mehr ökologischen Schutzgebieten stoppen, damit die Konzerne sich die heimischen Reservoirs besser erschließen können.

Merkel bestaunt BAYER-Modell
Ausgerechnet bei BAYER wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Energiesparen lernen. Auf der Hannover-Messe ließ die CDU-Politikerin sich mit Bundesforschungsministerin Annette Schavan und dem südkoreanischen Premierminister Han Seung-Soo im Schlepptau ein Modell zur Ressourcen-Schonung bei technischen Prozessen erläutern, das BAYER gemeinsam mit der Hannover-Messe entwickelt hatte.

Wenning bei Ackermann-Geburtstag
Wenn Angela Merkel für Josef Ackermann von der DEUTSCHEN BANK den Party-Service übernimmt und dessen Geburtstagsessen ausrichtet, darf einer natürlich nicht fehlen: BAYER-Chef Werner Wenning. Er gehörte zu den ca. 30 Gästen, die auf Kosten der SteuerzahlerInnen im Bundeskanzleramt speisten.

BAYER & Co. beim Runden Tisch
„Fortschritte beim zweiten Runden Tisch zur Pflanzen-Genetik“ vermeldete Forschungsministerin Annette Schavan im Juli. Kein Wunder, dass es so rund lief, denn 24 der 30 TeilnehmerInnen erwiesen sich als Anhänger der Risikotechnologie. Er habe sich „wie auf einer Werbeveranstaltung von BASF gefühlt“, klagte Hartmut Vogtmann vom DEUTSCHEN NATURSCHUTZRING dann auch. Jetzt wollen die Initiativen aber nicht mehr länger als Feigenblatt dienen. Sie haben einen neun Punkte umfassenden Katalog zur ökologischen Sicherheitsforschung formuliert, mit dem sich der nächste Runde Tisch befassen soll. Darin fordern NABU, BUND & Co. unter anderem eine systematische Erfassung der gesundheitlichen Risiken von Genpflanzen, die Untersuchung von Wechselwirkungen mit Pestiziden und eine Standardisierung der Zulassungstests.

Reul sitzt EU-Industrie-Ausschuss vor
Der CDU-Politiker Herbert Reul hat den Vorsitz des Industrie-Ausschusses der Europäischen Union übernommen. „Klimapolitik gegen die Industrie ist Unsinn“ gehört zu den Glaubensätzen des Christdemokraten, der generell Zweifel daran hat, „dass der Mensch so viel zur Erderwärmung beiträgt, wie allgemein behauptet wird“ und damit natürlich BAYERs Mann ist. Nicht umsonst hat der EU-Parlamentarier schon 2005 Vorträge beim Leverkusener Multi gehalten.

Thoben in Leverkusen
Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Christa Thoben nahm an der Vorstandssitzung der „Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft“ teil, die im Leverkusener Chemie-„park“ stattfand. Die CDU-Politikerin nutzte sogleich die Gelegenheit, ein Bekenntnis zu den „industriellen Kernen“ des Bundeslandes abzulegen. Wenig später verteidigte die Christdemokratin dann auch BAYERs umstrittene Kohlenmonoxid-Leitung: „Es ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung und zum Ausbau des Chemie-Standortes Nordrhein-Westfalen. Durch die Pipeline erhalten die beiden Werke in Krefeld und Dormagen eine gesicherte Perspektive“.

Rüttgers & Oettinger im Baykomm
Die beiden CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und Günther Oettinger besuchten das BAYKOMM in Leverkusen und ließen sich von BAYER-Chef Werner Wenning und Forschungsvorstand Wolfgang Plischke durch die Themenräume führen. Dabei fanden die Manager Gelegenheit, den Politikern die Gentechnik des Hauses als Beitrag zur Lösung des Welternährungsproblems zu verkaufen, BAYER als Klimaschützer in Szene zu setzen und bessere Rahmenbedingungen für die Forschung zu fordern.

Schäfer sitzt NRW-VCI vor
Klaus Schäfer, der Geschäftsführer von BAYERs Chemie„park“-Betreiber CURRENTA, hat den Vorsitz der nordrhein-westfälischen Sektion des „Verbandes der Chemischen Industrie“ (VCI) übernommen. „Ich freue mich sehr, dass ich mich nun auch an der Spitze des Chemieverbandes für den Erhalt und die Stärkung dieses wichtigsten deutschen Chemie-Standortes einsetzen kann“, sagte er nach seiner Wahl.

Schneider Chef-Aufseher bei RWE
Manfred Schneider hat seinen Aufsichtsratschef-Sesseln bei BAYER und LINDE jetzt auch noch den von RWE hinzugefügt. Daneben nimmt Schneider profane Aufsichtsratsmandate bei DAIMLER und TUI wahr. Zudem gehört er dem „Gemeinsamen Beirat“ der ALLIANZ an und leitet das Kuratorium der „Fritz Thyssen Stftung“.

Winnacker kritisiert Seehofer
Der Gentechnik-Multifunktionär Ernst-Ludwig Winnacker, dem seine vielfältigen Kontakte einen Sitz im BAYER-Aufsichtsrat einbrachten, hatte eine ganz ausgezeichnete Beziehung zum ehemaligen CSU-Boss Edmund Stoiber. So leitete er sieben Jahre lang den Wissenschaftlich-Technischen Beirat der Bayerischen Staatsregierung. Da bereitet ihm die zunehmende Gentechnik-Skepsis der Christsozialen unter Horst Seehofer natürlich Sorge. Deshalb setzte er einen Brief an den Ober-Bayern auf. „Ich habe ihm geschrieben, dass ich seine Äußerungen als forschungsfeindlich empfinde und enttäuscht bin, dass er als Ministerpräsident eine solch extreme Haltung einnimmt“, erklärte Winnacker in der Süddeutschen Zeitung. Dessen Gentech-Lobbyismus machte auch die Journalistin misstrauisch: „Die Gegner werfen Ihnen vor, von der Industrie gekauft zu sein“. Aber Mr. Gentechnik focht das nicht an. „Das Argument ist billig“, entgegnete er. Bereits wenige Tage nach dem Interview setzte er seine Mission fort und warb auf dem Münchner Symposion „Grüne Gentechnologie“ für Gen-Mais auf dem Acker.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER schult Pentagon-Personal
Das Pentagon kauft jährlich Arzneimittel für sieben Milliarden Dollar und zählt zu den Großabnehmern von BAYER-Medikamenten. Darum betreibt der Leverkusener Multi eine intensive Kundenpflege. Besonders gern lädt der Konzern Beschäftigte von Armee-Krankenhäusern zu Kongressen und „Fortbildungs“veranstaltungen ein. Die Kosten - allein die Reisen schlagen mit 46.000 Dollar zu Buche - scheinen eine lohnende Investition zu sein.

PLEON vermarktet Sozialpreis
Der Leverkusener Multi hat einen „ASPIRIN-Sozialpreis“ ausgelobt, den der Konzern an Sozial-Projekte aus dem Gesundheitsbereich verleihen will. Das Konzept für diese PR-Aktion stammt von der Agentur PLEON, die für den Pharma-Riesen in der Vergangenheit bereits BAYERs Kinderarmut-„Sozialarbeit“ betreut hatte. Im Bereich „Health Care“ kann die Werbefirma mit besonderer Kompetenz aufwarten, diese Sparte betreut nämlich die ehemalige grüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer. An diese adressierte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auch ihren Protestbrief. Die CBG sieht durch die Aktion die Aufklärung über gefährliche Nebenwirkungen des „Tausendsassas“ in den Hintergrund gedrängt und misstraut dem Bemühen des Global Players um die Mühseligen und Beladenen. „Es geht uns nicht darum, das Engagement der beim „ASPIRIN-Sozialpreis“ teilnehmenden Organisationen in Frage zu stellen. Aber es ist wohl unstrittig, dass es der BAYER AG bei solchen aus der Portokasse finanzierten Kampagnen nicht um soziales Engagement, sondern ausschließlich um Werbung geht“, heißt es in dem Schreiben an Fischer.

Greenwashing zum Umwelttag

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Pünktlich zum weltweiten Umwelttag am 5.6.09 hatte der Leverkusener Multi im US-amerikanischen Omaha sein Grünwaschprogramm angeworfen. Der Konzern initiierte gemeinsam mit der UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, eine Ausstellung mit Bildern von Kindern zum Thema „Klimawandel“ im Kindermuseum. Zudem spendierte der Konzern im Rahmen der „Sieben Milliarden Bäume“-Kampagne der UNEP 10.000 Dollar für das Anpflanzen von 500 Bäumen regionaler Provenienz im Stadtgebiet.

Greenwashing zum Umwelttag

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Auch im ostfriesischen Aurich wusch sich der Klimasünder BAYER (Kohlendioxid-Ausstoß 2008: 7,57 Millionen Tonnen) am weltweiten Umwelttag die Hände grün und zeigte im städtischen Rathaus von Kindern gemalte Bilder zum Thema „Klimawandel“. Entstanden waren die Exponate im Rahmen eines gemeinsam mit dem UN-Umweltprogramm UNEP veranstalteten Malwettbewerbs.

BAYER eröffnet klima-neutrale Kita
Der Leverkusener Multi betreibt ein Klein-Klein in der Klimapolitik. Während die Kohlendioxid-Emissionen (2008: 7,57 Millionen Tonnen) nur konjunktur-abhängig sinken, versucht der Konzern mit Mini-Projekten zu punkten. So eröffnete er in Monheim eine klima-neutrale Kindertagesstätte und heimste dafür auch noch einen Preis für energie-optimiertes Bauen ein.

Kulturachse Leverkusen-Berlin
BAYER entfaltet zunehmend PR-Aktivitäten in der Hauptstadt. Zu diesem Behufe rief der Konzern die „Kulturachse Leverkusen-Berlin“ ins Leben. Im Rahmen dieses Projekts zeigt er gesponsorte Theaterproduktionen nach der Premiere am Stammsitz auch in Berlin. Darüber hinaus plant der Multi die Förderung zeitgenössischer Dramatik. Zudem will der Agro-Riese seine Kunstsammlung am Regierungssitz zeigen und junge Berliner KünstlerInnen ausstellen. Zur Präsentation des Kulturprogrammes, das BAYER mit Partnern wie der „Hochschule Ernst Busch“, dem Renaissance-Theater und dem Martin-Gropius-Bau durchführt, kam auch der Kulturstaatssekretär André Schmitz ins Rote Rathaus.

VDMJ verleiht BAYER-Preis
Der „Verband Deutscher Medizinjournalisten“ (VDMJ) ist sich für nichts zu schade und hat den von BAYER gestifteten JournalistInnen-Preis für Berichte über Fortschritte in der Nierenkrebs-Therapie mit Malini Guha einer Journalistin verliehen, die in einem Artikel über die von BAYERs Arznei NEXAVAR bewirkten Fortschritte in der Nierenkrebs-Therapie berichtet hatte.

BAYER lehrt Gentechnik
Bereits über 200 Schülerlabore haben die Konzerne in der Bundesrepublik eingerichtet, um Nachwuchs für die Naturwissenschaften zu gewinnen. Mit einer kritischen Aufbereitung der Themen gelingt dies nicht. So durften SchülerInnen des Gymnasium Herkenrath in BAYERs „Baylab plants“ zwar die DNA von Raps isolieren, aber nichts über die „Risiken und Nebenwirkungen“ der Gentechnik lernen.

BAYER lehrt Wasserkunde
Der Leverkusener Multi lädt SchülerInnen nicht nur zu sich in seine Labore ein (s. o.). Er unterhält auch einen Außendienst, um Jugendliche mit Naturwissenschaften nach BAYER-Art vertraut zu machen. So halten ehemalige Beschäftigte wie Gerhard Heywang oder Peter Michael Lange Schulstunden ab. Gerhard Heywang etwa widmete sich im Chemie-Unterricht des Bonner Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums dem Thema „Wasser“. „Er demonstrierte die Sprengkraft von Wasser im gefrorenen Zustand und zeigte mit Hilfe von kleinen Glasplättchen, dass Wasser sogar als Klebstoff dienen kann“, zeigte sich der General-Anzeiger begeistert. Der enorme Wasserverbrauch von BAYER (siehe WASSER, BODEN & LUFT) stand natürlich ebenso wenig auf dem Stundenplan wie die massiven Verunreinigungen durch Schadstoff-Einleitungen.

BAYERs Testosteron-Check
Mit großer Anstrengung arbeitet der Leverkusener Multi daran, die „Männergesundheit“ als neues Geschäftsfeld zu etablieren und seinen Potenzpillen und Hormon-Präparaten neue und nur selten zweckdienliche Anwendungsmöglichkeiten zu erschließen. So hat er die Krankheit „Testosteron-Mangel“ erfunden, um seine Hormon-Pillen an den Mann zu bringen, obwohl die Liste der Nebenwirkungen lang ist. Bluthochdruck, Ödeme, Herzkrankheiten, Blutverdickung, Leberschäden und Wachstum der Prostata zählen dazu. Zwecks Erschließung neuer Käuferschichten sucht der Konzern seit Neuestem sogar männer-affine Veranstaltungen wie Oldtimer-Shows und Golfmessen heim und bittet dort zum „Testosteron-Check“.

DRUGS & PILLS

FDA: Qualitätsmängel bei YAZ & Co.
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat zweimal das Bergkamener BAYER-Werk inspiziert und gravierende Mängel bei der Qualitätskontrolle von Wirkstoffen für Verhütungsmittel wie YASMIN und YAZ festgestellt, die seit geraumer Zeit wegen erhöhter Thrombose- und Lungenembolie-Risiken in der Kritik stehen (siehe SWB 3/09). So entdeckten die KontrolleurInnen unreine Pharmastoffe und solche, die in ihrer Stabilität erhebliche Schwankungen aufwiesen, was BAYER durch Tricks bei den Analyse-Verfahren verbergen wollte. Zudem kritisierte die FDA Defizite bei der Reinigung und Wartung der Produktionseinrichtungen. Die Institution setzte dem Konzern eine Frist von 30 Tagen, um die Mängel zu beheben und drohte bei einer mit der Verhängung eines Einfuhrverbotes für Pillen made by BAYER.

Pharma-Forschung unter Einfluss
Seit langem kritisiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) den großen Einfluss der Pillen-Hersteller auf Arzneimittelstudien im Allgemeinen und die von BAYER mit der Kölner Universitätsklinik vereinbarte Kooperation auf diesem Gebiet im Besonderen. Auch die ÄrztInnenschaft beobachtet die Entwicklung misstrauisch. So gab der „Deutsche Ärztetag“ eine Expertise zum Thema „Der Einfluss der pharmazeutischen Industrie auf die wissenschaftlichen Ergebnisse und die Publikation von Arzneimittelstudien“ in Auftrag. Das Fazit fiel verheerend aus. So kommen von BAYER & Co. gesponsorte Untersuchungen deutlich öfter zu positiven Ergebnissen als staatlich geförderte. Das geschieht dem Autor Dr. Klaus Lieb zufolge unter anderem durch Veränderungen des Studien-Protokolls, das Zurückhalten von Informationen über Nebenwirkungen und durch die Beschäftigung von GhostwriterInnen. Als Konsequenz aus dem Resultat der Analyse forderte der „Deutsche Ärztetag“ die Bundesregierung auf, eine von den Pharma-Firmen unabhängige Forschung stärker als bisher zu unterstützen.

Studien: Kein ASPIRIN zur Vorbeugung
ForscherInnen der Universität Oxford raten davon ab, ASPIRIN zur Herzinfarkt-Vorbeugung zu nehmen. Die WissenschaftlerInnen werteten Daten aus sechs Studien aus und stellten dem „Tausendsassa“ in einer Risiko/Nutzen-Analyse ein schlechtes Zeugnis aus. So hat das Präparat zwar das Auftreten von Störungen des Herz/Kreislaufsystems um 12 Prozent gesenkt, dafür im Gegenzug aber zu einem 43-prozentigen Anstieg von Gehirnblutungen geführt. Eine Untersuchung des an der Edinburgher „Wolfson Unit“ tätigen Dr. Gerry Fowkes beurteilte die prophylaktische Wirkung von ASPIRIN ebenfalls negativ. Und das, obwohl BAYER zu den Sponsoren der Expertise gehörte.

RENNIE schadet Lunge und Knochen
BAYERs Arznei RENNIE bindet die Magensäure und wirkt so gegen Sodbrennen. Zu den Risiken und Nebenwirkungen der vom Leverkusener Multi und anderen Herstellern angebotenen Präparate gehören die Schädigung des Knochenbaus und die Förderung von Lungenentzündungen, wie neue Studien der Universität Hamburg-Eppendorf und des „Beth Israel Deaconess Medical Centers“ ergaben. Die von den Mitteln neutralisierte Magensäure spielt nämlich bei der Verwertung des für den Knochenaufbaus wichtigen Kalziums eine Rolle, und findet der Körper nicht genug in der Nahrung, so muss er die im Skelett verborgenen Kalzium-Reserven angreifen. Für die Erhöhung des Lungenentzündungsrisikos durch RENNIE & Co. gibt es hingegen keine eindeutige Erklärung. Die WissenschaftlerInnen vermuten, dass die Medikamente mit dem Blocken der Magensäure auch Immunzellen ausschalten, die für die Abwehrkraft des Organismus eine wichtige Funktion erfüllen. Angesichts des alarmierenden Befundes kritisieren die ForscherInnen die viel zu häufige Verwendung der Produkte.

Omeprazol-Lizenz erworben
BAYER hat von ASTRAZENECA die Lizenz für Omeprazol erworben. Der Leverkusener Multi will das Mittel gegen Sodbrennen in einer rezeptfreien 20-Milligramm-Version mit einer Wirkstoff-Konzentration von 20 Milligramm unter dem Namen ANTRA auf den Markt bringen. Dafür hat der Konzern auch grünes Licht vom Bundesrat bekommen, der seinem Antrag auf die Aufhebung der Verschreibungspflicht für das Omeprazol light stattgab.

XARELTO: US-Zulassung verzögert sich
Während die Europäische Union BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO bei schweren orthopädischen OPs zugelassen hat, verzögert sich die US-Genehmigung weiter. Wegen des erhöhten Risikos von Gefäß-Verschlüssen, Blutungen, Herz/Kreislaufstörungen und Leberschäden sowie ungeklärter Langzeitwirkung forderte die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA weitere Unterlagen an (Ticker 1/09). Der Leverkusener Multi hat offenbar Mühe, diese bereitzustellen. Erst im vierten Quartal des Jahres will der Konzern der FDA die Daten übergeben.

FDA warnt vor ALKA SELTZER & Co.
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA macht Schmerzmittel mit der Wirksubstanz Acetaminophen für jährlich 1.600 schwerwiegende Leberschäden - manchmal sogar mit Todesfolge - verantwortlich. Deshalb zieht die Institution verschreibungspflichtige Arzneien mit diesem Inhaltsstoff aus dem Verkehr. Für die geringere Dosen dieser Substanz enthaltenen freiverkäuflichen Pharmazeutika schreibt die Behörde eine Senkung des Acetaminophen-Gehaltes vor. Davon sind BAYER-Produkte wie ALKA SELTZER, MIDOL und BAYER SELECT betroffen.

Diabetikum-Vermarktung in China
Der Leverkusener Multi hat vom polnischen Pharma-Hersteller BIOTON die Exklusiv-Rechte zum Vertrieb des Diabetikums SCILIN in China erworben.

BAYER testet Verhütungspflaster
Der Leverkusener Multi testet Antibaby-Pflaster mit den Wirkstoffen Ethinylestradiol und Gestoden. Mit einer Zulassung rechnet er für 2012.

Neuer Ballon-Katheder
MedizinerInnen weiten PatientInnen mit verengten Gefäßen in einer OP mittels eines Ballon-Katheders die Arterien. BAYER hat jetzt die Zulassung für einen Ballon-Katheder beantragt, der mit einem Medikament beschichtet ist und so das erneute Zuwachsen der Gefäße effektiver verhindern soll.

Alzheimer-Marker in 3. Testphase
Die Universität von Nagasaki hatte ein Verfahren entwickelt, das Eiweißablagerungen im Gehirn mittels eines radioaktiven Markers visuell darstellen und so angeblich zur Früherkennung von Alzheimer dienen kann. BAYER sicherte sich durch einen Vertrag mit der japanischen Hochschule die Exklusivrechte an dieser Technologie und startete klinische Prüfungen, die sich mittlerweile in der dritten und letzen Phasse befinden.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Studie: GAUCHO tötet Bienen
Im letzten Winter haben britische ImkerInnen ein Fünftel ihrer Bienenvölker verloren. Eine daraufhin von den Initiativen BUGLIFE und SOIL ASSOCIATION durchgeführte Untersuchung machte Pestizide wie Imidacloprid, Wirkstoff von BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel GAUCHO, mitverantwortlich für das Bienensterben. Als Konsequenz daraus forderten die Gruppen ein Verbot von GAUCHO und anderen Mitteln, wie es die Bundesrepublik und andere Staaten in Europa für bestimmte Anwendungsbereiche schon ausgesprochen haben.

Bienensterben global
Im letzten Jahr hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO in Süddeutschland ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Deshalb dürfen die LandwirtInnen das Produkt in der Bundesrepublik vorerst auf Maisfeldern nicht mehr ausbringen. Andere Länder reagierten hingegen nicht. Nach einem Massentod von Bienen in Österreich (Ticker 2/09) beklagten nun auch ImkerInnen in Kroatien und Japan große Verluste.

Berufskrankheit „Parkinson“
Pestizide haben Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem. Besonders Menschen, die täglich mit Agrochemikalien umgehen, setzen sich einem Gesundheitsrisiko aus. So erkranken LandwirtInnen häufiger an Parkinson als der Durchschnitt der Bevölkerung. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft hat deshalb - allerdings erst nach einer Klage - pestizid-bedingten Parkinson als Berufskrankheit anerkannt. Einen ähnlichen Fall hatte vor einiger Zeit das Landessozialgericht Mainz positiv entschieden.

Diuron am Bau
Die verbesserte Wärmedämmung führt zu kälteren und feuchteren Außenfassaden. Weil das die Häuserwände anfälliger für Pilzbefall macht, greifen die BesitzerInnen häufig zu Anstrichen mit Agrochemie-Zusätzen. Regen spült die Gifte dann ins Grundwasser. Bei einer Untersuchung des schweizer Wasserversorgers EAWAG enthielt ein Liter Abfluss allein bis zu 7.000 Mikrogramm von BAYERs Pestizid-Wirkstoff Diuron.

Weiterhin Klasse-I-Pestizide
Auf der BAYER-Hauptversammlung von 1995 hatte der Vorstand zugesagt, bis zum Jahr 2000 alle Pestizide der Gefahrenklasse I vom Markt zu nehmen. Dieses Versprechen hat der Leverkusener Multi immer noch nicht eingelöst. Dem Nachhaltigkeitsbericht von 2008 zufolge „gibt es weiterhin Produkte, deren Einsatz notwendig ist und für die noch immer keine Alternativen verfügbar sind“. Zudem machten regionale Unterschiede beim Schadinsekten-Aufkommen angeblich eine „Standardlösung unmöglich“.

GENE & KLONE

Saatgut mit T25 verunreinigt
GREENPEACE hat konventionell angebautes Mais-Saatgut untersucht und Verunreinigungen mit gentechnisch manipulierten Saaten festgestellt. In 22 der 386 Proben fanden sich Gentechnik-Spuren. In den meisten Fällen führten diese zu MONSANTO, aber auch der Leverkusener Multi wurde ertappt. So wiesen die WissenschaftlerInnen in Maispflanzen aus Hessen, dessen Saatgut aus Kanada stammte, den BAYER-Mais T25 nach, den gentechnische Verfahren resistent gegen die Herbizide BASTA und LIBERTY gemacht haben.

Glyphosat schädigt Zellen
Das BAYER-Pestizid Glyphosat, das in den Mitteln GLYPHOS, KEEPER und USTINEX enthalten ist, hat es in sich. Der Wirkstoff, den der Konzern ab 2010 auch in Kombination mit seiner gentechnisch gegen die Substanz resistent gemachten „GlyTol“-Baumwolle anbieten will, kann menschliche Zellen schädigen. Nach einer Untersuchung französischer ForscherInnen von der Universität Caen löste die Agrochemikalie noch in 100.000facher Verdünnung binnen 24 Stunden ein komplettes Zellsterben aus.

USA genehmigen Gen-Baumwolle
Die USA haben BAYERs GlyTol-Baumwolle eine Genehmigung erteilt. Der Agro-Riese will die per Gentechnik immun gegen den Herbizid-Wirkstoff Glyphosat gemachte Pflanze ab 2010 vermarkten. Ob die BAYER-Baumwolle Hitze und Trockenheit besser trotzt als die Laborfrüchte des Konkurrenten MONSANTO? Bei denen ließen die klimatischen Verhältnisse nämlich die Glyphosat-Resistenz schwinden, weshalb die Gewächse dem Glyphosat-Großeinsatz nicht gewachsen waren und en masse eingingen.

Tallowamin tötet Frösche
Nicht nur Glyphosat als Wirkstoff von MONSANTOs Produktlinie ROUND-UP, auf die auch BAYER im Rahmen einer Kooperation mit dem Agro-Riesen zurückgreift (s. u.), steht in der Kritik (s. o.) Der ROUND-UP-Hilfsstoff Tallowamin hat jetzt ebenfalls die Aufmerksamkeit von ForscherInnen auf sich gezogen. US-amerikanischen WissenschaftlerInnen zufolge hat die Substanz für ein Massensterben von Fröschen und Kröten gesorgt. Das „Bundesamt für Verbraucherschutz“ hat von dem US-Unternehmen und anderen Anbietern bereits neue Daten angefordert und droht mit einer Aberkennung der Zulassung.

Mehr Kooperation mit MONSANTO
Schadinsekten gewöhnen sich zunehmend an die Pestizide, welche die Hersteller im Kombipack mit ihren gegen diese Wirkstoffe resistenten Genpflanzen verkaufen. Deshalb gehen BAYER & Co. nach der Devise „Doppelt hält besser“ immer mehr dazu über, ihre Sorten gleich gegen mehrere Agrochemikalien immun zu machen. So haben BAYER und MONSANTO bereits vor zwei Jahren einen umfangreichen Technologie-Transfer vereinbart. Der US-amerikanische Agro-Riese darf laut Vertrag BAYERs LIBERTY-Resistenzen zusätzlich zum Bt- oder Glyphosat-Gen in seine Raps- oder Soja-Kreationen einbauen und der Leverkusener Multi im Gegenzug auf MONSANTO-Entwicklungen zurückgreifen. Jetzt weiteten die beiden Unternehmen ihre Zusammenarbeit nochmals aus. Der US-Gigant erhält für seinen Gen-Raps Zugang zur LIBERTY-Technologie, während der bundesdeutsche Konzern für seine Rapssorten die MONSANTO-Entwicklung ROUNDUP-READY verwenden kann.

DUPONT kauft BAYER-Lizenzen
Auch der Agro-Riese DUPONT versucht, die nachlassende Widerstandskraft seiner Genpflanzen gegen Schadinsekten durch die Zusammenstellung neuer Giftcocktails aufzuhalten. Das Unternehmen erwarb vom Leverkusener Multi die Rechte zum Einbau von Resistenzen gegen das Pestizid Glufosinat in seine Sorten. Zudem hat das US-amerikanische Unternehmen Zugriff auf BAYERs Dual-Bt-Patent, welches das Bestücken seiner Produktlinien mit dem für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis erlaubt. Das den Agrarmarkt beherrschende Oligopol versucht also momentan, die sich aus der Genpflanzen-Monokultur ergebenden Probleme dadurch zu lösen, dass es den Oligopol-Giftschrank zwecks Pseudo-Diversifizierung gemeinsam nutzt.

Einzelstaatliche Gentechnik-Verbote?
Bislang galt in Sachen „Gentechnik“ einheitliches EU-Recht. Nach einer Genehmigung aus Brüssel konnte der Anbau im Prinzip starten. Da aber immer mehr Mitgliedsländer doch Wege fanden, der grünen Gentechnik auf ihren Feldern kein grünes Licht zu geben, stehen jetzt einzelstaatliche Lösungen zur Debatte. Wenn die letzte Entscheidung wieder bei den einzelnen Staaten liegt, bräuchten diese sich nicht mehr gleich für europa-weite Zulassungsverbote auszusprechen, kalkulieren die Befürworter der Risikotechnologie, während die Gentech-GegnerInnen sich von der Reform mehr „Nein“-Voten auf Länder-Ebene erhoffen.

Lizenz auf Krebsmoleküle erworben
BAYER hat vom US-amerikanischen Gentech-Unternehmen CELERA die Rechte an fünf Eiweiß-Substanzen erworben, die bei Krebskrankheiten eine Rolle spielen und deshalb angeblich als Ansatzpunkte für die Entwicklung von Gegenmitteln dienen können.

NEXAVAR immer noch zu teuer
Das britische Pendant zum bundesdeutschen „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“, die Sondergesundheitsbehörde NICE, hatte im letzten Jahr eine Kosten/Nutzen-Analyse von BAYERs Gentech-Arznei NEXAVAR bei der Indikation „Nierenkrebs“ vorgenommen. Das Ergebnis fiel negativ aus, weshalb die Krankenkassen für eine Behandlung nicht zahlten. Der Leverkusener Multi focht die Entscheidung an, aber die NICE blieb bei ihrem Urteil. Ob die Institution NEXAVAR als Leberkrebs-Medikament positiver gegenübersteht, bleibt abzuwarten. Die Prüfungen laufen noch.

Mehr Indikationen für NEXAVAR?
Der Leverkusener Multi versucht unentwegt, das Anwendungssspektrum seiner zur Behandlung von fortgeschrittenem Nieren- und Leberkrebs zugelassenen Gentech-Arznei NEXAVAR zu erweitern. Nachdem das Medikament als Haut- und Bauchspeicheldrüsen-Therapeutikum versagte, setzt der Konzern nun auf die Indikationen „Brustkrebs“ und „fortgeschrittener Lungenkrebs“, für die er in Tests auch erste Behandlungserfolge wie „keine weitere Verschlimmerung der Krankheit“ vermeldet.

PFLANZEN & SAATEN

Saatgut-Forschung in Cartagena
BAYERs Saatgut-Tochter NUNHEMS expandiert beständig. Im US-amerikanischen Parma baut sie für 15 Millionen Dollar ihr Werk aus, und im spanischen Cartagena hat di Firma ein Forschungszentrum eröffnet, das neue Melonen-, Salat-, Artischocken- und Paprika-Sorten entwickeln will.

Kooperation mit Reis-Institut
BAYER hat mit dem chinesischen Reis-Institut CNRRI eine Kooperation vereinbart. Die beiden Vertragspartner wollen gemeinsam an der Erforschung und Entwicklung von neuen hybriden, also sterilen und nicht zur Wiederaussaat bestimmten Sorten arbeiten. Diese Arten ermöglichen dem Agro-Riesen ein besonders gutes Geschäft, da die LandwirtInnen jedes Jahr neue Saaten kaufen müssen.

WASSER, BODEN & LUFT

Wolfenbüttel: schwierige Sanierung

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Bis BAYER den aufgegebenen Standort Wolfenbüttel (siehe Ticker 4/08) besenfrei übergeben kann, dürften Jahrzehnte vergehen. Die Sanierung des verseuchten Boden gestaltet sich nämlich schwieriger als erwartet. Nicht nur 325 Kilgramm Pestizide schlummern im Erdreich, sondern auch 3.000 Kilogramm Benzol sowie Lösungsmittel, Mineralöle und Schlacken. Für den größten Schadstoff-Eintrag hatte 1978 - damals betrieb SCHERING auf dem Gelände eine Chemie-Produktion - eine Explosion gesorgt, denn mit dem Löschwasser versickerte ein ganzer Chemie-Cocktail. Jetzt muss das vergiftete Grundwasser über 16 Brunnen an die Oberfläche gepumpt und einer großen Filteranlage zugeführt werden. Nach Auskunft des Geologen Jürgen Röhrs wird die Reinigung 50 Jahre in Anspruch nehmen - BAYER will es hingegen in einer Dekade schaffen. Und zu allem Überfluss verursachen die Maßnahmen zusätzliche Schäden: NachbarInnen klagen schon über Risse in den Wänden ihrer Häuser. Trotzdem erhielten die Arbeiten höchstministeriellen Segen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel lobte die Sanierung bei einem Lokaltermin. „BAYER CROPSCIENCE ist ein hochgradig professionelles Unternehmen“, so der SPD-Politiker.

Sanierung der Wolfenbütteler Deponie
Zu dem aufgegebenen Standort Wolfenbüttel gehörte auch die Sondermüll-Deponie in Klein Biewende. SCHERING als Vorbesitzer des Werkes und BAYER entsorgten dort von 1967 bis 2004 ihre Produktionsabfälle. Da die letzte Ruhestätte für die Chemie-Gifte nur unzureichend gesichert war, sorgten die Schadstoffe für eine erhebliche Umweltbelastung. Deshalb muss der Leverkusener Multi nun umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchführen. Er geht dabei ähnlich vor wie in Sachen „Dhünnauc“ (siehe SWB 3/04). Statt die Deponie auszuräumen, mumifiziert der Konzern sie aus Kostengründen nur. Er zieht Sperrwände ein und dichtet alles nach oben hin mit Ton, Erde und Kunststoff ab. Nach unten hin bleibt hingegen alles offen, weshalb das Unternehmen später permanent das verunreinigte Wasser abpumpen muss. Zudem sah BAYER sich nicht genötigt, die AnwohnerInnen über die Arbeiten zu informieren, was auf einigen Unmut stieß. „Die Politik des Unternehmens ist eine Katastrophe“, zürnte etwa der Bürgermeister des angrenzenden Remlingen, Klaus-Günter Warnecke (SPD).

Siedlung über BAYER-Altlast
Bis zum Jahr 2003 betrieb BAYER im englischen Hauxton nahe Cambridge ein Werk. Bei der Schließung hinterließ der Konzern in Boden und Grundwasser jede Menge Altlasten. Trotzdem will die Gemeinde auf dem Areal Wohnhäuser errichten lassen. Einen Investor hat sie schon gefunden. Dessen ersten Sanierungsplan, der nicht viel mehr als Schönheitsreparaturen vorsah, lehnten die LokalpolitikerInnen allerdings ab. Erst der zweite fand ihre Gnade, obwohl ehemalige BAYER-Beschäftigte im Stadtrat vor der Genehmigung warnten. „Auf diesem Gelände sollte niemals gebaut werden und ich würde dort nie ein Haus kaufen“, sagte etwa Deborah Roberts.

Produktionsrückstand Quecksilber
Der Leverkusener Multi hat seine Chlor-Produktion anders als viele mittelständische Betriebe immer noch nicht komplett auf das Membran-Verfahren umgestellt, bei dem kein giftiges Quecksilber als Produktionsrückstand mehr anfällt. Zudem ist dem Konzern als einzigem der 196 Quecksilber-Emittenten in der Bundesrepublik das Kunststück gelungen, die Größenordnung der Umweltbelastung durch dieses Schwermetall als „vertraulich“ deklarieren zu können (siehe auch SWB 3/09).

CO2-Bilanz: 7,57 Mio. Tonnen
Der Leverkusener Multi hat im Geschäftsjahr 2008 7,57 Millionen Tonnen klima-schädigende Treibhausgase ausgestoßen. 4 Millionen Tonnen davon stammen „aus eigener Herstellung“; 3,57 Millionen Tonnen entstanden bei der Produktion zugekaufter Energie. Die Summe setzt sich aus 92,1 Prozent Kohlendioxid, 7,5 Prozent Lachgas und 0,4 Prozent Kohlenwasserstoffe zusammen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Rückgang von 7,1 Prozent. Auf umweltfreundliche Investitionen ist diese Reduzierung jedoch nur zum Teil zurückzuführen. Sie „resultiert aus konjunkturellen Veränderungen und Maßnahmen zur Verringerung des besonders klima-wirksamen Lachgases (N2O) in unserer Salpeter-Anlage in Köln-Worringen“, heißt es im Nachhaltigkeitsbericht.

VOC-Bilanz: 3.160 Tonnen
Der Leverkusener Multi hat mit 3.160 Tonnen im Jahr 2008 mehr flüchtige organische Verbindungen (VOC) an die Umwelt abgegeben als 2007 (2.870 Tonnen). Verantwortlich für den höheren Ausstoß der gesundheitsschädlichen Stoffe war eine Steigerung der Produktion im überalteten Pestizid-Werk Vapi (Indien), womit eine verstärkte Emission von Lösemittel-Dämpfen einherging. Laut Nachhaltigkeitsbericht will BAYER prüfen, ob die Anlage ihre VOC-Bilanz verbessern kann.

Ozon-Schädigung: plus 16 Prozent
Der Leverkusener Multi hat 2008 mit 17,1 Tonnen rund 16 Prozent mehr ozonschicht-schädigende Substanzen emittiert als 2007. Und schon in jenem Jahr war der Ausstoß stark gestiegen. Verantwortlich für diese Erhöhung in beiden Fällen: das nicht dem neuesten Standard der Technik entsprechende Pestizid-Werk im indischen Vapi. Im letzten Herbst hat der Konzern endlich die Konsequenz gezogen und eine Modernisierung der Dreckschleuder angekündigt.

Etwas weniger Co & Co.
Der Leverkusenener Multi hat im Geschäftsjahr 2008 den Ausstoß von Kohlenmonoxid (CO) leicht von 2.000 Tonnen auf 1.700 gesenkt. Die Schwefeloxid-Emissionen sanken von 3.600 Tonnen auf 3.200 Tonnen, hauptsächlich weil der Konzern seine Dreckschleuder im indischen Vapi mittlerweile mit einem schwefelärmeren Brennstoff befeuert. Die Stickstoffoxid-Bilanz blieb weitgehend unverändert. Um 100 Tonnen auf 3.900 Tonnen reduzierte sich der Wert. Dabei gilt es dem Pharma-Riesen als Erfolgsmeldung, seine Anlage in Bergkamen schon jetzt so umgerüstet zu haben, dass sie mit 75mg/Nm3 passgenau auf den ab 2012 vorgeschriebenen Stickstoffoxid-Grenzwert geeicht ist.

Etwas weniger Schadstoffe im Abwasser
Die Abwasser-Bilanz des Leverkusener Multi sieht 2008 etwas besser aus als im Vorjahr. Das liegt jedoch nur zum Teil an Umweltschutz-Maßnahmen: Die Produktionsrückgänge infolge der Wirtschaftskrise wirkten sich ebenso stark aus. So produzierte BAYER 2008 mit 68,4 Millionen Kubikmeter Abwasser 12 Millionen weniger als im Vorjahr. Entsprechend reduzierte sich der Anteil der darin herumschwimmenden Schadstoffe etwas. Die Phosphorfracht sank von 990 Tonnen auf 780 Tonnen. Die Einleitungen organischer Verbindungen reduzierten sich von 1.770 Tonnen auf 1.590 Tonnen und die von anorganischen Salzen von 825.000 Tonnen auf 812.000 Tonnen. Der Wert für Stickstoff blieb mit 670 Tonnen fast gleich. Dafür fanden sich mehr Schwermetalle made by BAYER in den Gewässern wieder: 10,4 Tonnen (2007: 8,9 Tonnen). Der Pharma-Riese begründet das mit allerdings nicht mit einer schmutzigeren Produktion, sondern gibt „einem umfassenderen Abwasser-Reporting“ die Schuld für den Anstieg.

Mehr Abfall
BAYER produziert immer mehr Abfall. Die Gesamtmenge, die 2006 noch 649.000 Tonnen betrug, stieg 2007 auf 928.000 Tonnen und 2008 noch einmal auf 1.077.000 Tonnen. Auch die Zahlen für gefährlichen Müll erhöhten sich: von 570.000 Tonnen im Jahr 2006 auf 617.000 Tonnen 2007 und 670.000 Tonnen 2008. Mit 45 Prozent landete ein Großteil der Produktionsrückstände auf der Deponie, 24 Prozent gingen in den Verbrennungsofen und lediglich 28 Prozent wurden wiederverwertet (davon wahrscheinlich noch ein großer Teil in ökologisch bedenklichen Müllkraftwerken).

Kohlekraftwerk: Steigt GETEC aus?
Bei dem Projekt, auf dem Gelände des Brunsbütteler BAYER-Werkes ein Steinkohle-Kraftwerk zu errichten, treten offensichtlich Schwierigkeiten auf. Nach Informationen der Wilsterschen Zeitung will der Hannoveraner Energieversorger GETEC das Vorhaben aufgeben und VATTENFALL oder RWE überlassen. Das Unternehmen dementiert einstweilen die Gerüchte, räumt aber Probleme ein. „Vor dem Hintergrund der augenblicklichen Wirtschaftskrise ist die Einwerbung von Industriepartnern schwieriger geworden“, so GETEC-Sprecherin Neele Gehrt.

Immenser Wasserverbrauch
BAYER verbraucht dem Nachhaltigkeitsbericht 2008 zufolge jährlich 438 Millionen Kubikmeter Wasser. Das sind mehr als eine Millionen Kubikmeter pro Tag. 58 Prozent davon entnimmt der Chemie-Multi Oberflächengewässern, und 32 Prozent dem Grundwasser. Allein das Leverkusener Werk entzog dem Rhein im letzten Jahr 45 Millionen Kubikmeter und verbrauchte 85 Millionen Kubikmeter Grundwasser.

NRW schafft „Wasser-Cent“ ab
Der Wasserdurst des Leverkusener Multis ist enorm (s. o.). Um ihn etwas zu zügeln, hatte die rot-grüne Landesregierung den Wasser-Cent eingeführt; 4,6 Millionen Euro zahlte BAYER im vergangenen Jahr. Allerdings tat das Unternehmen alles, um sich von dieser Last zu befreien. Erst im August hatte Konzern-Chef Werner Wenning den „Wasser-Cent“ in einem Bild-Interview als einen „Investitionshemmer“ bezeichnet. „Das ‚Wasserentnahmegesetz‘ beispielsweise schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Industrie und schreckt potenzielle Investoren ab“, wetterte Wenning. Sein Ruf fand Gehör. Die gelbe-schwarze Koalition in Düsseldorf schaffte die Steuer ab, was umgehend auf Kritik stieß. „Der Wasserverbrauch des Leverkusener BAYER-Werks liegt rund doppelt so hoch wie der Trinkwasserbedarf der benachbarten Millionenstadt Köln! Dies ist ein schwerwiegender Eingriff in die Natur, der nicht dauerhaft zu rechtfertigen ist. Der enorme Verbrauch von BAYER zeigt, dass der „Wasser-Cent“ dringend notwendig ist, um den Wasserverbrauch zu verringern“, protestierte Philipp Mimkes von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) in der Presse-Erklärung, welche die Coordination gemeinsam mit dem BUND und dem BUNDESVERBAND BÜRGERINITIATIVEN UMWELTSCHUTZ (BBU) herausgab.

NANO & CO.

Nano-Partikel schädigen Nervenzellen
Nano leitet sich vom griechischen Wort für Zwerg ab. Die Nanotechnik beschäftigt sich folglich mit der Entwicklung von mikroskopisch kleinen Werkstoffen. Mit seinen Nano-Röhrchen ist der Leverkusener Multi mittlerweile in die Großproduktion eingestiegen. Für die Risiken und Nebenwirkungen dieser „Zukunftstechnologie“ fühlt er sich allerdings nicht verantwortlich. Dabei gibt es immer mehr alarmierende Hinweise. So können Nano-Stoffe nach einer Untersuchung der Universität Edinburgh das Gewebe angreifen und ähnlich wie in der Vergangenheit Asbest Entzündungen auslösen (siehe Ticker 2/08). Irische ForscherInnen haben Wirkungen von Nano-Partikeln auf das Immunsystem nachgewiesen. Und ForscherInnen der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA haben in einem Reagenzglas-Versuch mit Nano-Teilchen aus Titandioxid schädigende Effekte auf Nervenzellen festgestellt.

PRODUKTION & SICHERHEIT

BAYER baut MIC-Tanks ab
Seit langem kritisiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Sicherheitslage am BAYER-Standort Institute. So forderte die Coordination auf Hauptversammlungen immer wieder, die Tanks mit der Bhopal-Chemikalie Methyl Isocyanat (MIC) abzubauen. Noch vier Monate vor der Explosion vom 28. August 2008, die zwei Menschenleben forderte und die schlimmsten Befürchtungen der CBG bestätigte, wies der Konzern die Warnungen als „unbegründet“ zurück. Nun endlich scheint der Chemie-Multi ein Einsehen zu haben. Er kündigte an, die MIC-Lager um 80 Prozent zu reduzieren und die Produktion des Pestizides Carbofuran einzustellen. Aber auch so bleibt die BAYER-Niederlassung das Chemie-Werk in den USA mit dem größten MIC-Reservoir. Zudem kommt in der Produktion immer noch das gefährliche Giftgas Phosgen zum Einsatz. Darum setzt die CBG trotz des Erfolges ihr Engagement fort. „Wir fordern von BAYER, in der Kunststoff- und Pestizidproduktion neue Verfahren zu entwickeln und künftig auf Giftgase wie MIC und Phosgen ganz zu verzichten“, erklärte Geschäftsführer Philipp Mimkes.

STANDORTE & PRODUKTION

AKW-Panne legt Brunsbüttel lahm
Alle Räder stehen still, wenn es VATTENFALL will: Die Abschaltung des Atomkraftwerks Krümmel führte zu einem Spannungsabfall, der die Kunststoff-Herstellung im Brunsbütteler BAYER-Werk stoppte. Erst über eine Woche danach konnte der Multi die Produktion wieder aufnehmen. Ob er nach dem Zwischenfall immer noch ein glühender Anhänger der Atomkraft bleibt?

BAYER investiert in Bitterfeld
Der Leverkusener Multi investiert am Standort Bitterfeld sieben Millionen Euro in die Modernisierung der Pillen-Produktion.

BAYER deinvestiert in Krefeld
BAYER schließt die Kunststoff-Forschungsabteilung in Krefeld/Uerdingen (siehe auch SWB 3/09). Der Chemie-Multi will die wissenschaftliche Arbeit in Leverkusen konzentrieren, um eine stärkere Anbindung an das Marketing-Ressort zu gewährleisten, wie es offiziell heißt. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Rationalisierungsmaßnahme. Von den 132 Beschäftigten können nämlich nur 74 nach Leverkusen umziehen. 45 Jobs in den Laboren entfallen für immer, vor allem im Polyurethan-Bereich. Zudem hat die Abwicklung Folge-Wirkungen, denn 40 Stellen hängen direkt von der Entwicklungssparte ab. Einen „Aufschrei der Entrüstung“ hat die Ankündigung des Konzerns laut Westdeutscher Zeitung ausgelöst. „Die Auswirkungen auf die Menschen und den Standort Uerdingen wären bei einer tatsächlichen Realisierung der Unternehmensvorstellung fatal“, warnt die Betriebsratsvorsitzende Petra Kohnen. Die Wellen schlagen so hoch, weil die Belegschaftsangehörigen bereits seit längerem ein Ende der Niederlassung in Krefeld befürchten.

BAYER erpresst den Standort Berkeley
Der Leverkusener Multi droht dem Standort Berkeley, Teile der Herstellung des Blutproduktes KOGENATE abzuziehen, wenn er nicht in den Genuss von Steuernachlässen, Strom-Rabatten und anderen Vergünstigungen kommt. Auf 19 Millionen Dollar belaufen sich die Forderungen von BAYER. Und die Erpressung scheint Erfolg zu haben. Die Stadt Oakland signalisierte schon, die Niederlassung in ihre Sondertarife gewährende Sonderwirtschaftszone aufzunehmen.

BAYER schwächt Wuppertal
BAYERs Pharma-Standort Berlin wächst auf Kosten anderer Niederlassungen. So zieht der Pharma-Riese das Produkt-Team für das neue Mittel XARELTO, das Thrombosen nach Knie- und Hüftgelenksoperationen verhindern soll, von Wuppertal ab und verlegt es nach Berlin.

IMPERIUM & WELTMARKT

Dekkers folgt Wenning
BAYER hat den Niederländer Marjin Dekkers zum Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning bestimmt. Damit besetzt zum ersten Mal ein BAYER-Externer und Ausländer den Chef-Posten. Dekkers spricht allerdings Deutsch, was der Konzern sich auch ausbedungen hat. „Der Chef eines deutschen Großunternehmens muss sich ohne Dolmetscher mit der Kanzlerin und den Arbeitnehmer-Vertretern unterhalten können“, hieß es zur Begründung. Die anderen Qualitäten des Holländers wie „Durchsetzungsvermögen“, „Beste Drähte zu den Kapitalmärkten“ und lassen ebenso wenig etwas Gutes für die Zukunft erwarten wie die Tatsache, dass er bei seinem früheren Arbeitgeber THERMO FISHER SCIENTIFIC ein umfassendes Restrukturierungsprogramm inklusive des Verkaufs mehrerer Firmenteile initiierte. Die BAYER-Manager Klaus Kühn und Arthur Higgins, die sich ebenfalls Hoffnungen auf den BAYER-Vorsitz gemacht hatten, verließen das Unternehmen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu Gunsten Dekkers umgehend.

BTS baute Schwefelsäure-Anlage
BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) hat für den Bleihersteller BERZELIUS in Stolberg bei Aachen eine Schwefelsäure-Anlage errichtet, die trotz höherer Produktivität angeblich weniger schädliches Schwefeldioxid freisetzt als vergleichbare Fertigungsstätten.

ÖKONOMIE & PROFIT

BAYER spart Steuern
Bei der Verkündung der Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2009 konnte BAYER-Chef Werner Wenning eine Steigerung des Geldmittel-Zuflusses um „erfreuliche“ 57,4 Prozent auf fast 1.4 Milliarden vermelden, was er unter anderem auf „niedrigere Ertragssteuerzahlungen“ zurückführte. Auf die Kassen des Bundes, des Landes und der Kommunen mit BAYER-Werken dürften also unerfreulichere Zeiten zukommen.

Pensionsversicherungsbeitrag steigt
Wenn Unternehmen Insolvenz anmelden, dann stehen auch die Betriebsrenten zur Disposition. In solchen Fällen springt der Pensionssicherungsverein (PSV) ein. Da die Zahl der Firmenpleiten in Zeiten der Krise allerdings drastisch steigt, reichen die Ressourcen der Versicherung nicht mehr aus. Deshalb erhöhte sich für BAYER der Beitragssatz um das Siebenfache auf 70 Millionen Euro.

Kreditversicherungsbeiträge steigen
Der Leverkusener Multi hat Kreditversicherungen in einem Volumen von ca. 300 Millionen Euro abgeschlossen, um vor Zahlungsausfällen seiner Kunden gewappnet zu sein. Im Zuge der Wirtschaftskrise agieren ALLIANZ & Co. allerdings vorsichtiger und limitieren die Deckungssumme. „BAYER hat ebenso wie andere Chemie-Unternehmen eine Welle von Limitkürzungen bekommen. Darüber sind wir überhaupt nicht erfreut“, sagt BAYERs Versicherungsmann Gregor Köhler. Auch das Anheben der Preise, mit dem die Versicherungskonzerne ihre Verluste an den Kapitalmärkten kompensieren wollen, hebt seine Stimmung nicht. Deshalb droht Köhler der Branche damit, eine eigene Kreditversicherung aufzumachen, wie in den 90er Jahren. Damals hatten BAYER, BASF und HOECHST das in Luxemburg ansässige - und immer noch existierende - Unternehmen INDURISK gegründet, weil ihnen die verlangten Umwelthaftungsprämien zu hoch erschienen.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosion in Bergkamen
In dem Bergkamener Werk von BAYER SCHERING kam es am 5.9.09 bei der Entladung eines Containers mit flüssigen Metallalkyl-Resten, die für die Rückstandsverbrennungsanlage bestimmt waren, zu einer großen Explosion und zwei kleineren Folge-Detonationen. Vier Beschäftigte erlitten einen Schock und mussten sich ärztlicher Behandlung unterziehen. 170 Feuerwehrleute brauchten zwei Stunden, um den Großbrand unter Kontrolle zu bringen. Für den Chemie-Multi war das alles kein Grund zur Beunruhigung. „Eine Gefahr für die Bevölkerung hat zu keiner Zeit bestanden“, erklärte er. Dies sahen Sachverständige, welche die Vorgänge später untersuchten, anders. Sie sprachen von einem „unheimlichen Glück“, dass die vier Belegschaftsangehörigen gehabt hätten, außer einem Schock keine ernsthaften Verletzungen erlitten zu haben. Den ExpertInnen zufolge hat eine defekte Pumpe zu dem großen Knall geführt.

Gas-Austritt in Kansas
Am BAYER-Standort Kansas City kam es am 11.8.09 zu einem Gas-Austritt. Aus einem Zylinder, den eine Fremdfirma geliefert hatte, entwich durch eine Leckage die giftige und ätzende Substanz Chlorwasserstoff.

Phosgen-Austritt in Baytown
Wie der Leverkusener Multi in seinem Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert, trat 2008 am Standort Baytown durch eine Leckage Phosgen aus, das zu den gefährlichsten Chemiestoffen überhaupt zählt.

Salzsäure tritt aus
Durch einen defekten Tank trat 2008 laut Nachhaltigkeitsbericht am BAYER-Standort New Martinsville Salzsäure aus.

Ethylenoxid tritt aus
Laut Nachhaltigkeitsbericht wurden 2008 auf dem Gelände des BAYER-Werkes im US-amerikanischen Channelview aus einem Eisenbahn-Waggon 150 Kilogramm Ethylenoxid freigesetzt.

Institute: 2 Arbeiter vergiftet
Am BAYER-Standort Institute war es am 28. August 2008 zu einer Explosion gekommen, in deren Folge zwei Männer starben. Aber auch die Aufräumarbeiten gefährden die Belegschaft. So kamen zwei Arbeiter bei der Instandsetzung einer Rohrleitung in Kontakt mit dem Pestizid-Wirkstoff Carbuforan und mussten sich in ärztliche Behandlung begeben. Der Zwischenfall erreignete sich, weil der Leverkusener Multi sich nicht veranlasst sah, die Belegschaftsangehörigen zum Tragen von Schutzkleidung anzuhalten. Die US-amerikanische Arbeitsschutzbehörde OSHA hatte das bereits nach dem ersten Vorkommnis dieser Art gerügt.

RECHT & UNBILLIG

Preisabsprachen im Pharma-Bereich
Der Leverkusener Multi kann es nicht lassen und ist wieder mal in einen Kartell-Fall verwickelt. Die rumänische Wettbewerbsbehörde hat wegen des Verdachts auf Preis-Absprachen zwischen Pillen-Produzenten und Zwischenhändlern Büros der Pharma-Hersteller BAYER, BAXTER, BELUPO PHARMACEUTICAL und SINTOFARM durchsucht. „Der pharmazeutische Sektor besitzt Priorität für die Wettbewerbsbehörde. Wenn immer es nötig ist, werden wir intervenieren, damit die Bevölkerung Zugang zu Medikamenten erhält, deren Preise auf freiem Wettbewerb beruhen“, sagte Bogdan Chiritoiu, der Präsident der rumänischen Kartellbehörde, zur Begründung der Hausdurchsuchungen.

Patentklage scheitert
Ende letzten Jahres wollte der Leverkusener Multi in Indien die Zulassung einer Nachahmer-Version seines Krebsmedikamentes NEXAVAR verhindern und ging deshalb juristisch gegen den Hersteller CIPLA und die Genehmigungsbehörde vor. Das Gericht wies die Klage im August 2009 jedoch ab und stellte so die Versorgung armer Menschen mit billigen Arzneien sicher (siehe auch SWB 3/09).

BAYER entschädigt Blutplasma-Opfer
Weltweit starben in den 80er Jahren Tausende Bluter durch HIV-verseuchte Blutprodukte an AIDS. Zudem übertrugen die Präparate Hepatitis-C. Obwohl BAYER & Co. das Risiko bekannt war, weigerten die Konzerne sich aus Kostengründen lange Zeit, eine Hitze-Behandlung der Mittel zur Abtötung der Krankheitskeime vorzunehmen. Deshalb sah sich das Unternehmen mit vielen Prozessen konfrontiert. Ein Jahrzehnte lang währender Rechtsstreit ging erst 2009 zuende. Der Konzern willigte schließlich ein, SammelklägerInnen eine Entschädigung zu zahlen.

BAYER mahnt Duckhome ab
Der Leverkusener Multi hat das Internet-Portal Duckhome wegen eines Kommentars zu einem BAYER-kritischen Beitrag abgemahnt. Der Text „BAYER - so ein richtig schmutziger Turbokapitalismus“ hatte einen recht umfassenden Einblick in das Sündenregister des Konzerns von Arbeitsplatzvernichtung und Bienensterben über die Gentechnik und die Kohlenmonoxid-Pipeline bis hin zu giftigen Pestiziden gewährt. Einen Leser hat das zu der Frage veranlasst, ob gegen den Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning ein Notwehrrecht besteht. Das sah der Agro-Riese als „ehrverletzend“ an und leitete rechtliche Schritte gegen Duckhome ein. Der Betreiber der Website beruft sich hingegen auf die Meinungsfreiheit und kündigte an, den Rechtsstreit nötigenfalls bis zur letzten Instanz durchzufechten.

BAYER verklagt TEVA
Der Leverkusener Multi verklagt routine-mäßig Pharma-Hersteller, die nach Ablauf der Patentfrist Nachahmer-Produkte von BAYER-Pillen auf den Markt bringen wollen, um sich die lästige Billig-Konkurrenz möglichst lange vom Leibe zu halten. Jetzt traf es wieder einmal das Unternehmen TEVA. Der bundesdeutsche Pharma-Riese wirft dem Pillen-Produzenten, der eine Generika-Version des Potenzmittels LEVITRA plant, Patent-Verletzung vor. Damit heißt es bereits zum dritten Mal „BAYER vs. TEVA“. Jüngst geriet diese Klage-Praxis ins Visier der Brüsseler Wettbewerbskommission. Diese betrachtet die gerichtlichen Auseinandersetzungen als Indiz dafür, „dass die Pharma-Märkte nicht so gut funktionieren, wie sie sollten“, so Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Die Gesundheitssysteme kostet die juristische Verzögerungstaktik zur Verhinderung preiswerterer Arznei-Alternativen Milliarden von Euro.

YASMIN-Patent ungültig
Seit langem schwelt zwischen BAYER und dem jetzt zu TEVA gehörenden Pharma-Unternehmen BARR ein Patentstreit um die Verhütungspille YASMIN (Zu den Nebenwirkungen siehe SWB 3/09). In einem ersten Verfahren erkannte der Richter dem Leverkusener Multi kein geistiges Eigentum auf das Kontrazeptivum zu. Der Konzern ging in Revision, einigte sich aber zwischenzeitlich mit seinem Konkurrenten darauf, ihn gegen eine Umsatzbeteiligung mit dem YASMIN-Wirkstoff zu beliefern. Im August 2009 scheiterte dann auch der Einspruch des Pharma-Riesen. Dem Gericht zufolge reicht eine pharmazeutische Ausbildung, um das Mittel anzurühren; einen Patentschutz könne BAYER dafür nicht beanspruchen.

Klage wg. Vitamin-Werbung
Die VerbraucherInnenschutz-Organisation THE CENTER FOR SCIENCE IN THE PUBLIC INTEREST will den Leverkusener Multi verklagen, falls dieser falsche Angaben in der Werbung für das Vitamin-Präparat ONE-A-DAY nicht korrigiert. BAYER spricht dem Mittel eine Prostatakrebs vorbeugende Wirkung zu, obwohl Studien diese Aussage nicht bestätigen. So hat das „National Institute of Health“ eine ursprünglich auf 12 Jahre angelegte Untersuchung zu diesem Thema wegen sich abzeichnender negativer Ergebnisse vier Jahre früher als geplant beendet. Statt positiver Effekte auf Prostatakrebs machte das Institut ein erhöhtes Diabetes-Risiko durch den Vitamintabletten-Konsum aus.

Baytown-Unfall: BAYER zahlt
Am 26. September 2006 war es im Baytowner BAYER-Werk zu einer Explosion gekommen, bei der 22 Belegschaftsangehörige Gesundheitsstörungen erlitten und zur Behandlung ins Krankenhaus mussten. Die verletzten Beschäftigten strengten eine Schadensersatzklage gegen den Konzern an. Im Sommer 2009 erhielten sie schließlich im Rahmen eines Vergleiches Schmerzensgeld: Ein Gutachten der US-amerikanischen Arbeitsschutzbehörde OSHA hatte dem Leverkusener Multi „grobe Fahrlässigkeit“ in Sicherheitsfragen nachgewiesen.

EU: Sammelklagen auf Eis gelegt
Die EU hat den Plan, Sammelklagen nach US-Vorbild zu ermöglichen, vorerst auf Eis gelegt. Die Europäische Volkspartei (EVP), welche den Kommissionsvorschlag in den Ausschüssen schon empfindlich verwässert hatte, griff sogar zum Mittel der politischen Erpressung, um dieses Instrument des VerbraucherInnenschutzes zu Fall zu bringen. Der EVP-Fraktionsvorsitzende Joseph Daul warnte den Kommssionspräsidenten José Manuel Barroso nicht nur in einem Brief vor dem „möglichst radikal formulierten Kommissionsvorschlag“, er machte auch die EVP-Stimmen zu Barrosos Wiederwahl davon abhängig, dass der Politiker das Vorhaben stoppt. Zur Wiedervorlage kommt es erst im Herbst - und dann wohl nur in einer nochmals abgeschwächten Form. Den Leverkusener Multi, der vehement Lobby-Aktivitäten gegen das Projekt entfaltet hatte, wird das freuen. Millionen-Klagen, wie sie Opfer seines Cholesterin-Senkers LIPOBAY in den USA eingereicht hatten, muss der Konzern in Europa höchstwahrscheinlich nie entgegensehen.

Prozess gegen Broschüre
Die von der Projektwerkstatt Sassen herausgegebene Broschüre „Organisierte Unverantwortlichkeit“ widmet sich den Gentechnik-Seilschaften zwischen BAYER & Co., der Politik und Wissenschaftseinrichtungen. Jetzt hat der ehemalige sachsen-anhaltinische Wirtschaftsminister Horst Rehberger gegen die Publikation, in die auch Recherchen der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN eingeflossen sind, vor dem Landgericht Saarbrücken eine Verbotsklage eingereicht.

FORSCHUNG & LEHRE

EU stärkt Standortforschung
Das europäische Forschungsnetzwerk „F3 Factory“ plant, neue Produktionsverfahren für die Chemie zu entwickeln. „Flexibler, schneller, ressourcen-effizienter und energiesparender“ soll es in den „Fabriken der Zukunft“ zugehen - und sicher auch weniger personal-intensiver. Mit 18 Millionen Euro unterstützt die EU den Verbund, dem neben BAYER, BASF, PROCTER & GAMBLE auch Hochschulen und staatliche Wissenschaftsinstitutionen angehören, um europäische Standortpolitik im Sinne der Lissabon-Strategie zu betreiben, die aus Europa „die wettbewerbsfähigste wissensgestützte Wirtschaft der Welt“ zu machen gedenkt. „Mittels schnellerer und flexiblerer Herstellungsverfahren wollen die Experten die weltweite Technologie-Führerschaft der europäischen Chemie-Industrie nachhaltig stärken und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern“, heißt es dazu in BAYERs Propaganda-Postille direkt.

Kooperation mit dem Liverpooler IVCC
BAYER CROPSCIENCE hat eine Forschungskooperation mit dem „Innovative Vector Control Consortium“ (IVCC) aus Liverpool vereinbart. Ziel der Zusammenarbeit ist es, neue Insektizid-Wirkstoffe zu finden, um der Mücken Herr zu werden, die Malaria übertragen. Gegen viele alte Mittel haben die Tiere nämlich bereits Resistenzen ausgebildet.

BAYER sponsort SIFE
Die StudentInnen-Organisation SIFE „eröffnet den Studenten bereits während des Studiums ein Forum auf nationaler wie auf internationaler Ebene, um persönliche Kontakte zu Entscheidungsträgern namhafter Unternehmen aufzubauen“, so die Selbstauskunft des Verbandes. Deren „Country Coordinator“ ist deshalb praktischerweise gleich über das Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG zu erreichen. Der Draht zu BAYER könnte auch nicht kürzer sein. Der Leverkusener Multi gehört nämlich nicht nur zu den Sponsoren, er stellt mit Jörg Krell auch den Präsidenten von SIFE Deutschland. Dem BAYER-Manager gefällt dabei vor allem das „soziale Engagement“ der SIFElerInnen in der „Dritten Welt“, wo die Konzern-Kontakt Suchenden laut SIFE-Homepage „als Unternehmer im besten Sinne wirtschaftliche Perspektiven für Dritte“ eröffnen, denn „ethisch verantwortliches Handeln hat für die Unternehmen an Bedeutung gewonnen“, meint Krell. Er denkt dabei natürlich bloß an die Bedeutung für die Öffentlichkeitsarbeit.

BAYERs Forschungspolitik
Hinter BAYERs Vorgehen, verstärkt Kooperationen mit Hochschulen wie der Universität Köln einzugehen und hoffnungsvolle Arznei-Kandidaten von anderen Unternehmen einzukaufen, steckt System. „Große Unternehmen sind gut, um Produkte zu entwickeln, zur Zulassung zu bringen, zu vermarkten, sagte der BAYER-SCHERING-Pharmachef Andreas Fibig in einem Tagesspiegel-Interview. Für Grundlagenforschung ist der Leverkusener Multi seiner Meinung nach nicht so gut gerüstet. Darum lautet Fibigs Devise: „Wir müssen neue Wege finden und Partnerschaften bilden. Da kommen vor allem kleinere Biotech-Unternehmen sowie akademische Einrichtungen in Frage“. Hatte der Konzern sich in der Vergangenheit stets voller Stolz als „Forschender Arzneimittelhersteller“ bezeichnet, so scheint sich der Pharma-Riese nun von dieser Unternehmensphilosophie zu verabschieden.

SPORT & MEDAILLEN

LEVITRA bald auf Doping-Liste?
Der LEVITRA-Wirkstoff Sildenafil weitet die Blutgefäße und verbessert so die Sauerstoff-Aufnahme. Das hat auch doping-willige SportlerInnen auf die Potenzpillen von BAYER & Co. aufmerksam gemacht und die Antidoping-Agentur WADA auf den Plan gerufen. Die Institution debattiert derzeit darüber, die Mittel auf die Doping-Liste zu setzen.

[Ticker] STICHWORT BAYER 01/2009 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Demo gegen Kohlekraftwerk
Am 6. Juni 2009 haben in Krefeld ca. 1.500 Menschen gegen das auf dem Chemie-„Park“ von BAYER geplante Kohlekraftwerk demonstriert, und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN durfte dabei natürlich nicht fehlen. „Im Gegensatz zu einem Gaskraftwerk würde uns das Kohlekraftwerk über vier bis fünf Jahrzehnte hinweg mit Feinstaub, Schwermetallen, Radioaktivität und mit jährlich rund 4,4 Millionen Tonnen CO2 belasten. Gas- und Dampfturbinenkraftwerke nutzen bis zu 90 Prozent der im Gas enthaltenen Energie, Kohlekraftwerke nur maximal 60 Prozent”, so Ulrich Grubert vom NIEDERRHEINISCHEN UMWELTSCHUTZVEREIN in seiner Kundgebungsrede. Sogar GewerkschaftlerInnen gehörten zu den ProtestlerInnen. Norbert Bömer, gleichzeitig Mitglied der IG METALL und der Initiative SAUBERE LUFT, äußerte zwar Verständnis für seine um die Arbeitsplätze besorgten KollegInnen, hält aber ein Gaskraftwerk für die bessere - und auch arbeitsplatz-verträgliche - Alternative. „Wir gehören zusammen. Wir sollten nicht gegeneinander antreten“, mahnte er. Die prominenteste Rednerin war die ehemalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn. „Kohlekraftwerke sind klimaschädlich, Kohlekraftwerke sind Klimakiller”, wetterte sie und gab zu bedenken: „Die Bundesregierung will den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent reduzieren. Jedes der 20 in Deutschland geplanten neuen Kohlekraftwerke wird aber dazu führen, dass diese Ziele verfehlt werden.”

Demo in Lyon
Mit einer Lohnerhöhung von einem Prozent wollte BAYER CROPSCIENCE seine Beschäftigten in Frankreich abspeisen. Zudem kündigte der Konzern Arbeitsplatzvernichtungen durch Umstrukturierungsmaßnahmen an. Am Standort Lyon reagierte die Belegschaft darauf mit einer Protest-Kundgebung.

Pipeline-Mahnwache
Ende Mai 2009 hatte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht einen Antrag BAYERs auf vorzeitige Inbetriebnahme der vom Standort Krefeld zum Standort Dormagen führenden Kohlenmonoxid-Leitung wegen Sicherheitsbedenken abgelehnt (siehe RECHT & UNBILLIG). Die Grünen sahen sofort politischen Handlungsbedarf und setzten das Thema auf die Tagesordnung des NRW-Umweltausschusses. Um den außerparlamentarischen Druck auf die PolitikerInnen zu erhöhen, das umstrittene Projekt endlich zu stoppen, hielt die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) vor dem Landtag eine Mahnwache ab. Und mit dem Ergebnis können die CBG und ihre MitstreiterInnen einstweilen zufrieden sein. Die Landesregierung will ein neues Sicherheitsgutachten in Auftrag geben, das die Inbetriebnahme bis mindestens 2012 verzögert. Das könnte die Pipeline zu einem Rohrkrepierer machen.

PONCHO-Zulassungsunterlagen öffentlich
Im letzten Jahr hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hegte den Verdacht, dass der Agro-Riese diese Gefahr bei den Genehmigungsbehörden heruntergespielt hat und verlangte in einem Offenen Brief an das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) die Herausgabe der Zulassungsunterlagen. Der Leverkusener Multi legte umgehend Widerspruch ein. Die Behörde gab diesem jedoch nicht statt und erklärte das Begehr der CBG für zulässig. Nach Meinung des BVL besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse an den Dokumenten. „Die Entscheidung über die (Wieder-)Zulassung von PONCHO steht noch aus. Bei dieser Entscheidung ist die Frage, ob die Bewertung seinerzeit objektiv abgelaufen ist, durchaus von Relevanz“, lautete die Begründung des Bundesamtes.

Kölner Universität antwortet
DIE COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hatte die Uniklinik Köln gemeinsam mit den KRITISCHEN MEDIZINSTUDIERENDEN AN DER UNI KÖLN, MEDICO INTERNATIONAL und anderen Gruppen in einem Offenen Brief aufgefordert, den mit BAYER geschlossenen Kooperationsvertrag publik zu machen. Zudem verlangten die Initiativen Informationen zu den Details der Vereinbarung. „Verzichtet die Uniklinik auf die negative Publikationsfreiheit - also darauf, auch fehlgeschlagene Experimente publik zu machen? Müssen Studien vor ihrer Veröffentlichung der BAYER AG vorgelegt werden? Wie wird sichergestellt, dass Konzeption und Auswertung pharmakologischer Studien nicht allein durch ökonomische Interessen beeinflusst werden? Wie ist die Frage der Rechte an Arznei-Entwicklungen geregelt?“ - diese Fragen stellten die Gruppen dem Universitätsklinikum unter anderem. Ende März 2009 lehnte es die Universität in ihrem Antwortschreiben ab, den Vertrag zu veröffentlichen. Nur zu einigen Fragen gab sie Auskunft. Einen Verzicht auf die negative Publikationsfreiheit hat die Hochschule demnach nicht geleistet. Die Unabhängigkeit der Forschung sieht sie durch den unabhängigen Lenkungsausschuss gewahrt. Zur Frage der Rechte an den Entwicklungen verwies die Uni auf das Arzneimittel- und ArbeitnehmerInnen-Erfindungsgesetz. Diese Angaben reichten den Initiativen nicht. Sie pochten in einem Schreiben an die Bildungseinrichtung nochmals auf die Veröffentlichung des Vertrages und zitierten dabei die Auffassung der Landesbeauftragten für Datenschutz, wonach das Paragraphen-Werk nicht in den vom Informationsfreiheitsgesetz ausgenommenen Bereich fällt. Darüber hinaus erbaten die Gruppen Präzisierungen zur Frage der Rechte an den Erfindungen, der Geheimhaltungspflichten und der Überwachung der Klinischen Erprobungen.

Kein Datenschutz für Kölner Uni
Die Kölner Universität hatte es abgelehnt, den mit BAYER geschlossenen Kooperationsvertrag offen zu legen (s. o.) und sich dabei auf das Datenschutzgesetz berufen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN bat daraufhin die NRW-Datenschutzbeauftragte, den Fall zu prüfen. Die Antwort fiel eindeutig aus. „Wir teilen Ihnen mit, dass nach Prüfung des Vertragstextes der Auffassung der Universität, der Kooperationsvertrag falle in den vom IFG NRW (Informationsfreiheitsgesetz, Anm. Ticker) ausgenommenen Bereich von Forschung und Lehre, nicht gefolgt wird“.

CBG beim „Rundumschlag 09“
Am 21 März fand in Köln der „Rundumschlag 09“ zum Thema „Kapitalismus - ich KRIEG die KRISE“ statt. Neben Initiativen wie BUSINESS CRIME CONTROL, ATTAC und BUND gehörte auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu den Teilnehmern. Gemeinsam mit LOBBYCONTROL bot die CBG einen workshop zu „Konzernkritische Gruppen in Köln“ an, der auf reges Interesse stieß.

CBG schreibt der UN
1999 haben sich BAYER und andere Multis am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums im „Global Compact“ dazu bekannt, soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards einzuhalten. Nach Meinung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat der Leverkusener Multi mit der Beinah-Katastrophe in Institute und seiner Reaktion darauf gegen diese Regularien verstoßen. Der Konzern hatte im Vorfeld lange bekannte Sicherheitsmängel nicht behoben, defekte Detektoren nicht repariert und Warnsysteme deaktiviert. Nach der Explosion informierte er zudem die Öffentlichkeit unter Berufung auf die Antiterror-Gesetze nur spärlich (siehe SWB 2/09). Die CBG hat die UN deshalb in einem Offenen Brief aufgefordert, den Agro-Riesen aus dem „Global Compact“ auszuschließen. Die Antwort traf umgehend ein. Der „Global Compact“ legte dar, dass er über keinerlei Mandat verfügt, die Einhaltung seiner Prinzipien zu kontrollieren und gegebenenfalls Sanktionen auszusprechen. Nur einen Dialog moderieren könne er. Trotz dieses politischen Offenbarungseides schlug das Büro vor, ein Verfahren wegen Regelverstoßes gegen BAYER einzuleiten, was die CBG auch tat.

Prinz Charles kritisiert Gen-Multis
Prinz Charles hat in einem Interview mit dem daily telegraph massive Kritik an den Gen-Multis geübt. Für ihn unternehmen BAYER & Co. „ein gigantisches Experiment (...) mit der Natur und der Menschheit, das vollkommen schief gegangen ist“. Bei der Lebensmittel-Versorgung auf die großen Konzerne zu setzen, wird in einem „absoluten Desaster“ enden, prophezeite der Prinz.

Leserbriefe zur Pipeline
Die Regionalzeitungen erhalten eine Flut von Leserbriefen zu der von BAYER zwischen Dormagen und Krefeld geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline. „Es verbietet sich geradezu, den Betrieb der giftigen CO-Gas-Pipeline mit Allgemeinwohl zu begründen, die Wertschöpfung liegt alleine nur bei der BAYER AG, die Moral und Ethik mit Füßen tritt“, empört sich beispielsweise ein Leser der Westdeutschen Allgemeinen.

BAYER: PONCHO bienensicher
Im letzten Frühjahr hat BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO in Süddeutschland ein großes Bienensterben verursacht. Ein Mitglied des NIEDERRHEINISCHEN UMWELTVEREINS forderte den Leverkusener Multi deshalb zu einer Stellungnahme auf. In seiner Antwort wies der Konzern alle Schuld von sich. Einige fehlerhaft behandelte Saatgutpartien hätten im Verbund mit einigen fehlerhaft konstruierten Sämaschinen und starkem Wind zu dem Bienensterben geführt, so der Agro-Riese. Mit PONCHO hatte all das dem Unternehmen zufolge nichts tun: „Nach allen uns vorliegenden Untersuchungen ist unser Produkt bei Einhaltung der empfohlenen Beizqualität bienensicher“.

Anfrage zu Glufosinat
Die Linkspartei hat eine Kleine Anfrage zum BAYER-Pestizid Glufosinat gestellt, von dem die LandwirtInnen allein in der Bundesrepublik jährlich 48 Tonnen verspritzen. Sie wollte von der Bundesregierung unter anderem wissen, warum Glufosinat trotz seiner erbgut-schädigenden Wirkung immer noch auf dem Markt ist. Zudem erbat die Linke eine Stellungsnahme der Bundesregierung zum laufenden Zulassungsverfahren des glufosinat-resistenten BAYER-Genmais‘ 1507, den der Multi im Kombipack mit dem Mittel anbieten will. Die neue EU-Verordnung sei noch nicht in Kraft, antwortete die Bundesregierung. Zudem erfülle Glufosinat die Zulassungskriterien: „Bei bestimmungs- und sachgemäßer Anwendung sind keine Risiken für Anwender, Verbraucher und Umstehende zu sehen“. Auch beim BAYER-Mais gibt die große Koalition Entwarnung, „da das Produkt (...) mit glufosinat-haltigen Herbiziden nur in der Art und Weise verwendet werden darf, die der herkömmlichen Praxis bei nicht Glufosinat-tolerantem Mais entspricht“.

Anfrage zu TDA
Im November 2008 hat der grüne Landespolitiker Johannes Remmel eine Kleine Anfrage zu der von BAYER produzierten, Krebs erregenden Chemikalie Toluylendiamin (TDA) gestellt. Nach Auskunft der Landesregierung fielen bei der Herstellung Reststoffe wie verbrauchte Katalysatoren und ein TDA-Gemisch an. Im Jahr 2007 entsorgte BAYER ein Großteil dieser Substanzen - 36 Tonnen bzw. 260 Tonnen - in der Dormagener Rückstandsverbrennungsanlage. Dabei entstehen Kohlendioxid- und Stickstoffmonoxid-Emissionen. Die im Umfeld des Müllofens gemessene Stickstoffmonoxid-Konzentration lag im Jahresmittel bei 109 mg/Nm3 (Grenzwert: 200mg/Nm3).

KAPITAL & ARBEIT

Vassiliadis neuer IG-BCE-Chef
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) bestimmte Ende Mai Michael Vassiliadis zum neuen Vorsitzenden und Nachfolger von Hubertus Schmoldt. Am unternehmensfreundlichen Kurs der Interessensvertretung wird Vassiliadis festhalten. „Konzernlenker loben ihn als kooperatives Gegenüber“, weiß die Financial Times Deutschland. Und der Gewerkschaftler bekennt sich auch dazu. „Sozialpartnerschaft ist nicht immer sexy und kann langweilig wirken, aber es ist belegbar, dass sie in der Vergangenheit kontinuierlich erfolgreich war“, sagt der 45-Jährige. Über den nötigen BAYER-Stallgeruch verfügt er auch: Wie bereits sein Vater arbeitete er lange beim Leverkusener Multi.

Christliche Gewerkschaft unterliegt
Vor der Wirtschaftskrise hat BAYER nach eigenen Angaben bis zu 650 LeiharbeiterInnen beschäftigt; momentan sind es noch 536. Teilweise arbeiteten sie nach dem von der Christlichen Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrag zu einem Gotteslohn von 5,20 Euro brutto (SWB 4/08). Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält die „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“ mangels Masse organisierter LeiharbeiterInnen allerdings für nicht tariffähig und zog vor Gericht. In erster Instanz gaben die RichterInnen dem DGB Recht. Allerdings wollen die unchristlichen LohndumperInnen in die Berufung gehen. Das Urteil hat jedoch jetzt schon Konsequenzen: LeiharbeiterInnen klagen Lohnnachzahlungen ein.

Fahrerlose Transportsysteme
Im Bitterfelder BAYER-Werk braucht es zum Hin-und-Herkutschieren der Arznei-Paletten keine Menschen mehr. „Fahrerlose Transportfahrzeuge“, kurz FTF genannt, übernehmen den Job. 20 Stück davon tun davon in der Pillen-Produktion ihren Dienst. „Weniger Unfälle mit schwerem Gerät, eine Fehlerquote nahe null, keine personellen Unwägbarkeiten“, benennt eine BAYER-Sprecherin die Vorteile. Und damit den Robotern nicht alles Menschliche fremd bleibt, hat der Konzern ihnen Namen wie Rudolf oder Birgit gegeben.

ManagerInnen-Gehälter unverdient
Krise hin, Krise her: BAYER-Chef Werner Wenning konnte 2008 sein Salär gegenüber dem Vorjahr noch einmal um zwei Prozent auf 3,66 Millionen Euro steigern. Verdient hat er das nach einer vom Bundesarbeitsministerium in Auftrag gegebenen Studie ebenso wenig wie seine Kollegen. „Vorstände von großen Aktiengesellschaften werden nicht nach Effizienz-Kriterien vergütet“, lautet das Resümee. Nicht an den Geschäftszahlen orientiere sich die Bezahlung, vielmehr bestimme die Größe des Unternehmens das Gehalt, so die ProfessorInnen.

Krebs durch Schichtarbeit
Schichtarbeit, wie sie in der BAYER-Produktion üblich ist, fördert die Entstehung von Krebs. Das ergab eine von der Universität Köln vorgenommene Auswertung von 30 Studien. Teilweise liegt das Risiko einer Erkrankung bei im Schichtdienst Beschäftigen um 70 Prozent höher als bei Menschen mit einer geregelten Arbeitszeit. Als ein Hauptgrund für die Gesundheitsgefährdung sehen die MedizinerInnen die verminderte Produktion des Hormones Melatonin an, für dessen Herstellung der Organismus Dunkelheit benötigt. Sinkt der Melatonin-Spiegel, so kann der Körper nicht in ausreichendem Maße regenerieren und die zellen-schädigenden freien Sauerstoffradikalen nicht binden.

ERSTE & DRITTE WELT

EU betreibt „Rohstoff-Diplomatie“
Die EU hat eine Initiative angekündigt, um die Rohstoff-Versorgung von BAYER & Co. sicherzustellen. Wenn Länder „den ungehinderten Zugang zu ihren Rohstoffen verwehren“, haben sie künftig Nachteile bei der Entwicklungshilfe zu erwarten. Diese von der EU-Kommission „Rohstoff-Diplomatie“ getaufte Strategie zielt vor allem auf Energie-Ressourcen, Metalle, Chemikalien, Holz und Mineralien ab.

EU betreibt Patent-Politik
Seit die Verhandlungsrunden der WTO zur weiteren Liberalisierung des Welthandels gescheitert sind, betreibt die EU Marktöffnungspolitik auf eigene Rechnung. Beim Thema „Patente“ geht sie dabei sogar noch über das berühmt-berüchtigte TRIPS-Abkommen der WHO hinaus. In Verhandlungen mit Kolumbien dringt die Europäische Union auf eine Verlängerung der Patentlaufzeiten für Medikamente von 20 auf 25 Jahre. Die den Zulassungen vorausgegangenen Arznei-Tests will Brüssel nicht mehr wie bisher nach fünf, sondern erst nach elf Jahren zugänglich machen. Zuwiderhandlungen sollen sogar zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. „Wenn die EU ihre Vorschläge durchsetzt, wird Gesundheit unbezahlbar, denn Generika (billige Nachahmer-Präparate, Anm. Ticker) werden vom Markt verschwinden“, prophezeit Germán Holguín von der Initiative MISIÓN SALUD. Marianne Gumaelius von der „Generaldirektion Handel“ der EU-Kommission kümmert das herzlich wenig. „Gerade in Zeiten der Krise muss die EU neue Instrumente suchen, um ökonomisch zu wachsen“, so Gumaelius. Ökonomisch wachsen auf Kosten der Ärmsten der Armen - das versucht auch BAYER derzeit in Indien. Der Leverkusener Multi hat einen Generika-Hersteller wegen Patentverletzung verklagt.

POLITIK & EINFLUSS

„Pro Industrie“-Kampagne in NRW
Der zunehmende Widerstand gegen Industrie-Projekte wie BAYERs Kohlenmonoxid-Pipeline und das Kohlekraftwerk im Krefelder Chemie-Park bewog die Landesregierung jetzt zum Handeln. „Solch ablehnende Haltungen behindern die Entwicklung des Industrie-Standortes Nordrhein-Westfalen“, heißt es in der „Düsseldorfer Erklärung zur Industriepolitik“ von CDU/FDP-Koalition, Unternehmen und Gewerkschaften. Künftig will die von ihnen gegründete „Allianz Pro Industrie und Nachhaltigkeit“ solchen Entwicklungen in einer konzertierten Aktion Einhalt gebieten. Aber ob der Mix aus Drohungen mit Arbeitsplatzvernichtung, Bekenntnissen zu mehr Transparenz und milden Gaben für Soziales, Kultur und Sport die Akzeptanz für umstrittene Vorhaben erhöhen kann, darf bezweifelt werden.

Garthoff sitzt BIO.NRW vor
Das Land Nordrhein-Westfalen setzt unter Innovationsminister Andreas Pinkwart stark auf die Biotechnologie. Zu diesem Behufe hat es unter anderem das Netzwerk BIO.NRW geschaffen, das Wissenschaft und Wirtschaft stärker verzahnen soll. Für Projekte dieser Art stellt die Landesregierung Mittel in Höhe von 260 Millionen Euro
bereit. So einiges davon könnte der Leverkusener Multi abgreifen, denn Pinkwart nominierte den ehemaligen BAYER-Manager und Ex-Vorsitzenden der „Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie“, Bernward Garthoff, zum Leiter. „Mit Bernward Garthoff übernimmt eine in der nationalen wie internationalen Biotechnologie-Szene bekannte Persönlichkeit eine Schlüsselrolle für die Entwicklung dieses Zukunftsfeldes in Nordrhein-Westfalen“, sagte der Innovationsminister zur Amtseinführung.

Chinas Botschafter bei BAYER
Chinas Botschafter in der Bundesrepublik, Ma Conrong, stattete dem Leverkusener Multi nun schon zum zweiten Mal während seiner Amtszeit einen Besuch ab. Unter anderem traf er Konzern-Boss Werner Wenning und Forschungsvorstand Werner Plischke zu Gesprächen über die BAYER-Pläne in seinem Land.

Große Entrups „Wahlbausteine“
Wolfgang Große Entrup, der Vorsteher des BAYER-Stabes „Politik und Umwelt“, gehört als Leiter der Umweltkommission dem CDU-Wirtschaftsrat an. Dieses Gremium hat Ende April „Wahlbausteine“ veröffentlicht, deren Ähnlichkeiten mit den von der „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA) in ihrer Publikation „Die Krise bewältigen“ geforderten Maßnahmen alles andere als zufällig ist. „Steuererleichterungen in Milliardenhöhe“, „Abkoppelung der Sozialversicherungsbeiträge von den Löhnen“, „flexiblere Arbeitsverträge“, „mehr betriebliche Bündnisse für Arbeit“ und „weniger Kündigungsschutz“ - das war sogar für die Parteileitung zu starker Tobak.

Große Entrup begrüßt Amflora-Urteil
BAYER-Manager Wolfgang Große Entrup kann wieder etwas optimistischer in die Zukunft der grünen Gentechnik schauen. In seiner Funktion als Leiter der Umweltkommission des CDU-Wirtschaftsrats begrüßte er
das „Ja“ von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zum Versuchsanbau von BASFs Gen-Kartoffel Amflora. „Mit der Genehmigung des Versuchsanbaus haben sich Sachargumente bei der Bewertung der Pflanzenbiotechnologie wieder durchgesetzt. Nach dem Verbot der Aussaat von Genmais war zweifelhaft, ob in Deutschland wichtige technologische Innovationen noch entwickelt und vermarktet werden können. Jetzt dürfen wir optimistischer sein“, erklärte er. Dabei dachte Große Entrup sicherlich auch an die Kartoffel, deren Stärkegehalt BAYER gerade mittels Gentechnik erhöhen will. Die EU hält sich derweil eine Entscheidung über die Amflora-Zulassung trotz Unbedenklichkeitsbescheinigung der „Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) noch offen, weil in den Mitgliedsländern der Widerstand gegen die „Zukunftstechnologie“ wächst. Umweltkommissar Stavros Dimas drängt derweil auf ein Moratorium, bis die EU die Genehmigungsverfahren reformiert hat.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYERs Pipeline-Deal
Investitionen von 200 Millionen Euro gegen eine Allgemeinwohl-Bescheinigung für die Kohlenmonoxid-Pipeline - so lautet der Deal, den der Leverkusener Multi im April 2009 mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung ausgehandelt hat. Der entsprechende Vertrag, der nach dem Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts (siehe RECHT & UNBILLIG) inzwischen Makulatur sein dürfte, hat bei Bekanntwerden eine Welle der Empörung ausgelöst. Die Landesregierung würde die 100.000 BürgerInnen, die ihre Unterschrift gegen das Projekt gegeben haben, an BAYER verkaufen, kritisierte Wolfgang Cüppers von der INTERESSENSGEMEINSCHAFT ERKRATH. Und „erstaunt über diese Vorgehensweise“ zeigte sich der Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Johannes Remmel.

Bußfertige YAZ-Werbung
BAYER hatte seiner mitunter lebensgefährlichen Antibabypille YAZ (siehe DRUGS & PILLS) in US-Werbespots wider besseren Wissens positive Effekte auf Akne sowie auf das - nicht offiziell als Krankheit anerkannte - prämenstruelle Syndrom angedichtet (Ticker 1/09) und muss nun dafür büßen. Bisher einmalig in der Werbe-Geschichte, verpflichtete die US-amerikanische Aufsichtsbehörde FDA den Leverkusener Multi zu einer Gegendarstellung in Form einer neuen Reklame. Und so verkündet eine Werbeträgerin in dem frisch produzierten YAZ-Film nun: „Vielleicht haben Sie Werbespots für YAZ gesehen, die nicht ganz klar waren. Die FDA will, dass wir ein paar Punkte in diesen Spots korrigieren“.

YAZ-Werbung jetzt mit Promis
Nachdem die US-amerikanischen Aufsichtsbehörden die Kampagne für die Antibaby-Pille YAZ (zu den Nebenwirkungen siehe DRUGS & PILLS) wegen irreführender Aussagen aus dem Verkehr gezogen haben (s. o.), setzt BAYER nun auf den Promi-Effekt. Der Konzern verpflichtete für die neuen, in den USA ausgestrahlten Werbe-Clips die aus der MTV-Serie „The Hills“ bekannte Lo Bosworth.

BAYER stoppt LEVITRA-Werbung
BAYER musste in Spanien eine Kampagne für das Potenzmittel LEVITRA zurückziehen. „Ich bin es Leid, meiner Frau immer nur Konfekt und Blumen zu schenken. Ich möchte der bestmögliche Liebhaber werden“, mit diesem Begehr wandte sich ein Mann in einer 40.000fach an MedizinerInnen und ApothekerInnen verschickten Werbesendung an seinen Arzt, um ein LEVITRA-Rezept zu erhalten. Zahlreiche AdressatInnen beschwerten sich umgehend über den Machismus dieser Reklame und zwangen den Konzern damit zum Stopp der Aktion. „Der Tonfall der Werbung war wohl nicht ideal“, räumte eine BAYER-Sprecherin kleinlaut ein.

Millionenschwere Pharma-Werbung
BAYER & Co. erhöhen ihre Etats für Pillen-Werbung kontinuierlich. Allein in bundesdeutschen Zeitungen und Zeitschriften schalteten die Pillen-Riesen 2008 Anzeigen im Wert von 342 Millionen Euro. Als größter bundesdeutscher Arznei-Hersteller dürfte BAYER daran einen maßgeblichen Anteil haben.

Bisphenol-Kampagne
Die von BAYER massenhaft hergestellte und vor allem in Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen Verwendung findende Chemikalie Bisphenol A (BPA) wirkt hormon-ähnlich und kann deshalb die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen sowie Diabetes und Herz/Kreislauf-Erkrankungen befördern. Kanada hat die Verwendung in Babyflaschen deshalb bereits verboten. Da die Hersteller weiteres „Unheil“ befürchten, haben sie eine Strategie-Treffen anberaumt. Mit „Angst-Taktiken“ beabsichtigen BAYER & Co. ihr Gift-Produkt auf dem Markt halten. „Wollen Sie etwa keinen Zugang zu Baby-Nahrung mehr haben?“ - Fragen wie diese sollen die VerbraucherInnen verunsichern.

BETAFERON-Beobachtungsstudie
Fast 2.000 Anwendungsstudien führten bundesdeutsche MedizinerInnen im Jahr 2008 mit Pillen der Pharma-Riesen durch, darunter auch mit BAYERs Multiple-Sklerose-Präparat BETAFERON. ExpertInnen halten 80 Prozent dieser Beobachtungsstudien für wertlos, denn sie dienen weniger wissenschaftlichen als vielmehr Vermarktungszwecken. Die Pharma-Multis zahlen den ÄrztInnen Geld, wenn diese ihre PatientInnen auf ein firmen-eigenes Medikament umstellen und dazu pro forma einige Angaben zur Verträglichkeit machen. Für die ÄrztInnen lohnt sich das Ausfüllen der Fragebögen allerdings sehr. So war BAYER einst das Akquirieren von fünf neuen KundInnen für den als Mittel zweiter Wahl geltenden Blutdrucksenker BAYOTENSIN schon mal 375 Euro wert, weil sich diese Investition auf lange Sicht auszahlt.

„Boulevard der Marken“ abgesagt
BAYER & Co. wollten bei den Jubiläumsfeierlichkeiten zu „60 Jahre Grundgesetz“ gehörig mitmischen. Vor dem Brandenburger Tor sollte ein „Boulevard der Marken“ entstehen, auf dem Bildstelen ASPIRIN, Nivea und andere Produkte preisen. Doch nach massiver öffentlicher Kritik blies das Bundesinnenministerium die Sache ab und entzog der Eventagentur mit den guten Kontakten zum „Bundesverband der Deutschen Industrie“ den Auftrag.

BAYER springt auf Wissenschaftszug auf
Aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der Bundesrepublik setzt das Bundesforschungsministerium in Kooperation mit der „Max-Planck-Gesellschaft“ und der Wirtschaft den Sonderzug „Expedition Zukunft“ aufs Gleis. Ab April rollt er durch die deutschen Lande, um dafür zu sorgen, dass „die Arbeit von Forscherinnen und Forschern wieder mehr Wertschätzung erfährt“. Das liegt auch BAYER am Herzen, denn die mangelnde Akzeptanz von Gentechnik & Co. verhagelt dem Konzern die Bilanzen. Deshalb unterstützt der Leverkusener Multi das Projekt finanziell und stellt Exponate zur Verfügung. Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ es sich nicht nehmen, höchstpersönlich das Signal zur Abfahrt des Propaganda-Zuges zu geben, der mit Slogans wie „Konventionelle Züchtung schöpft nicht alle Möglichkeiten aus“ aufwartet, und auf die Frage: „Wie werden wir neun Milliarden Menschen ernähren?“ natürlich die Antwort: „Mit der Gentechnik“ bereithält.

Dubiose Kinderarmutsstudie
BAYER finanzierte der Universität Bielefeld eine Studie zur Kinderarmut und lieferte auch gleich die Studien-Objekte. Diese setzten sich nämlich aus TeilnehmerInnen einer Ferien-Freizeit des ebenfalls vom Leverkusener Multi geförderten Kinderhilfswerks „Arche“ zusammen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN kritisierte die Kooperation in Leserbriefen zu Zeitungsveröffentlichungen und schrieb der verantwortlichen Professorin Sabine Andresen. Die Wissenschaftlerin antwortete: „In der Tat haben wir uns im Vorfeld auch lange überlegt, ob wir diese Studie übernehmen, während des halbjährigen Forschungsprozesses haben wir als Forscherteam uns immer wieder kritisch hinterfragen müssen, was wir da eigentlich tun“.

BAYER gratuliert Helmut Schmidt
Die Wochenzeitung Die Zeit hat ihren Mitherausgeber, Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, zu seinem 90. Geburtstag mit einem Sonderheft geehrt. Zu den GratulantInnen gehörte auch BAYER. „Hochachtungsvoll“ hieß es auf der 1-seitigen Anzeige schlicht, und im Kleingedruckten folgte die Selbsterklärung des Glückwunsch-Senders. „Wir sind als Unternehmen ein Teil der Gesellschaft unseres Landes, um das sich Helmut Schmidt verdient gemacht hat“.

Forever young mit Testosteron?
„Müde und lustlos? Unkonzentriert und gereizt? Und dann noch Stress mit der Partnerin?“, fragt BAYER und weiß auch gleich Abhilfe: die Testosteron-Präparate des Konzerns. Auf der Werbeseite www.testosteron.de kann der Mann ab 40 dann praktischerweise gleich einen Test machen und zum Konzern-Kunden werden. „Damit Sie wieder vital, aktiv und ausgeglichen sind“, verspricht der Pharma-Riese. Risiken und Nebenwirkungen wie Bluthochdruck, Ödeme, Herzkrankheiten, Blutverdickung, Leberschäden und Wachstum der Prostata verschweigt der Multi dagegen.

BAYER fördert Schulen
Um die Lust an Naturwissenschaften im Allgemeinen und die von BAYER betriebenen im Besonderen zu wecken, fördert der Leverkusener Multi den Unterricht in diesen Fächern steuernsparend über seine Stiftung „BAYER SCIENCE & EDUCATION“. Diese schüttet jährlich ca. 500.000 Euro an Bildungseinrichtungen im Umkreis der Standorte aus. 20.000 Euro davon erhielt die Jenaer Lobdebergschule für ein Forschungslabor. Und in Weimar stellte der Konzern gleich drei Schulen Schecks aus.

Lernpartnerschaft mit Gesamtschule
Das BAYER-Werk in Bergkamen hat eine „Lernpartnerschaft“ mit der Willy-Brandt-Gesamtschule der Stadt geschlossen. Gemäß dieser Vereinbarung überlässt der Multi den SchülerInnen seine Ausbildungslabors, Metall- und Elektrowerkstätten, schickt seine Lehrlinge in die Klassen und bildet die LehrerInnen in den Ferien durch Betriebspraktika fort.

BAYER bei Klima-Diskussion
7,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid blies der Leverkusener Multi 2007 in die Luft. Eigene Kraftwerke, Anlagen oder Müllverbrennungsöfen trugen dazu 3,9 Millionen Tonnen bei; 3,7 Millionen wurden bei der Produktion zugekaufter Energie fällig. Das hindert den Konzern jedoch nicht, sich in der Öffentlichkeit als der große Klima-Kümmerer zu inszenieren. So gehört das Unternehmen der Initiative „Wirtschaft für Klimaschutz“ an, die vom „Bundesverband der Deutschen Industrie“ ins Leben gerufen wurde und nimmt auch an ExpertInnen-Workshops dieser Organisation teil. Der BAYER-Manager Dr. Manfred Marsmann saß Ende April 2009 bei einer Diskussion zum Thema „Technologie-Transfer und Finanzkooperation: Eckpfeiler eines Post-Kyoto-Regimes“ mit auf dem Podium.

BAYER verleiht Klima-Preis
Neues aus der Rubrik „Bock zum Gärtner“: Der Leverkusener Multi, der auf Kohlendioxid-Emissionen von 7,6 Millionen Tonnen im Jahr kommt, fühlt sich berufen, einen Klima-Preis zu verleihen. Der Konzern verlieh Eberhard Jochems vom „Fraunhofer Institut“ den mit 50.000 Euro dotierten „BAYER Climate Award“. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) klärte den Ausgezeichneten über die Hintergründe des Klima-Programms von BAYER auf und schlug ihm vor, das Preisgeld zur Untersuchung der Klima-Bilanz von Chemie-Multis zu verwenden. Eine Antwort auf den Brief blieb bisher allerdings noch aus.

Buchwürdiges Greenwashing
Die Greenwashing-Aktivitäten des Leverkusener Multis, die ihn mittels teurer PR-Maßnahmen trotz massiver Kohlendioxid-Emissionen als Klima-Kümmerer und trotz immenser Wasser-Verschmutzungen als Wasser-Retter erscheinen lassen, haben es mittlerweile zu Buch-Ehren gebracht. Stefan Kreutzbergers Werk „Die Ökolüge - Wie Sie den grünen Etikettenschwindel durchschauen“ räumt dem Konzern sogar ein eigenes Kapitel ein.

TIERE & VERSUCHE

Zweifel an Tierversuchen
Die Zahl der Tierversuche steigt ständig. Starben 1997 in den Laboren der Unternehmen 1,5 Millionen Lebewesen, so waren es 2007 bereits 2,6 Millionen. Der Leverkusener Multi beziffert die Zahl der im Dienste seiner Forschung gestorbenen Tiere auf 1.241. Trotz dieses Booms wachsen in der pharmazeutischen Industrie die Zweifel am „Tiermodell“. So versagte ein erfolgreich an Mäusen erprobtes Alzheimer-Mittel bei den ersten klinischen Tests auf der ganzen Linie. Bei Krebs-Impfungen wiederholte sich das Desaster, weil das tierische Immunsystem nicht an die Komplexität des menschlichen heranreicht. „Von Dutzenden, wenn nicht Hunderten von Protokollen, die in Mäusen hervorragend funktionieren, haben sich nur wenige beim Menschen als erfolgreich erwiesen“, sagt der Immunologe Mark Davis. Zudem leiden die in den Laboren gezüchteten Versuchskaninchen zunehmend an Degenerationserscheinungen, was die Aussagekraft der Experimente schmälert.

Neue EU-Tierversuchsrichtlinie
Das EU-Parlament hat im Mai 2009 eine Änderung der Richtlinie zum Schutz von Versuchstieren beschlossen. Dabei setzten sich die Abgeordneten allerdings über die Vorschläge der Kommission hinweg, die zu strengeren Auflagen geführt hätten. So bleiben besonders schmerzhafte Experimente und Versuche mit Affen erlaubt. „Es ist skandalös, dass sich die Abgeordneten nun sogar für noch laschere Regelungen bei der Genehmigung von Tierversuchen ausgesprochen haben, als sie derzeit in der Tierversuchshochburg Deutschland existieren“, empörte sich daraufhin Brigitte Rusche vom „Deutschen Tierschutzbund“.

DRUGS & PILLS

Immer mehr Todesfälle durch Verhütungsmittel
Die Meldungen über Todesfälle und schwere Gesundheitsstörungen durch BAYERs Antibaby-Pillen YAZ und YASMIN häufen sich. Im letzten Jahr schockierten Berichte über die an einer Lungenembolie gestorbene Tanja Hayes die australische Öffentlichkeit (Ticker 3/08), und in der Schweiz sorgte ein Fernsehbeitrag über ein 16-jähriges Mädchen, das seit der Einnahme von YAZ schwerbehindert ist, für Aufsehen. Der Tagesanzeiger begann daraufhin mit seinen Recherchen und wandte sich an das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM). Zu „sieben Todesfällen im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels YASMIN oder Wirkstoff-Kombinationen von YASMIN“ sei es in der Bundesrepublik bisher gekommen, teilte die Behörde auf Nachfrage mit. BAYER verheimlicht solche Zahlen. Man wolle die Kundinnen nicht verunsichern, so Konzern-Sprecherin Astrid Kranz zum Tagesanzeiger. Ansonsten seien YAZ & Co. nicht gefährlicher als vergleichbare Produkte. Das Gefährdungspotenzial bei den Verhütungsmitteln auf Hormon-Basis rührt von ihrer „Nebenwirkung“ her, Blutgefäße verstopfen und so lebensgefährliche Thrombosen oder Lungenembolien auslösen zu können. Darüber hinaus zählen „Kopf- und Brustschmerz“, „Übelkeit“, „Migräne“ und „Depressionen“ zu den Gegen-Anzeigen von YAZ und YASMIN. Trotzdem hält BAYER wegen der Milliarden-Gewinne weiter an diesem Wirkmechanismus fest. Forschungen zu einer Pille, die ohne Hormone auskommt, stellte der Konzern ein.

Hirnblutungen durch ASPIRIN
Nach einer Studie der Universität Rotterdam erhöht ASPIRIN die Gefahr, eine Hirnblutung zu erleiden. Da das Medikament den Blutfluss anregt, entstehen im Gehirn vermehrt kleinere Blutungen, die sich zu größeren ausweiten können, so die WissenschaftlerInnen. Eine Untersuchung der Universität Oxford kam vor zwei Jahren zu einem ähnlichen Ergebnis und warnte, ASPIRIN drohe bald den Bluthochdruck als Hauptrisiko-Faktor für von Blutungen verursachte Schlaganfälle abzulösen.

ASPIRIN interagiert mit IBUPROFEN
Nimmt ein/e PatientIn mehrere Medikamente gleichzeitig ein, so hat er/sie nicht nur Kombinations-, sondern auch Subtraktionswirkungen zu befürchten. ASPIRIN z. B. verträgt sich nicht mit IBUPROFEN. Das Schmerzmittel schmälert die blutverflüssigende Wirkung des „Tausendsassas“, weshalb Bundesapothekenkammer-Präsident Ulrich Krötsch vor einem Beikonsum warnte.

FDA will ASPIRIN-Warnhinweise
Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat den Leverkusener Multi aufgefordert, sein Schmerzmittel ASPIRIN mit dem Warnhinweis „Gefahr von Magenblutungen“ zu versehen.

USA: XARELTO doch zugelassen
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zögert bei der Zulassung von BAYERs Präparat XARELTO, das bei orthopädischen Operationen die Entstehung von Blutgerinnseln verhindern soll (Ticker 1/09), immer noch. Fachleute hatten auf das erhöhte Risiko von Gefäß-Verschlüssen, Blutungen, Herz/Kreislaufstörungen und Leberschäden aufmerksam gemacht und Langzeit-Untersuchungen über die Verträglichkeit eingefordert. Eine ExpertInnenrunde stimmte allerdings mit 15:2 für die Genehmigung. Die Vorteile wären höher zu bewerten als die möglichen Gefahren, lautete die Begründung. Ende Mai 2009 verlangte die FDA trotzdem noch weitere Informationen zu „Risiken und Nebenwirkungen“ vom Leverkusener Multi.

Japan: BAYER vertreibt FOSRENOL
BAYER übernimmt in Japan den Vertrieb für das vom britischen Unternehmen SHIRE entwickelte Medikament FOSRENOL. Es soll angeblich bei Menschen mit Niereninsuffizienz im Endstadium der Erhöhung des Phosphatspiegels entgegenwirken, der zu Muskelkrämpfen, Herzrhythmusstörungen und sogar zum Tod führen kann.

BETAFERON überteuert
Die Krankenkasse KKH-ALLIANZ hat die Arzneipreise in den europäischen Ländern untersucht. Fast immer waren die Pillen in der Bundesrepublik am teuersten. So kostete BAYERs gentechnisch produziertes Multiple-Sklerose-Medikament BETAFERON hierzulande mit monatlich 1.429 Euro 74 Prozent mehr als in Italien. Dieser Wucher reißt ein Milliarden-Loch in die Kassen von DAK & Co.. KKH-Vorstandschef Ingo Kailuweit forderte deshalb Konsequenzen: „Die Politik muss eine Preisobergrenze für patentgeschützte Originalpräparate einführen“. Der von BAYER mitgegründete „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) möchte davon allerdings nichts wissen. Die Pharmazeutika seien doch in den letzten Jahren viel billiger geworden, ließ der VFA verlauten.

Zulassung für VISANNE beantragt
BAYER hat die europa-weite Zulassung für das Medikament VISANNE beantragt. Das Mittel mit dem Hormon Dienogest als Wirkstoff soll zur Behandlung der Endometriose, einer gutartigen Wucherung der Gebärmutterschleimhaut, zum Einsatz kommen. „Wir streben auf gynäkologischen Märkten mit signifikantem Wachstumspotenzial die weltweite Marktführerschaft an. Mit der Einreichung von VISANNE haben wir einen weiteren wichtigen strategischen Meilenstein bei der Entwicklung von innovativen gynäkologischen Präparaten erreicht“, erklärte der BAYER-Manager Phil Smits in einer Presse-Mitteilung zum Beginn des Genehmigungsverfahrens.

Pharma-Ausverkauf
BAYER gibt das Geschäft mit den Blutkrebs-Präparaten LEUKINE, CAMPATH und FLUDARA auf. Der Leverkusener Multi veräußert die Medikamente gegen eine Umsatzbeteiligung an den US-amerikanischen Biotech-Konzern GENZYME. Wieviele Arbeitsplätze damit innerhalb des Konzerns verloren gehen, gab der Pharma-Riese nicht bekannt.

Zwangsrabatte für Infusionen
Die Arzneimittel-Ausgaben von DAK & Co. wachsen von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2008 stiegen die Kosten um 5,4 Prozent auf 25,8 Milliarden Euro. Um diese Erhöhung wenigstens ein bisschen abzudämpfen, hat die Bundesregierung BAYER & Co. jetzt gezwungen, den Krankenkassen die Zwangsrabatte von sechs Prozent auch auf so genannte Fertigarzneimittel wie z. B. Infusionen zu gewähren.

Pharma-Pflanzen: Bald erste Tests?
BAYER will im Sommer bei der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA die Erlaubnis für klinische Tests mit einem Impfstoff gegen Lymph-Krebs beantragen, den Konzern-ForscherInnen mit gen-manipulierten Tabakpflanzen produzieren. Dazu schleusen die WissenschaftlerInnen mittels Bakterien das Erbgut eines Proteins in die Pflanzen-Zellen, die sich auf diese Weise in botanische Pharma-Fabriken verwandeln. Das Bakterium könnte allerdings im Impfstoff so einige Nebenwirkungen entfalten. Zudem warnen ExpertInnen vor der unkontrollierten Vermehrung der „Heilpflanzen“ in der Natur. „Es besteht immer die Gefahr, dass Pharming-Pflanzen irgendwie in die Natur und in unsere Nahrungskette gelangen“, so Margret Engelhard von der „Europäischen Akademie zur Erforschung und Beurteilung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen“.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Kein PONCHO auf Mais-Kulturen
Im letzten Frühjahr haben BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO und andere Pestizide in Süddeutschland ein großes Bienensterben verursacht. Daraufhin ordnete das Bundesministerium für Verbraucherschutz (BVL) das Ruhen der Zulassung für die BAYER-Beizen PONCHO, CHINOOK, FAIBEL, ELADO, MESUROL FLÜSSIG und ANTARC sowie zwei SYNGENTA-Saatgutbehandlungsmittel an. Für die Anwendung auf Raps-Kulturen gab das BVL PONCHO allerdings schon im Sommer wieder frei. Bei Mais-Kulturen bleibt das Ministerium allerdings hart. Im Februar bestätigte es das Moratorium für fast alle inkriminierten Substanzen. Nur das BAYER-Mittel MESUROL dürfen die LandwirtInnen unter strengen Auflagen wieder verwenden.

Bienensterben in Österreich
Im letzten Jahr hat BAYERs Saatgut-Beizmittel PONCHO in Süddeutschland ein verheerendes Bienensterben ausgelöst. Deshalb dürfen die LandwirtInnen das Produkt in der Bundesrepublik vorerst auf Maisfeldern nicht mehr ausbringen. Österreich reagierte hingegen nicht. Die Konsequenz: In diesem Frühjahr vergiftete die BAYER-Beize 9.000 Bienenvölker von rund 1.000 ImkerInnen. „Für den Hobbyimker ist es nicht unbedingt existenzgefährdend, für den erwerbsorientierten Imker aber auf jeden Fall“, so Josef Ulz vom österreichischen BienenzüchterInnen-Verband.

EU will Bienen schützen
BAYERs Saatgut-Beizmittel GAUCHO und PONCHO sowie andere Pestizide haben immer wieder große Bienensterben verursacht. Unter anderem deshalb hat sich binnen der letzten 15 Jahre die Zahl der Bienenvölker allein in der Bundesrepublik fast halbiert. Das hat das EU-Parlament jetzt zum Handeln bewogen. Es forderte die EU-Kommission auf, in einer großen Studie systematisch dem Zusammenhang zwischen Pestizid-Einsatz und Bienensterben nachzugehen. Die ParlamentarierInnen verlangten darüber hinaus, bei der Zulassung für Gen-Pflanzen die mögliche Kontamination von Nektar stärker zu berücksichtigen. Zudem sprachen sie sich dafür aus, geschädigten ImkerInnen Finanzhilfen zu gewähren.

Pestizidgesetz schützt Bienen nicht
Ursprünglich wollte die neue Pestizid-Verordnung der EU alle bienengefährliche Pestizide verbieten. Dagegen konnte sich die Lobby von BAYER & Co. allerdings erfolgreich wehren. Jetzt dürfen Agrochemikalien auf dem Markt bleiben, wenn sie lediglich „zu einer vernachlässigbaren Exposition von Honigbienen“ führen und „keine unannehmbaren akuten oder chronischen Auswirkungen auf das Überleben und die Entwicklung des Bienenvolks“ haben.

Mangelhafte Haushaltsgifte
Bei der von der Zeitschrift Ökotest im Mai-Heft 2009 vorgenommenen Untersuchung von Haushaltsgiften hagelte es schlechte Noten für BAYER-Produkte. Ein „mangelhaft“ wegen zu giftiger Inhaltsstoffe erhielten das BAYER GARTEN FLIEGEN SPRAY mit den Wirksubstanzen d-Tetramethrin und d-Phenothrin, der BAYER GARTEN UNGEZIEFER STAUB (Deltamethrin), das BAYER GARTEN MOTTEN PAPIER (Transfluthrin), das BAYER GARTEN AMEISEN SPRAY (Deltamethrin), das BAYER GARTEN AMEISENMITTEL in Granulatform (Imidacloprid), das BAYER GARTEN „3 in 1“ SCHÄDLINGSFREI (Imidacloprid) und das BAYER GARTEN GARTENSPRAY (Imidacloprid, Methiocarb)

EU: Schwarze Liste schrumpft
Die neue Pestizid-Verordnung der EU sieht das Verbot zahlreicher besonders gefährlicher Agro-Chemikalien vor (SWB 1/09). Ganz so viele Substanzen wie ursprünglich geplant will die Europäische Union jedoch nicht aus dem Verkehr ziehen. Von den 23 Wirkstoffen bleiben dem Bundesverbraucherschutz-Ministerium zufolge nur noch 17 übrig. Und mit Thiacloprid verschwand auch eines der sechs inkriminierten BAYER-Ackergifte von der Schwarzen Liste.

Mehr Pestizide aus Dormagen
BAYER reagiert auf die gestiegene Nachfrage nach Antipilzmitteln und weitet am Standort Dormagen die Produktionskapazitäten für den Wirkstoff Prothioconazole aus. 300 Millionen Euro investiert der Agro-Multi in den Ausbau.

Weiterhin Klasse-I-Pestizide
Auf der BAYER-Hauptversammlung von 1995 hatte der Vorstand zugesagt, bis zum Jahr 2000 alle Pestizide der Gefahrenklasse I vom Markt zu nehmen. Dieses Versprechen hat der Leverkusener Multi gebrochen. Dem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht zufolge „gibt es weiterhin Produkte, deren Einsatz notwendig ist und für die noch immer keine Alternativen verfügbar sind“. Zudem machten regionale Unterschiede beim Schadinsekten-Aufkommen angeblich eine „Standardlösung unmöglich“.

Immer mehr Pestizide
Rund um den Globus bringen die LandwirtInnen immer mehr Agro-Chemikalien aus. Der weltweite Pestizid-Umsatz betrug 2008 52 Milliarden Dollar und stieg damit gegenüber dem Vorjahr um 29 Prozent. Auch die Wirtschaftskrise stoppt diesen Trend kaum. ExpertInnen rechnen lediglich mit einem Minus von 7 Prozent auf 49 Milliarden Dollar für das laufende Jahr und prophezeien eine baldige Erholung des Geschäfts. In Europa legten die Verkäufe im Jahr 2007 gegenüber 2006 um sieben Prozent zu; in der Bundesrepublik sogar um zehn Prozent.

BAYER kauft Bio-Pestizide
Der Leverkusener Multi hat vom israelischen Konzern AGROGREEN Technologien zur Herstellung von Pestiziden auf biologischer Basis erworben.

Gifthändler fliegt auf
WissenschaftlerInnen finden in Lebensmitteln regelmäßig Rückstände von Pestiziden, die bereits seit langem verboten sind. Ein Grund dafür: Der illegale Handel mit diesen Agro-Chemikalien blüht. Ein Großdealer ging der Polizei jetzt ins Netz. Er verfügte über ein Warenlager von 30 Tonnen und hatte mit Lindan und Endosulfan auch solche Substanzen im Angebot, zu deren Herstellern BAYER einst zählte. Die Kundschaft war ebenfalls illuster. Selbst der Raiffeisen-Agrarhandelsverband, der LandwirtInnen beliefert, fand sich in der Kartei des Kriminellen. Offenbar meinen viele Bauern und Bäuerinnen fälschlicherweise, gegen manche Schadinsekten würden nur Ultragifte wirken.

GENE & KLONE

Option auf Antikörper erworben
BAYER hat von dem US-amerikanischen Unternehmen MICROMET für 4,5 Millionen Euro eine Lizenz-Option auf einen Antikörper erworben. Der erst in der präklinischen Entwicklungsphase steckende Gentech-Wirkstoff soll bei Krebs, Entzündungen und Autoimmun-Erkrankungen wirken.

BAYER kauft Krebsmittel
BAYER hat von dem US-amerikanischen Unternehmen ARDEA BIOSCIENCES die Rechte zur Entwicklung eines Krebsmittels auf der Basis der biotechnologisch hergestellten Substanz RDEA 119 erworben. Sollte RDEA den Sprung aus dem Labor auf den Pharma-Markt schaffen, so muss der Leverkusener Multi 407 Millionen Dollar an ARDEA zahlen.

Kein NEXAVAR bei Hautkrebs
Obwohl schon im Jahr 2006 Versuche mit NEXAVAR als Mittel zur Hautkrebs-Behandlung scheiterten, versuchte es BAYER weiter. Jetzt kam aber das endgültige Aus. Der Wirkstoff scheiterte in der Phase III der Klinischen Prüfung. Auch bei Bauchspeicheldrüsen-Krebs versagte das Medikament in Tests bereits.

Investition in Tumor-Diagnostik
BAYER hat dem japanischen Unternehmen HAMAMATSU PHOTONICS die Rechte an einer Diagnostika-Technologie abgekauft. Das bildgebende Verfahren verwendet spezielle, mit einem radioaktiven Marker versehene Moleküle, die für den Stoffwechsel von Tumoren wichtig sind, um Krebszellen zu orten und zu analysieren.

Keine Forschung mehr in Potsdam
Der Leverkusener Multi gibt die Forschung an gentechnisch manipulierten Nahrungsmittel-Zusatzstoffen auf und schließt seine Labore in Potsdam.

Mexiko erlaubt Freisetzungsversuche
Mexiko gibt der „grünen Gentechnik“ grünes Licht und genehmigt Freisetzungsversuche. 25 Anträge liegen den Behörden bereits vor. Darunter dürften auch solche von BAYER sein.

USA genehmigen Gen-Baumwolle
Die USA haben BAYERs GlyTol-Baumwolle eine Genehmigung erteilt. Der Agro-Riese will die per Gentechnik immun gegen den Herbizid-Wirkstoff Glyphosate gemachte Pflanze ab 2010 vermarkten. Ob die BAYER-Baumwolle Hitze und Trockenheit besser trotzt als die Laborfrüchte des Konkurrenten MONSANTO? Bei denen ließen die klimatischen Verhältnisse nämlich die Glyphosate-Resistenz schwinden, weshalb die Gewächse dem Glyphosate-Großeinsatz nicht gewachsen waren und en masse eingingen.

Mehr Genmais-Verbote
Die EU hatte den Import von BAYERs gentechnischen verändertem Mais „T25“ und der MONSANTO-Sorte „Mon 810“ genehmigt. Österreich hat die Zulassung jedoch nicht akzeptiert und sich dabei auf das Recht der EU-Staaten berufen, bei Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt Alleingänge vorzunehmen. Gegen dieses nationale Verbot reichten die USA, Kanada und Argentinien umgehend Klage bei der WTO ein. Daraufhin übernahm wieder die EU-Kommission. Aber gegen ihren Versuch, Zwangsmaßnahmen gegen Österreich einzuleiten, votierten zu viele Mitgliedsländer. Eine qualifizierte Mehrheit erreichten diese jedoch nicht, deshalb musste die Runde der europäischen UmweltministerInnen entscheiden. Diese erklärte dann Anfang März 2009 den Bann für rechtens. Und wenig später verbot auch die bundesdeutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner „Mon 810“. Der BAYER-Mais war da schon aus dem Rennen. Er ist über das ganze Hickhack nicht jünger geworden und gilt beim Gen-Giganten inzwischen als nicht mehr als wettbewerbsfähig. „Es ist kein Anbau vorgesehen“, erklärte ein Konzern-Sprecher.

Genmais schädigt das Immunsystem
Genmais kann das Immunsystem schädigen. Zu diesem Ergebnis kam eine italienische ForscherInnen-Gruppe bei einem Fütterungsversuch mit MONSANTOs Genmais „Mon 810“. Die WissenschaftlerInnen beobachteten im Organismus der Versuchstiere Veränderungen, die auf Entzündungen und/oder auf allergische Reaktionen hinweisen. Vor solchen Gefahren warnen ExpertInnen allerdings seit Jahren, eine Überprüfung am „Tiermodell“ wäre also nicht unbedingt nötig gewesen.

Mehr Reis mit EVOGENE
BAYER weitet die Zusammenarbeit mit dem israelischen Biotechnologie-Unternehmen EVOGENE auf dem Gebiet der Reisforschung aus. Der Leverkusener Multi will seinen Hybridreis, dessen sterile Samen die LandwirtInnen nicht nur Wiederaussaat verwenden können, künftig mit ertragssteigernden Genen aus dem Hause EVOGENE bestücken.

Noch keine Genreis-Entscheidung
Die EU hat ihre Entscheidung über die Importzulassung für BAYERs Genreis LL62 einstweilen vertagt. Nach dem Mitte April in der Bundesrepublik erlassenen Verbot von MONSANTOs Bt-Mais wollte die Kommission keinen weiteren Streit zum Thema „Gentechnik“ aufkommen lassen, zumal einige Länder im Vorfeld schon ihre Vorbehalte gegenüber Genreis made by BAYER zum Ausdruck gebracht hatten. Sie haben offenbar den Skandal um den nicht zugelassenen LL601-Reis, der sich vor drei Jahren in diversen Supermarkt-Sorten wiederfand, noch in allzu guter Erinnerung. Die Entscheidung dürfte jetzt im Sommer fallen. Sollte das Votum dennoch positiv ausfallen, so würde es höchstwahrscheinlich als Türöffner wirken und Genehmigungen in anderen Ländern nach sich ziehen.

Brasilien gegen LL62-Reis
Brasilien hat dem BAYER-Genreis LL62 (s. o.) keine Zulassung erteilt.

Fragwürdige Sicherheitsforschung
BAYER & Co. interessieren sich nicht groß für die Risiken und Nebenwirkungen der Gentechnik und scheuen die entsprechenden Investitionen. Forschungsprojekte dieser Art lassen sie sich vielmehr vom Staat finanzieren. So spendierte das Bundesforschungsministerium (BMBF) unlängst acht Millionen Euro für solche Projekte. Und wo Sicherheitsforschung draufsteht, ist oftmals etwas ganz anderes drin, wie eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Kirsten Tackmann (Die Linke) enthüllte. „Die Kleine Anfrage hat ergeben, dass die Biosicherheitsforschung nicht hält, was sie verspricht. Einige der in der aktuell bis 2011 laufenden Förderperiode finanzierten Projekte dienen nicht dem Interesse der Allgemeinheit. Nicht Umweltschutz, sondern ein ‚Beitrag zur Methodenentwicklung‘ steht im Fokus“, stellt Tackmann fest. So widmet sich beispielsweise kein Forschungsvorhaben den von schon zugelassenen Gen-Pflanzen ausgehenden Gefahren. Mit Dr. Inge Broer zählt auch eine alte Bekannte BAYERs zu den NutznießerInnen der Subventionen (Ticker 2/07). Die Biologin von der Universität Rostock, die in der Vergangenheit gemeinsam mit dem Leverkusener Multi sechs Proteine und gentechnische Verfahren zum Patent anmeldete, erhielt 316.000 Euro vom BMBF. Damit will Broer die Auswirkungen von kunststoff-produzierenden Genkartoffeln auf die Umwelt erforschen.

AGROSPRIT & PROFIT

Mehr Öl in BAYER-Raps
Der Agrosprit-Boom nimmt immer mehr Ackerflächen in Anspruch und verdrängt so die Kulturpflanzen von den Feldern, weshalb die Preise für Nahrungsmittel steigen. BAYER profitiert von der Situation. So bietet der Agro-Riese den Biosprit-Baronen mit dem Gentech-Raps INVIGOR maßgeschneiderte, besonders viel Öl produzierende Pflanzen an. Mit den Worten: „So lassen sich mit Hilfe von INVIGOR rund 190 Liter mehr Biodiesel pro Hektar herstellen als aus normalem Hybridsaatgut“, wirbt BAYER-CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer für seinen Raps. Und jetzt startete das Unternehmen eine weitere Offensive zur Optimierung des Produktes. Gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik beginnt er ein Forschungsvorhaben zur nochmaligen Steigerung des Ölgehaltes von INVIGOR.

WASSER, BODEN & LUFT

Dormagen: neues Müllkraftwerk
Jetzt ist es offiziell: BAYER hat den Bau eines „Müllkraftwerks“ in Dormagen beantragt. Es soll die gleiche Größe wie die Anlage in Brunsbüttel (siehe SWB 1/08) haben - und also auch die gleichen umweltbelastenden Substanzen emittieren: Dioxin, chlor-, brom- und fluorhaltige Kohlenwasserstoffe, Chloride, Furane, Kohlendioxid, Schwermetalle wie Quecksilber und Feinstaub sowie Rost-, Filter- und Kesselasche. Der BUND spricht von einer „Billigst-Rauchgasreinigung“. Gegen die Dreckschleuder hat sich vor Ort schon Protest formiert. Auch der Dormagener Bürgermeister-Kandidat Peter-Olaf Hoffmann (CDU) ist nicht glücklich über den neuen Müllofen - allerdings aus persönlichen Gründen. Hoffmann arbeitet derzeit noch als Geschäftsführer einer Kölner Müllverbrennungsanlage und fürchtet Konkurrenz.

BAYER produziert 7,6 Mio. Tonnen CO2
Nach BAYERs aktuellem Nachhaltigkeitsbericht kommt der Konzern 2007 insgesamt auf einen Ausstoß von 7,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Eigene Kraftwerke, Anlagen oder Müllverbrennungsöfen trugen dazu 3,9 Millionen Tonnen bei; 3,7 Millionen wurden bei der Produktion zugekaufter Energie fällig. Trotz dieser gigantischen Umweltverschmutzung verlief der Emissionshandel, der eigentlich Anreize zu einer Reduktion klima-schädlicher Gase geben sollte, zu Gunsten des Leverkusener Multis. Er behielt Verschmutzungsrechte für 100.000 Tonnen CO2 übrig.

BAYER schädigt Ozonschicht stärker
Nach BAYERs aktuellem Nachhaltigkeitsbericht hat der Konzern den Ausstoß von ozon-abbauenden Substanzen erhöht. Von 13,1 auf 14,7 Tonnen nahmen die Emissionen zu. Der Multi macht dafür hauptsächlich die gestiegene Pestizid-Produktion am indischen Standort Vapi verantwortlich, dessen Anlagen offensichtlich nicht dem neuesten Stand der Technik entsprechen.

Mehr Schadstoffe im Abwasser
Fast 80 Millionen Kubikmeter Abwasser produzierte BAYER laut neuestem Nachhaltigkeitsbericht 2007. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von acht Prozent. Entsprechend erhöhte sich der Anteil der darin herumschwimmenden Schadstoffe. Die Phosphorfracht nahm von 810 auf 990 Tonnen zu. Die Einleitungen organischer Verbindungen erreichten 1.770 Tonnen (2006: 1.490 Tonnen), was der Multi „auf einen zeitweise nicht-optimalen Betrieb einer Kläranlage“ an einem US-amerikanischen Standort zurückführt. 8.9 Tonnen Schwermetalle made by BAYER fanden sich im Wasser (2006: 8 Tonnen), 680 Tonnen Stickstoff (2006: 730 Tonnen) und 825.000 Tonnen anorganischer Salze (2006: 843.000 Tonnen).

BAYERs Wasserdurst
Der Durst des Leverkusener Multis ist immens. 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser braucht er täglich. Allein für den Bedarf des Krefelder Werk kann er mit Erlaubnis der BAYER stets zu Diensten stehenden Bezirksregierung Düsseldorf jährlich 200 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Rhein abpumpen.

Mehr gefährlicher Abfall
BAYER hat dem neuesten Nachhaltigkeitsbericht zufolge im Jahr 2007 mehr gefährlichen Abfall produziert als 2006. Die Menge stieg von 336.000 Tonnen auf 342.000 Tonnen.

Wasserpreise steigen
Die Schadstoff-Einträge von BAYER & Co. in die Gewässer fordern ihren Preis. Die Wasserversorger müssen immer größere Summen in die Aufbereitung investieren. Deshalb kündigten die Unternehmen eine Erhöhung der Wasser-Gebühren um zehn Prozent binnen der nächsten drei Jahre an.

UN verbietet Quecksilber
Die Un-Mitgliedstaaten haben sich Ende Februar 2009 auf ein Verbot von Quecksilber geeinigt. Allerdings gilt dieses nur für den Handel. Als Abfallprodukt, wie es unter anderem in BAYERs Chloralkali-Produktion, seinen Kohlekraft- und Müllkraftwerken entsteht, bleibt es weiter unbehelligt. 2004 - neuere Zahlen legt der Konzern nicht vor - leitete der Chemie-Multi allein 33 Kilogramm Quecksilber in die Gewässer.

BAYERs Quecksilber-Deal
BAYER hat wieder mal eine Privatvereinbarung mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung geschlossen: Der Leverkusener Multi sicherte eine Verringerung der Quecksilber-Fracht zu und erhielt dafür eine Verlängerung der Einleitungsgenehmigung. Besonders bei der Chlor-Herstellung fallen immer noch große Mengen des gefährlichen Schwermetalls an. Der Konzern nahm vor einigen Jahren zwar öffentlichkeitswirksam ein neues Membran-Verfahren in Betrieb, das den Ausstoß reduziert, aber er stellte nur die Hälfte der Produktion auf die Technik um.

Giftgasgranaten in der Nordsee
Etwa 6.000 Giftgas-Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg liegen zweieinhalb Seemeilen vor Helgoland in der Nordsee. Bestückt sind sie mit dem Kampfstoff Tabun, den Gerhard Schrader 1936 im Leverkusener BAYER-Werk entwickelt hatte. „Die chemische Waffe ist auch vom Standpunkt ihrer Anwendung eine typisch deutsche Waffe, da sie der besonderen naturwissenschaftlichen Begabung der Deutschen entspricht“, schrieb der damalige Aufsichtsratschef der von BAYER mitgegründeten IG FARBEN, Carl Krauch, 1938 in einem „Vorschlag zur Nutzbarmachung der deutschen Chemie für die Landesverteidigung“. Die wehrwissenschaftlichen „Wunderwaffen“ stellen heute noch eine Gefahr dar. Die Granaten könnten ohne Fremdeinwirkung detonieren oder dann, wenn die Kriegshinterlassenschaften FischerInnen in die Netze gehen. In 60 bis 70 Jahren dürften die Chemiewaffen durchgerostet sein, was das Explosionsrisiko noch einmal drastisch erhöht. „Dann entsteht über dem Wasser eine Giftgas-Wolke“, beschreibt der Kampfstoff-Experte Stefan Nehring das „Worst Case Scenario“. Der Helgoländer Bürgermeister Frank Botter fordert deshalb eine Bergung der Giftgas-Granaten.

BAYER im Altlasten-Verband
Der Leverkusener Multi hat immer so einige Probleme mit seinen Altlasten. Da trifft es sich gut, dass der Konzern gemeinsam mit VertreterInnen des Landes und der Kommunen Mitglied im Altlastensanierungsverband NRW (AAV) ist und mit Dr. Walter Leidinger von seiner Tochtergesellschaft CURRENTA auch einen der Vorstände stellt. Der AAV fungiert nämlich nicht nur als Träger von Altlasten-Sanierungen, er übernimmt auch stets 80 Prozent der Kosten. So muss der Pharma-Riese nur 170.000 Euro zu dem Etat beisteuern, aus dem Maßnahmen zur Abdichtung seiner in Wuppertal das Grundwasser verunreinigenden Deponie finanziert werden. Darüber hinaus gehören Altlasten-Sanierungen inzwischen selbst zum Geschäftsfeld des Unternehmens, und eine Mitgliedschaft beim AAV schadet bei der Auftragsakquise sicherlich nicht.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Hormone im Mineralwasser
Die von BAYER massenhaft hergestellte und vor allem in Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen Verwendung findende Chemikalie Bisphenol A (BPA) wirkt hormon-ähnlich und kann deshalb die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen sowie Diabetes und Herz/Kreislauf-Erkrankungen befördern. Der Frankfurter Ökotoxikologe Martin Wagner hat jetzt den Grad der Verunreinigung von Mineralwässern untersucht. In 65 Prozent der Proben wies er eine hormonelle Aktivität nach. Die Messungen ergaben Werte von bis zu 75 Nanogramm pro Liter. Nach Meinung von ExpertInnen weist eine solch hohe Konzentration bereits auf eine hormonelle Grundbelastung des Rohstoffes „Wasser“ hin.

NANO & CO.

Nano-Risiken unterschätzt
Nano leitet sich vom griechischen Wort für Zwerg ab. Die Nanotechnik beschäftigt sich folglich mit der Entwicklung von mikroskopisch kleinen Werkstoffen. BAYERs Nano-Röhrchen finden mittlerweile unter anderem in Duftkapseln, Folien, Flüsterschotter, Eishockeyschlägern, Windrad-Flügeln und Farbstoffen zur medizinischen Diagnostik Verwendung. Für die Risiken und Nebenwirkungen dieser „Zukunftstechnologie“ fühlt sich allerdings niemand verantwortlich. Wegen „extremer Informationsdefizite, einem Mangel an Ressourcen und wegen teils fehlender Zuständigkeiten“ sieht sich etwa die US-amerikanische Gesundheitsbehörde zu einer Gefahren-Analyse außer Stande. Dabei gibt es alarmierende Hinweise. So können Nano-Stoffe nach einer Untersuchung der Universität Edinburgh das Gewebe schädigen und ähnlich wie in der Vergangenheit Asbest Entzündungen auslösen (siehe Ticker 2/08). Und irische ForscherInnen haben Wirkungen von Nano-Partikeln auf das Immunsystem nachgewiesen.

PLASTE & ELASTE

BAYER investiert 650 Millionen
Der Leverkusener Multi kündigte an, bis zum Jahr 2012 650 Millionen Euro in das Geschäft mit Lacken und Klebstoffen zu investieren.

STANDORTE & PRODUKTION

Wellness-Hotel in Wermelskirchen
BAYER REAL ESTATE, die Immobilien-Abteilung des Leverkusener Multis, plant in Wermelskirchen ein Wellness-Hotel. Einen Bebauungsplan für das Gelände „Große Ledder“ gibt es zwar noch nicht, und der Konzern hat seine Vorstellungen auch noch nicht konkretisiert, aber die Stadt will BAYER für eine schnelle Umsetzung den Weg frei machen. So kürzte sie kurzerhand den Dienstweg ab und schloss eine Öffentlichkeitsbeteiligung sowie eine Einbindung der zuständigen Behörden aus. „Hier haben wir das Land und einen Investor. Letztere stehen heute nicht mehr Schlange“, drängte der sozialdemokratische Lokalpolitiker Jochen Bilstein zur Eile.

Mehr TDI aus Dormagen
BAYER baut in Dormagen eine neue Anlage zur Herstellung des Kunststoffes TDI, die auf eine Jahresproduktion von 300.000 Tonnen ausgelegt ist. Neue Arbeitsplätze schafft der Leverkusener Multi mit dieser Investition jedoch nicht.

Mehr Konstrastmittel aus Bergkamen
Der Leverkusener Multi verdoppelt in seinem Bergkamener Werk die Kontrastmittel-Produktion. Welche Auswirkungen das auf die Umwelt haben könnte, interessiert die Arnsberger Bezirksregierung nicht. Sie hat BAYER eine Befreiung von der Umweltverträglichkeitsprüfung ausgestellt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat die Bezirksregierung aufgefordert, diesen Schritt zu begründen und Einblick in den Genehmigungsbescheid für die Kapazitätsausweitung zu gewähren.

Neue Chemie-Anlage in Indien
Der Leverkusener Multi baut im indischen Ankleshwar, das im Bundesland Gujarat liegt, für 20 Millionen Euro eine neue Anlage zur Produktion von Polyisocyanaten. Diese dienen als Basismaterial, um Lacke, Kleb- und Dichtstoffe herstellen zu können.

Chlor-Recycling in Shanghai
BAYER hatte in der Vergangenheit vom japanischen Unternehmen SUMITOMO die Lizenz für ein Chlorrecycling-Verfahren erworben und will am Standort Shanghai bereits die zweite nach einem solchen Prinzip funktionierende Wiederaufbereitungsanlage bauen. Diese soll die TDI-Fertigungsstätte auf dem Werksgelände mit dem nötigen Chlor versorgen, das zu den gefährlichsten Chemikalien überhaupt zählt.

ÖKONOMIE & PROFIT

BAYER im Steuer-Paradies
Bis 2005 tummelte sich auch der Leverkusener Multi im Steuerparadies Luxemburg. Die BAYER FINANCE SA residierte an der Avenue Monterey.

BAYER schreibt TRASYLOL ab
Im November 2007 musste der Leverkusener Multi das Medikament TRASYLOL, das MedizinerInnen bei OPs zur Blutstillung einsetzten, wegen der Nebenwirkung „Tod“ vom Markt nehmen. Aber BAYER wäre nicht BAYER, wenn der Konzern nicht auch daraus noch Vorteile zu schöpfen wüsste. So machte er die Wertminderung der TRASYLOL-Anlagen steuerlich geltend: Bei den Abschreibungen, die sich im Geschäftsjahr 2008 insgesamt auf 160 Millionen Euro bezifferten, bilden diese Fertigungsstätten den größten Posten.

Pensionsversicherungsbeiträge steigen
Wenn Unternehmen Insolvenz anmelden, dann stehen auch die Betriebsrenten zur Disposition. In solchen Fällen springt der Pensionssicherungsverein (PSV) ein. Da die Zahl der Firmenpleiten in Zeiten der Krise allerdings drastisch steigt, reichen die Ressourcen der Versicherung nicht mehr aus. Deshalb müssen BAYER & Co. mit einer Verzehnfachung des Beitragssatzes rechnen.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Unfallliste 2007 verlängert sich
BAYERs aktueller Nachhaltigkeitsbericht zählt für das Jahr 2007 zwei Unfälle auf, die bisher nicht bekannt waren. So brannte in Dubai eine Halle ab, in der eine von BAYER MATERIAL SCIENCE beauftragte Drittfirma 100 Tonnen Kunststoff-Vorprodukte gelagert hatte. Und bei einem Chemikalien-Transport von Los Angeles zum BAYER-Standort Kansas traten 17 Tonnen 2-Chlorobenzyl-Chlorid aus. Da Explosionsgefahr bestand, evakuierte die Polizei mehrere in der Nähe des Unglücks wohnende Personen.

Hepatitis-Opfer ohne Entschädigung
Die Blutpräparate von BAYER & Co. waren in den 80er Jahren nicht nur mit HI-Viren infiziert, sondern auch mit dem Erreger von Hepatitis C. Obwohl den Pharma-Multis das Risiko bekannt war, weigerten sie sich aus Kostengründen lange Zeit, eine Hitze-Behandlung der Mittel zur Abtötung der Viren vorzunehmen

[LL Cotton] STICHWORT BAYER 03/2008

CBG Redaktion

Am 28. Oktober 2008 hat die EU eine Importgenehmigung für gentechnisch veränderte Baumwolle erteilt. Die von Bayer CropScience angebotene Sorte LLCotton25 ist resistent gegen das hauseigene Herbizid Liberty Link. Die Zulassung gilt für den Bereich Nahrungs- und Futtermittel.

Wachsende Risiken: Gentech-Baumwolle von BAYER

BAYER ist weltweit der zweitgrößte Hersteller von Baumwoll-Saatgut und drängt auf immer mehr Märkte. Vor allem für die kleinen Baumwoll-FarmerInnen in der „Dritten Welt“ hat das fatale Folgen. Aber den Leverkusener Multi stört das nicht. Er will die Länder jetzt auch noch mit seinem „letzten Schrei“, gentechnisch manipulierter Baumwolle, beglücken. Das arme Südafrika hat er zum Versuchsfeld für seine neuesten Labor-Kreationen auserkoren.

Das Geschäft mit der „grünen Gentechnik“ beschränkt sich weitgehend auf Mais, Raps, Soja, Reis und Baumwolle. Nur diese fünf Pflanzen versprechen den Agro-Multis Maximal-Profite. BAYER hat sie alle im Angebot, baut aber besonders das Segment mit gentechnisch manipulierter Baumwolle aus, denn dieses verspricht die höchsten Wachstumsraten. In den USA, wo sich Gentech-Sorten schon auf 80 Prozent aller Baumwollfelder breit machen, erstand der Konzern 2006 die Unternehmen CALIFORNIA PLANTING COTTON SEED DISTRIBUTORS und RELIANCE GENETICS. Im letzten Jahr erwarb er dann für 310 Millionen Dollar die Baumwoll-Sparte von STONEVILLE - die teuerste Akquisition der Landwirtschaftsabteilung seit dem Erwerb von AVENTIS CROPSCIENCE. Der Global Player stieg so zum weltweit zweitgrößten Anbieter des Malvengewächses auf und arbeitet unermüdlich daran, ihm neue Absatzgebiete zu erschließen.

Armut kultivieren
Geht bereits in 28 Ländern die Gensaat auf, was der „Zukunftstechnologie“ einen Marktanteil von 13 Prozent beschert, so dürften sich die Zahlen nicht zuletzt durch die Aktivitäten des Leverkusener Multis bald noch erhöhen. Er hat jüngst eine Anbau-Zusage aus Kanada erhalten und Anträge auf Import-Genehmigungen in Europa, Indien, Australien und Südafrika gestellt. Besonders in Südafrika stößt das Engagement des Konzerns auf massive Kritik, weil Risiken und Nebenwirkungen hier nicht nur auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt, sondern auch auf den einheimischen Agrarsektor zuzukommen drohen. „Wir lehnen BAYERs Antrag aus sozio-ökonomischen Gründen vehement ab“, erklärte das AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY (ACFB), „Nach einer Bewilligung werden große Mengen subventionierter und daher billiger Gen-Baumwolle auf den südafrikanischen Markt drängen. Das wird die Lebensgrundlage von Millionen Afrikanern in der Region zerstören.“ Südafrika importiert 84 Prozent seines Baumwollbedarfs aus Nachbarländern wie Zimbabwe, Sambia oder Mozambique, mit denen es sich in der Zollfreiheit garantierenden Wirtschaftsgemeinschaft „Southern African Development Community“ (SADC) zusammengeschlossen hat. Die USA haben im Moment gerade mal einen Importanteil von einem Prozent, was sich nach einer Zulassung von BAYERs mit einer Resistenz gegen das Herbizid LIBERTY ausgestatteten LL25-Baumwolle aber ändern dürfte. Die US-Regierung unterstützt ihre LandwirtInnen nämlich mit jährlich 3,9 Milliarden Dollar - fast die Hälfte des Bruttoinlandprodukts von Sambia - und verschafft ihnen damit immense Wettbewerbsvorteile. Die entsprechenden Wettbewerbsnachteile für den afrikanischen Baumwoll-Binnenmarkt, von dem zehn Millionen Menschen abhängen, hat die Hilfsorganisation OXFAM errechnet: 310 Millionen Dollar an Einnahmen kosteten diese Subventionen die FarmerInnen bereits in der Saison 2001/2002. „Cultivating Poverty“ - das ist OXFAM zufolge die bittere Ernte dieser Landwirtschaftspolitik.

Risiken kultivieren
Daneben kultiviert der Import der LIBERTY-LINK-Baumwolle nach Meinung der ForscherInnen vom AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY noch jede Menge Risiken, nicht zuletzt für die menschliche Gesundheit. Der Mensch kommt mit gentechnisch manipulierter Baumwolle nämlich nicht nur rein äußerlich durch Kleidungsstücke in Berührung, die Laborfrüchte finden auch den Weg nach innen - entweder als Öle oder über den Umweg „Tiernahrung“. Besonders der im Vergleich zu konventionellen Arten höhere Gossypol-Gehalt von gentechnisch manipulierter Baumwolle stellt dabei ein Gefährdungspotenzial dar. 0,5 Prozent beträgt der Anteil dieser giftigen chemischen Verbindung bei BAYERs LL25-Sorte und liegt damit beträchtlich über dem für Tierfutter noch als unbedenklich geltenden Wert von 0,05 - 0,01 Prozent. Überschreitet die Nahrung dieses Limit, so steigt für das Vieh die Gefahr, Durchfall, Atemschwierigkeiten oder Schwächeanfälle zu bekommen. Sogar Fälle von Unfruchtbarkeit, Herzinfarkte, Leberschäden und Todesfälle haben die WissenschaftlerInnen beobachtet. Das aus Baumwolle gewonnene Öl - 50 Prozent der US-amerikanischen Ernte landet in dieser Wertschöpfungskette - muss wegen dieser Gefahren extra durch Raffinierungsverfahren vom Gossypol befreit werden.
Was die BAYER-Baumwolle mehr an Giften enthält, enthält sie weniger an gesunden Ingredenzien. Ihr Vitamin-E-Gehalt liegt um mehr als die Hälfte unter dem von konventionellen Pflanzen, was LL25 zu Tierfutter minderer Qualität macht.
Das ACFB betrachtet darüber hinaus die von den Konzern-ForscherInnen an der Baumwolle vorgenommenen gentechnischen Veränderungen als störungsanfällig. Sie bilden sich nicht in jeder Pflanze gleich aus und zeigen sich zudem äußerst kommunikativ, was die halbe Natur zu einem Gentechnik-Labor zu machen droht, da viele Bakterien genetisch fast baugleich mit den LL25-Zutaten Antibiotika- und Herbizid-Resistenz sind. Gelangen diese dann durch die Ausscheidungen der mit der BAYER-Baumwolle gefütterten Tiere in die Umwelt, so können viele neue Arten entstehen, gegen die als Krankheitserreger kein Kraut mehr gewachsen ist. Auch neues LL25 vermag aus den Exkrementen des Viehs zu erblühen, denn es ist durch die Verdauungsorgane kaum klein zu kriegen. 14 ähnliche Sorten hätte er dann in Afrika zur Wahl, um auszukreuzen oder als Unkraut sein Unwesen zu treiben. Die Baumwollpflanze zählt zwar zu den Selbstbestäubern, was das Auswildern erschwert, aber Bienen und andere Insekten als Pollenträger sind durchaus in der Lage, „Wachstum zu generieren“.

Versuchsfeld Südafrika
Aber Südafrika blüht noch mehr. BAYER hat nämlich nicht nur einen Importantrag für seine LL25-Kreation gestellt, sondern will das Land zusätzlich noch als Versuchsfeld für weitere Baumwollarten nutzen, wobei die geringeren Auflagen für die Tests als Standortvorteil gelockt haben dürften.
Bei den Sorten handelt es sich um GHB 119 und T304-30, die beide gegen den Herbizidwirkstoff Phosphinotricin resistent sind und den für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) enthalten, das gegen das Anti-Unkrautmittel Glyphosate resistente GHB 614 sowie die Kombipacks GHB 614xGHB 119, GHB119xT304-40 und Mon15985xLL25. Mit der „Mon“-Pflanze und den Bt-Kreationen erprobt BAYER damit erstmals Baumwoll-Varietäten, die Frucht eines mit MONSANTO vereinbarten Technologie-Austauschprogrammes sind. Zu diesem die Produktpalette etwas abwechslungsreicher gestaltenden „Nimm 2“-Joint Venture sahen sich die Multis gezwungen, weil Wildpflanzen und Schadinsekten von dem Gentechnik-Oligopol profitierten und immer besser mit Glyphosate und den anderen den gen-manipulierten Ackerfrüchten beigegebenen Einzel-Wirkstoffen leben konnten. So musste etwa der MONSANTOS ROUND-UP-READY-Soja mit eingebauter Glyphosate-Resistenz in Argentinien bereits auf einer Fläche von 120.000 Hektar vor dem Johnson-Gras kapitulieren.
BAYER & Co. pressiert es also, mit neuen Produktlinien aufzuwarten. Wer aber jetzt vielleicht geglaubt hätte, die Freisetzungsversuche in der südafrikanischen Provinz Limpopo hätten zum Ziel, ihren Risiken und Nebenwirkungen nachzuspüren, sieht sich getäuscht. Sie dienen allein dem Zweck, die genetisch veränderten Organismen auf ihre kommerzielle Verwertbarkeit hin zu durchleuchten. Weder die Auskreuzungsgefahr oder die Auswirkungen auf die Artenvielfalt noch Tests zur Stabilität der vererbten Eigenschaften oder zu den möglichen Langzeitfolgen zählen zum Untersuchungsprogramm.
Nach Meinung der Gen-GegnerInnen vom AFRICAN CENTRE FOR BIODIVERSITY hätte für ein solches Monitoring nicht nur die von ihnen bereits examinierte LL25-Pflanze genügend Anlass geboten. Die anderen Laborfrüchte weisen nämlich ein ähnliches Gefährdungsprofil auf, was wegen der bedenklichen Nähe des Freisetzungsackers zu wild bewachsenen Flächen eine besondere Bedrohung darstellt. Auch GHB 614 & Co. können explosive Mischungen mit Bakterien bilden, zu Unkraut mutieren oder auskreuzen. Die MON15985-Sorte enthält beispielsweise ein aus dem Enzym Glucuronidase bestehendes Marker-Gen, das fast „baugleich“ mit der Darmbakterie E. coli ist. Dadurch steigt die Gefahr eines horizontalen Gentransfers, der aus der Bakterie eine Glucuronidase-Brutstätte zu machen droht - mit unabsehbaren Folgen für die Gesundheit. So haben die Wissenschaftler Gaffney, Buttenshaw und Diplock in einem Aufsatz, der bereits 1986 in der Fachzeitschrift Lancet erschienen ist, Gelbsucht-Erkrankungen von Säuglingen auf einen erhöhten Glucuronidase-Anteil in der Muttermilch zurückgeführt.

Bauernsterben
Den Praxistest haben bisher weder die Bt-Baumwolle noch die gegen Pestizid-Wirkstoffe resistenten Produktreihen bestanden, wie die von FRIENDS OF THE EARTH herausgegebene Studie „Who benefits from GM crops“ darlegt. Entgegen den Versprechungen MONSANTOs haben die FarmerInnen mit den Gentech-Saaten ihre Erträge nicht steigern können; sie erlitten teilweise sogar erhebliche Verluste. Allzu oft versagte der Bacillus thuringiensis gegen den Bollwurm. In Indien verlor nach und nach ein Viertel der Bt-Baumwolle ihre giftige Wirkung, was nicht wirklich überrascht. Die US-ForscherInnen konzipierten sie nämlich für die einheimische Anbau-Saison, die wesentlich kürzer ist als die indische. Und selbst wenn die Bt-Baumwolle ihrer Bestimmung nachkam und dem Bollwurm trotzte, nützte das oft wenig, weil sie von Hause aus nichts gegen dessen Artgenossen auszurichten vermag. Deshalb mussten die LandwirtInnen auf dem Subkontinent mit zusätzlichen Pestiziden arbeiten. Diese Mehrausgaben, verbunden mit den hohen Anschaffungskosten für die Bt-Saaten, den mageren Ernten und den fallenden Weltmarktpreisen führten zu einer so desaströsen Einnahme-Situation, dass Indien von einer wahren Suizid-Welle unter Baumwoll-PflanzerInnen heimgesucht wurde: In den ersten zehn Monaten des Jahres des Jahres 2007 töteten sich über 900 Bauern und Bäuerinnen.
MONSANTOs ROUND-UP-READY-Produktlinie bringt dagegen LandwirtInnen in den USA zur Verzweiflung. Im Jahr 2006 entschlossen sich 90 von ihnen sogar zu einer Klage gegen MONSANTO sowie BAYER und DELTA & PINE als Mithersteller und Anbieter der Sorte. Damit wollten sie ihrer „langanhaltenden Enttäuschung“ Ausdruck verleihen und Schadensersatz erstreiten, denn auf zahlreichen Feldern war die Baumwolle vom Typ ROUND-UP-READY fix und fertig. Die Umstände auf den Plantagen bestimmten den Charakter der Pflanzen stärker als die in den Laboren ausgeklügelte Vererbungslehre. Hitze und Trockenheit ließen die Glyphosate-Resistenz im Genpool verkümmern, weshalb die Gewächse dem Glyphosate-Großeinsatz nicht gewachsen waren und en masse eingingen. Der Bauer Alan Stasney, dem die genetische Instabilität der RR-Baumwolle einen Verlust von 250.000 Dollar bescherte, klagte: „Es ist wirklich eine traurige Situation. Viele Menschen sind deshalb am Boden zerstört“.
Nach den bisherigen Erfahrungen hat die gentechnisch veränderte Baumwolle weder die Erträge gesteigert noch den Ackergift-Verbrauch gemindert. Auch die Situation der Kleinbauern und -bäuerinnen hat diese nicht verbessert. In Südafrika fiel ihre Zahl von 3688 in der Saison 2001/02 auf 2305 in der Saison 2006/07, was die FRIENDS OF THE EARTH-Studie neben den sich verschlechternden ökonomischen Rahmenbedingungen für Baumwolle auch der Einführung der Bt-Sorten zuschreibt. Im südafrikanischen Baumwollgürtel Kwazulu Natal, wo die Makhatini Flats als Bt-Vorzeigeregion galten, setzte in dem Zeitraum ein besonders großes Bauernsterben ein. Von 3229 LandwirtInnen blieben schließlich nur noch 853 übrig. „Gentechnisch veränderte Baumwolle ist keine Lösung für Kleinbauern in Afrika“ lautet deshalb das Resümee von FRIENDS OF THE EARTH. Und das AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY kommt zu einem ähnlich vernichtenden Urteil: „Wir lehnen diese Anwendungen ab, welche die Integration unseres Agrarsystems in die kapitalistische Ökonomie vorantreiben und Kleinbauern im Regen stehen lassen. Zudem stellen diese Pflanzen ein Risiko für Mensch und Umwelt dar“, so das ACFB. Ihr Appell „Afrika ruft zu Widerstand auf“, der sich auch darüber empört, dass Südafrika BAYER & Co. als willkommenes Versuchsfeld dient, schließt mit den Worten: „Eine neue Landwirtschaft wartet darauf, das Licht der Welt zu erblicken“.
Von Jan Pehrke

[Ticker] STICHWORT BAYER 03/2008 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

CBG schreibt Offenen Brief
In Nordrhein-Westfalen ereigneten sich in diesem Jahr zahlreiche Chemie-Unfälle. In Wülfrath traten aus einem Werk 300 Liter Dicyclopentadien aus und bildeten eine Giftgas-Wolke, in Mönchengladbach entwich aus dem Leck einer Feuerlöschanlage Kohlendioxid, und auch bei BAYER kam es zu einigen Störfällen. In Wuppertal wurde Ammoniak freigesetzt, in Bergkamen gelangte Thionylchlorid ins Freie und in Leverkusen drang aus einer undichten Leitung Chlor. Diese Störfälle haben das Bewusstein für die Gefährlichkeit der vom Chemie-Multi geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline noch einmal geschärft und veranlassten den Landtag, das Thema „Chemie-Unfälle häufen sich - welche Konsequenzen zieht die Landesregierung“ auf ihre Agenda zu setzen. Zu diesem Anlass verfasste die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen Offenen Brief, den sie auch an die TeilnehmerInnen der Ausschuss-Sitzung verteilte. In diesem forderte die CBG unter anderem, den Betrieb der CO-Pipeline nicht zu genehmigen, BAYER zum Verzicht auf die Verwendung von Phosgen bei der Kunststoff-Produktion zu veranlassen, Chemie-Werke nicht länger in der Nähe von dicht besiedelten Gebieten zu dulden und das Personal zur Kontrolle der Anlagensicherheit aufzustocken.

Steinbrück gegen CO-Pipeline
Finanzminister Peer Steinbrück, der bei der nächsten Bundestagswahl im Kreis Mettmann kandidiert, mausert sich zum prominentesten Kritiker der von BAYER geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline. „Dabei geht es nicht um Anti-Industriepolitik, sondern um die Sorge vor dem Umgang mit einem hochgiftigen Stoff. Das darf man nicht einfach arrogant vom Tisch wischen“, sagte der SPD-Politiker. Dafür zog er sich den Groll seiner NRW-GenossInnen und des DGB zu, während der BAYER-Betriebsrat in einem Offenen Brief „größtes Unbehagen“ über seine Position zum Ausdruck brachte. Ende August 2008 kam es in der Sache dann zu einem Gipfeltreffen zwischen BAYER-Chef Werner Wenning und Steinbrück. „Das Gespräch war offen und freundlich, aber ergebnislos“, stellte die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese fest, „die entscheidenden Fragen nach der Sicherheit, der Gefahrenabwehr und dem Trassenverlauf konnten von BAYER nicht befriedigend beantwortet werden.“

BAYER vs. Menschenrechte

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Die rücksichtslose Vermarktung von gentechnisch manipuliertem Saatgut durch BAYER & Co. in Indien ist ein Fall für den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen geworden. Nach Erhalt eines Berichtes über die Lage der FarmerInnen in dem Land, den die bekannte Gentechik-Gegnerin Vandana Shiva gemeinsam mit Christiane Lüst von GEN-KLAGE verfasst hatte, kam das Gremium zu einem harschen Urteil. „Das Komitee ist (...) besorgt, dass die extreme Armut unter den Kleinbauern, verursacht durch Mangel an Land, Zugang zu Krediten und adäquaten ländlichen Infrastrukturen, durch die Einführung von gentechnisch verändertem Saatgut durch multinationale Konzerne und die dadurch verursachte Preis-Eskalation bei Saatgut, Dünger und Pestiziden (...) verschlimmert wurde“, heißt es in der Stellungnahme des Ausschusses.

BAYER vs. Menschenrechte

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Zum EU-Lateinamerika-Gipfel im peruanischen Lima fanden viele Gegenveranstaltungen statt. In deren Rahmen tagte unter anderem ein von MenschenrechtsaktivistInnen gebildetes Volkstribunal, das die Geschäftspraktiken von BAYER und 23 anderen europäischen Unternehmen verurteilte. Dem Leverkusener Multi machte das Komitee den Prozess, weil der Konzern in Lateinamerika Pestizide vermarktet, ohne auf die vielen AnalphabetInnen Rücksicht zu nehmen, welche die Warnhinweise nicht lesen können. Im Jahre 1999 hatte das in einer Schule zur Verwechslung von Agrochemikalien mit Milchpulver geführt, die 24 Kinder das Leben kostete.

ImkerInnen demonstrieren
Im Frühjahr hat BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO ein massives Bienensterben in Südbaden verursacht. Trotzdem ließ es das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) auf Anraten des Julius-Kühn-Institutes im Juli für Raps und andere Kulturen wieder zu. Aus Protest gegen diese Entscheidung demonstrierten 100 ImkerInnen am 18. Juli 2008 vor den Toren des zum BVL gehörenden Institutes in Braunschweig. Am 14. September 2008 zogen die BienenzüchterInnen dann vor das Minsterium selber.

ImkerInnen: „Entschädigung zu gering!“
BAYER hat den 700 ImkerInnen, deren 11.500 Bienenvölker durch das Saatgutbehandlungsmittel PONCHO erhebliche Verluste erlitten hatten, eine Entschädigung von zwei Millionen Euro angeboten. Der Konzern knüpfte dies aber nach alter Gewohnheit an die Bedingung, auf alle weiteren Ansprüche zu verzichten. Als „Versuch der Erpressung“ wertete das der BIOLAND-Agrarexperte Gerald Wehde. Der „Berufs- und Erwerbsimkerbund bezeichnete die Offerte überdies als zu gering, um den wirtschaftlichen Schaden der BienenzüchterInnen zu kompensieren. Für gerade einmal ein Drittel der Verluste würden die Zahlungen aufkommen, rechnete ein Imker der Frankfurter Rundschau vor. Sollte der Leverkusener Multi es dabei belassen, sieht er für sich keine Zukunft mehr: „Dann bin ich insolvent“.

EU-Debatte zum Bienensterben
Das vom BAYER-Pestizid PONCHO und anderen Ackergiften verursachte Bienensterben hat längst EU-weite Dimensionen angenommen. Darum hat die Luxemburgerische Europa-Abgeordnete Astrid Lulling, die ständige Berichterstatterin über die Lage der Bienenzucht in der Gemeinschaft ist, beantragt, das Thema auf die Tagesordnung des Europäischen Parlamentes zu setzen.

Leserbrief zu Lohnkürzungen
In einem Brief an die Westdeutsche Zeitung machte ein BAYER-Beschäftigter seinem Ärger über die sich permanent verschlechternden Arbeitsbedingungen bei permanent besseren Geschäftszahlen Luft. Er schrieb: „2001 wurde ich (sowie ca. 1.200 Mitarbeiter) in die CHEMION LOGISTIK GmbH ausgegliedert. Bei meist gleicher Tätigkeit (jetzt allerdings als Dienstleister für die BAYER AG) wurde unser Gehalt immer mehr gekürzt. Ich habe 2007 so viel brutto verdient wie zuletzt 1997, und für die nächsten Jahre wurde unser Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen. Da ja bekanntlich alles billiger geworden ist, bin ich stolz darauf, zum erfolgreichsten Jahr der BAYER AG meinen Beitrag geleistet zu haben“.

BUND für Nanotechnik-Kontrolle
Nano leitet sich vom griechischen Wort für Zwerg ab. Die Nanotechnik beschäftigt sich folglich mit der Veränderung von Werkstoffen auf der Mikro-Ebene. BAYER erwartet von der „Zukunftstechnologie“ Millionen-Umsätze und entwickelte bisher spezielle Duftkapseln, Folien, Eishockeyschläger und die BAYTUBE-Kohlenstoffröhrchen. Allerdings steckt auch der Teufel im Detail. „Bei vielen unlöslichen Nanomaterialien ist derzeit nicht auszuschließen, dass die inhalative Aufnahme dieser besonders kleinen Partikel am Arbeitsplatz zu Gefährdungen führen kann“, heißt es in dem vom „Verband der Chemischen Industrie“ gemeinsam mit der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ herausgegebenen „Leitfaden für Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz“. Wegen der Gefahren, die von der Nanotechnik nicht nur für die damit am Arbeitsplatz in Kontakt Kommenden ausgehen, fordert der BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) gemeinsam mit anderen Verbänden eine wirksamere Kontrolle. „Es ist gut, dass viele Firmen freiwillig etwas tun wollen. Allerdings zeigen Erfahrungen der Vergangenheit, dass freiwillige Vereinbarungen allein nicht reichen (...) Wir brauchen deshalb verpflichtende Sicherheitstests für Nano-Produkte“, heißt es in einer Erklärung der Initiativen.

Unabhängige Risiko-Forschung gefordert
Das GEN-ETHISCHE NETZWERK sieht die EU-Zulassungsverfahren für Genpflanzen als unzureichend an und tritt für grundsätzliche Veränderungen ein. Die Organisation fordert eine Besetzung der Entscheidungsgremien auch mit ExpertInnen von Umweltverbänden und einen von BAYER & Co. finanzierten Topf für eine unabhängige Forschung zum Gefährdungspotenzial der Risikotechnologie. Zudem plädiert die Initiative für eine Beweislast-Umkehr: In Zukunft sollen die Genmultis Belege für die Unbedenklichkeit ihrer Laborfrüchte beibringen statt sich daran abzuarbeiten, Risiko-Studien zu widerlegen.

Gentech-Protest in Indien
In Indien haben 150 LandwirtInnen auf den Spuren von Mahatma Gandhi einen 4.000 Kilometer langen Protestmarsch gegen die Gentechnik durchgeführt, zu deren OrganisatorInnen auch die bekannte Aktivistin Vandana Shiva gehörte.

BUKO gegen mehr Werbefreiheit
„Werbung heißt jetzt Information“, mit dieser Umwidmung wollen BAYER & Co. auf EU-Ebene das Reklameverbot für verschreibungspflichtige Medikamente aufweichen, das den Geschäften nicht eben zuträglich ist. „Dass Patienten in der heutigen Informationsgesellschaft mehr Informationen haben wollen“, macht für Wolfgang Plischke, BAYER-Vorstand und Vorsitzender des „Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller“, die Aufhebung des Werbeverbotes unumgänglich. Die BUKO-PHARMAKAMPAGNE befürchtet dagegen ein Ansteigen unnötigen Pillen-Konsums und hat eine Initiative für den Erhalt des Werbeverbotes gestartet. „VerbraucherInnen benötigen gerade aufgrund der unübersichtlichen Zahl von Gesundheitsinformationen in den Medien (und besonders im Internet) eine klare Unterscheidung von Werbung und Information. Um eine rationale Entscheidung für die eigene Gesundheit treffen zu können, brauchen sowohl PatientInnen als auch die Öffentlichkeit unabhängige, vergleichende Informationen zum Für und Wider aller Behandlungsmethoden (...) Pharma-Firmen und von ihnen finanzierte Partner können das nicht leisten“, heißt es in einer Stellungnahme von BUKO und anderen Gruppen.

Skater-Tour 2.0
Auch in diesem Jahr unternahmen Adrian Löffler und Dennis Schmid auf ihren Skatebordbrettern wieder eine große Tour gegen Arbeitsplatzvernichtung und Jugendarbeitslosigkeit bei BAYER und anderswo. Los ging es am 25. Juli am Stammsitz des Multis in Leverkusen. In 12 Etappen führte der Trip bis nach Berlin, wo sie dem Bundestagsdirektor Dr. Hans-Joachim Stelzl die unterwegs gesammelten Protest-Unterschriften übergaben.

Bisphenol-Entscheidung kritisiert
Unlängst hat die kanadische Regierung die Chemikalie Bisphenol A als „gefährliche Substanz“ klassifiziert und risikoreiche Anwendungen wie z. B. in Babyflaschen verboten (SWB 2/08). Die Entscheidung erfolgte auf der Grundlage der Auswertung von 150 Studien. Diese wiesen eine hormon-ähnliche Wirkung des Stoffes nach, was zu Unfruchtbarkeit, Sexualstörungen, Nervenschäden und Krebs führen kann. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) focht das allerdings nicht an. Sie veröffentlichte ein neues Gutachten, wonach Bisphenol A keine Gesundheitsschäden verursacht, weil der Organismus es schnell abbaut. Diese Expertise stieß jedoch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft sogleich auf Kritik. „Die Grundannahme der Behörde ist schlicht falsch. Die Substanz wird von der Schwangeren ans Kind weitergegeben“, sagt der Toxikologe Gilbert Schönfelder. Gemeinsam mit Andreas Gies vom Umweltbundesamt und Ibrahim Chahoud von der Berliner Charité schrieb er deshalb einen Brief an die EFSA mit der Aufforderung, ihre Bisphenol-Einschätzung zu überprüfen.

KAPITAL & ARBEIT

Technische Dienste ausgegliedert
Im April 2008 machte der Leverkusener Multi seine Ankündigung wahr und gliederte im Zuge der Umstrukturierungen bei BAYER INDUSTRY SERVICES die Technischen Dienste aus. Diese firmieren nunmehr unter dem Namen TECTRION als formal eigenständiges Unternehmen. Ein Verkauf steht - vorerst - nicht an, dafür mussten die Beschäftigten aber Lohneinbußen und schlechtere Arbeitsbedingungen hinnehmen.

Verschlechterungen bei BTS
BAYER tritt seinen ausgegliederten Tochter-Gesellschaften gegenüber wie eine Fremdfirma auf, die Forderungen stellt. Dieser Druck wirkt sich auch auf die Arbeitsbedingungen aus. So hat BAYER TECHNOLOGY SERVICES (BTS) 2005 die 40-Stunden-Woche wieder eingeführt und zahlt seither auch unter Tarif - Öffnungsklauseln machen ‘s möglich. Und weil das Finanzergebnis immer „noch nicht die Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber dem Konzern“ abdeckt, wie der Betriebsrat es formulierte, überstanden die Sonderregelungen auch die letzte Tarifrunde.

Nur noch 800 Ausbildungsplätze
Die Zahl der Ausbildungsplätze beim Leverkusener Multi ist in den letzten 18 Jahren um die Hälfte zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken der BAYER AG noch 1.600 neue Lehrlinge, so will der Konzern ihre Anzahl in diesem Jahr auf 800 reduzieren. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE spricht sogar von lediglich 630 Stellen. Als kleines Trostpflaster finanziert das Unternehmen bei der auf Sparkurs gesetzten Tochter CURRENTA, an der es 60 Prozent der Anteile hält, 60 Lehrstellen. Damit gehen bei der einstigen BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) „nur noch“ 40 Stellen verloren.

Billige MitarbeiterInnen-Ideen
Der Leverkusener Multi bedient sich recht unverschämt am Wissenspool seiner MitarbeiterInnen. Die 9.249 Verbesserungsvorschläge aus deren Reihen sparten dem Konzern allein im ersten Jahr ihrer Realisierung Kosten in Höhe von 8,1 Millionen Euro ein - an Prämien für die Ideen schüttete BAYER jedoch nur 2,4 Millionen Euro aus.

BAYER löst „interne Transporte“ auf
BAYER SCHERING strukturiert im Bergkamener Werk heftig um. 879 der ursprünglich 2.229 Arbeitsplätze hat der Konzern seit 2004 bereits vernichtet, aber die Rationalisierungsmaßnahmen gehen immer noch weiter. Nach Meinung des BAYER-Managers Franz-Josef Renneke muss nämlich weiter an einer verbesserten Stellung des Unternehmens auf dem Weltmarkt gearbeitet werden. Zu diesem Behufe hat der Pharma-Riese nun die Abteilung „interne Transporte“ aufgelöst und die Aufgaben einer Fremdfirma übertragen. Den bislang dort Beschäftigten hat BAYER andere Stellen im Unternehmen angeboten.

BAYER liest mit
Der Leverkusener Multi hat 2005 die Nutzung des Internets für private Zwecke untersagt. Zur Kontrolle protokolliert der Konzern alle E-Mails seiner Beschäftigten und wertet diese stichprobenartig aus. Einem Belegschaftsangehörigen präsentierte das Unternehmen nach Aussage des Betriebsrats unlängst belastenden Schriftverkehr, der bis ins Jahr 2001 zurückreichte.

Weniger Sterbegeld
Die BAYER-Beistandskasse hat Kürzungen beim Sterbegeld, das durchschnittlich ca. 6.000 Euro beträgt, vorgenommen. Die Abschläge können bis zu 2.000 Euro - also ein Drittel der Summe - betragen. Noch dazu fällte die Mitgliederversammlung diesen Beschluss faktisch ohne die Mitglieder, diese setzte der Vorstand nämlich nicht über den brisanten Tagesordnungspunkt in Kenntnis. So nahmen nur 26 Personen an der einstündigen Sitzung teil, die für die rund 90.000 Versicherten den Gewinnzuschlag in Höhe von 25 Prozent strich. „Bei diesem Vorgehen liegt der Verdacht schon nahe, dass es sich um Kalkül und nicht nur um eine Unbedachtsamkeit handelte“, kommentierte der Kölner Stadtanzeiger. Dem Vorstandsvorsitzenden Lutz Cardinal von Widdern zufolge hat die Kasse wegen der geringeren Erlöse auf dem Kapitalmarkt, der Notwendigkeit zu einer verstärkten Risikovorsorge und der zurückgehenden Beiträge aufgrund der überalterten Mitgliederstruktur keine andere Wahl. Die Betroffenen reagierten empört. Sie sammelten Protestunterschriften und stellten zur Mitgliederversammlung zahllose Gegenanträge. Nahmen daran sonst immer nur 30 bis 40 Personen teil, so wollten diesmal 1.000 Menschen dabei sein - zu viel für den Leverkusener Bürgersaal. Die Beistandskasse musste die Zusammenkunft abbrechen und nach einem Versammlungsort mit größerem Fassungsvermögen Ausschau halten. Sie wich schließlich auf die Rheinparkhallen der Kölner Messe aus. Dorthin strömten am 20. 8. 08 über 2.000 Menschen. „Der - verglichen mit der sonst beschaulichen Abnick-Veranstaltung - geradezu dramatische Ablauf der Veranstaltung“, wie der Leverkusener Anzeiger schrieb, wurde von den wütenden Mitgliedern bestimmt. So reichten diese 237 Änderungsanträge ein. Aber die Vorständler blieben bei ihrer Entscheidung. Zur Begründung führte Finanzchef Stefan Nellshen aus, dass die Leistungen der Beistandskasse „ein Versicherungsprodukt sind und kein Sparbuch“. Allerdings erreichten die ProtestlerInnen Satzungsänderungen. Künftig hat der Vorstand die Mitglieder detaillierter über seine Politik zu informieren und bei Versammlungen auch VertreterInnen der Mitglieder zu akzeptieren.

ERSTE & DRITTE WELT

BAYERs Familienplanung
Mächtige Institutionen wie das „Population Council“ von John Rockefeller III haben nach dem Zweiten Weltkrieg viel Geld in die Entwicklung von Verhütungsmitteln investiert. Sie verfolgten damit weniger das Ziel, die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen zu stärken, als vielmehr Bevölkerungspolitik zu betreiben. „Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson. BAYER SCHERING PHARMA profitiert von dieser Politik. Der Konzern engagiert sich seit jeher stark im „gigantischen Fruchtbarkeitsmarkt“ Dritte Welt und kann das lukrative Geschäft zudem als Entwicklungshilfe deklarieren. „Bewusste Familienplanung ist ein wichtiger Faktor bei der Förderung sozialen und ökonomischen Fortschrittes“, bekundete der Pharma-Multi anlässig des letzten Deals. Er lieferte der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde USAID im August 2008 Pillen für acht Millionen Frauen und gab dabei netterweise etwas Mengenrabatt.

POLITIK & EINFLUSS

BAYERs Kriegsplanungen
BAYER & Co. bereitet die Energieversorgung bei knapper werdenden Ressourcen große Sorgen. Zur Sicherung des Zugriffs auf Gas und Öl sind sie nach Informationen von german-foreign-policy.com sogar bereit, bis zum Äußersten zu gehen. So haben VertreterInnen des Leverkusener Multis gemeinsam mit Emissären von EADS, und DEUTSCHER BAHN AG sowie Bundeswehr-Angehörigen und MitarbeiterInnen des Bundeskriminalamts unter der Ägide der „Bundeakademie für Sicherheitspolitik“ (BAKS) einen „Handlungskatalog“ für die Bundesregierung erstellt, der eine „drohende bewaffnete Auseinandersetzung“ mit Russland und China um deren Reserven herbeischreibt. Bei der Arbeit ließen sich die „fachlich kompetente(n) Führungskräfte“ von ExpertInnen inspirieren, die sich bei der BAKS über „zu viel Frieden in Deutschland“ beklagten und „den letzten Schritt zur Normalisierung“ einforderten - und zwar „bei einsatzbereitem vollem Instrumentarium einer souveränen Nation“.

Büssow bei BAYER
Trotz einer umfassenden Reduzierung der Sportförderung unterstützt der Agro-Riese den exquisiten „Luftsportclub BAYER Leverkusen“ weiterhin. Dieser konnte kürzlich ein prominenten Gast begrüßen: den Regierungspräsidenten Jürgen Büssow. Zum Dank für sein beherztes Engagement in Sachen „Kohlenmonoxid-Pipeline“ durfte BAYER-Büttel Büssow einen kleinen Rundflug im Segelflugzeug unternehmen.

Pinkwart bei BAYER
Zu den politischen Hauptzielen von NRWs „Innovationsminister“ Andreas Pinkwart (FDP) gehört es, Wirtschaft und Wissenschaft noch enger miteinander zu verzahnen, weshalb er auch die neue Kooperation zwischen BAYER und der Kölner Universitätsklinik (SWB 3/08) als „großen Gewinn für die Arzneimittelforschung in Nordrhein-Westfalen“ pries. Ende Juni 2008 unternahm der FDP-Politiker mit bundesdeutschen HochschulvertreterInnen im Schlepptau eine Bildungsreise ins Nordrhein-Westfalen durch ein Partnerschaftsabkommen verbundene Pennsylvania, um dort Feldstudien in Sachen „Profitforschung“ zu betreiben. Dabei war natürlich die BAYER-Niederlassung in Pittsburgh ein dankbares Untersuchungsobjekt.

Böhmer bei BAYER
Zur feierlichen Inbetriebnahme der BAYER-Pilotanlage zur Produktion von Pharma-Stoffen mit Hilfe von Tabakpflanzen (siehe DRUGS & PILLS) kam auch der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nach Halle und geriet ins Schwärmen. „Ich finde das wirklich beeindruckend. So etwas hätte ich mir nicht ausmalen können. Das könnte eine Technologie sein, die weltweit wichtig wird“, sagte er, obwohl sich erst in ca. zehn Jahren herausstellen dürfte, ob aus dem Tabak eine therapeutisch sinnvolle Arznei ohne Risiken und Nebenwirkungen erwachsen ist.

FDP bei BAYER
Der Vorstand des FDP-Kreisverbandes Unna stattete dem Bergkamer Werk des Pharma-Riesen einen Besuch ab und zeigte sich laut Westfälischer Rundschau erfreut über die hohe Auslastung und die wichtige Rolle, welche die ehemalige SCHERING-Niederlassung auch für den Neubesitzer BAYER spiele. Etwas mehr Wissen hätte die heitere Miene der Liberalen allerdings verdunkeln können, denn der Leverkusener Multi vernichtete in Bergkamen bereits 700 Arbeitsplätze und führt zudem noch weitere Rationalisierungsmaßnahmen durch (siehe KAPITAL & ARBEIT).

Diehl neuer FNL-Vorsitzender
Der BAYER-CROPSCIENCE-Manager Hans-Josef Diehl hat den Vorsitz der „Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft“ (FNL) übernommen. Der Lobbyclub desinformiert „über die vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft von heute“ im Allgemeinen und über „die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft“ im Besonderen.

Neuer Aufsichtsratsposten für Wenning
BAYER-Chef Werner Wenning eifert seinem Vorgänger Manfred Schneider bei der Jagd nach Aufsichtsratsposten nach. Bislang ist Schneider mit sechs Mandaten (BAYER, ALLIANZ, LINDE, DAIMLER, RWE und TUI) noch ungekrönter König der Deutschland AG, aber Wenning holt auf. Neben seinen Aufsichtsratsmitgliedschaften bei HENKEL, EON und EVONIK hat er jüngst noch eine bei der DEUTSCHEN BANK ergattert, deren Beraterkreis er seit langem vorsitzt.

Neue Pipeline-Strategie
Die Kritik an der von BAYER geplanten Kohlenmonoxid-Pipeline wächst nicht zuletzt durch die vielen Chemie-Unfälle in Nordrhein-Westfalen beständig. Der Leverkusener Multi will sich das Projekt deshalb noch einmal offiziell durch den Landtag absegnen lassen. „Wir gehen davon aus, dass sich die Parteien und die Fraktionen des Landtages anschließend noch einmal mit dem Vorhaben befassen. Das parlamentarische Votum wird dann für uns den weiteren Weg weisen“, so ein Konzern-Sprecher.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYERs brennpunkt-gesundheitswesen.de
brennpunkt-gesundheitswesen.de heißt die Website ganz unverfänglich, auf der ein Hauptverantwortlicher der Ärzte-Zeitung seine Meinung zu Gemeinschaftspraxen kundtut. Nur im Kleingedruckten steht: „Brennpunkt-Gesundheitswesen ist ein Service der BAYER VITAL GmbH“. Und der dient offensichtlich dazu, sich die Zielgruppe „MedizinerInnen“ noch besser zu erschließen und die Beziehung zu derem einflussreichen Fachorgan Ärzte-Zeitung zu optimieren. Viel lässt diese nicht mehr zu wünschen übrig. So pries das Blatt die Test-Ergebnisse von BAYERs Parkinson-Mittel SPHERAMINE in den höchsten Tönen und lehnte es ab, einen Leserbrief der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN zu den Zwischenfällen bei der klinischen Erprobung der Präparats zu veröffentlichen, dessen Entwicklung der Pharma-Multi kürzlich stoppte (siehe DRUGS & PILLS).

Heiner Springer in Rente
BAYERs Propagandaminister Heiner Springer ist in den unverdienten Ruhestand gegangen und hat seinen Posten an Michael Schade abgetreten. 22 Jahre lang übte er beflissen sein Amt als oberster Schönfärber aus. „Man muss erkennen, dass die Funktion eine dienende ist“, so seine Berufsauffassung. Zu seinem Job gehörte es auch, sich die Konzern-Kritik der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN vorzuknöpfen. So schrieb er in der Konzern-Postille direkt unter der Überschrift „Nur meckern ist einfach zu wenig“: „Wenn wir sehen, wie eine Gruppe namens ‚COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN‘ gegen das Unternehmen agitiert - und das seit fast 30 Jahren - , dann muss man sich die Frage stellen: Was ist das wirkliche Ziel dieser Menschen, die ja mit Aktien unseres Unternehmens ausgestattet sind. Dividende wird also kassiert ... Klar ist für mich: Sie sind gegen unser Gesellschaftssystem, gegen das so genannte ‚Groß-Kapital‘“.

BAYER gibt Berlin „Denkanstöße“
„Denkanstöße für Berlin“ meint BAYER SCHERING PHARMA geben zu können und veranstaltete unter diesem Label eine Podiumsdiskussion zum Thema „Kinder in Berlin - Frust, Last oder Lust?“. Aber der Konzern schwang sich nicht nur zum Politikberater auf, er tat auch was, denn der Multi hat das „social sponsoring“ für sich entdeckt: Zum Abschluss der Veranstaltung gab es eine milde Gabe für das Kinderhilfsprojekt „Arche“.

Spendable Bildungsstiftung
Den Leverkusener Multi kommt seine Spendentätigkeit jetzt noch billiger, denn das im letzten Jahr verabschiedete Gesetz zur Stärkung bürgerschaftlichen Engagements lockt mit erheblichen Steuernachlässen. Also hat der Konzern für sein Engagement im Bildungsbereich flugs die 10 Millionen Euro schwere Stiftung „BAYER Science & Education Foundation“ gegründet, die in letzter Zeit 21 Schulen von Berlin über Krefeld, Köln, Neuzelle, Leichlingen und Solingen bis Kromsdorf förderte. Dabei beschränkte der Konzern sich jeweils auf den naturwissenschaftlichen Bereich, „denn ein Land, das das wie Deutschland über keine reichen Bodenschätze verfügt, ist in seiner wirtschaftlichen Entwicklung vordringlich auf die geistige Kreativität angewiesen“, so BAYERs Oberkommunikator Michael Schade zur nicht gerade uneigennützigen Motivation der Bildungsoffensive des Unternehmens.

BAYER fördert Ehrenämter
Im Zuge der Steuererleichterungen für bürgerschaftliches Engagement (s. o.) hat BAYER mit der „BAYER Cares Foundation“ eine weitere Stiftung gegründet, die Ehrenamtsprojekte fördert. So schließt sich dann der Kreis der neoliberalen Sozialpolitik: Private Unternehmen sponsoren private Initiativen.

BAYER zeigt Pillen-Ausstellung
Der Leverkusener Multi klinkte sich in die Berliner „Science Tunnel“-Ausstellung der Max-Planck-Gesellschaft ein und absolvierte dort mit der Sonderschau „Vom Molekül zum Medikament“ einen Werbeauftritt.

BAYER erhält BDI-Umweltpreis
Chlor ist eine der gefährlichsten Chemikalien überhaupt. Das stört BAYER jedoch nicht. Der Konzern unternimmt keine Anstrengungen, chlorfreie Produktionsverfahren zu entwickeln und investiert auch nicht ausreichend in die Sicherheit seiner Anlagen - erst im April trat am Standort Leverkusen Chlor aus (siehe UNFÄLLE & KATASTROPHEN). Den Leverkusener Multi behagt am Chlor nur eines nicht: die energie-intensive Herstellung, die für 40 Prozent der Stromkosten des Unternehmens verantwortlich ist. Deshalb forschte der Agro-Riese nach Alternativen und ersann eine stromsparendere Fertigung. Dafür erhielt BAYER jetzt den Umweltpreis des „Bundesverbandes der Deutschen Industrie“ (BDI).

Wenning kriegt den Moralischen
BAYER-Chef Werner Wenning hat im Juni 2008 den „John J. McCloy Award“ für „seine Leistungen zur Förderung transatlantischer Synergien im Allgemeinen und seine innovativen Ansätze zur Lösung weltweiter Gesundheitsfragen im Besonderen“, wie es in der Begründung der Jury heißt, verliehen bekommen. Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher vergab die Auszeichnung; Henry Kissinger und „mehr als 500 führende Persönlichkeiten der deutschen und amerikanischen Politik und Wirtschaft“ (direkt) zählten zu den Gästen. Denen bot Wenning in seiner Dankesrede Besinnliches. Er widmete sich darin der „Good Corporate Citizenship“ und erläuterte: „Damit ist ein ganzheitliches Verantwortungsbewusstsein gemeint, das über die Erwirtschaftung angemessener Renditen hinausgeht“, bevor er dann mit Ethik, Moral, Nachhaltigkeit etc. pp noch tiefer in die praktische Unternehmensphilosophie einstieg.

Neuer Kinderdiabetes-Preis
BAYER hat sich etwas Neues ausgedacht, um sich die PatientInnen-Gruppe der JungdiabetikerInnen besser zu erschließen. Das Unternehmen stiftet den Preis „Fine Star“. Diesen können alle erringen, die in irgendeiner Form mit der Betreuung von kleinen Blutzuckerkranken befasst sind und eine ausreichend große Zielgruppe aufbieten: Kliniken, Schulen, OrganisatorInnen von Ferienfreizeiten oder FamilienbetreuerInnen. „Machen auch Sie mit - den Kindern zuliebe!“, fordert der Pharma-Riese in der Ausschreibung auf.

DRUGS & PILLS

337 AVELOX-Tote
Die Gefährlichkeit von Antibiotika, die zur Gruppe der Fluoroquinolone gehören, hat Geschädigte in den USA zur Gründung der Selbsthilfegruppe FLUOROQUINOLONE TOXICITY RESEARCH FOUNDATION bewogen. Die Gruppe wälzte die medizinischen Unterlagen und dokumentierte unter anderem die Risiken und Nebenwirkungen des BAYER-Präparats AVELOX von November 1997 bis Juni 2007. Das Resultat ist erschreckend: In dem untersuchten Zeitraum kam es zu 337 Todesfällen durch AVELOX und zu über 30.000 Gegenanzeigen.

Anwendungsbeschränkung für AVELOX
Die Nebenwirkung „Leberschädigung“ des BAYER-Antibiotikums AVELOX (Wirkstoff: Moxifloxacin) hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA bewogen, eine Anwendungsbeschränkung zu empfehlen. Nach Meinung der ExpertInnen sollten die MedizinerInnen das Mittel bei den Indikationen „Bronchitis“, „Lungenentzündung“ und „Nebenhöhlenentzündung“ nur noch verschreiben, wenn andere Antibiotika versagen.

Sehnenschäden durch CIPROBAY
BAYERs CIPROBAY, das nur geringfügig veränderte Nachfolge-Präparat AVELOX und andere Antibiotika auf Fluorchinolone-Basis können Sehnenschäden verursachen. In dem Zeitraum von 1997 bis 2005 meldeten MedizinerInnen der US-Gesundheitsbehörde FDA 262 Fälle von Sehnenrissen. Trotzdem musste die Gesundheitsinitiative PUBLIC CITIZEN der FDA erst mit einer Klage drohen, bis diese sich zum Handeln entschloss. Sie verpflichtete BAYER & Co., auf den Packungen wegen der „Archillesferse“ der Präparate so genannte „black-box“-Hinweise - Warnungen der höchsten Dringlichkeitsstufe - anzubringen.

Tod durch YASMIN
BAYER vermarktet seine Antibaby-Pillen auch als Lifestyle-Präparat zur Behandlung von Pickeln und Hautunreinheiten. Dies wurde der 24-jährigen Australierin Tanja Hayes zum Verhängnis. Sie litt stark unter Akne und behandelte diese mit dem Medikament ROACCUTANE. Da bei Schwangerschaften von ROACCUTANE-Patientinnen das Risiko steigt, Kinder mit Missbildungen zu gebären, erhielt Tanja Hayes den Rat, Verhütungsmittel einzunehmen, die sich zudem auch positiv auf ihre Hautkrankheit auswirken würden. Dreieinhalb Monate lang verwendete die Studentin dann BAYERs YASMIN, bevor sie unter Atemnot zu leiden begann und einen trockenen Husten bekam. Zwei Wochen später brach sie auf einem Parkplatz tot zusammen. Die Diagnose lautete Lungenembolie durch verdicktes Blut, „verursacht durch Faktoren, die mit der Einnahme von Verhütungsmitteln zusammenhängen“, wie der Notfall-Mediziner Graeme Thomson konstatierte. „Atemlosigkeit“ zählt zu den auf den YASMIN-Packungsbeilagen aufgezählten Gegenanzeigen, weshalb eine BAYER-Sprecherin dann auch zusagte, die Umstände des Todes von Tanja Hayes umgehend genauer zu untersuchen. Bislang gingen den australischen Gesundheitsbehörden seit 2003 56 Meldungen über schwere Nebenwirkungen durch YASMIN ein, das gemeinsam mit den ebenfalls zur Produktfamilie gehörenden Verhütungsmitteln YAZ und YASMINELLE BAYERs Bestseller auf dem Pharma-Markt ist. Über eine Milliarde Euro Umsatz brachten YASMIN & Co. im Geschäftsjahr 2007 ein.

AUS für SPHERAMINE
Im Jahr 2005 kam es bei der Erprobung des Parkinson-Präparats SPHERAMINE zu schweren Zwischenfällen (SWB 1/08). Die per gehirnchirugischem Eingriff implantierten Zellen zur Dopamin-Produktion verursachten bei den ProbandInnen Verwirrtheitszustände, Depressionen bis zu Selbsttötungsversuchen, Lähmungserscheinungen, Sprachausfälle, epileptische Anfälle, Hirnblutungen, Asthma und andere körperliche oder geistige Beeinträchtigungen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) setzte das Thema deshalb auf die Tagesordnung der letzten Hauptversammlung und forderte einen Stopp der Versuche. Aber BAYER wollte von den Gefahren nichts wissen. „Es ist nicht erwiesen, ob die bei den Patienten beobachteten Symptome in Zusammenhang mit SPHERAMINE stehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning und pries „Verbesserungen um 50 Prozent“ bei den Krankheitsverläufen. Fünf Wochen später sah das alles jedoch etwas anders aus. Nach einer erneuten Testreihe, welche die TeilnehmerInnen wieder einigen „Risiken und Nebenwirkungen“ ausgesetzt haben dürfte, brach der Pharma-Riese alle Studien mit dem Präparat ab.

Zulassungserweiterung für ZEVALIN
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA hat das Anwendungsspektrum für das BAYER-Medikament ZEVALIN erweitert. Durften MedizinerInnen das Mittel bislang nur zur Behandlung des Lymphdrüsen-Krebses einsetzen, wenn die Chemotherapie versagt hatte, so können diese es nun auch nach einer erfolgreichen Bestrahlung verschreiben.

RIVAROXABAN im Hintertreffen
Bei der Entwicklung neuer Medikamente zur Thrombose-Behandlung lieferte sich BAYER ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit BOEHRINGER - und zog den Kürzeren. Bevor der Leverkusener Multi sein Produkt RIVAROXABAN, von dem er einen Umsatz von zwei Milliarden Euro im Jahr erwartet, auf den Markt werfen konnte, erhielt BOEHRINGER die Zulassung für PRADAXA.

Noch ‘ne LEVITRA-Studie
Unermüdlich wirft BAYER Studien auf den Markt, welche die „Erektile Dysfunktion“ als Krankheit etablieren sollen, die sich immer stärker ausbreitet, um den Absatz des hauseigenen Potenzmittel LEVITRA zu steigern. Nach der neuesten Expertise leiden angeblich bereits 50 Prozent aller Männer zwischen 40 und 70 an den Symptomen. Als neuen Auslöser haben die AuftragsforscherInnen nun Stress bei der Arbeit ausgemacht, der angeblich bei 20 Prozent des „starken Geschlechts“ zu Störungen der Sexualfunktionen führt.

ZETIA erhöht Krebsgefahr
Seit Juni 2007 vermarktet BAYER den Cholesterinsenker ZETIA (Wirkstoff: Ezetimib) gemeinsam mit SCHERING-PLOUGH in Japan. Das Mittel hat es allerdings in sich. Es schädigt nicht nur die Leber (Ticker 1/08), das Präparat erhöht auch das Krebsrisiko. Das hat jetzt eine neue Studie ergeben, die das Fachorgan New England Journal of Medicine veröffentlichte. 11,1 Prozent der ProbantInnen in der Ezetimib-Gruppe erkrankten an Krebs, während die Zahl in der Kontrollgruppe bei nur 7,5 Prozent lag. Zudem hat die Arznei die Verkalkung des Herzventils nicht verhindern können. Die Faz resümiert deshalb: „Nicht nur die Sicherheit, auch der Nutzen von Ezetimib steht weiterhin in den Sternen. Zumindest gibt es bislang keine überzeugenden Belege, dass die Anwendung des neuen Cholesterinsenkers dem Patienten einen nennenswerten gesundheitlichen Vorteil bringt“.

NEXAVAR zu teuer
Das britische Pendant zum bundesdeutschen „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“, die Sondergesundheitsbehörde NICE, hat eine Kosten/Nutzen-Analyse von BAYERs zur Behandlung von fortgeschrittenem Nierenkrebs zugelassener Arznei NEXAVAR vorgenommen und kam zu einem negativen Ergebnis. Die Kosten ständen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen, urteilte das NICE und riet von einer Verwendung ab.

Plischke für Beobachtungsstudien
ExpertInnen halten 80 Prozent der in ÄrztInnen-Praxen durchgeführten Beobachtungsstudien mit Arzneien für wertlos. Sie dienen dann auch weniger wissenschaftlichen als vielmehr Vermarktungszwecken. Die Pharma-Multis zahlen den MedizinerInnen Geld, wenn diese ihre PatientInnen auf ein firmen-eigenes Medikament umstellen und dazu pro forma einige Angaben zur Verträglichkeit machen. Für die ÄrztInnen lohnt sich das Ausfüllen der Fragebögen allerdings sehr. So war BAYER einst das Akquirieren von fünf neuen KundInnen für den als Mittel zweiter Wahl geltenden Blutdrucksenker BAYOTENSIN schon mal 375 Euro wert, denn diese Investition zahlt sich auf lange Sicht aus. Kein Wunder, dass BAYER-Vorstand Wolfgang Plischke, der im Nebenberuf auch Vorsitzender des vom Leverkusener Multi gegründeten Lobby-Clubs „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ ist, das Vorgehen der Pillen-Produzenten verteidigt. „Ich halte Anwendungsbeobachtungen allerdings für sinnvoll, da sie uns Langzeitdaten über die Wirkung von Medikamenten in die Hand geben, die wir aus den Zulassungsstudien nicht bekommen“, teilte er der Wirtschaftswoche mit.

Selbsthilfegruppen: Wer bekommt was?
Der Leverkusener Multi hat sich entschlossen, seine Geldzuwendungen an Selbsthilfegruppen transparent zu machen. So erhält die „Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft“ 2008 für Forschungsaktivitäten 115.000 Euro und zur Unterstützung bei der Erstellung eines MS-Registers 70.000 Euro. Die „Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe bekommt 10 - 12.000 Euro. Das „Lebenshaus Nierenkrebs“ kann sich über 50.000 Euro für seinen PatientInnen-Ratgeber und seine Infobriefe freuen. Die „Deutsche Hämophilie-Gesellschaft“ ist durch BAYER um 35.000 Euro reicher. Die „Interessengemeinschaft Hämophiler“ streicht 27.000 Euro ein und der Verein „Pulmonale Hypertonie“ 180.000 Euro. Dabei schlägt allein die Mitfinanzierung von Ambulanz-Schwestern an Zentren zur Behandlung dieser speziellen Lungenkrankheit mit 120.000 Euro zu Buche.

Kaum Verhütungsmittelforschung
Die auf der Basis von Hormonen hergestellten Verhütungsmittel haben zahlreiche Nebenwirkungen. Diese reichen von Thrombosen und Embolien über Schlaganfälle und Herzinfarkte bis zu Depressionen und Krebs. Trotzdem läuft die Suche nach Alternativen bei BAYER auf Sparflamme. „Wir werden die laufenden Forschungsprojekte voranbringen, aber wir wollen nicht mehr nach komplett neuen Mechanismen suchen“, so der BAYER-SCHERING-Forschungschef Andreas Busch.

„Prädiabetes“ macht Fortschritte
Es gibt doch noch BAYER-Schöpfungen, die ihren Weg machen wie etwa „Prädiabetes“. Von dieser Krankheit, die der Leverkusener Multi erst im letzten Jahr erfunden hat, sind allein in Sachsen bereits 500.000 Personen befallen. Dies ist jedenfalls die - bestimmt nicht ganz kostenfreie - Meinung des an der Dresdener Universitätsklinik tätigen Dr. Peter Schwarz. Zum Glück hält der Pharma-Riese für die neue Menschheitsplage auch schon das passende Medikament bereit: das gute, alte GLUCOBAY mit dem Wirkstoff Acarbose. Laut BAYER report ist das Mittel, das nicht einmal bei richtigen DiabetikerInnen seinen Dienst tut, weshalb der Pharmakologe Gerd Glaeske es „gerade mal so wirksam wie Müsli“ nennt, bereits in 25 Ländern zur Behandlung der ominösen Vorstufe der Blutzucker-Krankheit zugelassen.

„BioPharm-America“ trifft sich
In Atlanta fand vom 9. bis zum 10. September 2008 die „BioPharm-America“-Konferenz statt, an der auch VertreterInnen von BAYER teilnahmen. Neben der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen den Pharma-Multis und kleineren Biotech-Firmen standen unter anderem Themen wie „Arznei-Forschung mit Hilfe von Private Equity-Kapital“ und „Das ABC des Lizenzerwerbs“ auf dem Programm.

BAYER investiert in Krebs-Arzneien
Der Leverkusener Multi baut seine ONKOLOGIE-Sparte aus. Für 52 Millionen Euro hat er die Krebsforschungssparte des Pharma-Konzerns NYCOMED gekauft.

Arzneien aus Tabakpflanzen
Vor zwei Jahren hat der Leverkusener Multi das Münchner Biotech-Unternehmen ICON GENETICS erworben, das eine Technik zur Umwandlung von Tabakpflanzen in kleine Arzneistoff-Fabriken entwickelt hatte. Jetzt nahm der Konzern die Pilotanlage in Betrieb. Bei dem Verfahren zur Herstellung eines Antikörper-Impfstoffes zur Behandlung eines Lymphsystem-Krebses tauchen die PharmakologInnen die Tabakpflanzen in ein Bakterien-Bad, wodurch sich das Antikörper-Erbgut überträgt und seine Arbeit in der Botanik aufnimmt. „Die Pflanzen produzieren innerhalb kürzester Zeit die gewünschten Wirkstoffe“, frohlockt BAYER-Manager Yuri Gleba. Ob diese vielleicht auch noch Unerwünschteres produzieren, ob der Pharmastoff wirklich rein ist und bei den PatientInnen anschlägt, all das stellt sich allerdings erst in ca. zehn Jahren heraus. Überdies erhebt der Ingenieur Günter M. Pruss Anspruch auf die Erfindung (siehe RECHT & UNBILLIG).

BAYER entwickelt Alzheimer-Marker
Die Universität von Nagasaki hat ein Verfahren entwickelt, das Eiweißablagerungen im Gehirn mittels eines radioaktiven Markers visuell darstellen und so angeblich zur Früherkennung von Alzheimer dienen kann. BAYER hat sich durch einen Vertrag mit der japanischen Hochschule die Exklusivrechte an dieser Technologie gesichert.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

PONCHO wieder im Handel
BAYERs Saatgutbehandlungsmittel PONCHO mit dem Wirkstoff Clothianidin hat im Frühjahr zu einem großen Bienensterben geführt. 11.500 Bienenvölker von 700 ImkerInnen rund um die südbadischen Maisfelder waren betroffen. Nach einigem Hin und Her entschloss sich das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ deshalb, das Mittel vom Markt zu nehmen. Aber Ende Juli 2008 war es wieder da: Die Seehofer-Behörde gab grünes Licht für PONCHO-Raps und übernahm zur Begründung die BAYER-Argumentation, nicht das Gift an sich hätte zum Tod der Bienen geführt, sondern Saatgut-Produktionsfehler sowie Sämaschinen mit zu hohen Streuverlusten. „Eine Bundesbehörde darf vor dem massiven Lobbydruck der Hersteller nicht einknicken“, kritisierte der NATURSCHUTZSCHUTZBUND-Geschäftsführer Leif Müller die Entscheidung, „Wenn nun das Gift wieder ausgebracht werden darf, dürfte das nächste Massensterben nur eine Frage der Zeit sein“. BAYER ficht das nicht an. Der Konzern will seinen Mega-Seller komplett rehabilitieren. „Wir arbeiten daran, die Zulassung zur nächsten Maisaussaat wieder zu erhalten“, sagte BAYER-CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer auf der Bilanz-Pressekonferenz am 4. 9. 08.

Immer mehr Pestizide
BAYER & Co. bringen immer mehr Pestizide in Umlauf. In der Bundesrepublik stieg die abgesetzte Menge von 28.510 Tonnen im Jahr 2005 auf 32.213 Tonnen im Jahr 2007. Die Summe der Ausfuhren erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 84.635 auf 101.565 Tonnen.

Frankreich verbietet 30 Wirkstoffe
Die französische Regierung hat zum 1. 2. 08 dreißig Pestizidwirkstoffe verboten, die in 1.500 Mitteln Anwendung fanden. Davon betroffen waren auch Substanzen aus dem BAYER-Sortiment wie z. B. Procymidon, das in SUMISCLEX WG enthalten ist.

Pestizide im Wein
Mit einem Pestizid-Einsatz von 21,4 Kilogramm pro Hektar zählt der Anbau von Wein zu den gift-intensivsten landwirtschaftlichen Unternehmungen. In einer vom PESTICIDES ACTION NETWORK EUROPE durchgeführten Studie fanden sich folglich in allen 34 untersuchten Flaschen Spuren der Agrochemikalien. Bei 25 Wein-Proben stießen die WissenschaftlerInnen auf Pyrimethanil, das auch in den BAYER-Produkten CLARINET, FLINT STAR, MYSTIC, MYTHOS, SCALA, SIGANEX, VISION und WALABI enthalten ist. Zudem verseuchte der Stoff sogar einen Biowein. PROCYMIDON, unter anderem Wirksubstanz von BAYERs SUMISCLEX WG und in Frankreich gerade aus dem Verkehr gezogen (s. o.), war in elf der edlen Tropfen enthalten (siehe auch KURZ VOR SCHLUSS).

Benin verbietet Endosulfan
Der vor allem auf Baumwollfeldern zum Einsatz kommende Pestizid-Wirkstoff Endosulfan, enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, ist für zahlreiche Todesfälle verantwortlich. Allein im afrikanischen Benin starben in der Vergangenheit jährlich bis zu 30 Menschen an Endosulfan-Vergiftungen (Ticker 3/06), im letzten Jahr waren es 20. Darum hat sich die Regierung des Landes jetzt entschlossen, die zur Gruppe der Organochlor-Verbindungen zählende Agrochemikalie zu verbieten. Staaten wie Mali, Burkina Faso und die Elfenbeinküste planen, es Benin gleichzutun. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN), das mit seinen Aufklärungskampagnen viel zu dieser neuen Pestizidspolitik beigetragen hat, will jetzt sogar für einen weltweiten Bann sorgen. So ganz zufrieden mit dem bisher Erreichten ist die Initiative jedoch nicht. Zum einen dürfen die LandwirtInnen die nicht unbeträchtlichen Endosulfan-Restbestände noch aufbrauchen, und zum anderen ist das von BAYER als Endosulfan-Nachfolger auserkorene TIHAN mit den Wirkstoffen Imidacloprid, Thiacloprid, Deltamethrin und Flubendiamid auch nicht ohne. Deltamethrin gehört nämlich der höchsten Pestizid-Gefahrenklasse an, Imidacloprid und Thiacloprid der zweithöchsten, wobei Thiacloprid zusätzlich noch als krebserregend gilt. „Es stellt sich somit die Frage, ob hier nicht der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben werden soll“, so die PAN-Aktivistin Alexandra Perschau.

Chlorpyrifos im Hausstaub
Das Bundesumweltamt hat Hausstaub nach Pestizid-Rückständen untersucht und dabei zahlreiche Giftstoffe nachgewiesen. Neben schon längst verbotenen Stoffen wie DDT und Lindan stießen die WissenschaftlerInnen auch auf Wirkstoffe, die in BAYER-Produkten enthalten sind wie Propoxur (BAYGON) und Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER). Propoxur fand sich in sechs Prozent der Proben und Chlorpyrifos in 32 Prozent.

90.000 Vergiftungsfälle
Die Aufstellung der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA über Risiken und Nebenwirkungen von Pestiziden stand lange unter Verschluss. Das weckte Begehrlichkeiten: Nach Aussage des „Center for Democracy and Technology“ gehörten die Akten zu den zehn begehrtesten Regierungsdokumenten. Unter Berufung auf den „Freedom of Information Act“ gelang es dem „Center for Public Integrity“ schließlich, das EPA zu einer Veröffentlichung zu veranlassen. Und die Unterlagen haben es wirklich in sich. Sie halten für die letzten zehn Jahre 90.000 Vergiftungsfälle durch Pestizide fest. Mehr als ein Viertel verursachten Produkte aus der Gruppe der Pyrethroide wie BAYERs Insektizide BAYTHROID und BULLDOCK oder das Hunde-Antiflohmittel ADVANTIX. Im Zeitraum von 2003 bis 2007 starben 20 Menschen an BAYTHROID & Co., 6.000 Personen erlitten Gesundheitsstörungen. Die EPA wollte die Gefährlichkeit dieser Substanzklasse ursprünglich erst im Jahr 2010 untersuchen, kündigte nach der Publikation der alarmierenden Befunde jedoch an, sich schneller ans Werk zu machen.

GENE & KLONE

EU-Zulassung für BAYERs Gensoja
Nachdem die EU-LandwirtschaftsministerInnen sich nicht darauf einigen konnten, BAYERs Gensoja eine Importgenehmigung zu erteilen, landete die Entscheidung bei der traditionell gentechnik-freundlichen Brüsseler Kommission. Sie gab dann auch prompt grünes Licht für die gegen das Herbizid LIBERTY mit dem Wirkstoff Glufosinat resistente Sorte. Dass BAYER-Reis der gleichen Bauart vor zwei Jahren für den größten Gen-GAU der jüngeren Geschichte gesorgt hatte und sich - obwohl noch gar nicht zugelassen - in Proben von Supermarkt-Reis wiederfand, hat die PolitikerInnen dabei ebenso wenig gestört wie die niedrigeren Erträge von gentechnisch manipuliertem Soja (s. u.). Die bei LIBERTY-Mais und -Raps beobachteten Einkreuzungen in konventionell angebaute Pflanzen stellten für die EU-Kommission ebenfalls keinen Hinderungsgrund dar.

Gen-Soja unfruchtbarer
Nach einer Studie der Universität Kansas liegen die Ernte-Ergebnisse von Gen-Soja um zehn Prozent unter denen von konventionellen Pflanzen. Nach Ansicht des Wissenschaftlers Barney Gordon behindert der gentechnische Umbau der Ackerfrucht die Aufnahme von Nährstoffen aus dem Boden. Erst nachdem sein Team die genmanipulierten Versuchspflanzen mit einer Extradosis Mangan versorgt hatte, glichen sich die Resultate an. Bereits vorher hatten ForscherInnen der Universität Nebraska den Laborfrüchten von BAYER & Co. Ertragsschwäche bescheinigt.

Versuchsfeld Südafrika
BAYER hat Südafrika zum Versuchsfeld für seine Gentech-Pflanzen auserkoren. Der Agro-Multi will dort sechs neue Laborfrüchte testen (siehe SWB 3/08), die den für Insekten tödlichen Bacillus thuringiensis (Bt) enthalten und/oder gegen die Pestizide Glufosinat, Glyphosate oder Phosphinotricin resistent sind. Der Leverkusener Multi beabsichtigt damit erstmals Sorten zu testen, die auch auf MONSANTO-Technologie beruhen - Frucht eines Kooperationsabkommens beider Konzerne zur Stärkung der erlahmenden Widerstandskräfte ihrer genmanipulierten Ackerfrüchte. Das AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY stellte sich gegen den Antrag. „Wir lehnen diese Anwendungen ab, welche die Integration unseres Agrarsystems in die kapitalistische Ökonomie vorantreiben und Kleinbauern im Regen stehen lassen. Zudem stellen diese Pflanzen ein Risiko für Mensch und Umwelt dar“, heißt es in ihrer Erklärung.

BAYER erreicht „Biopharma“-Endrunde
Der Staat fördert offensiv die Entwicklung medizinisch-industrieller Komplexe. So knüpft er die Vergabe von Subventionen an die Bildung von Konsortien aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Auch an dem vom Bundesforschungsministerium ausgeschriebenen Strategie-Wettbewerb „BioPharma“ dürfen nur solche Verbünde teilnehmen. Deshalb hat BAYER mit MAGFORCE NANOTECHNOLOGIES, KINAXO BIOTECHNOLOGIES, der Berliner Charité und der Universität Köln ein solches Konsortium gebildet, das sich zum Ziel gesetzt hat, neue Therapie-Verfahren zur Behandlung von Tumoren zu erforschen. Und die Chancen, sich dafür mit vier weiteren Kandidaten die Fördersumme von 100 Millionen Euro zu teilen, stehen gut, denn BAYER & Co. haben die Runde der letzten Zehn erreicht.

Bundestag ändert Stammzellen-Gesetz
„Die Möglichkeiten sind grenzenlos“, schwärmte schon im Jahr 2001 BAYERs damaliger Chef-Pharmazeut Wolfgang Hartwig über die Möglichkeiten der Stammzellforschung. Seit 2008 sind diese noch ein wenig grenzenloser, denn der Bundestag änderte das Stammzell-Gesetz. Als er es 2002 verabschiedete, legte das Gremium als Stichtag für die zur Forschung freigegebenen Zelllinien den 1. 1. 02 fest, weil es keine neuen Tötungen von Embryonen verantworten wollte. Im April 2008 hat das Parlament diese Hemmungen abgelegt und den Stichtag auf den 1. 5. 07 verschoben. Es kapitulierte damit vor der Lobbyarbeit der Industrie, bei der sich besonders der BAYER-Aufsichtsrat und Gentech-Multifunktionär Ernst-Ludwig Winnacker hervorgetan hatte.

NEXAVAR bei anderen Krebsarten?
Als „Meilenstein im Kampf gegen Krebs“ feiert BAYER sein Gentech-Medikament NEXAVAR. Der Leverkusener Multi erweckt damit den falschen Eindruck, ein neues Wundermittel gegen die Krankheit gefunden zu haben, wo das Präparat hingegen lediglich die Lebenserwartungen der PatientInnen um bis zu drei Monaten verlängert. Es kommt bisher bei der Behandlung von Nieren- und Leberkrebs zum Einsatz. Obwohl Indikationserweiterungen auf Lungen-, Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs scheiterten, versucht der Konzern weiter unentwegt, der Arznei neue Märkte zu erschließen. Auf einem Onkologie-Kongress in Chicago präsentierte das Unternehmen Ende Mai 2008 Studien mit angeblich hoffnungsvollen Resultaten bei der Theapie von Krebsarten, die den Verdauungstrakt, die Schilddrüse oder die Eierstöcke befallen. Sogar bei Lungenkrebs wartete der Pharma-Riese diesmal wundersamerweise mit positiven Daten auf - bei den letzten Tests hatte der NEXAVAR-Wirkstoff Sorafenib nicht nur nicht geholfen, sondern den Sterbeprozess sogar noch beschleunigt.

PFLANZEN & SAATEN

Kooperation mit EURALIS
BAYER hat eine Zusammenarbeit mit der französischen Landwirtschaftskooperative EURALIS vereinbart. Die Kooperation konzentriert sich auf hybride - also nicht für die Wiederaussaat bestimmte - Winterraps-Sorten. Der Agro-Riese erhält mit dem Deal die Rechte auf bestimmte Zuchtmaterialien und Produkte von EURALIS und kann die Versuchsfelder nutzen.

PARAGON gekauft
Das Saatgut-Geschäft des Leverkusener Multis wächst beständig. Nun hat BAYERs Saatgut-Tochter NUNHEMS auch noch das auf Salate spezialisierte US-Unternehmen PARAGON aufgekauft.

WASSER, BODEN & LUFT

Brunsbüttel: Kohlekraftwerk kommt
Auf den Himmel über Brunsbüttel kommt in nächster Zeit einiges zu, und BAYER hat daran gehörigen Anteil. Der Konzern plant am Standort nämlich nicht nur ein Müll-, sondern auch ein 800-Megawatt-Kohlekraftwerk. Für dieses unterzeichnete der Multi Ende Juli 2008 die Verträge. Die Dreckschleuder kommt bloß auf einen Wirkungsgrad von 46 Prozent, 54 Prozent der eingesetzten Energie werden also nicht in Strom umgewandelt. Zum Vergleich: Eine Kraft/Wärme-Koppelungsanlage hat einen Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent! Aber der Brunsbütteler Klimakiller bleibt sogar noch unter den Werten des im Krefelder Chemiepark geplanten Kraftwerks, das dank der Nutzung des Dampfes einen Wirkungsgrad von 51 Prozent erreicht und 4,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert. In Brunsbüttel dürften es deshalb ein paar hunderttausend Tonnen C02 mehr werden. Entsprechend erbost reagieren die UmweltschützerInnen vor Ort. „Wir wollen keine Dinosaurier-Technologie“, sagte etwa Jürgen Ruge von den Grünen in einer aktuellen Stunde des Kreistags, während vor dem Sitzungssaal Bürgerinitiativen ihren Unmut kundtaten.

Krefeld: Kohlekraftwerk kommt nicht?
Die Haltung der Krefelder Parteien zu dem im BAYER-Chemiepark geplanten Kohlekraftwerk ist unübersichtlich. Die SPD befürwortet wie der CDU-Oberbürgermeister Gregor Kathstede den Bau, dessen Partei lehnt das Vorhaben jedoch bislang ebenso ab wie die Grünen. Auf der Ratssitzung am 5. 9. 08 setzten Christdemokraten und Grüne eine so genannte Veränderungssperre durch, mit der die beiden Fraktionen alle bisher noch nicht genehmigten Projekte mitsamt des Klimakillers vorerst für zwei Jahre auf Eis legte. Länger allerdings nicht. Zudem ließ sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Wilfrid Fabel ein Hintertürchen offen. Laut Rheinischer Post erklärte er, dass die CDUlerInnen durchaus noch grünes Licht für die Dreckschleuder geben könnten.

BAYER stinkt zum Himmel
AnwohnerInnen des Bergkamener Werkes von BAYER SCHERING klagen seit Jahren über Gestank, der von der Einrichtung zur Abwasserbehandlung ausgeht. Im April 2008 haben nun endlich Umbau-Maßnahmen begonnen. „Im Interesse der Anwohner muss es jetzt vor allem darum gehen, die Geruchsbelästigungen der Anlage zu verringern“, so der zuständige BAYER-Manager Helmut Bennemann.

EU fördert Müllgeschäfte
Der Leverkusener Multi macht schon seit geraumer Zeit aus Dreck Geld. Seine Sondermüllverbrennungsanlagen laufen auf Hochtouren. Und neuerdings will er mit dem Abfall auch noch Kraftwerke befeuern, da Energie dann nichts mehr kostet, sondern sogar noch Geld einbringt: derzeit etwa 80 Euro pro Reststoff-Tonne. Aber nach BAYER-Ansicht könnte es um die Erträge noch besser gestellt sein, wenn Brüssel ein paar Weichenstellungen zu Gunsten der Konzerne vornähme. So mahnte Wolfgang Große Entrup, Vorsteher des BAYER-Stabes „Politik und Umwelt“ und beim CDU-Wirtschaftsrat Leiter der Umweltkommission, schon vor einiger Zeit eine „Entbürokratisierung“ der EU-Abfallrahmenrichtlinie an. Der mit VertreterInnen von BAYER und anderer Unternehmen bestückte „Dialog Wirtschaft und Umwelt NRW“ machte dazu gleich einige konkrete Vorschläge. Das Gremium, mit dem das Land Nordrhein-Westfalen seine Umweltpolitik quasi ausgegliedert hat, forderte die Europäische Union auf, die Gleichwertigkeit der stofflichen und energetischen Verwertung von Abfall sicherzustellen und - besonders entlarvend - auf Programme zur Müllvermeidung zu verzichten. Dem kam die EU in ihrer Revision der Richtlinie jetzt nach. „Müllverbrennung wird so noch mehr zum lukrativen Geschäft“, kommentierte die grüne EU-Parlamentarierin Hiltrud Breyer und warnte: „Es droht die Gefahr, dass Recycling zum Mauerblümchen der Abfallwirtschaft wird und der Müllexport zunimmt“.

Müllskandal zu BAYERs Gunsten
Der Leverkusener Multi profitiert vom italienischen Müllskandal. Ein gehöriger Anteil der 54.000 Tonnen aus dem Nachbarland landet nämlich in den „Rückstandsverbrennungsanlagen“ des Konzerns, wo ihn das Unternehmen für 200 Euro pro Tonne unter Produktion von Dioxin, Furanen und Schwermetallen entsorgt. Lediglich die radioaktiv verseuchten Chargen mussten wieder zurück zum Absender. Der BUND kritisiert das von BAYER & Co. nicht nur in diesem Fall betriebene Geschäft mit dem Abfall scharf. „Damit wird ein Müllsog unausweichlich. Alle Anstrengungen zur ökologisch erwünschten Abfallvermeidung bleiben auf der Strecke“, so NRW-Geschäftsführer Dirk Jansen.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Neuer Gefahrgut-Terminal in Dormagen
BAYERs Dormagener Chemiepark gehört zu den 10 größten Umschlagplätzen für Gefahrgut-Container in der Bundesrepublik. Um diese Stellung zu halten, hat der Konzern einen neuen Terminal errichtet, der die Lagerung von 360 Containern erlaubt. Für die Sicherheit glaubt das Unternehmen mit einer Folien-Wannenkonstruktion nebst Brand-Früherkennungssystem und halbstationärer Schaumlöschanlage genug getan zu haben.

ATOM & WAFFEN

Libyen erhält Plutonium-Pläne
Libyen hat bis zum Jahr 2003 ein illegales Atomwaffen-Programm betrieben. Dazu besaß das Land auch Pläne zum Bau von Wiederaufbereitungsanlagen für Uran-Kernbrennstoffe. Nach Mitteilungen der „Internationalen Atomenergie-Agentur“ (IAEA) entspricht die darin beschriebene Technologie derjenigen der Karlsruher Wiederaufbereitungsanlage, deren Betreiber BAYER, HOECHST und andere Chemiekonzerne in Tateinheit mit der Energiewirtschaft waren, bis sich BAYER & Co. 1975 wegen zweifelhafter Erfolgsaussichten aus dem Atomgeschäft zurückzogen. Die Konstruktionszeichnungen haben bundesdeutsche IngenieurInnen unter Geheimhaltungsgebot 1986 erstellt. Ihr Auftrag lautete, eine Anlage zu entwerfen, die auch unter klimatischen Bedingungen wie extremer Hitze oder Trockenheit funktioniert. Angaben zum genauen Bestimmungsort erhielten sie nicht. Den Deal wickelte schließlich ein Mittelsmann ab, der Gaddafi bereits in Sachen „Chemie-Waffen“ gute Dienste erwiesen hatte.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Berufskrankheiten: Fehlanzeige
Lösemittel wie Benzol oder Styrol sind äußerst gefährliche Substanzen. Offenbar aber können sie den bei BAYER & Co. Beschäftigten nichts anhaben. Anerkannte Berufskrankheiten gibt es in diesem Bereich nämlich kaum. Gerade einmal 18 Fälle wurden im Jahr 2000 aktenkundig, 2001 15 Fälle und 2002 10 Fälle. Allerdings steht diesen Zahlen eine Unmenge von Anträgen entgegen, welche die Verantwortlichen jeweils abschlägig beschieden haben. Darum fordern ExpertInnen wie der Umweltmediziner Wolfgang Huber einschneidende Veränderungen bei den Verfahren wie die Berücksichtigung von Kombinationswirkungen und Erleichterungen der Beweisführung bis zur Beweislastumkehr.

STANDORTE & PRODUKTION

Berufskolleg macht weiter
Ursprünglich wollte der Pharma-Riese sein Berufskolleg abwickeln und es ganz oder teilweise der Regie der Stadt Leverkusen unterstellen. Jetzt entschied der Konzern jedoch, die Weiterbildungseinrichtung selber weiterzubetreiben.

BAYER schrumpft in Dormagen
In den BAYER-Chemieparks gibt es immer mehr Lichtungen (SWB 4/07). Der Konzern trennte sich von Geschäftsbereichen wie der „Chemie“, und neuere Fertigungsstätten, sofern überhaupt an den alten Standorten errichtet, brauchten weniger Raum. Auch die Anwerbung von Fremdfirmen konnte die Lücken nicht schließen. In Dormagen hat der Konzern sich deshalb dazu entschlossen, eine 33.000 Quadratmeter große Fläche an die Stadt zu verkaufen.

Leverkusen-Project 2020
Die Umstrukturierungen bei BAYER stellen die Stadt Leverkusen vor große Probleme. Das Arbeitsplatz-Angebot sank binnen 10 Jahren um 15 Prozent: die Gewerbesteuer-Einnahmen reduzierten sich sogar um 40 Prozent. Jetzt soll das „Leverkusen-Project 2020“ Abhilfe schaffen. Unter diesem Titel erarbeitet die städtische Wirtschaftsförderung ein Konzept für eine BAYER-losere Zukunft. Das bisher Angedachte klingt jedoch nach alten Rezepten. Da ist von der Erarbeitung eines wirtschaftlichen Leitbildes die Rede, von einer besseren Verschränkung schon vorhandener Strukturen und von der Ansiedlung innovativer Branchen.

Rheinblick: BAYER blockt
Uerdingen streitet um das Projekt „Rheinblick“. InvestorInnen wollen direkt am Rhein in der Nähe des BAYER-Chemieparks ein neues Wohn- und Gewerbegebiet errichten. In der Bevölkerung stößt das Vorhaben auf große Zustimmung, dem Chemie-Multi behagt das Ganze jedoch nicht. Er duldet keine neuen Nachbarn in der Nähe seiner Anlagen und hoffte auf ein abschlägiges TÜV-Gutachten. Nachdem die Expertise aber Sicherheitsbedenken zerstreut hatte, machte das Unternehmen einfach Nägel mit Köpfen. Es kaufte im großen Umfang Flächen am Rhein auf. „Die Flächen dienen der Ausweitung der angrenzenden Chemiepark-Flächen, so dass eine weitere infrastruktuelle Entwicklung des Standortes möglich wird“, hieß es zur Begründung. Dies könnte beispielsweise durch einen Container-Umschlagsplatz geschehen. Der CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel sieht dadurch die Hafen-Planungen gefährdet: „Abgesehen davon, dass dazu eine Änderung des Bebauungsplanes 677 erforderlich wäre, würde dies auf jeden Fall schädlich für die Hafenentwicklung sein, die damit durch BAYER torpediert würde“. Die Grünen vermuten noch andere Motive hinter dem Grundstückskauf. Nach Meinung der Partei soll das Gelände entweder dem Kohle-Transport vom Hafen zum geplanten Kraftwerk dienen, oder aber es ist ein Faustpfand im Streit um die umstrittene Dreckschleuder, das der Stadt bedeutet: „Machst Du mein Kraftwerk kaputt, mach‘ ich Dir den Rheinblick platt“.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER kauft PARAGON
Die BAYER-Tochter NUNHEMS hat den US-amerikanischen Gemüsesaatgut-Hersteller PARAGON gekauft (siehe auch PFLANZEN & SAATEN).

BAYER kauft NYCOMED-Sparte
Der Leverkusener Multi hat für 52 Millionen Euro die Krebsforschungssparte des Pharma-Konzerns NYCOMED erworben.

ÖKONOMIE & PROFIT

Wenning hat nichts gemerkt
BAYER-Chef Werner Wenning ist Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender des Beraterkreises der DEUTSCHEN BANK, die im Zuge der Finanzmarktkrise wegen riskanter Transaktionen bisher rund 2,5 Milliarden Euro abschreiben musste. Deshalb fragte ihn die Zeitschrift Capital: „War Ihnen angesichts der gigantischen Deals nie unbehaglich zumute?“. Aber Wenning wollte sich keine Verletzung der Aufsichtspflicht nachsagen lassen und antwortete ausweichend. „Sofern Investoren einen nachhaltigen Ansatz verfolgen, ist nichts dagegen einzuwenden. Das ist unser unternehmerisches Verständnis. BAYER ist seit fast 150 Jahren auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit ausgelegt“, so Wenning.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosion tötet Arbeiter
Am 28. 8. 08 ereignete sich am US-amerikanischen BAYER-Standort Institute eine Explosion, die das Leben eines Arbeiters forderte. Ein Kollege erlitt schwere Verbrennungen. Der Störfall ereignete sich in einer Produktionsanlage des hochgiftigen Pestizids Methomyl. Nach Angaben von BAYER waren daran die Vorprodukte Dimethyldisulfid, Hexan und Methylisobutylketon (MIC) beteiligt. Bei MIC handelt es sich um die Chemikalie, welche die Katastrophe von Bhopal auslöste, weshalb die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) den Leverkusener Multi seit langem auffordert, kein MIC mehr auf dem Gelände zu lagern, zumal Unfälle in Institute beinahe schon zur Tagesordnung gehören. Binnen der letzten zwölf Monate kam es bereits zu drei Zwischenfällen. Die Störungsanfälligkeit der Anlagen bemängelte nach dem großen Knall vom 28. August dann auch die US-Arbeitsschutzbehörde „Occupational Safety and Health Administration“ (OSHA). „Signifikante Mängel der Sicherheitsabläufe“ stellte die OSHA bei einer ersten Untersuchung fest.

Chlor tritt aus
Am 19.4.08 ereignete sich im Leverkusener Chemiepark ein Unfall. In der Chlor-Produktionsstätte von BAYER MATERIAL SCIENCE entstand in einer Leitung aus bislang ungeklärter Ursache ein Leck, aus dem die Chemikalie austrat. Chlor gehört zu den gefährlichsten Substanzen überhaupt. „In einer Chlorwolke ist man auch mit Maske in zwei Minuten tot“, hatte der BAYER-Verfahrenstechniker Andreas Bulan einem Zeit-Journalisten drei Wochen vor dem Störfall bei einer Werksführung anvertraut und ihn gleich damit beruhigt, dass seit Jahrzehnten nichts mehr passiert sei.

Gerüstbauer stürzt ab
Am 23.1.08 ereignete sich im Uerdinger Chemiepark ein Unfall: Beim Aufbau eines Gerüstes stürzte ein Arbeiter ab und zog sich lebensgefährliche Verletzungen zu.

Rauch aus dem Fahrstuhl-Maschinenraum
Am 18. 8. 08 drang Rauch aus dem Fahrstuhl-Maschinenraum des Wuppertaler BAYER-Werks, so dass die Feuerwehr anrücken musste. Eine Gefahr für die unmittelbare Umgebung bestand nach ihren Angaben nicht.

Die Pest an Bord
Am 21. 6. 08 geriet das philippinische Schiff „Princess of the Stars“ in den Wirbelsturm „Frank“ und sank.

[Hunger] STICHWORT BAYER 02/2008

CBG Redaktion

Leere Mägen, volle Kassen

Im Frühjahr brach eine Ernährungskrise aus. Die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen exorbitant, in zahlreichen Ländern kam es zu Brotrevolten, auf Haiti stürzte darüber sogar die Regierung. Aus der Perspektive des zweitgrößten Agro-Riesen der Welt stellt sich die Lage freilich ein wenig anders dar. „Insgesamt profitierte das Pflanzenschutzgeschäft von den positiven Rahmenbedingungen auf den Weltagrarmärkten“, vermeldete BAYER-Chef Werner Wenning auf der Jahreshauptversammlung des Konzerns am 25. April. Sorge um das tägliche Brot auf der einen Seite, profitable Rahmenbedingungen auf der anderen Seite - der Kapitalismus macht‚s möglich.

„Wir haben Hunger“ und „Das Leben ist zu teuer, ihr bringt uns um“ - unter diesen Rufen zogen Anfang April 1.500 Frauen aus den Armenquartieren Abidjans, der ehemaligen Hauptstadt der Elfenbeinküste, zur Residenz des Präsidenten Laurent Gbagbo. Zu ähnlichen Brotrevolten kam es in Ägypten, Burkina Faso, Bangladesh, Pakistan, Thailand, Honduras, Indonesien, Kamerun, Marokko, Mexiko und im Jemen. Auf Haiti stürzte darüber sogar der Premierminister Jacques-Édouard Alexis. „Wenn die Regierung die Lebenshaltungskosten nicht senken kann, muss sie eben gehen. Wenn die Polizei und die UN-Truppen auf uns schießen wollen, macht das auch nichts, denn wenn wir nicht von den Kugeln getötet werden, verhungern wir“, mit diesen Worten brachte ein Demonstrant in Port-au-Prince den Mut der Verzweiflung zum Ausdruck, der ihn auf die Straße getrieben hatte.

Hunger global
Innerhalb einer Woche hatten sich auf der Karibik-Insel die Preise für Reis verdoppelt. So war das Grundnahrungsmittel für Tausende Menschen unerschwinglich geworden, sie mussten sich aus Lehm, Wasser, Öl und Salz kleine Kuchen backen, um zu überleben. In Thailand kostete die Tonne Reis, die 2003 noch für 198 Dollar zu haben war und im letzten Jahr für 323, plötzlich 1.000 Dollar. Bei Molkereiprodukten, Weizen und anderen Getreidearten sah es auf den Weltmärkten nicht besser aus. Nach Angaben der Weltbank stieg der Preis für Weizen binnen der letzten drei Jahre um 181 Prozent. Die Kosten für Lebensmittel insgesamt erhöhten sich um 83 Prozent. Und sinken dürften sie allzu bald auch nicht wieder. Die Welternährungsorganisation FAO erwartet bis 2017 Teuerungsraten von zehn bis fünfzig Prozent, und die Ökonomen sprechen bereits vom Phänomen der „Agflation“.
„Das Ungeheuer, das die politische Bühne betreten hat“, wie Finanzminister Peer Steinbrück es ausdrückte, wird also so schnell nicht wieder abtreten. Das Monster hat seine Karriere auch nicht erst in diesem Jahr begonnen. Schon 1972/73, 1979/80, 1984, 1988, 1989, 1990 und 1995/96 hatte es in vielen Ländern für Angst und Schrecken gesorgt. Es brauchte jeweils nicht viel, um das Biest hervorzulocken, denn das Horrorszenario, das sich mit der in den 70er Jahren einsetzenden Globalisierung der Agrarmärkte eröffnete, bot immer wieder reichlich Stoff.
Seither kommen 80 Prozent des Weizens und 85 Prozent des Reises aus gerade einmal sechs Ländern, drei Staaten produzieren 70 Prozent des Korns. Das Mittel, mit dem die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) Südamerika, Afrika und Asien zu Beginn der achtziger Jahre komplett diesem Weltmarkt auslieferten, hieß „Strukturanpassungsprogramm“. Die Finanzinstitutionen vergaben ihre Kredite nur noch unter der Maßgabe, die billigen, weil hoch subventionierten Ackerfrüchte aus dem Norden zu Minimalzöllen die Grenzen überschreiten zu lassen. In der Folge gaben viele KleinfarmerInnen ihre Höfe auf und zogen in die Elendsgürtel der großen Städte. Sie machten dann Platz für die export-orientierten Agroindustrien einiger Großgrundbesitzer, die keine Nahrungsmittelgrundstoffe, sondern vernehmlich Mais und Soja für die Massentierhaltung herstellten. Immer weniger Menschen hatten so die Möglichkeit zur Selbstversorgung. Die von der Weltbank im Rahmen der Implementierung des Neoliberalismus eingeforderte Kürzung der Subventionen für Lebensmittel tat ein Übriges, um den Kampf ums täglich Brot schwieriger und schwieriger zu gestalten.
Und wenn die Kurse auf Getreidebörsen in den USA dann einmal nach oben ausschlugen und die Nahrungsmittelimporte sich verteuerten, geriet dieser zu einem schier unmöglichen Unterfangen. Als „einen ökonomischen Totalitarismus, der nicht mit Kugeln, sondern mit Hunger tötet“, bezeichnete der von 1989 bis 1993 als Präsident Venezuelas amtierende Carlos Andrés Péres deshalb diese Politik des IWF.
Länder, die sich diesem Regime nicht beugten wie etwa Mali, konnten die Auswirkungen der jüngsten Ernährungskrise eindämmen. Die LandwirtInnen sahen wegen des Preisverfalls für Baumwolle davon ab, weiterhin Grundstoffe für die globale Textilindustrie herzustellen und pflanzten stattdessen rote Hirse und Mais an. Zusammen mit dem von der Regierung vorangetriebenen Reis-Anbau sicherte das einigermaßen die Versorgung der Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigsten. In anderen Staaten hingegen wütete das Ungeheuer ungebändigt, dieses Mal genährt vom hohen Ölpreis, Missernten infolge des Klimawandels, Chinas gesteigertem Appetit auf Fleisch, Finanzspekulationen auf eine noch größere Knappheit und dem Agrosprit-Boom, der immer weniger Anbaufläche für Nahrungsmittelgrundstoffe übrig lässt.

Krisengewinnler BAYER
BAYER gruselt dabei als Global Player des Agrobusiness kräftig mit. Die Chemikalien, die der Multi für die Landwirtschaftsindustrie mit ihren cash crops herstellt, basieren nämlich auf dem Grundstoff Öl und haben so einen Anteil am Preisanstieg für landwirtschaftliche Produkte. Zum Klimawandel steuert der Konzern jährlich ein Scherflein von 8,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid bei (4,4 Mio. aus eigener Produktion zuzüglich 3,9 Mio. aus derjenigen seiner Energie-Lieferanten) und den Flächenfraß durch den Agrosprit-Boom treibt er direkt mit seinem Jatropha-Pflanzen-Projekt in Tateinheit mit Daimler und indirekt durch sein maßgeschneidertes, besonders viel Tankfüllung produzierendes Saatgut an.
Dementsprechend treiben einem die Verlautbarungen des Leverkusener Multis zu seiner Geschäftstätigkeit Schauer über den Rücken. „Wir konnten an der positiven Entwicklung der Welt-Agrarmärkte partizipieren“, vermeldete der „1. Quartalsbericht 2008“. Und auf der letzten Hauptversammlung in den Kölner Messehallen erklärte BAYERs Vorstandsvorsitzender Werner Wenning seinen AktionärInnen genauer, warum der Hunger infolge der verteuerten Lebensmittel so profitabel für das Unternehmen ist. „Die Landwirte können höhere Preise für ihre Erzeugnisse, also für Nahrungsmittel, Futter und Pflanzen als alternative Energiequellen, erzielen. Das ermöglicht es ihnen, stärker in innovative Pflanzenschutzprodukte - und auch höherwertiges Saatgut - zu investieren“. Und BAYER-CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer freut sich ebenfalls über die „Knappheitspreise“, die endlich wieder eine freie Marktpreis-Bildung ohne Quoten, Subventionen und Interventionen ermöglichten und sich nur an den internationalen Rohstoffbörsen orientierten - für ihn eine „stille Agrarrevolution“.
Im letzten Geschäftsbericht hat diese schon ihre Spuren hinterlassen. „In Südamerika entwickelten sich unsere neuen Produkte CropStar in Mais und Atento in Sojabohnen sehr erfreulich“, hieß es dort. Auf den Feldern selber hält derzeit noch MONSANTO mit seinen Gentech-Pflanzen die Monopolstellung. Aber der Leverkusener Multi verbessert seine Marktposition kontinuierlich, da sich die Monokulturen mit den Hochertragssorten des US-amerikanischen Konkurrenten anfällig zeigen. Die Unkräuter haben sich nämlich mittlerweile an den Wirkstoff Glyphosate, gegen den Mais und Soja made by MONSANTO resistent sind, gewöhnt und trotzen der chemischen Keule. Deshalb sah sich MONSANTO zu einem Deal mit BAYER gezwungen: Die Firma erwarb eine Lizenz für die Liberty-Link-Technologie des bundesdeutschen Agroriesen und hofft nun, die Wildgräser mit einem Liberty/Glyphosate-Doppelpack am „unerlaubten“ Wachstum zu hindern.
Die Kooperation mit MONSANTO bietet für BAYER CROPSCIENCE die Chance einer stärkeren Penetration des LibertyLink-Systems in Mais und Soja und eröffnet uns gleichzeitig ein erhebliches Potenzial an Lizenzeinnahmen und Umsatzbeiträgen aus dem Absatz unseres Totalherbizids Liberty„, konstatiert Berschauer. Mit den Unternehmen MERTEC und M.S. TECHNOLOGIES entwickelt der Global Player nach dem selben Prinzip eine multi-resistente Soja-Pflanze. Damit der Konzern nun aber nicht alle Einkünfte aus den Geschäften rund um die cash crops teilen muss, plant er auch eine eigene Liberty-Link-Sojalinie.

Agro-Sprit
Besonders der Agro-Sprit sorgt für BAYER-Profit. “Vom starken Ausbau der Maisanbauflächen in den USA im Zuge des Biokraftstoff-Booms profitieren wir durch unser Saatgutbehandlungsmittel Poncho„, führte der BAYER-CROPSCIENCE-Chef auf der Jahrespressekonferenz der Landwirtschaftssparte aus. Aber nicht nur der Absatz des Bienenkillers und derjenige anderer Pestizide erhöhte sich durch die Treibstoff-Pflanzen. Auch der Umsatz mit dem genmanipulierten Raps-Saatgut Invigor, das hybrid ist und sich deshalb nicht für eine Wiederaussaat eignet, stieg. Der Leverkusener Multi hat den Biosprit-Baronen sogar schon genau ausgerechnet, welche Wettbewerbsvorteile ihnen der BAYER-Raps bietet. “So lassen sich mit Hilfe von Invigor rund 190 Liter mehr Biodiesel pro Hektar herstellen als aus normalem Hybridsaatgut„, verspricht Berschauer. Er hat sogar schon die Marktforschung bemüht, um genau zu eruieren, wieviel Geld das neue Marktsegment in die Kassen spülen wird. “Bis zum Jahr 2015 sehen wir hier ein Marktvolumen von mehr als vier Milliarden Euro„, sagte Berschauer auf der Bilanz-Pressekonferenz.
Dabei sind dem Multi die Nebenwirkungen des Agrosprit-Booms nicht ganz entgangen. “Natürlich sehen wir auch den drohenden Konflikt zwischen dem Anbau von Nahrungsmitteln und von Pflanzen für Biokraftstoffe„, räumte Wenning in Köln ein. Aber BAYER hat da einen Vorschlag zur Güte: die Jatropha-Pflanze. Sehr öl-haltig und anspruchslos auch auf so genannten Grenzertragsböden gedeihend, hält der Agro-Riese dieses Gewächs für geeignet, die Flächenkonkurrenz nicht weiter zu befeuern. Dafür befeuert BAYER sogar die Konkurrenz im eigenen Hause. Versuchte Berschauer auf der Jahrespressekonferenz noch, das Rapssaatgut Invigor als ergiebige Ölquelle zu verkaufen, so kritisierte sein Pressesprecher Utz Klages die Degradierung einer so hochwertigen Nahrungspflanze zur Tankfüllung, um den Segen von Jatropha zu preisen.
Der Wirklichkeit halten seine Reden allerdings nicht stand. In Indien beispielsweise wächst Jatropha nicht auf Ackerbrachen, sondern auf Gemeinschaftsland, auf dem die Menschen Früchte, Nüsse, Medizinal- und Futterpflanzen anbauen.
BAYERs weitere Vorschläge zur Bewältigung der Hungerkatastrophe erweisen sich als ebenso wenig hilfreich. So falsch wie die Diagnose - Überbevölkerung nannte Werner Wenning auf der Hauptversammlung als Grund - ist die Therapie, welche die Manager vorschlagen.
Direktzahlungen an die Bedürftigten“ empfiehlt Berschauer und setzt wie sein Chef Wenning auf noch ertragreichere und widerstandsfähigere Sorten sowie noch wirksamere Pestizide. Zudem hoffen die beiden, dass ihr ungeliebtes Kind als Krisengewinnler aus dem Nahrungsmittel-GAU hervorgeht. „Vor den Chancen der Gentechnik dürfen wir in Europa nicht weiter die Augen verschließen“, forderte der oberste CROPSCIENCEler in einem Interview mit der Welt. Alles soll also weiter seinen kapitalistischen Gang gehen, nur noch ein bisschen schneller, wenn‘s geht.

Farmer-Protest
Darum sehen die Betroffenen BAYER auch nicht als Teil der Lösung, sondern als Teil des Problems. So initiierte VIA CAMPESINA, die internationale Organisation der KleinfarmerInnen, am 17. April in Argentinien eine Kundgebung für Nahrungsmittelsouveränität und eine indigene Landwirtschaft und gegen das globale Agro-Business. Die LandwirtInnen protestierten gegen den immer raumgreifenderen Anbau von Soja, der zu einer Vertreibung der Kleinbauern und -bäuerinnen sowie zur Zerstörung riesiger Waldgebiete führt, Nahrungsmittel zu einer teuren Mangelware macht und die Gesundheit ihrer Kinder durch den massiven Einsatz von Pestiziden zerstört. Deshalb endet ihr Aufruf mit den Worten: „Die FarmerInnen werden ihren Kampf gegen dieses Modell, seine politischen Gewährsleute und Multis wie CARGILL, SYNGENTA, MONSANTO und BAYER fortsetzen“.
Und VIA CAMPENSINA tat das auch vor Ort in Leverkusen. Die Vereinigung beteiligte sich an der Demonstration, die am 17. Mai im Rahmen der Gegenaktivitäten zum Bonner Biodiversitätskonferenz am Stammsitz von BAYER stattfand. „Agrarreformen“ und „Nahrungssouveränität“ forderten die InderInnen, ArgentinierInnen und MexikanerInnen auf ihren Transparenten ein, und der VIA-CAMPENSINA-Sprecher José Oviedo konfrontierte den Konzern in seinem Kundgebungsrede konkret mit den verheerenden Auswirkungen seiner Geschäftspolitik in den Ländern des Südens.
Beistand bekam VIA CAMPENSINA vom jüngsten Bericht des 2002 von der Welternährungsorganisation FAO und der Weltbank gegründeten Weltagrarrats. In der Pressemitteilung zur Vorstellung des Rapportes, an dem 400 ExpertInnen von Universitäten, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen mitwirkten, lautet gleich der erste Satz: „Die Art und Weise, wie die Welt ihre Nahrung produziert, muss sich radikal ändern, um den Bedürfnissen der Armen und Hungernden gerechter zu werden, wenn sie sich den Herausforderungen “Bevölkerungswachstum„ und “Klimawandel„ stellen will, ohne soziale Verwerfungen und einen Umweltkollaps zu riskieren.“ Ein „Business as usual“ kann für die AutorInnen nicht länger eine Option sein, zu viele Flurschäden hat der agroindustrielle Komplex verursacht: unfruchtbarere Böden und Schäden für Mensch, Tier und Umwelt infolge der Überdosis Chemie, eine Zunahme der Pflanzenkrankheiten durch die intensive Landwirtschaft und einen Ausschluss kleinerer Betriebe vom Weltmarkt.
Aber die Agrarwende, wie der Bericht sie fordert, findet auf jeden Fall ohne den Leverkusener Multi statt. Er hat ebenso wie MONSANTO seine WissenschaftlerInnen kurz vor der Fertigstellung der Expertise abberufen und nach Hause beordert. Auf die Umsätze, welche die politische Ökonomie des Hungers dem Konzern beschert, mögen die BAYER-Manager nicht verzichten.
Von Jan Pehrke

alle Infos zur Kampagne

[Kurzmitteilungen] STICHWORT BAYER 04/2007 – Ticker

CBG Redaktion

Kurzmeldungen „Ticker“

AKTION & KRITIK

Proteste in Antwerpen
Der Leverkusener Multi will im Kunststoffbereich 1.500 Arbeitsplätze vernichten. Allein am Standort Antwerpen sollen mehr als 200 Stellen wegfallen (siehe auch KAPITAL & ARBEIT). Doch die Belegschaft wehrt sich. Gemeinsam mit den KollegInnen von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS blockierten die Beschäftigten im Oktober und November 2007 die Werkseingänge, um gegen die „unsozialen Pläne“ zu protestieren (siehe auch SWB 4/07).

OECD-Klage erfolgreich
Im Jahr 2003 hat die philippinische BAYER-Niederlassung zwei Gewerkschaftler entlassen, die sich allzu stark für die Belange der Beschäftigten eingesetzt hatten (SWB 2/04). So hatte der Gewerkschaftsvorsitzende José Facundo unter anderem einen Streik mitorganisiert, in einem Arbeitrechtsprozess zu Gunsten eines Belegschaftsangehörigen ausgesagt und die Betriebsleitung kritisiert. Zudem warf Focundo dem Leverkusener Multi vor, widerrechtlich Gewerkschaftsbeiträge einbehalten zu haben. Aus Protest gegen seinen Rausschmiss reichte der Aktivist eine Klage bei dem Industrieländer-Zusammenschluss OECD ein, wobei ihn die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützte. Im letzten Jahr bekam er Recht zugesprochen, wie die CBG erst jetzt erfuhr. Der Rechtsauschuss bekräftigte die von BAYER angezweifelte Legitimität der Gewerkschaft und verurteilte den Multi dazu, der Beschäftigten-Vertretung das ihr zustehende Geld zu überweisen sowie Facundo eine Entschädigung zu zahlen.

UNEP-Jugendbeirat antwortet der CBG
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) setzt ihre Kampagne gegen BAYERs Greenwashing mit Hilfe des UN-Umweltprogrammes UNEP fort. Sie hat auch den neuen Jugendbeirat, der auf der Ende August 2007 beim Leverkusener Multi abgehaltenen „Internationalen Jugendumweltkonferenz“ gewählt wurde, aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Agro-Riesen wg. dessen zahlreichen Umweltsünden und des Missbrauchs der UNEP zu reinen PR-Zwecken zu beenden. Aber das Gremium möchte an seinem Sponsor festhalten. „BAYER ist immerhin eines der Unternehmen, die durch ihre Kooperation mit der UNEP ihren Willen demonstrieren, ihre Haltung gegenüber der Umwelt zu ändern“, antwortete der Beirat auf den Brief der CBG.

Pipeline

  • 1: Demo


Am 3.11.2007 fand in Düsseldorf die erste landesweite Demonstration gegen die von BAYER geplante Kohlenmonoxid-Pipeline statt. 4.500 Menschen zogen von der DGB-Zentrale am Hauptbahnhof quer durch die Innenstadt bis zum Rathaus-Vorplatz und warnten vor den Gefahren der Giftgas-Röhre. Mittenmang die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und ihr schon vielseitig zum Einsatz gekommener, vom Künstler Klaus Klinger gestalteter „Gevatter Tod“, der diesmal auf einem Traktor mitreiste. Die Pipeline-GegnerInnen hielten Holzkreuze in die Höhe, trugen Transparente oder kleine Schilder mit Aufschriften wie „Mafia am Rhein: BAYER regiert, Politik versagt, Bevölkerung kämpft“, riefen immer wieder im Chor: „No, no, no, Pipeline geht k.o.!“ und ließen zum Abschluss des Protestes unheilschwangere schwarze Luftballons gen Himmel steigen.

Pipeline

  • 2: Klagen abgelehnt


Die „lex BAYER“ gestattet es dem Leverkusener Multi, durch „Besitzeinweisungsbescheide“ Grundstücke zu enteignen, die er für seine Pipeline braucht. Gegen diese Blankovollmacht haben die Städte Monheim, Ratingen, Hilden und Erkrath Klage erhoben. Die RichterInnen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf gaben ihr jedoch nicht statt, weil die Giftröhre angeblich dem Allgemeinwohl diene, hinter dem Einzelinteressen von WohneigentümerInnen oder Kommunen zurückstehen müssten. Die Gemeinden wollen das Urteil jedoch nicht akzeptieren. „Damit haben wir gerechnet und direkt Beschwerde eingelegt. Die Aktenordner sind schon unterwegs“, sagte der Monheimer Bürgermeister Thomas Dünchheim.

Pipeline

  • 3: Enteignungspanne


Am 18. Oktober 2007 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Leverkusener Multi vorerst grünes Licht dafür gegeben, die Enteignung von Grundstücken einzuleiten, falls der geplante Streckenverlauf der Giftröhren-Pipeline es erfordert (s. o.) Der Konzern machte sich auch gleich ans Werk, aber in Langenfeld unterlief ihm dabei eine Panne. Er wollte zuwenig von der Kommune und vergaß bei dem Enteignungsverfahren eine Parzelle. Die Stadt stellt sich nun stur und weigert sich, das Areal freiwillig herauszurücken. BAYER muss deshalb die Bauarbeiten an der Stelle unterbrechen und erneut vor Gericht ziehen.

Pipeline

  • 4: Attentate befürchtet


Die Polizei sieht sich außer Stande, die von BAYER geplante Kohlenmonoxid-Pipeline vor eventuellen Terroranschlägen zu schützen. „Eine lückenlose Sicherheit für die Pipeline-Trasse gibt es nicht, selbst wenn Tausende Polizisten eingestellt würden“, sagte der Udo Kutsche von der DEUTSCHEN POLIZEI-GEWERKSCHAFT und sprach sich aus diesem Grund gegen das umstrittene Vorhaben aus.

Pipeline

  • 5: Die Anhörung


Am 17.10.2007 fand im nordrhein-westfälischen Landtag auf Antrag der Grünen eine Anhörung zum Thema „Pipeline“ statt. Nachdem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Giftröhren-GegnerInnen mit einer Mahnwache auf die Gefährlichkeit des Projektes hingewiesen hatten, begann die Veranstaltung. Viele Fragen blieben jedoch ungeklärt, weil Innenminister Ingo Wolf (FDP) dem für das Plangenehmigungsverfahren verantwortlichen Regierungspräsident Jürgen Büssow die Teilnahme untersagt hatte. Auch die BAYER-Emissäre drückten sich vor Antworten. Als etwa der Jura-Professor Stefan Muckel vom Leverkusener Multi, der immer wieder auf die Wichtigkeit der Pipeline für die Arbeitsplätze in der Region verweist, schriftlich haben wollte, wieviele Jobs der Konzern denn in den nächsten Jahrzehnten zu garantieren gedenke, musste BAYERs Pipeline-Mann Werner Breuer passen. Ebenso wenig trug der TÜV zur Zerstreuung der Sicherheitsbedenken bei. Mit der Tatsache konfrontiert, dass die Messinstrumente kleinere Leckagen erst wenn es zu spät ist, nach ein bis zwei Tagen nämlich, anzeigen, bekannte der technische Überwacher achselzuckend: „Das ist das heute technisch Machbare“.

Pipeline

  • 6: Deponie geöffnet


„Gift durch Gift“ - das passt gut“, dachte sich der Leverkusener Multi und verlegte seine Pipeline-Rohre in Hilden und Erkrath quer durch alte Giftmüll-Deponien. Die Bagger hoben die Gruben einfach aus und leiteten das verseuchte Grundwasser in einen Bach um. Dabei hatten die Behörden den Konzern vorher auf die Altlasten hingewiesen und ein abgestimmtes Vorgehen verlangt. Entsprechend verschnupft reagierten die Verantwortlichen. Die zuständigen Kreise legten die Baustellen still und verdonnerten den Pharma-Riesen zu Strafzahlungen. Zudem ermittelt nun der Staatsanwalt wegen umweltgefährdender Gewässerverunreinigung und illegaler Müllentsorgung.

Pipeline

  • 7: CO-Produktion modernisiert


Der Leverkusener Multi hat die Notwendigkeit einer Kohlenmonoxid-Pipeline immer mit veralteten CO-Produktionsanlagen begründet. In Krefeld modernisiert der Multi nun aber für drei Millionen Euro seine Fertigungsstätte. Trotzdem will der Konzern an dem umstrittenen Projekt festhalten. Nur mit der Giftgasleitung sei das Unternehmen in der Lage, die weiterverarbeitende Industrie zuverlässig zu beliefern, verlautete aus der Zentrale.

Pipeline

  • 8: Flurschaden


Ohne Rücksicht auf Verluste rollten die Bagger zur Aushebung der Pipeline-Schächte quer durch das Naturschutzgebiet Angertal, ohne dafür eine Genehmigung der Landschaftsbehörde einzuholen. Darum verfügte der Landrat Thomas Hendele Anfang September 2007 einen vorläufigen Baustopp.

Offener Brieg wg. Burma
BAYER betrachtet die Militärdiktatur in Burma als einen ganz normalen Absatzmarkt und testet dort Hybrid-Reis, eine nicht zur Wiederaussaat bestimmte Sorte (siehe auch SWB 3/07). Aus Protest gegen diese Geschäftspolitik schrieb die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit der BURMA-INITIATIVE ASIENHAUS und anderen Gruppen einen Offenen Brief an den Konzern-Chef Werner Wenning (siehe auch SWB 4/07).

CBG nimmt an TALCID-Wettbewerb teil
„Ein lebendiges, funktionierendes Gemeinwesen, bei dem niemand isoliert oder abseits steht, ist wichtig für das psycho-soziale Wohlergehen jedes Menschen. Ausgrenzung und Isolation können zu Erkrankungen wie Herz/Kreislaufkrankheiten oder Magen-Darm-Beschwerden beitragen. Eine aktive Teilhabe des Einzelnen wirkt sich gesundheitsfördernd aus - sowohl für den engagierten Menschen als auch für die Gesellschaft“, meint BAYER und rief gemeinsam mit der Stiftung „Bürger für Bürger“ den nach einem firmeneigenen Magenmittel benannten „TALCID-Förderpreis für Bürgerengagement“ ins Leben. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fühlte sich gleich angesprochen, nominierte ihr Vorstandsmitglied Axel Köhler-Schnura für den Preis und begründete es zwingend: „Axel Köhler-Schnura hat den Verband, der weltweit mit 10.000 Partnern in mehr als 40 Ländern kooperiert, 1978 gegründet und hat in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche Verstöße des Konzerns gegen Gesetze und Selbstverpflichtungserklärungen publik gemacht. Gemeinsam mit den Betroffenen setzt er sich für sichere Produkte und Produktionsbedingungen bei BAYER, für Umweltschutz und finanzielle Wiedergutmachung von Geschädigten ein.“ Da die Coordination bei dem letzten BAYER-Wettbewerb, an dem sie zumindest mittelbar beteiligt war - dem für neue Chemiepark-Konzepte (siehe SWB 4/07) so eine gute Figur machte, stehen die Chancen bestimmt auch hier nicht schlecht.

EU deckt LobbyistInnen
In Brüssel treiben rund 15.000 LobbyistInnen ihr Unwesen. Einer ihrer größten Arbeitgeber ist CEFIC, der Europa-Verband der Chemie-Industrie: 140 MitarbeiterInnen beschäftigt die Dependance von BAYER & Co. Damit die AntichambriererInnen ihre Arbeit weiterhin ungestört im Dunkeln verrichten können, hat eine Generaldirektion der EU-Kommission ihre Namen auf allen verfügbaren Sitzungsunterlagen, Briefen und anderen Dokumenten geschwärzt. Dagegen hat die Initiative CORPORATE EUROPE OBSERVATORY (CEO) Beschwerde eingelegt.

BAYERs Blumen des Bösen
Der US-Amerikaner Robert T. O‘Brien hat einen Polit-Krimi über den Leverkusener Multi geschrieben. „Seeds of Evil“ (Die Blumen des Bösen) handelt von einer kleinen Pharma-Fabrik, die BAYERs Übernahmegelüste weckt. Der Firmeninhaber beginnt sich mit der unheilvollen Geschichte des Agro-Riesen auseinanderzusetzen und wehrt sich mit Händen und Füßen - und mit der Polizeichefin Kristi Christopher - gegen die Pläne. Dabei stoßen die beiden in ein ganzes Nest von Konzernkriminalität und vereiteln schließlich das Vorhaben des Pillen-Riesen.

BUND: Wo ist der Genraps?
Das Unternehmen DEUTSCHE SAATGUTVEREDELUNG säte auf einer Fläche von 1.500 Hektar Raps aus, der mit BAYERs gegen die Herbizide LIBERTY und BASTA resistenten Gentech-Sorten verunreinigt war (Ticker 3/07). Um solchen Gen-GAUs in Zukunft besser vorbeugen zu können, wollte die schleswig-holsteinische Sektion des BUND vom Landesumweltministerium wissen, wo überall zwischen Flensburg und Brunsbüttel Gentech-Raps auf den Feldern steht. Aber das Ministerium verweigerte mit dem Hinweis auf die Gefahr von Feldzerstörungen alle Angaben, obwohl es nach dem Umweltinformationsgesetz eigentlich auskunftspflichtig ist.

Offener Brief wg. Genraps
Die BÜRGERINITIATIVE GENTECHNIKFREIES SCHLESWIG-HOLSTEIN hat die Presse-Information der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) über Raps-Saatgut, das mit BAYERs gegen die Herbizide LIBERTY und BASTA resistenten Gentech-Sorten verunreinigt war, zum Anlass genommen, einen Offenen Brief an den Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, seine Kollegin in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie an den Verbraucherschutzminister Horst Seehofer zu schreiben. Darin fordert die Gruppe ein Gentechnik-Moratorium, ein öffentlich zugängliches Register der derzeit laufenden Freisetzungsversuche, eine Haftpflicht des Herstellers BAYER sowie bessere Kontrollen.

KAPITAL & ARBEIT

BMS rationalisiert
BAYER MATERIAL SCIENCE (BMS) erwirtschaftet mit dem Verkauf von Plaste & Elaste eine Rendite von 16 Prozent. Das reicht der Konzern-Spitze jedoch nicht. Darum musste sich die Kunststoff-Sparte verpflichten, „eine angemessene Kapitalrendite zu erzielen und die Ebitda-Marge auf über 18 Prozent im günstigen Marktumfeld zu verbessern“, wie die Financial Times Deutschland den Top-Manager Axel Steiger-Bagel zitiert. Um diese Profit-Ziele zu erreichen, will BMS 300 Millionen Euro einsparen und dazu unter anderem weltweit 1.500 Arbeitsplätze vernichten - ein Zehntel aller Stellen (siehe auch Ticker 3/07). Die Äußerung von Steiger-Bagels Kollegen Tony Van Osselaers über die Produktion des Kunststoffes MDI: „Bis auf Europa ist MDI gut aufgestellt, in Europa haben wir Handlungsbedarf“ sowie Klagen über die teuren Transportwege zwischen den einzelnen Werken schüren zudem Ängste, BAYER könnte ganze Standorte wie z. B. Brunsbüttel schließen. So mancher Beschäftigte des Kunststoffbereichs fürchtet angesichts der Schwerpunkt-Verlagerung in Richtung „Pharma“ sogar einen Verkauf der gesamten Kunststoff-Abteilung.

Antwerpen: BMS streicht 200 Stellen
Am Standort Antwerpen vernichtet BAYER MATERIAL SCIENCE mehr als 200 Arbeitsplätze (siehe auch AKTION & KRITIK). Vor allem den Servicebereich mit Feuerwehr, Wachdienst, Laboren und HandwerkerInnen empfindet der Leverkusener Multi als Last auf dem Weg zu noch mehr Profit.

Lohnkürzungen bei CHEMION
BAYER will die Löhne bei der ausgegliederten Transport-Tochter CHEMION massiv kürzen. Nach Informationen des Betriebsrates sieht der Tarifvertrag für das Jahr 2008 durch eine Neueinteilung der Gehaltsstufen monatliche Einbußen von 458 bis 821 Euro vor. Bleibt die Frage, ob die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE das schluckt?

BIS heißt jetzt CURRENTA
Die innerhalb des BAYER-Konzerns für die Chemieparks zuständige BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) heißt jetzt CURRENTA. „Die Gesellschaft will weg vom Hausmeister-Image“, schreibt die Rheinische Post zu den Beweggründen und konstatiert: „Die Namensänderung ist der letzte Baustein einer für die Mitarbeiter mitunter knallharten Effizienzsteigerungsstrategie“. Seit 2006 vernichtete die BIS zehn Prozent der 5.500 Arbeitsplätze; 400 sollen bis 2009 noch folgen. Für die restlichen Belegschaftsangehörigen setzte das Management massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durch. So erhöhte sich etwa die Wochenarbeitszeit - ohne Lohnausgleich - von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutet (siehe auch SWB 4/07 und Ticker 3/07).

Dicke Lohnerhöhungen für Aufsichtsräte
Während sich die Masse der Beschäftigten in diesem Jahr mit mageren Entgelt-Erhöhungen zufrieden geben musste, stiegen die Bezüge der Aufsichtsräte kräftig. Sie erhielten durchschnittlich acht Prozent mehr, die jeweiligen Vorsitzenden sogar elf Prozent. So kommt dann BAYERs Ober-Aufseher Manfred Schneider, der als die personifizierte Deutschland AG zusätzlich noch in den Kontrollorganen von DAIMLER, METRO, RWE, TUI , ALLIANZ und LINDE - hier sogar als Aufsichtsratsvorsitzender - sitzt, auf ein Jahressalär von 1.054.717 Euro.

Plansoll-Übererfüllung von LANXESS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS hatte sich zum Ziel gesetzt, im Jahr 2009 ebenso viel Profit zu erwirtschaften wie seine Mitbewerber. Der Konzern hat aber derart rabiat Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt, Unternehmensteile veräußert und Arbeitsplätze vernichtet, dass er schon für 2008 mit einer erwarteten Rendite von 12,5 Prozent Vollzug melden kann. Die Aktien-Börsen verbuchten das unter „schöpferischer Zerstörung“ und reagierten mit einer 1,5-prozentigen Kurssteigerung.

LANXESS verkauft BORCHERS
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS spaltet sich unaufhaltsam weiter auf. Im September 2007 hat das Unternehmen seine auf Lackzusatzstoffe spezialisierte Tochtergesellschaft BORCHERS an den US-Konzern OM verkauft. „Wir haben erneut eine zukunftsfähige Lösung für ein Randgeschäft gefunden“, kommentierte das Vorstandsmitglied Werner Breuers den Deal. Zur Zukunft der 90 Beschäftigten äußerte er sich jedoch nicht.

AGFA im Sinkflug
Im Jahr 1999 trennte sich der Leverkusener Multi von der AGFA und setzte damit weitere Teilungsprozesse bei seiner ehemaligen Foto-Sparte in Gang. Diese vernichteten zwar zahlreiche Arbeitsplätze, konnten aber die Talfahrt nicht stoppen. Am 18. Oktober fiel die Aktie des Unternehmens mit 11,19 Euro auf den tiefsten Stand seit ihrer Notierung. „Das Unternehmen erschütterte 2007 damit zum dritten Mal die Börse“, kommentierte die Faz. Erschütterungen der Belegschaft dürften auf dem Fuße folgen.

IG BCE verliert Mitglieder
Die Mitgliederzahl der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE sank seit Ende 2006 um 15.000 auf 714.000. Davon stehen noch 58 Prozent im Arbeitsprozess. Acht Prozent der IG BCElerInnen sind arbeitslos und rund ein Drittel RentnerInnen.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Kultur-Jubiläum mit Geschichtsklitterung
Mit großem Tamtam feiert BAYER in diesem Jahr den 100. Geburtstag seiner Kulturabteilung und will sich dabei von ihren dunklen Kapiteln nicht die Laune verderben lassen. „Nachdem Hugo Caspari 1934 die Leitung der Abteilung abgeben muss, übernimmt der Journalist Ferdinand Gerhardt seinen Posten. Laut BAYER-Geschichtsschreibung bemüht dieser sich um eine unabhängige Kultur- und Bildungsarbeit“, wie das Fono Forum schreibt. Die neue musikzeitung weiß da jedoch anderes zu berichten. „Ferdinand Gerhardt allerdings, der 1934 eingesetzte Mann für die Kultur, kann oder will keine eigenen Impulse setzen. Die Gleichschaltung erreicht auch die BAYER-Kultur“, heißt es dort. Nicht umsonst verboten die Alliierten Gerhardt nach 1945, seinen erlernten Beruf weiter auszuüben.

POLITIK & EINFLUSS

Wenning & Merkel in Indien
Zu dem Manager-Tross, der Angela Merkel im Herbst auf ihrer Indien-Reise begleitete, gehörte auch BAYER-Chef Werner Wenning. Der Leverkusener Multi plant nämlich, seinen Umsatz in dem Land bis zum Jahr 2015 auf eine Milliarde Euro zu verdreifachen. Im Pharma-Bereich hofft der Manager auf bessere Geschäfte durch die 2005 erfolgte Stärkung des Patentschutzes, die für höhere Preise sorgt - und damit für eine schlechtere Versorgung der Bedürftigen mit Medikamenten. Die größten Profite soll aber die Landwirtschaftssparte einfahren. Bereits jetzt Marktführer bei Pestiziden, will BAYER CROPSCIENCE den Staat in Zukunft noch verstärkt mit hybridem Reis beglücken, den die LandwirtInnen nicht wieder aussähen können und deshalb jedes Jahr neu kaufen müssen. Zudem plant der Agro-Riese die Vermarktung von genmanipulierter Baumwolle, obwohl bereits die Baumwolle made by MONSANTO viele indische FarmerInnen ins Unglück gestürzt hat.

Wenning gegen ALG-I-Verlängerung
BAYER-Chef Werner Wenning hat sich gegen eine Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I ausgesprochen. „Es ist ein großer Irrtum, wenn man hier Teile der Agenda 2010 wieder zurückdreht“, sagte der 3,3 Millionen Euro im Jahr verdienende Vorstandsvorsitzende. „Das ist der absolut falsche Weg“, warnt er. Der richtige wäre seiner Meinung nach eine Senkung der Lohnnebenkosten. Und auf eben diesen hat sich die Große Koalition dann ja zusätzlich zur ALG-I-Reform auch begeben und dem Leverkusener Multi so zu einem netten Millionengeschenk verholfen.

BAYERs Kulturverständnis
Der Leverkusener Multi inszeniert sich gerne als großer Kulturförderer. Auch die Bundesrepublik setzt auf die „soft power“ der auswärtigen Kulturpolitik zur Öffnung der Märkte. In China wollte man zwar nicht so klotzen wie etwa Frankreich, das für 40 Millionen Euro einen „kulturellen Dialog“ mit dem Land führt, aber 400.000 Euro für ein „deutsch-chinesisches Kulturjahr 2009“ sollten schon drin sein. Flugs setzte die Bundesregierung sich mit der Wirtschaft zwecks finanzieller Unterstützung in Verbindung. Dabei taten sich dann allerdings unverhofft Probleme auf. Als es ans Bezahlen ging, mochten BAYER & Co. nämlich von repräsentativen Dichtern & Denkern und schönen Künsten nicht mehr viel wissen. Damit die Investition sich auch lohnt, sollte statt profit-ferner Geistesgrößen die Initiative „Deutschland - Land der Ideen“, der auch BAYER angehört, die Public-Relation-Arbeit übernehmen. Und so kam es dann auch. Jetzt steht die Standort-Werbung auf den drei Säulen „Kultur“, „Wirtschaft“ und „Wissenschaft“, und bei der Vorbereitung des Events schaut dem Goethe-Institut eine Vertretung der Wirtschaft und eine Agentur für „Nation-Branding“ auf die Finger.

Strom-Deal mit RWE
Die gestiegenen Strom-Kosten für Privathaushalte kümmern die Politik nicht groß. Die Klagen von BAYER & Co. über zu hohe Energiepreise hingegen bewogen die Verantwortlichen zum Handeln. So hat sich das Kartellamt mit RWE auf einen Deal geeinigt. Die Behörde zieht die Kartellklage wg. der Einpreisung der kostenlos zugeteilten Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte zurück, und RWE versteigert dafür im Gegenzug Strom für BAYER & Co. auf einer Auktion. Das ergebe „hinreichende Preisvorteile für die Industriekunden“, meldete ein Kartellamtssprecher Vollzug.

Bund fördert Pharmaforschung
Die Bundesregierung kündigte an, die Pharmaforschung von BAYER & Co. bis zum Jahr 2011 mit 800 Millionen Euro zu subventionieren. Ein Schwerpunkt wollen die PolitikerInnen dabei auf die Genmedizin und die Grundlagenforschung legen. Die Förderung versteht sich zudem als strukturpolitische Maßnahme zur weiteren Annäherung von Wissenschaft und Wirtschaft. Geld sollen nämlich nach Angaben von Bundesforschungsministerin Annette Schavan nur Konsortien aus Konzernen und Universitäten bekommen, welche die gesamte Wertschöpfungskette eines Präparates, von den ersten Entwicklungsschritten bis hin zur klinischen Prüfung, im Auge hätten.

Konvent will mehr Steuer-Föderalismus
BAYERs Aufsichtsratschef Manfred Schneider betätigt sich zusätzlich zu seinem Leverkusener Job nicht bloß noch als Aufseher bei ALLIANZ, LINDE, DAIMLER, METRO, RWE und TUI, er gehört auch noch dem „Konvent für Deutschland“ an. Dort befindet er sich in der zweifelhaften Gesellschaft von Otto Graf Lambsdorff, Roman Herzog, Wolfgang Clement und Klaus von Dohnanyi. Ein besonderes Anliegen ist dem exklusiven Club die Förderalismusreform, da er in dem Vorhaben eine große Chance zur weiteren institutionellen Verankerung des Neoliberalismus sieht. „Wir brauchen mehr Wettbewerb unter den Ländern“, mahnte Wolfgang Clement im Namen des Konvents und forderte mehr Länderkompetenzen in der Steuerpolitik ein. Das weitere Auseinandergehen der Schere zwischen reichen und armen Bundesländern nehmen die KonventlerInnen dabei gerne in Kauf, weil das die föderale Standort-Konkurrenz anfacht. Die in der Verfassung festgeschriebenen „einheitlichen Lebensverhältnisse“ sähe Roman Herzog deshalb gerne zu „gleichwertigen“ herabgestuft, und den Länderfinanzausgleich wollen Schneider & Co. auch auf den Müllhaufen der Geschichte werfen.

Schnappauf neuer BDI-Geschäftsführer
Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) hat den bayerischen Landesminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Werner Schnappauf, zum neuen Geschäftsführer ernannt. Der Industrie-Verband sieht im Zuge der Debatte um die Kohlendioxid-Emissionen offenbar härtere Zeiten auf sich zukommen und wappnet sich für die Diskussionen mit einem „der profiliertesten deutschen Politiker in der Klima-, Umwelt- und Energiepolitik“ (O-Ton BDI).

Plischke neuer VFA-Chef
Der BAYER-Manager Wolfgang Plischke steht seit neuestem dem vom Leverkusener Chemie-Multi mitgegründeten „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) vor. Der im Konzern-Vorstand für Innovation, Technik, Umweltschutz sowie für die Asien/Pazifik-Region zuständige Plischke will während seiner Amtszeit „eine Lanze brechen für den Pharma-Standort Deutschland“ im Allgemeinen und die BAYER-affine Rheinschiene im Besonderen sowie für (noch) mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen eintreten. Zudem kündigte er an, dem bei den Pillen-Produzenten äußerst unbeliebten „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWG) das Leben schwer zu machen und im Hinblick auf 2009 schon einmal den Wahlkampf der Pharma-Riesen vorzubeiten.

Große Entrup im ECONSENCE-Vorstand
Wolfgang Große Entrup steht dem BAYER-Stab „Politik und Umwelt“ vor und leitet die Umweltkommission beim CDU-Wirtschaftsrat. Da durfte er bei „econsense“, einer auf umweltpolitisches Lobbying spezialisierten Ausgründung des „Bundesverbandes der deutschen Industrie“, nicht fehlen. Die Organisation wählte ihn in den Vorstand.

Solaro leitet Verbindungsbüro
Im Oktober 2003 hatte der Leverkusener Chemie-Multi seine Berliner Repräsentanz am Pariser Platz in unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel bezogen. „Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“, sagte BAYER-Chef Werner Wenning in seiner Eröffnungsrede zum Sinn und Zweck des Verbindungsbüros. Seit Mai 2007 hat es mit Patricia Solaro eine neue Leiterin.

Agrarsubventionen für Bauer BAYER
Die EU macht‘s möglich: Sie betrachtet BAYERs Experimente mit Zuckerrüben und Getreide auf dem Versuchsgut Laacher Hof als landwirtschaftliche Aktivität und überwies dem Global Player 100.000 Euro an Agrarsubventionen.

PROPAGANDA & MEDIEN

Virtueller Klimaschutz
Und immer wieder rettet BAYER das Klima - zumindest virtuell. Ende November 2007 kündigte der Leverkusener Multi großspurig an, eine Milliarde Euro in den Klimaschutz zu investieren und feierte sich darob gleich selbst als Umweltengel - und viele Medien feierten mit. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich das vom „Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung“ als „strategisch geschickt“ gelobte Brimborium allerdings als potemkinsches Dorf. Die 25 Prozent, um die der Konzern bis zum Jahr 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid reduzieren will, verstand BAYER-Chef Werner Wenning nicht als absolute Zahl, er setzte sie vielmehr in Relation zur verkauften Produktmenge - was auch die CO2-Einsparungen relativiert. Und auch sonst blieb außer einem mehr oder weniger klima-relevanten Kessel Buntes - schadstoffarme Firmenwagen, ein Null-Emissionshaus in Indien, Biokraftstoff-Pflanzen und widerstandfähigere Ackerfrüchte - nicht viel übrig. Von den avisierten Umweltsünden wie dem - wohl Makulatur bleibenden (siehe WASSER, BODEN & LUFT) - Kohlekraftwerk in Krefeld und den auf den Antwerpener und Brunsbütteler Werksarealen geplanten Klimakillern redete der Ober-BAYER selbstverständlich nicht - aber die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. „Eine Pressekonferenz zum Thema Klimaschutz, zu der Journalisten aus aller Welt eingeflogen werden, macht keinen Sinn, wenn das in Sachen Klimaschutz problematischste Projekt des Unternehmens mit keinem Wort erwähnt wird. Was ist das Gerede von „Klima-Check“ und „holistischem Ansatz“ wert, wenn dadurch der Einsatz einer solchen Dinosaurier-Technologie nicht verhindert wird? Bei einer Lebensdauer von 40-50 Jahren würde das Steinkohlekraftwerk bis zur Mitte des Jahrhunderts Klima und Umwelt schwer belasten“, erklärte die CBG in einer Presseveröffentlichung, die viele Zeitungen aufgriffen.

Springer hetzt
Ende August 2007 wollte BAYER als Ausrichter einer Konferenz der UN-Umweltbehörde UNEP, an der 150 junge UmweltschützerInnen aus aller Welt teilnahmen, weiter an seinem grünen Image feilen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) protestierte gegen die Alibi-Veranstaltung und präsentierte der Öffentlichkeit das Umweltsündenregister des Konzerns, was auf breite Resonanz stieß. Das bewog den Chemie-Multi jetzt, entgegen sonstiger Gepflogenheiten doch mal das böse C-Wort in den Mund zu nehmen und Gegenaufklärung zu betreiben. In der Propaganda-Postille direkt nahm sich BAYERs Chef-Kommunikator Heiner Springer der Coordination an. „Wenn wir sehen, wie eine Gruppe namens ‚COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN‘ gegen das Unternehmen agitiert - und das seit fast 30 Jahren, dann muss man sich die Frage stellen: Was ist das wirkliche Ziel dieser Menschen, die ja mit Aktien unseres Unternehmens ausgestattet sind. Dividende wird also kassiert ... Klar ist für mich: Sie sind gegen unser Gesellschaftssystem, gegen das so genannte ‚Groß-Kapital‘“, schrieb er unter der Überschrift „Nur meckern ist einfach zu wenig“. Der Verweis auf die DKP-Mitgliedsschaft eines CBG-Vorstands durfte in seiner Suada natürlich auch nicht fehlen - der erfolgt immer, wenn der Konzern sich durch die CBG besonders in die Defensive gedrängt fühlt.

BAYER & Co. warnen vor Atomausstieg
Eine unter anderem vom „Verband der Chemischen Industrie“ (VCI) in Auftrag gegebene Studie prognostiziert für das Jahr 2030 Strompreis-Erhöhungen von bis zu 50 Prozent, falls die Bundesregierung weiterhin auf erneuerbare Energien setzt und am Atomausstieg festhält. Weil BAYER & Co. dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sehen, wollen sie an AKWs als Standortfaktoren festhalten.

VFA lanciert Arzneimittel-Atlas
Der „Arzneimittelverordnungs-Report“ gibt alljährlich einen Überblick über den bundesdeutschen Pillen-Markt. Den Pharma-Riesen fällt dieser jedoch immer entschieden zu kritisch aus, weshalb der von BAYER mitgegründete „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“ (VFA) zur Tat schritt und mit dem „Arzneimittel-Atlas“ ihr eigenes Kompendium lancierte. Bittere Pillen macht die Publikation kaum aus. Wundersam angestiegene Pharma-Umsätze sind ihr nicht etwa ein Zeichen von Überversorgung, sondern eines Vordringens der Arzneien zu bisher unbehandelten PatientInnen. Auch die mit bloß schein-innovativen Medikamenten gemachten Profite schätzt er mit 143,6 Millionen Euro weit geringer ein als der „Arzneimittelverordnungs-Report“, der auf 442 Millionen kommt. „Insgesamt muss der Arzneimittel-Atlas als ein nur allzu durchsichtiger Versuch der Pharma-Industrie bewertet werden, mit etwas wissenschaftlichem Brimborium Nebel über die immer noch in hohem Maße irrationale Arzneimittel-Therapie in Deutschland zu verbreiten“, lautet deshalb das Fazit der BUKO PHARMA-KAMPAGNE.

BAYERs Tag des Alltagsschmerzes
BAYER hat gemeinsam mit dem deutschen Apotheker-Verband und der Schmerzklinik Kiel einen Alltagsschmerz-Tag initiiert. Für den Leverkusener Multi gehört Schmerz nämlich zum Alltag. 91 Prozent der Menschen zählten zu den Betroffenen, behauptet er mit Berufung auf das Robert-Koch-Institut, und also auch zu den potenziellen ASPIRIN-Kunden. Dieses Marktsegment galt es mit dem Alltagsschmerztag zu erschließen.
„Das Schlechteste, was man tun kann, ist, den Schmerz nicht zu behandeln“, weiß deshalb der Herr Professor Hartmut Göbel und wird noch konkreter: „Die aktuelle Datenlage zeigt, dass IBUPROFEN, ASPIRIN oder PARACETAMOL als Einzelwirkstoffe vergleichbar gut verträglich sind“. Aber „vergleichbar“ ist immer relativ. Die dem Mediziner von der Kölner Schmerzklinik offenbar verborgen gebliebenen neueren Datenlagen dokumentieren nämlich einmal mehr die Gefährlichkeit von ASPIRIN. So erhöht das Mittel nach einer Studie der Universität Oxford das Risiko für durch Blutungen im Gehirn ausgelöste Schlaganfälle, da es den Blutfluss anregt (Ticker 3/07).

BAYER sponsort ESSM-Kongress
Beim 10. Kongress der „European Society of Sexual Medicine“ (ESSM), der standesgemäß im malerischen Lissabon standfand, trat BAYER als einer der Hauptsponsoren auf. Das war der Leverkusener Multi der ESSM und dessen Geschäftsführer John Dean aber auch schuldig. Die Gesellschaft half BAYER mit ihrer Studie „Sex and the Modern Woman“ nämlich gehörig, den Verkauf des Potenzstörungsmittels LEVITRA anzukurbeln. Die vom Leverkusener Multi finanzierte Untersuchung stellte nicht nur ein für alle Mal die Überlegenheit von LEVITRA gegenüber VIAGRA fest, sondern versuchte die Männer darüber hinaus auf eine perfide Art zum BAYER-Kunden zu machen: über die Frau. So betrachten angeblich 76 Prozent aller Frauen die „erektile Dysfunktion“ ihres Partners als eine Belastung, während sich 72 Prozent zufrieden über die pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten äußerten. Da es sich bei der „erektilen Dysfunktion“ aber in den meisten Fällen überhaupt nicht um ein Krankheitsbild, sondern um eine ganz normale Alterserscheinung handelt, hat der Report zur Umsatzsteigerung „ein neues Profil identifiziert“, das gleich auf 48 Prozent der Teilnehmerinnen zutraf: Die „vitalsexuelle Frau“ über 40. Diese legt auch im fortgeschrittenen Alter noch viel Wert auf ein spontanes Sexualleben und die Zufriedenheit des Partners. Solchen Ansprüchen, denen die vitalsexuelle Ex-Frau von Mick Jagger, Jerry Hall, bei der Vorstellung der Expertise leibhaftigen Ausdruck verlieh, soll mann dann mit LEVITRA genügen.

BAYER sponsort Verhütungstag
„Fünf gegen das Wachstum der Bevölkerung investierte Dollar sind wirksamer als hundert für das Wirtschaftswachstum investierte Dollar“, sagte einst der ehemalige US-Präsident Lyndon B. Johnson über seine Vorstellung von „Entwicklungshilfe“. Zur Freude des Leverkusener Multis erfreut sich diese Ansicht auch heute noch großer Beliebtheit, die „gigantischen Fruchtbarkeitsmärkte“ in den armen Ländern versprechen nämlich gute Absatzchancen für die Verhütungsmittel aus Leverkusen. Um die Geschäftsaussichten für YASMIN & Co. noch ein wenig zu verbessern, hat der Pharma-Riese jetzt gemeinsam mit der „European Society of Contraception“ und anderen Organisationen den 21. September medienwirksam zum „Weltverhütungstag“ erklärt und mit einer Großspende die Durchführung ermöglicht.

BAYERs Bevölkerungspolitik
Familienplanung sei ein Schlüssel für Nachhaltige Entwicklung, sagte der UNICEFler Ingar Brüggemann beim „6. internationalen Dialog über Bevölkerung und Nachhaltige Entwicklung“. Um solche Sätze zu hören, hat BAYER die Veranstaltung mitorganisiert. Der Leverkusener Multi verfügt nämlich mit YASMIN und anderen Kontrazeptiva über die geeigneten „Planungsinstrumente“, die - mit freundlicher Unterstützung des Entwicklungshilfeministeriums - auf Absatz in der „Dritten Welt“ hoffen. In der Berichterstattung über die Konferenz stieg der Pillen-Riese sogar selbst zum Entwicklungshelfer auf. „Der 6. Internationale Dialog, an dem 120 Politiker, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen sowie Wissenschaftler aus rund 15 Ländern teilgenommen haben, wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung gemeinsam mit der BAYER SCHERING PHARMA AG und anderen Entwicklungsorganisationen veranstaltet“, meldete die Nachrichtenagentur ddp.

SchülerInnen produzieren Löffel
Graue Theorie ohne praktischen Bezug nützt nichts, meint die an einem Erftstädter Gymnasium Chemie lehrende Julia Schneider, und schickte ihre Schüler zur Bewährung in die BAYER-Produktion. Dort mussten die ZwölfklässerInnen im Schülerlabor Eierlöffel herstellen und vom Design über die Fertigung bis zur Vermarktung alles selber in die Hand nehmen. „Chemie ist, wenn am Ende ein Produkt dabei herauskommt“, diese BAYER-Lektion dürften die Eleven also gelernt haben.

DRUGS & PILLS

Aus für TRASYLOL
Nachdem eine neuerliche Studie BAYERs zur Blutstillung bei Herz-OPs eingesetzter Arznei TRASYLOL wiederum tödliche Nebenwirkungen bescheinigt hatte, zog die US-Gesundheitsbehörde FDA endlich die Konsequenz und forderte den Leverkusener Pillen-Riesen zu einem Vermarktungsstopp auf (siehe auch SWB 4/07).

Aus für TOCOSOL
Der Leverkusener Multi und sein Kooperationspartner SONUS haben die Entwicklung des Brustkrebs-Medikamentes TOCOSOL in der dritten und letzten Phase der klinischen Erprobung gestoppt. Die Arznei, mit der BAYER einen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro machen wollte, wirkte nicht besser als das Vergleichsmittel TAXOL und hatte darüber hinaus mehr Nebenwirkungen.

Nierentransplantation wg. ASPIRIN & Co.?
Sporttreiben ist allzu oft eine schmerzvolle Angelegenheit. Um das vergessen zu lassen, schlucken die AthletInnen ASPIRIN und andere Präparate in rauhen Mengen (Ticker berichtete mehrfach). Welche katastrophalen Folgen das haben kann, zeigte jetzt der Fall „Ivan Klasnic“. Der Fußballprofi von Werder Bremen musste sich unlängst einer Nierentransplantation unterziehen - vermutlicher Grund nach Ansicht des Bremer Professors Arno-Ekkehart Lison: jahrelanger Schmerzmittel-Missbrauch.

Rückschlag für BETAFERON
Für den meisten Profit in BAYERs Pharma-Sparte sorgt das Multiple-Sklerose-Mittel BETAFERON mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro. Allerdings dürften die besten Tage des Medikamentes gezählt sein, da das Patent bald ausläuft und die Präparate der Konkurrenz zunehmend Marktanteile gewinnen. Darum musste sich der Leverkusener Multi etwas einfallen lassen, um die Lebenserwartung seines Megasellers zu erhöhen. Im Zuge des „Life-Cycle-Managements“, wie der Fachausdruck in Pharmakreisen lautet, erprobte BAYER zwecks Erlangung eines neuen Patentes eine BETAFERON-Version mit doppelter Wirkstoffmenge. Die Ergebnisse enttäuschten jedoch. Weder gegenüber dem alten BETAFERON noch gegenüber den Arzneien der Mitbewerber ergaben sich Therapie-Vorteile, so dass der Pharma-Riese die Entwicklung einstellen musste.

Hörschäden durch LEVITRA
Die Einnahme von LEVITRA und anderen Mittel gegen „erektile Dysfunktion“ kann zu Hörschäden führen. MedizinerInnen meldeten bei der US-Gesundheitsbehörde FDA Fälle von plötzlicher Taubheit, Tinnitus, Schwindel und Höhenangst. Die FDA reagierte prompt und zwang BAYER & Co., ihre Beipackzettel mit entsprechenden Warnhinweisen zu versehen. Zu den weiteren Nebenwirkungen von LEVITRA zählen Blindheit, Kopfschmerzen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome sowie Gesichtsrötungen.

Black-Box-Warnung wg. MAGNEVIST
In den USA hat das Kontrastmittel MAGNEVIST 2004 den Tod eines Menschen verursacht. Der 24-jährige Trevor Drake verstarb während einer Tomographie kurz nach der Injektion des Mittels (siehe Ticker 2/07). Bei dem nierenkranken Patienten hat der Inhaltsstoff Gadolinium eine Fibrose - ein unkontrolliertes Wachstum des Bindegewebes - hervorgerufen, die zu einem Organversagen führte. Seine schwer geschädigten Nieren konnten MAGNEVIST nur so langsam abbauen, dass das hochgiftige Gadolinium aus seiner chemischen Umhüllung gedrungen ist und die Fibrose ausgelöst hat. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat deshalb unlängst die Anwendung von Gadolinium-haltigen Kontrastmitteln bei Nierenkranken untersagt und den Leverkusener Multi, zu dessen Produktpalette die Arznei seit dem Aufkauf von SCHERING gehört, sowie die anderen Hersteller dazu verpflichtet, auf den Beipackzetteln künftig deutlich vor dieser Komplikation zu warnen. Dies half aber offenbar wenig. Nachdem die FDA 250 neue Berichte über Komplikationen erhalten hatte, entschloss sich die Behörde, noch deutlicher zu werden. Sie zwang BAYER und drei andere Hersteller von Kontrastmitteln, „Black-Box-Warnungen“ auf den Packungen anzubringen - in den USA deutlichste Form, Risiken und Nebenwirkungen eines Medikamentes anzuzeigen.

Aus für BfArM-Reform
Laut Koalitionsvertrag sollte das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) „eine international konkurrenzfähige Zulassungsagentur werden“, statt den Risiken und Nebenwirkungen der Arzneien von BAYER & Co. wirklich auf die Spur zu kommen. Zu diesem Behufe wollte Gesundheitsministern Ulla Schmidt die Behörde, die schon jetzt Medikamente so schnell zulässt wie keine andere in Europa, von Geldern der Pharma-Industrie abhängig machen und die staatliche Unterstützung noch weiter zurückfahren. Dies ging aber selbst der CDU zu weit. „Der Schutz der Gesundheit der Patienten ist höherrangiger als das Interesse der Hersteller an der ungehinderten Vermarktung ihres Produktes“, belehrte deren Vize-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Zöller die Gesundheitsministerin. Das sorgte für erheblichen Streit in der Großen Koalition. Aber letztendlich musste Schmidt nachgeben und den Gesetzesentwurf zurückziehen, woraufhin sich auch Reinhard Kurth als BfArM-Chef zurückzog.

Arznei-Kosten: plus 7,7 Prozent
Und ewig steigen die Pillen-Preise: Von Januar bis September 2007 mussten die Krankenkassen für ärztliche Verordnungen 7,7 Prozent mehr ausgeben als im letzten Jahr. Die Pharma-Riesen machen dafür wider besseren Wissens die Mehrwertsteuer-Erhöhung verantwortlich, auf deren Konto lediglich 2,7 Prozent der Mehrkosten gehen. Besonders gern zücken die MedizinerInnen im Ostteil der Republik den Rezeptblock zugunsten von BAYER & Co.. 425 Euro verdienen die Pillen-Produzenten dort jährlich pro Kassenpatient, während sie im Westen „nur“ 370 Euro einstreichen. „Die Pharma-Vertreter haben im Osten seit der Wiedervereinigung einfach ganze Arbeit geleistet“, mit diesen Worten erklärt Leonhard Hansen von der „Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein“ die Schieflage.

Netzhaut-Präparat im Test
BAYER entwickelt gemeinsam mit dem Unternehmen REGENERON ein Medikament gegen die oft zu Blindheit führende Netzhaut-Erkrankung „Makula-Degeneration“. Das Präparat, welches das Absterben von Netzhautzellen unterbinden soll, befindet sich momentan in der dritten und letzten Phase der klinischen Erprobung. Der Leverkusener Multi rechnet mit einem Umsatz-Potenzial von 250 bis 500 Millionen Euro.

Neues Antibiotikum
Das US-Unternehmen NEKTAR THERAPEUTICS entwickelt für BAYER ein neues Antibiotikum zur Behandlung von Lungenentzündungen und erhält dafür vom Leverkusener Multi 175 Millionen Dollar.

Immer mehr Nebenwirkungen
Die Zahl der Behandlungsfälle wegen Arzneimittel-Nebenwirkungen hat in den USA stark zugenommen. Während die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA im Jahr 1998 „nur“ 35.000 Meldungen über unerwünschte Medikamenten-Effekte erhielt, erhöhte sich die Zahl bis 2005 auf fast 90.000. Die Todesfälle nahmen dabei fast um das Dreifache zu: 15.000 Menschen starben durch Pharmazeutika. Das „Institute of Social and Preventive Medicine ( ISPM) macht neben Opiaten und Diabetes-Präparaten auch biotechnologische Produkte wie BAYERs zur Behandlung von Multipler Sklerose eingesetztes BETAFERON für den alarmierenden Befund verantwortlich.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Endosulfan-Vergiftung in Brisbane
Im australischen Hafen Brisbane hatte ein Pestizid-Container mit dem Bestimmungsziel „BAYER“ ein Leck, durch das Endosulfan austrat. Ein Hafenarbeiter kam in Kontakt mit der Substanz und zog sich eine lebensgefährliche Chemikalien-Vergiftung zu.

Mehr Auflagen für Endosulfan
Der Pestizid-Wirkstoff Endosulfan, enthalten in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, ist in der Bundesrepublik wegen seiner Gefährlichkeit bereits verboten. Unter Auflagen darf ihn der Leverkusener Multi jedoch noch in Länder der „Dritten Welt“ exportieren. Im Juli 2007 hat sich die Europäische Kommission nun dafür ausgesprochen, das Mittel gemeinsam mit dem ebenfalls in BAYER-Mitteln enthaltenden Trifluralin (siehe WASSER, BODEN & LUFT) auf die Liste der Stockholmer Konvention für besonders giftige Substanzen zu setzen und damit sein Verschwinden von allen internationalen Märkten einzuleiten. „Wegen des Potenzials dieser Chemikalien zum weiträumigen Transport in die Umwelt kann ein hohes Schutzniveau für die Umwelt und die menschliche Gesundheit nicht allein durch Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedsstaaten oder der Gemeinschaft gewährleistet werden“, hieß es aus Brüssel zur Begründung.

Kombinationswirkung mit dem Klimawandel
Pestizide vermindern die Fähigkeit von Fischen, die Folgen des Klimawandels wie die Erwärmung des Wassers zu bewältigen. Zu diesem Schluss kommt eine australische Studie, welche die Zeitschrift Environmental Toxicology and Chemistry (Vol. 26, No. 7) veröffentlichte. Süßwasser-Fischarten, die den Wirkungen der Ackergifte Chlorpyrifos und Endosulfan (enthalten in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER bzw. MALIX, PHASER und THIODAN) ausgesetzt waren, konnten sich deutlich schlechter an die gestiegenen Temperaturen ihres Lebensraumes anpassen als ihre von Agrochemikalien verschont gebliebenen Artgenossen.

Bienensterben durch IAPV?
In den USA verendeten seit 2006 über eine Million Bienenvölker; die Bestände dezimierten sich um 70 Prozent (siehe auch SWB 3/07). Die Ursache hatten die WissenschaftlerInnen bisher nicht ergründen können. Viele hatten aber das schon lange als „Bienenkiller“ in der Kritik stehende BAYER-Pestizid GAUCHO in Verdacht. Ian Lipkin und sein Forscherteam von der Columbia-Universität lieferten jetzt eine andere Erklärung. Sie machen das „Israeli Acute Paralysis Virus“ (IAPV) für das Massensterben verantwortlich, das in Israel viele Bienen getötet hat. Ein direkter Nachweis gelang ihnen jedoch bisher nicht. Nicht nur weil die US-amerikanischen Bienen nicht die gleichen Krankheitsymptome zeigten wie die israelischen, lässt die IAPV-Theorie noch viele Fragen offen.

ALS-Krankheit durch Pestizide?
In Italien erkranken immer mehr Menschen am „Lou-Gehrig-Syndrom“ (ALS). Da vor allem Fußballer und LandwirtInnen von der Nervenkrankheit betroffen sind, vermutet der in Doping-Sachen ermittelnde Staatsanwalt Raffaele Guariniello bei den Sportlern neben leistungsfördernden Medikamenten und Überbelastung auch Pestizide als Ursache, mit denen die Kicker auf den Fußballfeldern in Berührung kommen.

Frühgeburten durch Pestizide
Nach einer Studie US-amerikanischer ForscherInnen von der Universität Indiana können Pestizide Frühgeburten auslösen. Ihrer Untersuchung zufolge stieg zur Hauptzeit des Pestizid-Einsatzes im Mai und Juni auch regelmäßig die Zahl der vorzeitig zur Welt gekommenen Babys an.

PAN: Haushaltsgifte verbieten!
Pestizide für den Hausgebrauch wie z. B. das BAYER GARTEN GARTENSPRAY oder die BAYER GARTEN COMBISTÄBCHEN enthalten in gleicher Weise Imidacloprid und andere gefährliche Substanzen wie Ackergifte und können aus diesem Grund in gleicher Weise nicht nur Schadinsekten, sondern auch Bienen und Fische töten. Um das Biotop „Garten“ besser zu schützen, fordert das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) deshalb eine Verschärfung der Zulassungsbedingungen für diese Chemikalien. „Die Gesetzgeber auf nationaler und europäischer Ebene müssen hier endlich Verantwortung übernehmen. Mittel mit negativen Auswirkungen auf den Naturhaushalt, die von Laien eingesetzt werden, müssen aus der Zulassung herausgenommen werden“, verlangt die PAN-Aktivistin Carina Weber.

GENE & KLONE

Neues Gensoja
Die „grüne Gentechnik“ hat zwar immer noch nicht so recht Fuß gefasst, stößt aber bereits an Grenzen. Die Schadinsekten und Unkräuter werden mit der Zeit nämlich genauso immun gegen bestimmte Pestizide, wie es die Ackerfrüchte dank der Gentechnik „von Geburt an“ sind, und trotzen deshalb ebenso wie diese den chemischen Keulen. Darum planen die Unternehmen, von den agrochemikalischen Monokulturen Abschied zu nehmen. So will BAYER gemeinsam mit MERTEC und M.S. TECHNOLOGIES eine Sojabohnen-Art entwickeln, die sowohl gegen Glyphosat (Wirkstoff von GLYPHOS und USTINEX G) als auch gegen Isoxaflutol (Wirkstoff von BALANCE) resistent ist. Das soll dann eine „flexiblere Unkrautbekämpfung“ ermöglichen.

Genreis im Bier
GREENPEACE hat in US-amerikanischem Bier Spuren von BAYERs Genreis der Sorte LL601 entdeckt, der im Jahr 2006 durch die Verunreinigung von konventionellem Supermarkt-Reis bereits einen Skandal ausgelöst hatte (siehe SWB 4/06). Fündig wurden die UmweltschützerInnen bei dem BUDWEISER herstellenden Unternehmen ANHEUSER-BUSCH, das zum Brauen Reis verwendet. Drei von vier Proben aus den Reis-Mühlen des Konzerns wiesen Spuren von LL601 auf. Gegen Gesetze verstößt der Konzern damit allerdings nicht - die US-Regierung hatte nach dem Gen-GAU nämlich nichts Eiligeres zu tun, als BAYERs Labor-Entwicklungen nachträglich die Genehmigung zu erteilen. Nur die Exportmärkte stehen dem gegen das Anti-Unkrautmittel LIBERTY resistenten Reis nicht offen. „ANHEUSER-BUSCH muss eine Erklärung über den Grad der genetischen Verunreinigung des zum Brauen von BUDWEISER verwendeten Reis‘ abgeben und Auskunft über die Maßnahmen erteilen, die sicherstellen, dass das Bier nicht die Exportmärkte erreicht“, forderte die GREENPEACE-Sprecherin Doreen Stabinsky deshalb.

Australien will Genraps
Der australische Bundesstaat New South Wales hat Ende November 2007 bekannt gegeben, das Moratorium für Genraps auslaufen zu lassen und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Vor der Entscheidung hatten 250 Agrar-Betriebe den Ministerpräsidenten vergeblich aufgefordert, den Bann aufrechtzuerhalten. Nicht nur weil die LandwirtInnen jetzt mit einer Verunreinigung ihrer Ernte und infolgedessen einem Wegbrechen der Exportmärkte rechnen müssen, befürchten sie Einkommensverluste. Auf 143 Millionen Dollar jährlich bezifferte das NETWORK OF CONCERNED FARMERS (NCF) das zu erwartende Minus. „Hier geht es um Industrien, die Geld mit den LandwirtInnen machen wollen und nicht für sie“, stellte die NCF-Sprecherin Julie Newman fest.

Genreis-Schaden: 1,2 Milliarden
Im letzten Jahr fand sich genmanipulierter Reis von BAYER massenhaft in herkömmlicher Supermarkt-Ware. GREENPEACE hat jetzt eine erste Bilanz des Flurschadens gezogen, den dieser Gen-GAU angerichtet hat. Nach den Berechnungen der Umweltschutzgruppe belaufen sich die Kosten des Desasters auf 1,2 Milliarden Dollar. Die Lebenmittel-Rückrufe schlugen dabei mit 253 Millionen zu Buche, die Exportverluste für die US-amerikanischen Reis-FarmerInnen in der Saison 2006/07 mit 254 Millionen und die für 2007/08 zu erwartenden mit 445 Millionen. „Es ist sicherlich das einschneidenste Ereignis in der Geschichte der US-amerikanischen Reis-Industrie“, klagt der Verbandssprecher David Coia deshalb.

Genreis-GAU: Ursache unbekannt
Die Wege der Gentechnik sind unergründlich, wie Gentech-GegnerInnen schon seit langem wissen: 14 Monate lang untersuchten die US-Behörden, wie BAYERs Genreis LL601 in herkömmliche Sorten und damit in die Supermärkte gelangen konnte. Aber den ExpertInnen gelang es nicht, den Tatbestand aufzuklären, weshalb sie BAYER auch nicht als eindeutigen Täter überführen und zur Kasse für den angerichteten Schaden (s. o.) bitten mochten.

LL601 erreicht China
Nun also auch China: GREENPEACE hat in chinesischem Supermarkt-Reis Spuren von BAYERs genmanipulierter Sorte LL601 entdeckt, der im Jahr 2006 bereits in den USA und Europa für einen Lebensmittelskandal gesorgt hatte. Da China kaum Reis aus dem Westen importiert, gibt es bisher noch keine Erklärung für die Verunreinigung.

BAYERs Genmais in Österreich?
Die EU hatte den Import von BAYERs gentechnischen verändertem Mais „T25“ und der MONSANTO-Sorte „Mon 810“ genehmigt. Österreich hat die Zulassung jedoch nicht akzeptiert und sich dabei auf das Recht der EU-Staaten berufen, bei Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt Alleingänge vorzunehmen. Gegen dieses nationale Verbot reichten die USA, Kanada und Argentinien umgehend Klage bei der WTO ein. Daraufhin übernahm wieder die EU-Kommission. Aber gegen ihren Versuch, Zwangsmaßnahmen gegen Österreich einzuleiten, votierten zu viele Mitgliedsländer. Eine qualifizierte Mehrheit erreichten diese jedoch nicht, weshalb die Kommission nun das letzte Wort hat, das ein Machtwort sein dürfte. Andernfalls drohen nämlich WTO-Strafzölle.

Auftrieb für die Gentechnik?
Was jahrelang teure PR-Kampagnen nicht vermochten, soll jetzt die Verknappung wichtiger landwirtschaftlicher Güter schaffen: den Boden für einen flächendeckenden Einsatz der grünen Gentechnik bereiten. Der BAYER- CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer spricht bereits von einer „stillen Agrarrevolution“ und bezeichnet die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung als „eine der drängendsten Fragen der Zeit“. Und weil sich da für ihn natürlich die Gentechnik als Antwort aufdrängt, dürfe er sich noch eine Weile als Panikmacher betätigen.

Neue Testphase für Alemtuzumab
Im Rahmen der klinischen Erprobung des Multiple-Sklerose-Wirkstoffes Alemtuzumab, den BAYER gemeinsam mit GENZYME auf gentechnischer Basis entwickelte, haben Vergleichsstudien begonnen, anhand derer der Pharma-Multi die Überlegenheit seines Präparates gegenüber der Arznei REBIF beweisen will. Eine Marktzulassung strebt der Leverkusener Multi für das Jahr 2011 an.

WASSER, BODEN & LUFT

Schmoldt für Kohlekraftwerke
Trotz wohlfeiler Bekenntnisse zum Klimaschutz setzt BAYER zur Deckung seines Energiebedarfs auf die in großen Mengen Kohlendioxid ausstoßenden Kohlekraftwerke. Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE trägt diese umweltschädigende Politik mit. „Wenn dem Kernkraft-Tabu nun die Stigmatisierung der Kohle folgt, wird Deutschland energie- und klimapolitisch handlungsunfähig“, so geht Ökologik à la Schmoldt.

Kein Kraftwerk in Krefeld?
Das Engagement der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und vieler anderer AktivistInnen gegen das geplante Kohlenkraftwerk auf dem Krefelder Werksgelände von BAYER scheint Erfolg zu haben. Während die SPD auf Druck der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE ihre ablehnende Haltung aufgab und sich bei dem dafür extra einberufenen Sonderparteitag sogar bundespolitischen Flankenschutz von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel verschaffte, blieb die CDU nach einem partei-internen Diskussionsprozess bei ihrer Position und brachte damit das Projekt vorerst zu Fall.

Ein Kraftwerk in Antwerpen
Zur Deckung seines immensen Energie-Bedarfs will der Leverkusener Multi mehr und mehr auf klimaschädliche Steinkohlekraftwerke zurückgreifen. Sie liefern nämlich den billigsten Strom, und spätestens wenn es ums Geld geht, hört bei BAYER der Umweltschutz auf. So plant der EON-Konzern auf dem Antwerpener Werksgelände des Unternehmens eine 1100-Megawatt-Anlage mit einem CO2-Ausstoß von sechs Millionen Tonnen im Jahr, die den Agro-Riesen und andere Firmen versorgen soll. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und der BUND verurteilten das Vorhaben in einer gemeinsamen Presseerklärung. „Erneut will sich der BAYER-Konzern am Bau eines Klima-Killers beteiligen. Damit konterkariert das Unternehmen sein vollmundiges Versprechen, ‚im Klimaschutz neue Maßstäbe‘ setzen zu wollen. Wie will BAYER zum Klimaschutz beitragen, wenn das Unternehmen bei seinen Zulieferern auf Steinzeit-Technologie setzt?“, kritisierte CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes.

Ein Kraftwerk in Brunsbüttel
Nicht nur in Antwerpen (s. o.), auch auf dem Gelände des Brunsbütteler Chemieparks ist ein klimaschädigendes Steinkohlekraftwerk geplant, das BAYER und andere Unternehmen mit Energie versorgen soll.

Rhein nur „mäßig belastet“?
Vor allem die Stilllegung vieler Betriebe hat die Wasserqualität des Rheins verbessert. Im grünen Bereich ist der Fluss jedoch noch lange nicht. Er gilt momentan als „mäßig belastet“. Schwermetalle finden die ExpertInnen nur noch selten in ihren Proben, „aber ein Problem mit chemischen Stoffen haben wir immer noch“, sagt Stefan Staas von der nordhein-westfälischen Rheinfischerei-Genossenschaft. Vor allem Dioxine und Pestizide tummeln sich weiterhin in dem Gewässer. Die nur „mäßige“ Belastung könnte jedoch auch der nur mäßigen Kontrolle geschuldet sein. Die privatisierten Wasserversorger wie RWE führen nur äußerst laxe Untersuchungen durch, und auch staatliche Stellen bauen entsprechend geschultes Personal ab. Die Wasser-KontrolleurInnen können zudem immer nur das finden, was sie auch suchen, weshalb so manche Chemikalie unentdeckt bleibt (s. u.). Der Nachweis von Perfluorierten Tensiden (PFT) gelang dem „Bonner Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit“ deshalb bloß durch Zufall. Der Skandal führte zu einer Diskussion um eine verbesserte Qualität der Wasseraufbereitung, aber die Industrie scheut teure Investitionen. Der Bonner Wissenschaftler Harald Färber allerdings sieht dringenden Handlungsbedarf: „Wenn wir immer nur die Mindeststandards erfüllen, trinken wir demnächst einen Chemie-Cocktail aus dem Wasserhahn“.

Tolylfluanid im Trinkwasser
Das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) hat BAYER die Zulassung für den Pestizid-Wirkstoff Tolylfluanid entzogen, den der Agro-Riese unter den Produkt-Namen EUPAREN M WG, FOLICUR EM und MELODY MULTI vermarktet (Ticker 2/07). Gelangt die Chemikalie in Flüsse, die zur Trinkwassergewinnung dienen, kann sein Abbauprodukt Diemethylsulfamid im Zuge der Aufbereitung nämlich das gesundheitsgefährdende Nitrosamin bilden, wenn die Wasserversorger zur Entkeimung Ozon einsetzen. Das Verbot hat einige schwäbische Städte veranlasst, ihre Gewässer gezielt nach Tolylfluanid-Rückständen zu untersuchen. Die Ergebnisse waren erschreckend: In mehreren Ortschaften überschritt das Pestizid die Grenzwerte um das Vierfache! Das veranlasste die Behörden aber nicht zum Eingreifen. Mit der Begründung, das Wasserwerk in Schussenthal verwende kein Ozon, erachtete das Kreisgesundheitsamt die Belastung als ungefährlich und erteilte eine bis zum 30. April 2010 geltende Ausnahmegenehmigung für Tolylfluanid-verseuchtes Wasser. „Nicht zumutbar“ sei das, urteilte der Ravensburger Arzt Dr. Friedhelm Struben und schrieb einen Offenen Brief an die KommunalpolitikerInnen. „Wasser ist ein Grundnahrungsmittel. Ich kann doch die Grenzwerte nicht einfach am grünen Tisch ändern, weil es so am bequemsten ist“, erboste er sich.

EU kippt Bodenschutzgesetz
EU-weit sind ca. 3,5 Millionen Grundstücke durch Chemikalien, Schwermetalle oder Dioxin verunreinigt. Die Kosten für die Sanierung dieser Böden beziffert die Brüsseler Kommission auf 38 Milliarden Euro. Darum wollte die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Bodenschutz verstärken (Ticker 1/07). Nach einem neuen Richtlinien-Entwurf sollten BAYER & Co. beim Verkauf von Firmen-Arealen künftig Expertisen über die im Erdreich schlummernden Schadstoffe vorlegen müssen. Aber die Vorschläge fanden im Industrie- und Umweltausschuss keine Mehrheit, und die jetzt fälligen Nachbesserungen lassen vom Geist des Gesetzes nicht mehr viel übrig. „Nach dem überarbeiteten Regelungsentwurf würde sich für Deutschland kein Änderungsbedarf ergeben“, schreibt die Faz.

Jährlich 649.000 Tonnen Abfall
649.000 Tonnen Abfall fiel bei der BAYER-Produktion im Jahr 2006 an. Dank dieses hohen Aufkommens droht die Sondermüll-Deponie in Leverkusen-Bürrig in 40 Jahren zum neuen Wahrzeichen der Kommune zu werden. Da die Altlasten sich laut Gesetz noch zu einem 70 Meter hohen Berg auftürmen dürfen, reichen sie bis zum Jahr 2047 bis auf zweieinhalb Meter an den bisherigen Blickfang der Stadt, den Wasserturm, heran.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bezahlte Bisphenol-Entlastungsstudien
BAYER zählt zu den größten Herstellern der Chemikalie Bisphenol A, die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen enthalten ist. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und andere Initiativen fordern deshalb seit langem ein Verbot. Aber BAYER & Co. halten dagegen und geben reihenweise Entlastungsgutachten in Auftrag. Für das letzte engagierten die Multis die Biologin Rochelle Tyl von der Beratungsfirma RESEARCH TRIANGLE INSTITUTE. Früher selbst in Diensten der Chemie-Industrie, hatte sie sich durch mehrere industrie-freundliche Untersuchungen empfohlen und leistete auch diesmal wieder ganze Arbeit. Ihr Studien-Design lieferte das gewünschte verharmlosende Ergebnis, und die EU-Lebensmittelbehörde EFSA setzte umgehend einen neuen Bisphenol-Grenzwert fest, der den VerbraucherInnen das Fünffache der bisher gerade noch als verträglich angesehenen Bisphenol-Dosis zumutet.

BUND warnt vor Quecksilber-Belastung
Das Schwermetall Quecksilber, von dem BAYER im Jahr 2004 ca. 33 Kilogramm in die Gewässer leitete, gehört zu den gefährlichsten Substanzen auf der Welt. Sie vergiftet Mensch, Tier und Umwelt in immer größerem Maße. Nach einer vom BUND mit in Auftrag gegebenen Studie, die 250 Frauen aus 21 Ländern untersuchte, wiesen 15 Prozent der Testpersonen eine über dem Grenzwert liegende Quecksilber-Belastung auf.

NANO & CO.

BAYER & Co. blocken bei Nano-Gefahren
Nano ist das griechische Wort für Zwerg. Die Nano-Technologie beschäftigt sich folglich mit klitzekleinen Materialien. So entwickelten BAYER-ForscherInnen winzige Duftkapseln, die Chemie-Leder wieder den Originalgeruch verschaffen sollen. Eine andere Abteilung will Kunststoffen durch die Einarbeitung von Nanoröhrchen aus Kohlenstoff zu mehr Härte und Leitfähigkeit verhelfen. Und Folien made by BAYER halten jetzt dank luftabhaltender Nanopartikel industriell produzierte Lebensmittel länger frisch. Der Leverkusener Chemie-Multi erwartet von der „Zukunftstechnologie“ Millionen-Umsätze, nur leider teilt diese die schlechten Eigenschaften vieler alter Technologien: Sie stellt ein Risiko für Mensch, Tier und Umwelt dar. Das räumt sogar der Konzern selber ein. „Bei vielen unlöslichen Nanomaterialien ist derzeit nicht auszuschließen, dass die inhalative Aufnahme dieser besonders kleinen Partikel am Arbeitsplatz zu Gefährdungen führen kann“, heißt es in dem vom „Verband der Chemischen Industrie“ gemeinsam mit der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ herausgegebenen „Leitfaden für Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz“. Einer besseren Vorsorge verweigern sich BAYER & Co. aber trotzdem. Die Ergänzung des Chemikaliengesetzes um die Substanzklasse „Nanochemikalien“, wie sie der BUND fordert, lehnen die Multis ab. Sie möchten die Stoffe weiterhin als ganz normale Chemikalien behandelt sehen, ohne gesonderte Genehmigungsverfahren, Kennzeichnungspflichten und Verbotsregelungen.

Nano-Eishockeyschläger
BAYER hat einen Eishockeyschläger entwickelt, den eine Schicht aus Nano-Röhrchen umgibt, was das Sportgerät angeblich haltbarer und treffsicherer macht.

CHEMIE & WAFFEN

15 Tote bei Chemiewaffen-Unfall
Bei der Entwicklung chemischer Kampfstoffe haben BAYER-Forscher eine bedeutende Rolle gespielt. Fritz Haber entwickelte während des Ersten Weltkrieges das Senfgas, 1936 synthetisierte Gerhard Schrader Sarin und das von US-WissenschaftlerInnen zusammengebraute Giftgas VX basierte auf einem Patent des Leverkusener Multis. Diese tödlichen Stoffe befinden sich immer noch in den Waffenarsenalen vieler Armeen. Zuletzt verwendete sie Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer; seinen auch „Chemie-Ali“ genannten willigen Vollstrecker Ali Hassan al Madschid hat ein irakisches Gericht deshalb in diesem Jahr zum Tode verurteilt. Im Juli kam es nun in Syrien zu einem verheerenden Chemiewaffen-Unfall. Bei einer iranisch-syrischen Truppenübung in Aleppo explodierte eine mit Sarin, Senfgas und VX ausgerüstete Scud-Rakete. 12 Soldaten und mehrere Ingenieure starben, zahlreiche Menschen wurden verletzt.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Immer mehr Asbest-Tote
Die von der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ (BAuA) herausgegebene Statistik für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten weist immer mehr Todesfälle aus. Daran sind jedoch nicht die aktuellen Produktionsbedingungen schuld, sondern die früheren, deren Folgen sich erst jetzt so richtig zeigen. Für einen Großteil der tödlich verlaufenden Berufskrankheiten zeichnet der Umgang mit dem 1993 verbotenen Asbest verantwortlich. Da vom Zeitpunkt der Vergiftung bis zum Ausbruch von Asbestose, Lungen- oder Kehlkopfkrebs 40 Jahre vergehen können, kommt es immer noch zu Neuerkrankungen. Erst ab 2016 rechnen die ArbeitsmedizinerInnen mit einem Rückgang der Zahlen. Parallel zur Zunahme der Fälle wächst die Verschwiegenheit bei BAYER. Der Leverkusener Pharmariese verheimlicht nämlich die genauen Zahlen. Während es in einem früheren „Sustainable Development“-Bericht zu den 130 „anerkannten“ Berufskrankheiten des Jahres 2000 noch hieß: „Als Krankheitsauslöser waren bei uns vor allem Expositionen gegen Asbest und Lärm relevant“, fehlen ab 2005 alle Angaben zu Berufskrankheiten.

STANDORTE & PRODUKTION

Mehr Kunststoff aus Antwerpen
Der Leverkusener Multi hat sich entschieden, die neue Anlage zur Herstellung von Polymerpolyole-Kunststoffen, einem Vorprodukt für Weichschäume, in Antwerpen zu errichten (Ticker 3/07). Ende 2008 soll die Fertigun

[Kurzmitteilungen] STICHWORT BAYER 04/2007 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Giftmüll-Kampagne erfolgreich!
Am 15. Juni 2007 konnte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) einen großen Erfolg feiern. Die Landesregierung lehnte den Import australischen Giftmülls ab und vermasselte BAYER und der Stadt Herten so ein lukratives Gechäft: Allein der Leverkusener Multi hätte mit der Verbrennung von 4.500 Tonnen Hexachlorbenzol einen Umsatz von drei Millionen Euro gemacht. „Wir sind nicht dafür da, die Akzeptanzprobleme der australischen Bevölkerung gegenüber Entsorgungslösungen im eigenen Land zu lösen“, begründete Umweltminister Eckhard Uhlenberg die Entscheidung. Diese Einsicht kam dem CDU-Politiker allerdings reichlich spät, und ohne die Kampagne der CBG und ihrer Bündnispartner gegen das hochriskante Unternehmen hätte sie ihn vermutlich niemals ereilt.

Immer mehr Pipeline-Proteste
Der Widerstand gegen die von BAYER zwischen den Standorten Krefeld und Dormagen geplante Kohlenmonoxid-Pipeline wächst immer weiter (siehe auch SWB 3/07). Neben Ratingen, Hilden, Monheim, Erkrath und Mettmann haben sich jüngst auch Hubbelrath und Düsseldorf gegen die Röhrenleitung ausgesprochen. Selbst in dem einst in Treue fest zum Bauvorhaben stehenden Duisburg kippt mittlerweile die Stimmung. Diese Entwicklung bewog schließlich auch die Landes-SPD, das Projekt abzulehnen. Dabei sucht sich der Protest, an dem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) sich nach Kräften beteiligt, vielfältige Ausdrucksformen. In Duisburg, Erkrath und Hilden gab es Demonstrationen. Mehrere Kommunen, Privatpersonen und eine Bürgerinitiative haben Klagen eingereicht. Innenminister Wolfgang Schäuble und BAYER-Chef Werner Wenning erhielten Offene Briefe. Anti-Pipeline-Gruppen und die Bürgermeister von Monheim, Erkrath, Langenfeld und Hilden organisierten gemeinsam eine Plakat-Aktion. Zudem finden regelmäßig Mahnwachen und Diskussionsveranstaltungen statt, und die initiierte Unterschriftensammlung brachte es bis Anfang September auf 43.000 UnterzeichnerInnen. Einige hat die Angst vor dem geruchslosen Gift aus der Leitung sogar so weit getrieben, auf den Baustellen Gerät zu beschädigen.

Erfolgreiche Greenwashing-Kampagne
Durch die Kooperation mit der UN-Umweltbehörde UNEP versucht sich BAYER ein grünes Image zu verleihen. Die Ausrichtung einer Konferenz in Leverkusen mit 150 jungen UmweltschützerInnen aus aller Welt sollte Ende August 2007 zum Höhepunkt dieser Anstrengungen werden, das aber verhinderte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN. Sie protestierte vor Beginn der Veranstaltung gegen das Greenwashing und machte die Öffentlichkeit auf die zahlreichen Umweltsünden des Konzerns aufmerksam (siehe auch SWB 3/07).

Kinderarbeitsverfahren eingestellt
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte gegen BAYER gemeinsam mit anderen Initiativen wg. der Kinderarbeit bei den Zulieferern seiner indischen Saatgut-Tochter PROAGRO Klage bei der OECD eingereicht (Ticker berichtete mehrfach). Obwohl das Problem keineswegs beseitigt ist, und eine neue Studie für die nächste Pflanz-Saison sogar eine erhebliche Ausweitung der Beschäftigung von Minderjährigen prognostiziert hat, hat die bundesdeutsche Kontaktstelle der OECD das Verfahren eingestellt. Die Verantwortlichen gaben sich mit den bisher von dem Leverkusener Multi unternommenen Anstrengungen zufrieden. Und den Rest regelt für sie die vom Konzern abgegebene Selbstverpflichtungserklärung (siehe auch SWB 3/07).

Argentinien: Proteste gegen Feldversuche
Nicht nur Costa Rica (siehe SWB 3/07), auch Argentinien will der Leverkusener Agro-Riese nun als Versuchsfeld für sein Gentech-Saatgut nutzen. In Chacabuco beabsichtigt er sogar, zusätzlich noch neue Pestizide zu testen. Doch die Risiken und Nebenwirkungen riefen UmweltschützerInnen auf den Plan. Am Tag der Eröffnung des Geländes protestierten die AktivistInnen in der Stadt gegen das Freiluftlabor - und konnten sich dabei auch auf Material der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN stützen.

Ärzte-Initiative geehrt
Die ÄRZTE-INITIATIVE GEGEN DAS STEINKOHLEWERK UERDINGEN hat den Umweltpreis von Ökoplus bekommen. Die von dem Fachhandelsverbund für umweltgerechtes Bauen gestiftete und von der Grünen-Politikerin Bärbel Höhn überreichte Auszeichnung nahm Dr. Bernd Kaufmann entgegen. Kaufmann hatte auf Einladung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN bereits auf der letzten BAYER-Hauptversammlung gesprochen und den Chemie-Multi aufgefordert, das Bau-Projekt aufzugeben, weil die von Steinkohlekraftwerken emittierten Schadstoffe zu massiven Gesundheitsgefährdungen führen. Zudem schrieb der Mediziner das Editorial des letzten Stichwort BAYER.

Ärzte-Initiative schreibt Hoppe
Die Bundesärztekammer setzt sich regelmäßig für vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen ein. So stritt etwa der Verbandspräsident Jörg-Dietrich Hoppe im letzten Jahr für einen gesetzlich verankerten Nichtraucherschutz. Auf das Feld der Umweltpolitik wollte sich Hoppe allerdings nicht begeben. Die ÄRZTE-INITIATIVE GEGEN DAS STEINKOHLEWERK UERDINGEN hatte ihn in einem Brief aufgefordert, ihr Engagement gegen das auf dem BAYER-Gelände geplante, auch nicht eben wenig Gesundheitsschäden verursachende Steinkohlekraftwerk zu unterstützen, aber da begann für den Oberarzt die Politik. Er könne sich in seiner offiziellen Funktion nicht festlegen, antwortete er seinen Krefelder KollegInnen.

KAPITAL & ARBEIT

BIS: Es kommt noch dicker
Mit der neuen, für die Beschäftigten von BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) geltenden „Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung“ konnte das Management massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durchsetzen (Ticker 2/07). Die Wochenarbeitszeit erhöhte sich - ohne Lohnausgleich - von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutet. In den kommenden vier Jahren müssen 40 Prozent der Belegschaft zudem weitere 8,3 Prozent ihres Lohnes opfern, indem sie auf Tariferhöhungen - und wenn das nicht reicht - sogar zusätzlich auf ihr Weihnachtsgeld verzichten. Aber dem BIS-Boss Klaus Schäfer reicht das noch nicht. „Die Technischen Dienste und der Werkschutz liegen in den Kosten noch zu hoch“, sagte er in einem Interview. Vorsichtshalber hat BAYER für die „Technischen Dienste“ schon eine Tochtergesellschaft gegründet, was der erste Schritt zu einer Ausgliederung sein könnte.

Neue BIS-Struktur
Die Rationalisierungsmaßnahmen bei BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), die zu Jobstreichungen und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führten (SWB 1/07), haben auch zu Umstrukturierungen auf organisatorischer Ebene geführt. So reduzierte das Management die Geschäftsfelder von neun auf fünf.

Arbeitsplatzvernichter Nr. 11
Unter den weltgrößten Arbeitsplatzvernichtern nimmt BAYER mit dem Abbau von 6.100 Stellen den 11. Rang ein. In der nationalen Jobstreich-Hitparade belegt der Leverkusener Multi mit einem Beschäftigungsminus von 1.500 an den bundesdeutschen Standorten den vierten Platz.

LANXESS streicht 70 Jobs
Der Arbeitsplatzvernichtungsmotor bei BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS läuft ohne Unterlass. Im Juli 2007 kündigte das Unternehmen an, bei seiner Tochter RHEINCHEMIE 70 Stellen zu streichen, um so das Einsparziel von jährlich fünf Millionen Euro zu erreichen.

LANXESS verkauft LUSTRAN
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS spaltet sich unaufhaltsam weiter auf. Gnadenlos stößt der Konzern alle unter dem Renditeziel von fünf Prozent bleibenden Bereiche ab. Ende Juni 2007 kündigte der Vorstandsvorsitzende Axel Heitmann den Verkauf von LUSTRAN POLYMERS an, einer hauptsächlich ABS-Kunststoffe für die Autoindustrie herstellenden Tochtergesellschaft. LANXESS bringt LUSTRAN zunächst in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem britischen Chemie-Multi INEOS ein, der die Sparte dann nach zwei Jahren komplett übernimmt. Was die erst 2005 im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen um 500 auf nunmehr 1.600 MitarbeiterInnen reduzierte LUSTRAN-Belegschaft um ihre Zukunft fürchten lässt, sorgte an der Börse für eine Kurssteigerung um 2,5 Prozent.

LANXESS will „Hire and Fire“
BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS hat angekündigt, den bis Ende 2007 geltenden Standort-Sicherungsvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, nicht mehr verlängern zu wollen. „Eine Fortsetzung der Standortsicherungsvereinbarung in ihrer jetzigen Form ist bei LANXESS nicht denkbar“, verlautete es aus der Chef-Etage am Rande von Verhandlungen mit GewerkschaftsvertreterInnen über die zukünftigen Arbeitsbedingungen, „in diesem Bereich werden wir nicht sehr kompromissbereit sein“. Auf die Beschäftigten dürften deshalb noch schwerere Zeiten zukommen, denn sogar ohne betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen gelang es dem Unternehmen bereits, seit seiner Gründung über 1.000 Arbeitsplätze zu vernichten.

Sparoffensive bei Kunststoffen
Der Leverkusener Multi hat Rationalisierungsmaßnahmen in der Kunststoffsparte angekündigt, um eine angebliche „Profitabilitätslücke zu Mitbewerbern“ zu schließen. Besonders am Standort Brunsbüttel geht die Angst um, da Arbeitsdirektor Tony Van Osselaer prophezeit hatte, mittelfristig werde BAYER eine der drei MDI-Produktionen aufgeben. „Die Programme haben Stellenabbau nicht zentral zum Ziel, sondern Prozess-Optimierung“, äußerte ein Konzern-Sprecher gegenüber der Financial Times Deutschland zu den Plänen. Aber ein bisschen Arbeitsplatzvernichtung muss neben Umstrukturierungen der Verwaltungsabläufe und Optimierungen bei den Stillstandszeiten und Wartungen der Anlagen schon dabei sein, soll das wohl heißen.

7,5 % mehr Umsatz erwartet
Für BAYER & Co. stimmt die Chemie. Ihre Aktien stiegen von Juli 2006 bis Juli 2007 um 45 Prozent, und der bis Ende des Sommers als Vorsitzender des „Verbandes der Chemischen Industrie“ amtierende BAYER-Chef Werner Wenning erwartet für dieses Jahr ein Umsatzplus von 7,5 Prozent. Auf den Arbeitsmarkt hatte der Boom jedoch kaum Auswirkungen: Die Beschäftigtenzahl stieg gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig um 0,6 Prozent auf 436.000 Beschäftigte.

BAYER stellt 20 Pharma-Projekte ein
Im Pharma-Bereich betrachtet BAYER nur noch die vier Gebiete „Herz/Kreislauf“, „Krebserkrankungen“, „Frauengesundheit“ und „diagnostische Bildgebung“ als „Kerngeschäfte“. Arznei-Neuentwicklungen, die in dieses Raster nicht hineinpassen, gibt der Konzern auf. So kündigte Pharma-Chef Arthur Higgins das Aus für 20 Forschungsprojekte an, was viele PharmakologInnen um ihre Arbeitsplätze fürchten lässt.

Wenning verdient über 3 Millionen
Was ein Vorstandsvorsitzender eines DAX-Unternehmens genau an Bezügen erhält, ist nicht leicht zu ermitteln, da sich die Vergütung aus mehreren festen und variablen Komponenten zusammensetzt. Die Unternehmensberatung TOWERS PERRIN hat sich einmal die Mühe gemacht und neben der Grundvergütung auch die Tantiemen, Rücklagen für die Altersversorgung und andere Faktoren mit eingerechnet. Prompt fällt für BAYER-Chef Werner Wenning eine Gehaltserhöhung an. Nicht mehr „nur“ 2,65 Millionen Euro verdient er, wie früher gemeldet (Ticker 2/07), sondern 3,3 Millionen. Im Durchschnitt konnten Wenning und seine Manager-KollegInnen im Geschäftjahr 2006 fünf Prozent mehr Geld einstreichen als anno 2005.

ERSTE & DRITTE WELT

Neue Patente für altes AVELOX?
Die Pharmamultis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“ (siehe auch Ticker 2/06). Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen des Verbundes die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVELOX; speziell für diesen Forschungsansatz hat Bill Gates im Frühjahr 2006 noch einmal 100 Millionen Dollar locker gemacht. Das Präparat soll den Heilungsprozess beschleunigen, die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenchancen der PatientInnen erhöhen. In der Fachwelt ist das BAYER-Mittel allerdings umstritten. Der „Arzneimittelverordnungsreport ‚97“ zählt Antibiotika mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Fluorchinole wie AVELOX aufgrund der vielen Nebenwirkungen zu den „nicht primär empfehlenswerten Substanzen“. Trotzdem bastelt der Pharma-Riese schon kräftig an neuen Vermarktungschancen für das alte AVELOX in neuen Tuberkulose-Schläuche und hat beispielsweise in Indien schon einen Antrag auf Patentschutz gestellt, der dem Medikament eine Hochpreis-Garantie verleihen würde.

POLITIK & EINFLUSS

CEFICs Extrem-Lobbying
In Brüssel treiben rund 15.000 LobbyistInnen ihr Unwesen. Einer ihrer größten Arbeitgeber ist CEFIC, der Europa-Verband der Chemie-Industrie. 140 MitarbeiterInnen beschäftigt die Dependance von BAYER & Co. - zum Vergleich: die Sache der LandwirtInnen vertreten trotz des umfangreichen EU-Agrarhaushalts nur 60 Personen.

Bisphenol-Grenzwerte gelockert
BAYER zählt zu den größten Herstellern der Chemikalie Bisphenol A, die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen sowie Konservendosen enthalten ist. Die Substanz wirkt hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse und die Fortpflanzungsfähigkeit. In der Vergangenheit hat Bisphenol A häufig die zulässigen Grenzwerte überschritten, weshalb Anwendungsbeschränkungen drohten. Die Chemie-Multis veranlasste das aber nicht, vorsichtiger mit dem gefährlichen Stoff umzugehen. Im Gegenteil, sie gingen den umgekehrten Weg und übten über ihren Lobby-Verband CEFIC (s. o.) Druck auf Brüssel aus, die Grenzwerte zu lockern. Und die EU tat wie geheißen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kritisierte dieses willfährige Verhalten scharf. „Statt schwächerer Grenzwerte brauchen wir einen verbesserten Schutz der Bevölkerung. Wir fordern ein sofortiges Verbot von Bisphenol A in allen Produkten, die mit Nahrungsmitteln in Kontakt kommen“, kommentierte die CBG die Entscheidung in einer Presseerklärung.

EU-LobbyistInnen gegen Transparenz
Mit einem Zentralregister will die EU-Kommission den Brüsseler Lobby-Dschungel lichten. Nach dem Willen der AntichambriererInnen in Diensten von BAYER & Co. soll allerdings so einiges im Dunkeln bleiben. So verwehren sie sich vehement dagegen, in Zukunft die Höhe des Honorars für ihre „Beratungstätigkeiten“ offen zu legen. Die Organisation LOBBYCONTROL wertet das als einen Versuch, „das Register zu entkernen und jeglicher Substanz zu entkleiden“.

Lobbykosten: 2 Millionen
In den USA unterliegen LobbyistInnen der Auskunftspflicht. Deshalb weiß die Öffentlichkeit auch, welche Politikfelder BAYER besonders lieb und teuer sind. Im ersten Halbjahr 2007 gab der Konzern insgesamt zwei Millionen Dollar für Lobby-Aktivitäten aus und legte das Geld an, um ein Wörtchen bei Gesetzesvorhaben zur Patentreform, zur Umwelt- und Energiepolitik, zur Arzneisicherheit und zum internationalen Handel mitzureden.

Abwehrbündnis gegen Asien
Im Mai 2007 kam nach Informationen von german-foreign-policy.com der „Transatlantic Business Dialogue“ (TABD) unter der Schirmherrschaft von Angela Merkel in Berlin zusammen. Auf der Tagesordnung des Treffens der mächtigsten Konzernlenker der Welt, an dem auch BAYER-VertreterInnen teilnahmen, stand der neue Ost-West-Konflikt auf den Weltmärkten. Um sich gegen die wachsende Konkurrenz aus Asien zu wappnen, schlossen die ManagerInnen ein „Abwehrbündnis über den Atlantik“, wie es die Financial Times Deutschland nannte. Den größten Schutzwall sollte dabei der Gesundheitsbereich bilden, weil er nach den Worten von David Sampson aus dem US-Wirtschaftsministerium „einen extremen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Länder“ hat. Als Rezepte zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit empfahlen die Bosse eine Senkung der Gesundheitsausgaben, eine Harmonisierung der Arznei-Zulassungen sowie mehr Steuergelder für die Pharma-Forschung. Bundesforschungsministerin Annette Schavan stellte sogleich mehr Mittel dafür in Aussicht, und auch EU-Kommissar Günter Verheugen signalisierte die Bereitschaft, die Abwehrkräfte von BAYER & Co. zu stärken. „Wir brauchen dringend eine starke Pharma- und Medizintechnikindustrie in Europa, um die Kosten unserer Systeme in den Griff zu bekommen“, sagte er auf der TABD-Konferenz.

Schlechtes Klima beim Klima-Gipfel
Beim von Angela Merkel initiierten Klima-Gipfel sorgten BAYER & Co. für ein schlechtes Klima. Mit dem Ansinnen, bis zum Jahr 2020 durch die Steigerung der Energie-Effizienz und Investitionen in Windkraft und andere klimaschonende Verfahren den Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent zu senken, nehme die Bundesregierung die „schleichende Deindustrialisierung Deutschlands billigend in Kauf“, polterten die Konzern-Bosse.

Emissionshandel darf nichts kosten
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in einer bestimmten Menge zu gestatten. Alles, was über ein bestimmtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Damit wollte Brüssel Anreize zu Klimaschutz-Maßnahmen schaffen. Diese blieben allerdings weitgehend aus: Die Lizenzen zum CO2-Ausstoß waren so großzügig bemessen und überdies kostenlos, dass die Schornsteine der Industrie weiterhin nach Lust und Laune qualmen konnten. Im Juni 2007 hat die Bundesregierung nun beschlossen, von der Stromindustrie für 10 Prozent dieser Zertifikate Geld zu verlangen. Sofort brach ein Sturm der Entrüstung los. Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) sieht durch die neue Regelung das Produzieren in Deutschland bestraft und warnt vor den Folgen für BAYER und andere Massenverbraucher: „Das wird sich auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer energie-intensiven Industrie negativ auswirken“.

Wenning will Übernahmeschutz
BAYER-Chef Werner Wenning hat in einem Interview mit der Welt am Sonntag die Einrichtung einer nationalen Kommission gefordert, welche die Aufgabe hat, die bundesdeutschen Unternehmen „in gut begründeten Ausnahmefällen“ vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Besonders bei politisch motivierten Investitionen sind nach Meinung des Managers staatliche Abwehrkräfte gefragt. „Wenn Fonds zum Beispiel aus Russland oder China bei ihren Investments im Ausland möglicherweise nationale Interessen der jeweiligen Regierungen verfolgen, können wir das nicht so einfach zulassen“, so Wenning. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zufälligerweise derselben Ansicht und bereitet eine Lösung auf europäischer Ebene vor. Während der Bundesverband der Industrie„ entsprechende Pläne skeptisch beurteilt, stellte sich auch der CDU-Wirtschaftsrat hinter Merkel. Wozu nimmt Wolfgang Große Entrup, der Leiter des BAYER-Stabes “Politik und Umwelt„, dort schließlich auch einen wichtigen Posten ein!?

Wenning will “Waffengleichheit„
Die Sprache der ManagerInnen wird angesichts der sich verschärfenden globalen Konkurrenz zunehmend aggressiver. Von der Welt am Sonntag zu seinen Erwartungen an die PolitikerInnen befragt, antwortete BAYER-Chef Werner Wenning: “Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die uns im internationalen Kontext Waffengleichheit verschafft„. Anschließend präsentierte er seine Wunschliste und zählte ein innovationsfreundliches Klima im Allgemeinen und mehr Forschungsförderung im Besonderen, niedrigere Energiekosten und Steuersenkungen auf. Den Einwurf des Interviewers, die Unternehmenssteuerreform hätte den Konzernen doch gerade erst niedrigere Tarife eingeräumt, ließ der BAYER-Boss nicht gelten: “Das bringt zuwenig Entlastung„.

Peters im Vorstand der Chemie-Arbeitgeber
Die Mitglieder des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC) wählten den BAYER-Mann Jan H. Peters und Klaus Hofer von BRAUN MELSUNGEN zu Stellvertretern des Vorsitzenden Eggert Voscherau (BASF).

Higgins neuer EFPIA-Vorsitzender
Der BAYER HEALTHCARE-Chef Arthur J. Higgins steht seit April 2007 dem “Europäischen Dachverband der Pharma-Industrie„ (EFPIA) vor. Er will das Amt vor allem dazu nutzen, schnellere Zulassungsverfahren für Arzneimittel zu erreichen. “Schafft zwei, drei, viele LIPOBAY-GAUs„ scheint also seine Maxime zu sein.

BAYER-Frau oberste Arbeitsschützerin
Nach Meinung von Bundesminister Franz Müntefering wissen ManagerInnen am besten, was Beschäftigten gut tut bzw. schadet. Er machte die Geschäftsführerin der BAYER-Tochter JENAPHARM, Isabel Rothe, zur Präsidentin der “Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin„.

Harte Globalisierungszeiten
Der Vorsitzende des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie (BAVC), der BASF-Manager Eggert Voscherau, sieht am Horizont härtere Zeiten aufziehen. Auf der BAVC-Mitgliederversammlung im Juni 2007 sagte er mit Blick auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen beim G8-Gipfel in Heiligendamm: “Wir müssen die Herausforderungen des globalisierten Wettbewerbs hier am Standort Deutschland annehmen, wenn wir nicht kostspielige Sozialkonflikte in Kauf nehmen wollen„. Die Chemiebranche ist Voscherau zufolge allerdings gegen solche Verwerfungen dank der mit den Gewerkschaften praktizierten Sozialpartnerschaft gut gewappnet. Die Aushöhlung der Flächentarifverträge seit Anfang der 90er Jahre führte er als Beispiel für die gelungene Zusammenarbeit zwischen Kapital & Arbeit an. “Ich bin überzeugt, dass diese pragmatische Umgangsweise es den Chemie-Sozialpartnern ermöglichen wird, in Zukunft auch komplizierte Probleme im Interesse der Chemie-Branche und ihrer Beschäftigten zu lösen„, so der BAVC-Vorsitzende auf der letzten Mitgliederversammlung der Organisation.

BAYER regiert mit
Wie das TV-Magazin Monitor im vergangenen Jahr enthüllte, arbeiten ca. 100 EmissärInnen von Unternehmen und Verbänden in Ministerien mit (Ticker 4/06). Die Initiative LOBBYCONTROL hat jetzt auf einer Website die genauen Tätigkeitsbereiche der “WirtschaftspolitikerInnen„ aufgelistet. So kümmert sich eine BAYER-Beschäftigte im Umweltministerium um die Forschung auf den Gebieten Umwelt und Gesundheit im Allgemeinen und die Aktionspläne von EU und Weltgesundheitsorganisation zu diesen Themen im Besonderen. Daneben hat sie sich im Referat “Umwelteinwirkungen auf die menschliche Gesundheit„ die Bewertung von Bauprodukten vorgenommen - und dabei denen aus dem Hause BAYER bestimmt keine schlechten Noten erteilt. Was ihre Kollegin derweil im Wirtschaftsministerium so treibt, konnte LOBBYCONTROL bisher nicht ermitteln.

BAYER beim G8-Gipfel
Auf der Tagesordnung des G8-Gipfels in Heiligendamm stand auch die Produkt-Piraterie, mit der die Konzerne so ihre liebe Last haben. Der Leverkusener Multi nutzte das Großkopferten-Treffen deshalb als Produktmesse und stellte im Kühlungsborner Medienzentrum sein Lasergerät PROTEXXION vor, das angeblich genau zwischen Original und Fälschung unterscheiden kann (siehe auch Ticker 2/07).

BAYER & Co. sponsorn den Staat
Die Konzerne haben die Regierungstätigkeit im großen Umfang finanziell unterstützt, wie aus dem 2. Zweijahresbericht über Sponsoring-Leistungen an die Bundesverwaltung hervorgeht, den das “Bundesministerium des Inneren„ Ende Juli 2007 veröffentlichte. Geld- und Sachleistungen in einer Größenordnung von 80 Millionen Euro brachten die Unternehmen in den Jahren 2005 und 2006 auf. BAYER befand sich natürlich auch unter den “edlen Spendern„. Der Leverkusener Multi griff dem Auswärtigen Amt bei der Ausrichtung der “Deutschen Kultur- und Wirtschaftswoche„ im australischen Brisbane mit einer Spende von 6.551 Euro unter die Arme. Zudem unterstützte der Konzern das Sommerfest von Bundespräsident Horst Köhler finanziell und durfte dafür den Park des Schlosses Bellevue als Werbeplattform nutzen.

Wenning im “BerlinBoard„
BAYER-Chef Werner Wenning gehört dem von Klaus Wowereit geleiteten 12köpfigen “BerlinBoard„ an, welches laut Eigenauskunft “Kompetenzen aus unterschiedlichen Feldern für einen positiven Wandel der Stadt bündelt„. Wie nicht anders zu erwarten, wenn Top-Manager wie Wenning, Mathias Döpfner von der AXEL SPRINGER AG und Hartmut Ostrowski von BERTELSMANN ein Päckchen schnüren, wird die Stadt zum Produkt. Der Rat der 12 will eine “Markenstrategie Berlins„ entwickeln und “Anregungen zur strategischen Positionierung„ geben. Eine Marktforschungsstudie hat das BerlinBoard auch schon in Auftrag gegeben und eine Werbekampagne ist gleichfalls geplant.

EU prüft Biokraftstoff-Quotengesetz
Die Bundesregierung hat schon vor einiger Zeit mit dem “Biokraftstoffquoten-Gesetz„ großzügige Ökosteuer-Ausnahmeregelungen für BAYER und andere Großverbraucher von Energie beschlossen (Ticker 1/07). In Kraft ist das neue Paragraphenwerk allerdings noch nicht, da die Genehmigung von Seiten der EU noch aussteht. Diese prüft derzeit, ob es sich bei der geplanten Entlastung nicht um ein gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßendes Steuergeschenk handelt. Aber Finanzminister Peer Steinbrück rechnet fest damit, dass die Brüsseler Kommission das Projekt abnickt: “Wir sind zuversichtlich, dass sie dies macht„.

Köhler und Rüttgers bei BAYER
In diesem Jahr feierte BAYER “100 Jahre Kulturförderung„. Das Geburtstagskind ist allerdings schon recht schwach auf den Beinen. In den letzten Jahren sparte der Leverkusener Multi kräftig Mittel ein, schloss Werksgalerie und -bibliothek, strich die Unterstützung für Kleinkunst-Veranstaltungen und kürzte die Zuschüsse für den “Kunstverein Galerie-Werkstatt„. Er hält es offenbar nicht mehr für nötig, die Belegschaft mit einer großzügigen “Kulturpolitik„ bei Laune zu halten. Trotzdem konnte der Festakt mit prominenten Gästen wie Bundespräsident Horst Köhler und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers aufwarten. In seiner Rede sprach letzterer Kultur und kultureller Bildung eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben zu, da zum Geschäftemachen Kreativität nötig sei. BAYER scheint vor allem von Gangsterfilmen gelernt zu haben.

PROPAGANDA & MEDIEN

Eine BAYER-Zensur findet statt
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat die genaueren Umstände ermittelt, die zum Verkaufstopp des Filmes “100 % Baumwolle„ führten (Ticker 2/07). Der Leverkusener Multi hat dem SWR als mitproduzierendem Sender im Falle einer nochmaligen Ausstrahlung mit einer Klage gedroht, da die Dokumentation falsche Angaben über BAYER-Pestizide mache. Das inkriminierte Ackergift Monocrotophos habe der Konzern in Indien längst vom Markt genommen, so das Unternehmen. Dieser Vorwurf geht ins Leere, denn “100 % Baumwolle„ entstand im Jahr 2003, und der Pharma-Riese kündigte den Verkaufsstopp auf dem Halbkontinent erst Ende 2004 an. Zudem stießen MitarbeiterInnen des EINE WELT NETZES NRW bei Recherchen vor Ort noch 2005 auf die Agrochemikalie. Trotzdem knickte der SWR ein und versprach, das Werk künftig nur noch mit einem Hinweis auf das inzwischen nicht mehr erhältliche Monocrotophos auszustrahlen. Die Filmemacher selber schreckten vor einer rechtlichen Auseinandersetzung offenbar zurück und haben den Vertrieb der DVD inzwischen eingestellt.

Spielerischer Pillen-Konsum
“Spielerisch„ will der Leverkusener Pharma-Multi den Umsatz seines umstrittenen Schmerzmittels ALEVE bei Jugendlichen steigern. Als Teil einer Marketing-Offensive soll das online-Spiel “Aleviator„ diese dazu animieren, “eine online-Verschwörung gegen kritische websites„ zu verhindern - und öfter zu den Pillen zu greifen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat diese Bauernfängerei in einer Presseerklärung angesichts der Risiken und Nebenwirkungen des Präparats scharf verurteilt und BAYERs Einsatz für die freie Meinungsäußerung mit Blick auf das Vorgehen des Konzerns gegen eine kritische Website der CBG als “zynische Verdrehung der Realität„ bezeichnet. Auch die im Rahmen der ALEVE-Kampagne geleisteten Spenden an den US-Umweltverband CONSERVATION FUND kritisierte die Coordination als billigen PR-Trick.

Informieren statt werben?
“Werbung heißt jetzt Information„, mit dieser Umwidmung wollen BAYER & Co. auf EU-Ebene das Reklameverbot für verschreibungspflichtige Medikamente aufweichen, das den Geschäften nicht eben zuträglich ist. Nachdem ein entsprechender Versuch 2003 gescheitert ist, sieht es nun besser aus. “Viele Patientengruppen erkennen die Pharma-Industrie als legitime Quelle von Informationen an„ meint die EU-Kommission, und auch der besonders industrie-freundliche Industrie-Kommissar Günther Verheugen signalisiert Wohlwollen.

BAYER & Co. entdecken den Pharma-Kunden
Auf die Frage, warum es die Pharma-Industrie nicht schafft, sich als eine positive, Nutzen bringende Branche darzustellen, antwortete die Hauptgeschäftsführerin des von BAYER gegründeten “Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller„ (VFA), Cornelia Yzer: “In weiten Kreisen der Bevölkerung wird es immer noch als unredlich gesehen, mit dem Gut Gesundheit im marktwirtschaftlichen Sinne zu wirtschaften. Dabei ist marktwirtschaftliches Verhalten eine Voraussetzung für den Erfolg der innovativen Pharma-Industrie„. Ganz in diesem Sinne erachtet es die ehemalige BAYER-Angestellte als Fehler, die PatientInnen lange Zeit nicht als Kunden betrachtet und die Marketing-Strategien nur auf die Ärzteschaft ausgerichtet zu haben. Das soll sich jetzt ändern. Die Pillen-Produzenten wollen Robin Hood spielen und sich der armen Kranken annehmen, die angeblich unter den Einsparmaßnahmen der GesundheitspolitikerInnen leiden. Was die Pharma-Lobbyistin in diesem Zusammenhang mit Blick auf das neu gegründete “Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen„ (IQWIG) Rationierung nennt, ist jedoch bloss das Aussortieren von Hochpreismedikamenten ohne Zusatznutzen aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen.

Perfide Milchpulver-Werbung
Muttermilch ist für Babys gesünder als Milchpulver-Mixe. Darum untersagen viele Länder den Unternehmen, für entsprechende Produkte, wie sie z. B. BAYERs Tochtergesellschaft NOVALAC als “infant feeding solutions„ anbietet, zu werben. Die Konzerne versuchen aber mit allen Mitteln, das Verbot zu umgehen. Auf den Philippinen klagen die Multis gegen das entsprechende Paragraphen-Werk. In Australien entziehen sich die Unternehmen dem Gesetz, indem sie ihre Waren als Nahrungsergänzungsmittel anpreisen, die Eisenmangel vorbeugen oder befleißigen sich anderer Täuschungsmanöver. Auf einer Anhörung des australischen Parlamentes zum Thema “Stillen„ verglich der Wissenschaftler Colin Binns die Methoden von BAYER & Co. deshalb mit den skrupellosen Reklame-Strategien der Tabak-Konzerne.

VFA diagnostiziert Pillen-Mangel
ÄrztInnen in der Bundesrepublik sitzt der Rezeptblock so locker wie in kaum einem anderen Land. Deshalb müssen die Krankenkassen Jahr für Jahr mehr Geld für Medikamente ausgeben. Aber den Pharma-Riesen reicht das noch nicht. Ihre Lobbyorganisation, der von BAYER gegründete “Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller„, gab eine Studie zur Arzneimittelversorgung in Auftrag und siehe da: Es existieren große Versorgungslücken, Millionen Menschen darben nach dem Stoff von BAYER & Co..

Keine Einkaufsgemeinschaft für Strom
BAYER & Co. klagen seit Jahren über zu hohe Energiepreise. Im Herbst 2006 schritten die Multis zur Tat und planten Einkaufsgenossenschaften für Strom, um Kosten zu sparen. RWE, ENBW & Co. ließen sich darauf allerdings nicht ein, unterbreiteten den Großverbrauchern lediglich günstigere Angebote. Der Leverkusener Multi reagiert auf die Malaise mit der Beteiligung am Bau von Steinkohle-Kraftwerken (siehe SWB 2/07), ohne Rücksicht auf deren klimaschädigenden Kohlendioxid-Ausstoß zu nehmen.

Noch ‘ne Klima-Erklärung
Mit BAYER, DAIMLER/CHRYSLER, SHELL und 47 anderen Global Playern unterzeichnete der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan Ende Juli 2000 in New York den “Global Compact„, eine unverbindliche Vereinbarung zur Umsetzung internationaler Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards (Ticker 4/00). Im Gegenzug berechtigt die Unterschrift BAYER & Co., mit dem UN-Emblem zu werben. Darüber hinaus sicherte Kofi Annan den Multis Unterstützung bei ihrer Forderung nach einer weiteren Liberalisierung des Welthandels zu. Bei der jüngsten Konferenz des “Global Compact„, die am 5. und 6. Juli in Genf stattfand, gaben der Leverkusner Multi und die anderen “Global Player„ auch mal wieder eine der vielen ebenso wohlfeilen wie folgenlosen Erklärungen zum Klimaschutz ab, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN mit konkreten Fakten aus BAYERs Kohlendioxid-Bilanz konterkarierte.

Reis-Konferenz gesponsort
BAYER verspricht sich von seinem in der EU bisher nicht zugelassenem, gegen das Herbizid LIBERTY resistenten Gentech-Reis, der sich jüngst aus ungeklärten Gründen in Handelsreis-Sorten wie UNCLE BEN wiederfand und damit einen großen Skandal auslöste, große Umsätze. Deshalb will sich der Leverkusener Multi schon mal die potenziellen Kunden gewogen machen und sponsorte die Konferenz “Reisanbau in nicht-tropischen Ländern„, die in Italien stattfand.

Scrabble-Sponsoring
Der Leverkusener Multi hat in Indien die nationale Scrabble-Meisterschaft finanziell unterstützt.

Greenwashing in Südafrika
Um sich auch in Südafrika das Image eines Umweltengels zu geben, unterstützt BAYER den dort ansässigen Naturschutzverband ENDANGERED WILDLIFE TRUST.

IG FARBEN & HEUTE

ZwangsarbeiterInnen-Entschädigung abgeschlossen
Über acht Millionen ZwangsarbeiterInnen leisteten während des Dritten Reiches Sklavendienste. Zehntausende von ihnen leisteten Fronarbeit bei den von BAYER mitgegründeten IG FARBEN. Allein beim Aufbau des Werkes in Auschwitz starben rund 30.000 von ihnen. In den 90er Jahren forderten die Überlebenden Entschädigungszahlungen von BAYER & Co. und drohten mit Sammelklagen. Die rot-grüne Bundesregierung sprang den Unternehmen zur Seite, um Imageschäden abzuwenden und langwierige Prozesse zu verhindern. Sie regte die Gründung der Bundesstiftung “Erinnerung, Verantwortung und Zukunft„ an, dessen Kapital die Unternehmen noch nicht einmal allein aufzubringen brauchten: die Hälfte kam aus Steuermitteln. Erst nach einem endlosen Gefeilsche mit den Opfer-VertreterInnen um die Entschädigungssummen konnte die Bundesstiftung mit den ersten Zahlungen beginnen. Im Juni 2007 schloss sie ihre Arbeit ab. Aber längst nicht alle ZwangsarbeiterInnen erhielten Geld, nur 1,665 Millionen Anträge akzeptierte die Organisation. Darum wurde am 12. Juni nichts aus der Feierstunde, zu der Bundespräsident Horst Köhler ins Schloss Bellevue geladen hatte. Vor den Toren protestierten nicht entschädigte SklavenarbeiterInnen. Von der Stiftung bleibt jetzt nur noch der Zukunftsfonds. Mit einem Jahresbudget von ca. acht Millionen Euro fördert er Geschichtsprojekte, Begegnungen und vergibt Stipendien. Damit es bei der Aufarbeitung nicht allzu konzern-kritisch zugeht, will die Bundesregierung die Position der Wirtschaft im Vergabe-Gremium stärken. “Das ist ein Schlag ins Gesicht aller NS-Opfer, die auch Opfer des deutschen Großkapitals waren„, kritisiert die Linkspartei-Abgeordnete Ulla Jelpke dieses Vorgehen.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Senfgas im Abessinien-Krieg
Das vom BAYER-Forscher Fritz Haber während des Ersten Weltkrieges entwickelte Senfgas erfreute sich bei Diktatoren großer Beliebtheit. Zuletzt verwendete es Saddam Hussein 1987 und 1988 bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer, denen Zehntausende Menschen zum Opfer fielen. Den verheerendsten Gebrauch allerdings machte Mussolini 1935 im Abessinien-Krieg, der Historikern heute als “erster faschistischer Vernichtungskrieg„ gilt, von der Chemie-Waffe. Der britische Arzt John Melly erlebte die Massaker als Augenzeuge. “Das ist kein Krieg, es ist auch kein Blutbad, es ist die Folterung wehrloser Männer, Frauen und Kinder mit Bomben und Giftgas„, berichtete der damalige Leiter des Britischen Roten Kreuzes.

Drei Phosgen-Tote vor 1983
Obwohl das im Ersten Weltkrieg als Giftgas eingesetzte Phosgen zu den gefährlichsten chemischen Stoffen zählt,
verwendet BAYER die Substanz nach wie vor als Grundstoff. Im Jahr 2004 versuchte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN gemeinsam mit dem BUND vergeblich, eine weitere Ausweitung der Produktion in Krefeld zu verhindern. Die erste begann 1983 und war genauso umstritten. Ein zufällig entdeckter Artikel aus dieser Zeit schildert nicht nur die Auseinandersetzungen, sondern erwähnt auch die Opfer, welche die Herstellung der Substanz unter den BAYER-Beschäftigten bereits gefordert hatte. Drei Männer kamen in der Vergangenheit bei Unfällen mit der Chemikalie ums Leben.

Alte MOBAY-Sünden
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat anlässlich der neuen Kooperation von BAYER mit MONSANTO auf dem Gebiet der Gentechnik die alten Bande zwischen den beiden Konzernen aufgearbeitet und stieß dabei durch Zufall auch auf das Sündenregister von BAYERs US-amerikanischem Tochter- Unternehmen MOBAY. Der Chemie-Multi hat es 1970 übernommen und bis 1992 in Alleinbesitz gehalten. In dieser Zeit hat sich MOBAY diverser Vergehen schuldig gemacht. 1975 flog eine Kartellabsprache auf, für welche die Firma eine Millionen-Strafe zahlen musste. 1990 erhielt MOBAY eine Sanktion wg. fehlender Warnhinweise auf Pestiziden, die zum Export bestimmt waren. Und 1991 flog ein Im- und Export-Schwindel in großem Ausmaß auf: Falschdeklarationen in 400 Fällen kosteten die BAYER-Tochter 4,75 Millionen Dollar.

Strafe wg. Gift-Importen
Wie der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN erst jetzt bekannt wurde, erlegte die US-Umweltbehörde EPA dem Leverkusener Multi im Jahr 1996 eine 500.000-Dollar-Strafe wg. der illegalen Herstellung und Ausfuhr von “giftigen Substanzen„ auf.

DRUGS & PILLS

Schlaganfälle durch ASPIRIN
BAYER bewirbt ASPIRIN aggressiv als Mittel zur Prophylaxe von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Mit Erfolg: Nahmen Anfang der 80er Jahre nur ca. vier Prozent der Schlaganfall-Opfer zur Verhinderung weiterer Gehirnschläge ASPIRIN, so stieg ihre Zahl ab 2000 auf 40 Prozent, weil immer mehr PatientInnen auf die blutverdünnende Wirkung des Medikamentes setzen. Nach einer Studie der Universität Oxford erhöht aber gerade dieser Effekt das Risiko für den hämorrhagischen Schlaganfall, der nicht wie der ischämische durch einen Gefäßverschluss, sondern durch eine Blutung im Gehirn entsteht, denn ASPIRIN regt den Blutfluss an. Deshalb warnen die ForscherInnen, das BAYER-Präparat könne bald den Bluthochdruck als Hauptrisikofaktor für diese Art des Schlaganfalls ablösen. Ungeachtet dessen hat der Leverkusener Multi gerade wieder eine Megastudie zur Untersuchung der vorbeugenden Effekte des “Tausendsassas„ in Auftrag gegeben.

Erneute TRASYLOL-Überprüfung
Eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie hatte dem vor allem zur Blutstillung bei Bypass-Operationen verwendeten BAYER-Mittel TRASYLOL lebensgefährliche Nebenwirkungen von Nierenversagen über Schlaganfälle bis hin zu Herzinfarkten attestiert (SWB 1/06). Die US-amerikanische Arzneiaufsicht FDA überprüfte das Medikament daraufhin, entschied sich aber gegen einen Entzug der Zulassung, weil dem Leverkusener Multi eine Irreführung der Behörden gelungen war. Der Pharma-Riese hatte der Institution eine selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, die zu alarmierenden Befunden gekommen war, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Inzwischen hat eine weitere Expertise die gesundheitsgefährdenden Effekte der Arznei nachgewiesen. WissenschaftlerInnen der “Ischemia Research and Education Foundation„ stellten ein im Vergleich zur Referenz-Gruppe um zwei Drittel höheres Sterblichkeitsrisiko fest; 21 Prozent der mit TRASYLOL behandelten PatientInnen kamen um. Nicht zuletzt dieses Forschungsergebnis hat die FDA veranlasst, das umstrittene Medikament erneut auf den Prüfstand zu stellen. Aber zu einem Verbot konnte sich die Institution nicht durchringen. Sie forderte den Pharma-Riesen lediglich auf, den Beipackzettel um einige Warnhinweise zu ergänzen und zusätzliche Sicherheitsstudien in Auftrag zu geben.

Bekenntnis zu mehr Transparenz
Nachdem der Skandal um verheimlichte Untersuchungsergebnisse zu TRASYLOL aufflog (s. o.), gelobte BAYER Besserung. Der Konzern kündigte mehr Transparenz an und will seine StudienleiterInnen jetzt zu einer besseren Übermittlung der Erkenntnisse anhalten. “BAYER ist zuversichtlich, dass mit den jetzt vorgenommenen Prozess-Verbesserungen derartige Versäumnisse in Zukunft nicht wieder auftreten können„, gab sich das Unternehmen leutselig.

Weniger Krebs durch weniger Hormone
Für BAYER machen typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche einen Pharma-Einsatz der Hormone Estradiol und Drospirenon unausweichlich. Was nach Darstellung des Konzerns “ein ganzheitlich ausgerichteter Therapieansatz, der auf den langfristigen Erhalt der Lebensqualität im Klimakterium zielt„, ist und auf den Namen “Menopause Management„ hört, bezeichnet das arznei-telegramm als “ein riesiges, unkontrolliertes Experiment mit den Frauen„. Oft mit tödlichem Ausgang: Bei vier Millionen Anwenderinnen in der Bundesrepublik schätzt eine Expertise die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle auf 3.000 und die Zahl der Thrombosen auf 7.000. Zudem erhöhen die Hormontherapien das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. MedizinerInnen mussten sogar eine Studie abbrechen, die beabsichtigte, das genauer zu ergründen, weil dieser Zusammenhang schon früh offen zu Tage trat und die ForscherInnen die Frauen nicht länger einer Gesundheitsgefährdung aussetzen wollten. BAYER möchte von dieser “Nebenwirkung„ allerdings nichts wissen, für die es jetzt erneut eindrucksvolle Belege gibt. Gemeinsam mit einem Rückgang der Verordnungen - nahmen im Jahr 1998 noch 16,9 Prozent aller Frauen in den Wechseljahren Hormonpräparate, so waren es 2004 “nur„ noch 10,1 Prozent - sank die Zahl der Brustkrebs-Neuerkrankungen um 10 bis 15 Prozent. “Diese Assoziation ist schon außerordentlich beeindruckcnd„, kommentiert der Lübecker Onkologe Jürgen Dunst. Ob diese auch die “Gynäkologische Fachgesellschaft„ beeindruckt, die in Sachen “Hormone„ bislang wacker zu BAYER & Co. hielt, bleibt abzuwarten.

Neue Sparte “Männergesundheit„
BAYERs Gesundheitsdivision hat die neue Abteilung “Männergesundheit„ eröffnet. Darin fasst der Pharma-Riese das Geschäft mit dem Potenzmittel LEVITRA sowie mit den Testosteron-Präparaten TESTOGEL und NEBIDO zusammen, die sich auch unter SportlerInnen trotz der Nebenwirkung “Krebs„ größerer Beliebtheit erfreuen (siehe SPORT & MEDAILLEN). Wenn es Frauenärzte und die entsprechenden Krankheiten gibt, dann besteht da doch auf der anderen Seite eine Marktlücke, denkt sich der Pharmariese und will sich ein lukratives Geschäftsfeld erschließen, denn “Männergesundheit ist ein Selbstzahlermarkt„, wie die Financial Times Deutschland weiß. Fehlen nur noch die entsprechenden Gesundheitsstörungen, aber die finden sich: BAYER hat bereits “männliche Wechseljahresstörungen„ ausgemacht und hält mit NEBIDO, dessen Name sich nicht zufällig an “Libido„ anlehnt, bereits das passende Produkt parat.

LEVITRA: massive Kombinationswirkungen
Nach US-amerikanischen Studien interagiert BAYERs Potenzmittel LEVITRA massiv mit anderen Medikamenten. Die Kombinationswirkungen mit Antipilzmitteln beispielsweise können zu Bluthochdruck, Augenproblemen und Priapismus, einer schmerzhaften Dauererektion des Penises, führen. Zudem drohen bei Beikonsum von LEVITRA Herzgefäßstörungen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat deshalb eine Reduzierung der Dosis vorgeschrieben, wenn LEVITRA gemeinsam mit bestimmten anderen Pillen geschluckt wird. Zudem hat die Behörde den Leverkusener Multi veranlasst, den Beipackzettel mit neuen Warnhinweisen zu versehen.

USA: Mangelhafte Arznei-Aufsicht
Der LIPOBAY-Skandal mit seinen über 100 Toten und andere Pharma-GAUs haben in den USA Zweifel an der Arbeit der US-Zulassungsbehörde FDA gesät. Die Institution ging in die Offensive und beauftragte das “Institute of Medicine„ mit einer Untersuchung. Die Expertise deckte viele Mängel auf und empfiehlt zahlreiche Veränderungen. So sollte die FDA nach Meinung der VerfasserInnen selbst Medikamenten-Untersuchungen durchführen, statt sich auf die Ergebnisse von BAYER & Co. zu verlassen und die Analyse der vorhandenen Pillen-Daten verbessern. Zudem treten die WissenschaftlerInnen dafür ein, Pharmazeutika auch nach der Zulassung noch zu kontrollieren und neue Arzneien vorsorglich mit Warnhinweisen zu versehen. Von der Industrie verlangten die WissenschaftlerInnen mehr Transparenz und dachten dabei vermutlich auch an den Leverkusener Multi: Der Pharma-Riese hatte der FDA unlängst negative Studienergebnisse zum Produkt TRASYLOL verschwiegen (Ticker 2/07).

Anti-Aging-Mittel GYNODIAN
BAYER macht mit dem Hormonpräparat GYNODIAN Millionen-Umsätze. In letzter Zeit preisen es Websites trotz der Nebenwirkung “Krebs„ auch als Verjüngungsmittel an. “Damit wird viel Schindluder getrieben„, kritisiert Angela Clausen von der Verbraucherzentrale NRW deshalb das exzessive Schlucken von GYNODIAN & Co..

Aus für ASOPRISNIL
BAYER stellt die Entwicklung des Medikamentes ASOPRISNIL ein, für das der Konzern schon einen Umsatz von über 250 Millionen Euro prognostiziert hatte. Die Arznei sollte zur Behandlung von gutartigen Gebärmutter-Geschwülsten dienen, hatte aber bei der klinischen Erprobung selber zu Wucherungen an der Gebärmutterschleimhaut geführt, die operativ entfernt werden mussten.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Chile: Aus für Methamidophos & Co.?
2005 kamen in Chile 19 Menschen durch Pestizide ums Leben; insgesamt 785 Vergiftungen registrierten die Behörden. Für 97 Fälle - mit Abstand die meisten - war der von BAYER unter dem Namen TAMARON vermarktete Pestizid-Wirkstoff Methamidophos verantwortlich. Diese besorgniserregende Lage hat chilenische Abgeordnete veranlasst, einen Antrag zum Verbot von Agrochemikalien der beiden höchsten Gefährlichkeitsklassen 1a und 1b in den Kongress einzubringen. Wenn das chilenische Parlament wirklich ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, würde die Produktpalette, die BAYER in dem südamerikanischen Land gemeinsam mit Geschäftspartnern vertreibt, um Methamidophos (TAMARON), Methamidophos + Cyfluthrin (BAYTHROID), Azinphos Methyl (COTNION), Formetanate HCI (DICARZOL), Methiocarb (MESUROL), und Deltamithrine + Endosulfan (DECISDAN) schrumpfen.

Glyphosate verringert Ernte-Ertrag
Der Pestizid-Wirkstoff Glyphosate, enthalten unter anderem in den BAYER-Mitteln GLYPHOS und USTINEX G, schädigt nicht nur die menschliche Gesundheit, indem er etwa Krebs- und Atemwegserkrankungen auslöst (Ticker 2/07), sondern auch die Ackerflächen. Die Substanz entzieht den Böden die für das Pflanzenwachstum wichtigen Spurenelemente wie Mangan oder Magnesium und sorgt so für Missernten. In Brasilien etwa schrumpfte der Ertrag von Soja-Feldern nach der Glyphosate-Behandlung um 75 Prozent.

GENE & KLONE

BAYER-Raps ist überall
Kaum hat sich die Aufregung um den bis in die Supermärkte vorgedrungenen Genreis LL601 gelegt, da sorgt der Leverkusener Multi für einen neuen Skandal. Die Aufsichtsbehörden entdeckten bei einer Routine-Untersuchung Spuren von BAYERs genmanipulierten Raps-Saaten BASTA und LIBERTY-LINK, die gegen das Herbizid Glufosinat resistent sind, in herkömmlichem Raps-Saatgut des Unternehmens DEUTSCHE SAATVEREDELUNG. Sie ordneten deshalb die Vernichtung der auf einer Fläche von 1.500 Hektar ausgesähten Pflanzen an. Die Verunreinigung weiterer Felder dürfte das allerdings nicht verhindern, weil sich das Saatgut bis zu 15 Jahren im Boden hält und die Pollen kilometerweit fliegen können. Dabei wurde BAYERs erst seit März in der EU zugelassener Gentech-Raps nicht zum ersten Mal auffällig. Auch in Kanada und Australien kontaminierte er bereits andere Saaten.

EFSA: Gen-Soja unbedenklich
BAYER hat bei der EU einen Antrag auf Genehmigung des Importes von Gen-Soja gestellt, das gegen das Herbizid Glufosinat resistent ist. Der wissenschaftliche Beirat der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA hat dazu eine positive Stellungnahme abgegeben, da ihm keine Hinweise auf mögliche Gefahren für Umwelt und menschliche Gesundheit vorlagen, wie es aus Brüssel hieß. Nach den Erfahrungen mit dem “baugleichen„ Gen-Mais von BAYER, der schon drei Monate nach seiner Zulassung auf herkömmliches Mais-Saatgut übergriff (s. o.), liegen diese nun vor. Es fragt sich bloß, ob die ExpertInnen darauf reagieren.

Schädigungen durch Gen-Mais
WissenschaftlerInnen haben in der Vergangenheit schon mehrfach die gesundheitsgefährdende Wirkung von Genpflanzen belegt. Einen neuerlichen Tierversuch, bei denen Genmais Leber und Nieren von Ratten schädigte, hätten die ForscherInnen vom “Committee for Independent Research and Genetic Engineering„ sich also sparen können.

Brasilien: umstrittener Gen-Mais
Ein brasilianischer Bundesrichter hat die erst vor kurzem erfolgte Genehmigung von BAYERs Gen-Mais mit eingebauter Resistenz gegen das Herbizid LIBERTY wieder aufgehoben (siehe auch Ticker 2/07). Als Begründung gab er die Schutzbedürftigkeit einheimischer Sorten an. Das letzte Wort über den LL-Mais dürften die Gerichte aber noch nicht gesprochen haben.

Gen-Baumwolle nach Südafrika?
BAYER hat in Südafrika eine Import-Zulassung für eine gen-manipulierte Baumwoll-Art beantragt, die eine eingebaute Resistenz gegenüber dem Herbizid LIBERTY besitzt. Das AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY hat sich in einem umfangreichen Gutachten gegen eine Genehmigung ausgesprochen. Die WissenschaftlerInnen befürchten negative Folgen für die kleinen BaumwollfarmerInnen, warnen vor Einkreuzungen in konventionelle Sorten und der unkontrollierten Verbreitung des Antibiotikaresistenz-Genes. Zudem weisen die ForscherInnen auf den im Vergleich zu herkömmlicher Baumwolle höheren Gehalt von gesundheitsschädlichem Gossypol und auf den niedrigeren Gehalt von Vitamin E hin, was einen Einsatz als Tierfutter erschwert.

Kein Genreis auf den Philippinen?
GREENPEACE hat auf den Philippinen Einspruch gegen die Zulassung von BAYERs LL62-Genreis erhoben, der in Tateinheit mit der Sorte LL601 einen der größten Gen-GAUs der jüngeren Geschichte ausgelöst hatte. Wegen der von dem Labor-Reis ausgehenden Gefahren für die Umwelt, die Gesundheit, die Biodiversität und die konventionelle Landwirtschaft stellte die Umweltorganisation den Antrag auf ein Moratorium, dem das Gericht auch stattgab. Endgültig ist der Genreis in dem Land damit aber noch nicht vom Tisch.

Kooperation mit MONSANTO
BAYER, MONSANTO, SYNGENTA und einige andere Anbieter beherrschen den Markt für Gentech-Pflanzen. Die Auswahl ist dementsprechend überschaubar, und die Schadinsekten beginnen sich langsam an die Ackerfrüchte mit MONSANTOS Bt-Gift bzw. die Kombipacks mit dem Herbizid Glyphosate oder BAYERs LIBERTY zu gewöhnen. Wohl nicht zuletzt deshalb haben BAYER und MONSANTO einen umfangreichen Technologie-Transfer vereinbart. Der US-amerikanische Agro-Riese darf künftig zum Beispiel BAYERs LL-Resistenzen zusätzlich zum Bt- oder Glyphosate-Gen in seine Raps- oder Soja-Kreationen einbauen und der Leverkusener Multi im Gegenzug auf MONSANTO-Entwicklungen zurückgreifen. So will das Oligopol die Risiken und Nebenwirkungen des Oligopols in Grenzen halten, ob's hilft?

Neue Arzneimittelverordnung der EU
Die EU hat eine Verordnung zu neuartigen Arznei-Therapien verabschiedet. Gentechnik-KritikerInnen wie die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer befürchteten im Vorfeld, die neue Regelung könne das bundesdeutsche Stammzellgesetz unterlaufen, das - noch - die Nutzung von nach dem 1.1.2002 gewonnenen Zelllinien verbietet. Diese Ängste erwiesen sich vorerst als unbegründet, da das Paragraphen-Werk den Mitgliedsländern die Entscheidung über die Gewinnung von menschlichen Stammzellen zu medizinischen Zwecken überlässt. BAYER & Co. waren mit dem Abstimmungsergebnis dennoch zufrieden, da es die Grundlage für ein EU-weites Zulassungsverfahren für Gentherapie, Zelltherapie und Gewebezüchtung legt, dessen ethische Standards sich nicht auf dem höchsten Niveau einpendeln dürften. Industriekommissar Günter Verheugen zeigte sich aus gleichen Motiven ebenfalls erfreut. “Die heutige Abstimmung im Parlament ebnet den Weg für eine baldige Verabschiedung der dringend notwendigen Verordnung, die von Patienten und Industrie mit Ungeduld erwartet wird„, so der SPD-Politiker.

Indikationserweiterung für CAMPATH?
Bisher durften MedizinerInnen das von BAYER und GENZYME gemeinsam entwickelte Gentech-Medikament CAMPATH bei der chronisch-lymphatischen Leukämie nur einsetzen, wenn die PatientInnen bereits mit anderen Arzneien vorbehandelt waren oder eine Therapie mit Fludarabin nicht den gewünschten Erfolg erbracht hatte. Jetzt hat der Pharmariese aber eine Zulassung auch für den Ersteinsatz beantragt.

PFLANZEN & SAATEN

BAYER-Tochter übernimmt SEEDEX
Die BAYER-Tochter NUNHEMS hat sich darauf spezializiert, mittels biotechnologischer Methoden im Erbgut von Gemüse nach besonderen Eigenschaften zu fahnden und auf Basis der Funde neue Sorten zu züchten (siehe auch Ticker 2/07). Jetzt hat die Firma den südkoreanischen Saatgut-Anbieter SEEDEX übernommen. Als “Akquisition eines hervorragenden Genpools für Peperoni und Kohl„ bezeichnete der Leverkusener Konzern den Deal, mit dem das Unternehmen seinen Status als Saatgut-Mogul weiter ausbaut.

Reis-Geschäfte mit Diktatoren
BAYER hat in der Vergangenheit nicht davor zurückgeschreckt, Geschäfte mit dem südafrikanischen Apartheidsregime oder Militärdiktaturen in Südamerika zu machen. Deshalb gehört der Leverkusener Chemie-Multi jetzt zu den wenigen Global Playern, die in dem von Generälen regierten Burma noch wirtschaftliche Aktivitäten entfalten. Während die auch nicht gerade zimperlichen Konzerne REEBOK und PEPSI COLA das Land bereits verlassen haben, hat der Agro-Riese es als Absatzmarkt für eine spezielle Reis-Art auserkoren. Im Moment führt der Saaten-Mogul gerade einen Test mit einer hybriden, also sterilen und nicht zur Wiederaussaat bestimmten Sorte durch. BAYER-Manager Harald Printz will die Militärdiktatur damit in die Lage versetzen, auf dem Reis-Markt mit Thailand zu konkurrieren. “Ich weiß nicht, wann der Staat sich öffnen wird. Aber wir sind darauf vorbereitet. Wenn es 20 Jahre dauert, dauert es eben 20 Jahre. Wir haben eine längerfristige Perspektive. Wir glauben, wenn wir Jahr für Jahr weitermachen, haben wir später eine gute Marktposition„, erläutert er die Geschäftspolitik des Unternehmens. Diese hat sogar die bekannte indische Aktivistin Vandana Shiva auf den Plan gerufen. Das Beispiel in ihrem Heimatland vor Augen, warnte sie: “Die multinationalen Konzerne haben den ganzen Sektor für landwirtschaftliche Bedarfsgüter wie Samen und Agrochemikalien übernommen. Wenn diese Unternehmen teure Samen und Pestizide auf den Markt drücken, dann verkaufen sie das auf Kredit-Basis, und diese Kredite können die kleinen LandwirtInnen nicht zurückzahlen. Die Erfahrung, die Indien machen musste, ist ein Zeichen dafür, was Burma vielleicht bevorsteht„, so Shiva. Sie übte auch konkret Kritik an dem Hyprid-Reis, weil er steril ist und die FarmerInnen ihn deshalb nicht jedes Jahr wieder neu aussäen können. Zudem sei er anfälliger für Pflanzenkrankheiten und stelle einen Angriff auf das traditionelle landwirtschaftliche Wissen um die Artenvielfalt des Reises dar. Shiva machte sogar eine Wahlverwandtschaft zwischen BAYER und Burma aus. “Diese Agro- und Biotech-Riesen errichten eine Diktatur. Sie verwandeln sogar Demokratien in Diktaturen. Sie sollten definitiv nicht in Burma sein - sie sollten nirgendwo sein. Sie sollten auch nicht in demokratischen Gesellschaften sein, weil sie freie Gesellschaften wie Indien in eine Diktatur verwandeln, wo nicht mehr die Landwirte selbst, sondern nur die Agro- und Saatgut-Multis entscheiden.„ Aber gerade unter den Bedingungen einer autoritären Regierung fällt es schwer, sich gegen den Wirtschaftsimperialismus der Global Player zur Wehr zu setzen. “Es ist gefährlich, etwas Öffentliches wie eine Demonstration zu machen. Wir müssen eine gute Strategie gegen BAYER haben„, sagt etwa Achmad Yakub von der internationalen Kleinbauern-Organisation VIA CAMPESINA. Er hofft durch Graswurzel-Aktivitäten wie kleine Boykotts etwas erreichen zu können und hat einen flammenden Appell an BAYER gerichtet, sich aus dem Land zurückzuziehen.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

PCBs schädigen das Immunsystem
Polychlorierte Biphenyle (PCB) bauen sich nur sehr langsam ab. Obwohl bereits 1985 verboten, findet sich die gefährliche Industriechemikalie, zu deren Hauptanbietern BAYER zählte, deshalb immer noch in der Umwelt. Besonders Fische weisen einen hohen PCB-Gehalt auf. In die Nahrungskette gelangt, kann die Substanz Gesundheitsstörungen auslösen. So beobachtete eine dänische ForscherInnen-Gruppe um den Mediziner Carsten Heilmann bei Kindern von den Färöer-Inseln, wo Meerestiere ein Grundnahrungsmittel darstellen und die PCB-Werte im Blut um das Zehnfache über dem nordeuropäischen Normalwert liegen, eine Schwächung des Immunsystems, die den Erfolg von Schutzimpfungen gegen Tetanus oder andere Krankheiten gefährdet.

PCBs und Pestizide in Kinderblut
Das Umweltbundesamt untersuchte Blut und Urin von 1.790 Kindern auf Giftstoffe und wurde bei allen fündig. Die bereits 1985 verbotenen Polychlorierten Biphenyle (PCB), zu deren größten Produzenten BAYER gehörte, fanden sich flächendeckend in den Proben. UBA-Präsident Andreas Troge nahm diesen traurigen Befund zum Anlass, ein eindringliches Plädoyer für einen vorbeugenden Gesundheitsschutz zu halten, denn “der Bremsweg ist kolossal lang„. Auch Pestizide tummelten sich nicht zu knapp in den Körpern der Kleinen. Troge vermutet hier vor allem mit Agrochemikalien vergiftete Fruchtsäfte als Ursache.

WASSER, BODEN & LUFT

CO2-Ausstoß erhöht
Mit der anziehenden Konjunktur zieht auch der klima-schädigende Kohlendioxid-Ausstoß an. Das “Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung„ rechnet mit einer Erhöhung von einem Prozent für das Jahr 2007 und nennt als Hauptverantwortliche an erster Stelle die Chemie-Branche. Also dürften auch BAYERs CO2-Emissionen die zuletzt ausgewiesenen 7,5 Millionen Tonnen übersteigen.

Viel Restmüll
BAYER ist nach Selbstauskunft “Feuer und Flamme für schwierige Abfälle„. Allein an den bundesdeutschen Standorten betreibt der Konzern sechs Verbrennungsanlagen und hat aus der “Entsorgung„ ein lukratives Geschäftsfeld gemacht, auch wenn ihm jüngst ein Deal mit australischem Giftmüll durch die Lappen ging (AKTION & KRITIK). Dabei schlucken allein die beiden Öfen in Leverkusen-Bürrig jährlich 360.000 Tonnen Abfall. Für die Umwelt soll das alles kein Problem sein. “Problematische Stoffe werden durch nahezu vollständige Oxidation zerstört„, meint der Leverkusener Multi, und das bisschen Kohlenmonoxid, Schmutzwasser, Asche und Schlacke fällt nicht weiter ins Gewicht. UmweltaktivistInnen machen allerdings eine andere Rechnung auf. Demnach fällt pro Tonne Restmüll 250 Kilogramm Schlacke und 30 Kilogramm Filterstaub aus der Rauchgasreinigung an.

STANDORTE & PRODUKTION

Neue Kunststoff-Anlage
BAYER plant den Bau einer neuen Anlage zur Herstellung von Polymerpolyole-Kunststoffen, einem Vorprodukt für Weichschäume. Ob der Konzern die Fertigungsstätte in Dormagen oder Antwerpen errichten wird, hat er noch nicht entschieden. Wie bereits seit einigen Jahren üblich, spielt der Leverkusener Multi in Frage kommende Standorte gegeneinander aus und initiiert einen Unterbietungswettbewerb für die neue Fertigungsstätte, die angeblich mit 25 Prozent weniger Energie auskommen und dank verbesserter Technologien auch den Anteil der gesundheitsgefährdenden leicht flüchtigen Verbindungen im Endprodukt senken soll.

BAYER VITAL zieht um
Die neben BAYER/SCHERING zweite Gesundheitssparte des Global Players, BAYER VITAL, will im Jahr 2009 ein neues sechsstöckiges Verwaltungsgebäude beziehen, das im Leverkusener Chemiepark an der Stelle des alten AGFA-Hauses entsteht. Die Modalitäten geben einen Einblick in die komplizierten Verhältnisse innerhalb der BAYER-Holding, in der jede Teilgesellschaft selbstständig agiert. Bauherr des Bürokomplexes ist nämlich die BAYER AG, welche die Immobilie an BAYER VITAL und andere Interessenten weitervermietet.

Darmstädter gewinnen Architektur-Preis
Der Schrumpfungsprozess BAYERs hat über die Jahre auf dem Leverkusener Werksgelände ziemliche Lücken entstehen lassen, die auch die Anwerbung von Fremdfirmen im Rahmen des Chemiepark-Konzeptes nicht hat füllen können. Deshalb hat der Konzern eine preiswerte Lösung der Probleme initiiert, die ihm überdies die Planungshoheit gewährt. Er hat seine Beziehungen zur BDI-Unterabteilung “Kulturkreis der deutschen Wirtschaft„ spielen lassen und einen mit 10.000 Euro dotierten Architekturpreis für das Projekt “Leverkusen: vom BAYER-Werk zum Chemiepark„ ausgeschrieben. Im Mai 2007 gab der Multi die Gewinner bekannt. Den ersten Preis errangen die beiden Darmstädter Architekturstudenten Gael Hémon und Guillaume Tripoteau mit ihrem Projekt “Cubiquitol 27mg„.

Mehr Pestizide aus Köln-Hürth
Das BAYER-Werk am Standort Köln-Hürth weitet die Pestizid-Produktion um 50 Prozent aus.

IMPERIUM & WELTMARKT

Aus für Kunststoff-Gemeinschaftsunternehmen
BAYER hat 1998 gemeinsam mit GENERAL ELECTRIC das Unternehmen EXATEC gegründet, um Autoscheiben aus Kunststoff zu produzieren. Jetzt kündigte der Konzern den Ausstieg aus dem Joint Venture an, das 45 MitarbeiterInnen beschäftigte.

Erkältungsmittel-Deal mit TOPSUN
BAYER hat das Geschäft mit Erkältungsmitteln inklusive des Produktionsstandortes Gaitianli in Qidong vom chinesischen Pharma-Unternehmen TOPSUN übernommen und erwartet insbesonders durch das populäre Produkt WHITE & BLACK eine Stärkung seiner Position im wachsenden Landesmarkt für verschreibungsfreie Arzneien.

BAYER-Tochter übernimmt SEEDEX
Die BAYER-Tochter NUNHEMS hat den südkoreanischen Saatgut-Anbieter SEEDEX übernommen (siehe auch PFLANZEN & SAATEN).

Konkurrenz aus dem Nahen Osten
Ölförderländer wie Saudi Arabien, Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate versuchen zunehmend, den wertvollen Rohstoff selbst weiterzuverarbeiten und so ihren Anteil an der Wertschöpfungskette zu erhöhen. Die im Golfkooperationsrat zusammengeschlossenen Staaten wollen bis 2015 ca. 500 Milliarden Dollar in den Ausbau von Förderanlagen und den Aufbau von Chemie-Werken investieren. Damit dürfte für BAYER & Co. eine ernsthafte Konkurrenz erwachsen. Schon jetzt nimmt der saudische Konzern SABIC in der Rangliste der weltgrößten Plaste & Elaste-Unternehmen den sechsten Rang ein.

Global Player Nr. 74: BAYER
Auf der Rangliste der weltweit umsatzkräftigsten Unternehmen verbesserte sich BAYER im Geschäftsjahr 2006 von Platz 75 auf Platz 74. Am heimischen Standort ist der Konzern die Nr. 11.

ÖKONOMIE & PROFIT

Übernahmegerüchte
Mitte August machten Gerüchte die Runde, NOVARTIS habe BAYER als Opfer einer feindlichen Übernahme auserkoren. In der Folge der Spekulationen stieg der Aktienkurs des Leverkusener Multis binnen kurzem um 10 Prozent. Obwohl der Konzern Aufkauf-Gefahren Ernst nimmt und erst jüngst bei einer Investmentbank die Erarbeitung einer Abwehrstrategie in Auftrag gegeben hat, hielten die meisten BeobachterInnen einen solchen Coup von NOVARTIS für eher unwahrscheinlich. Und bisher hat das Schweizer Unternehmen auch noch keine Fakten geschaffen. Warum denn also so viel Rauch um nichts? Die Faz hat dafür zwei Erklärungen: Entweder hat Agro-Riese das Gerücht selbst in die Welt gesetzt, um seinen Börsenwert zu erhöhen, oder aber NOVARTIS lancierte es mit dem Ziel, von anderweitigen Übernahmeplänen abzulenken.

Bye-Bye Wall Street
Mit großem Brimborium hat der Leverkusener Multi im Jahr 2001 die Notierung der BAYER-Aktie an der New Yorker Börse gefeiert. Nun hat der Konzern kleinlaut seinen Abschied von der Wall Street verkündet, was vorher bereits andere bundesdeutsche DAX-Unternehmen wie BASF getan haben. Zu geringes Handelsvolumen, zu hoher finanzieller Aufwand, gab der Pharma-Riese zur Begründung an. BAYER hat vor allem das nach dem ENRON-Skandal eingeführte “Sarbanes-Oxley-Gesetz" zu schaffen gemacht, das für mehr Transparenz sorgen sollte: Die strengen Auflagen zur Informationspflicht drohten immer das eine oder andere schmutzige Geschäf

[Ticker] STICHWORT BAYER 02/2007 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Mehr Kinderarbeit?
In der letzten Pflanzsaison arbeiteten 50-100 Jungen und Mädchen auf den Feldern der Zulieferer von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO. In der nächsten Aussaat-Perioden könnten es noch mehr werden, denn PROAGRO hat die Zahl der Anbauflächen erhöht. Darüber hinaus hat das Unternehmen neue Kooperationspartner wie die Saatgut-Firma RAASI, auf deren Anbauflächen es keine Kontrollen durchführt. Die Forderungen der KritikerInnen, die Abnahmepreise für das Saatgut anzuheben, um den Vertragspartnern zu erlauben, auch Erwachsene einzustellen, hat die Tochtergesellschaft des Leverkusener Multis nicht erfüllt. Stattdessen startete sie ein Programm zur Erhöhung der Produktivität, das allerdings kaum für die benötigten Mehreinnahmen sorgen dürfte.

Reis-AnbauerInnen für Freisetzungsstopp
BAYERs offiziell noch gar nicht zugelassene Genreis-Varietäten LL601, LL604 und LL62 sorgen durch Einkreuzungen für einen immer größeren Flurschaden in konventionell oder ökologisch angebauten Sorten (siehe GENE & KLONE). Darum haben die kalifornischen Reis-AnbauerInnen jetzt ein Ende der Freisetzungsversuche mit der Getreideart gefordert.

Trauermarsch der ImkerInnen
Noch immer lässt BAYERs Pestizid GAUCHO zahllose Bienenvölker dahinraffen. Aus diesem Grund haben sich am 21. April 2007 BienenzüchterInnen und UmweltschützerInnen auf einen Trauermarsch für Bienen zum Brüsseler Hauptquartier des Leverkusener Multis begeben und ein Verbot des Mittels gefordert, wie es Frankreich für einige Anwendungsbereiche schon vor Jahren erlassen hat.

ImkerInnen schreiben Verbraucherschutzamt
Das BAYER-Pestizid GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid brachte Millionen Bienen den Tod, weshalb Frankreich im Jahr 2004 die Ausbringung auf Sonnenblumen- und Maisfeldern untersagte. Jetzt kommt eine weitere Bedrohung auf die Tiere zu: das BAYER-Insektizid ELADO mit dem Wirkstoff Clothianidin. Das in der Bundesrepublik seit letztem Jahr zugelassene Mittel ist ebenso bienengefährlich wie GAUCHO. Trotzdem hatten die bundesdeutschen Behörden bei ihrer Genehmigung weit weniger Bedenken als beispielsweise ihre KollegInnen in Kanada. Aus Protest gegen dieses Vorgehen schrieb der Berufs- und Erwerbimkerbund einen Offenen Brief an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Er schließt mit der Forderung, ELADO und ein weiteres für Bienen gefährliches Ackergift zurückzurufen.

Widerstand gegen Pestizid-Ausbringungen
Die massive Ausweitung des Soja-Anbaus in Südamerika führt zu einer entsprechenden Ausweitung der Pestizid-Ausbringung - und zu einer Ausweitung der Gesundheitsschädigungen. Seit dem Soja-Boom der späten 90er Jahre steigen in den Dörfern nahe der Felder die Fälle von Krebs und anderen Krankheiten massiv an. Viele Wirkstoffe, die auch in BAYER-Mitteln enthalten sind, haben daran einen Anteil, so etwa Glyphosate (GLYPHOS, USTINEX G), Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID und RIDDER), Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN), Methamidophos (TAMARON) und Monocrotophos (BILPHOS). Eine zusätzliche Gefahr stellen die achtlos entsorgten Giftfässer dar. Aber die Betroffenen setzen sich zur Wehr. So haben sich etwa im argentinischen Ituzaingó Frauen zu den „Mothers of Ituzaingó“ zusammengeschlossen. Die Initiative schrieb zahlreiche Petitionen an die Regierung und forderte Untersuchungen ein. Im Jahr 2004 kam schließlich endlich eine Gruppe von Fachleuten in die Ortschaft - und erklärte das Dorf sogleich für unbewohnbar. Das Gesundheitsministerium akzeptierte das Urteil der ExpertInnen aber nicht und verbot den AktivistInnen bis auf weiteres jeglichen Kontakt mit den WissenschaftlerInnen. Daraufhin zogen die Mütter von Itazaingó protestierend und „Wir haben Krebs“ skandierend auf die Straße und erreichten den Aufbau eines kleinen Gesundheitszentrums. Inzwischen hat ihr Beispiel Schule gemacht. Im Bundesstaat Córdob gründeten Betroffene aus anderen Gemeinden die Dachorganisation PEOPLE‘S ASSEMBLY OF SPRAYED AND EXPELLED COMUNITIES.

Pestizid-Kampagne: 2.600 Unterschriften
Seit Jahren appelliert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an den Leverkusener Multi, das im Geschäftsbericht des Jahres 1995 gegebene Versprechen einzulösen, Pestizide der höchsten Gefahrenklassen vom Markt zu nehmen, die vor allem in den Ländern der „Dritten Welt“ verheerenden Schaden anrichten. Auch andere Gruppen vertreten diese Forderung. So schrieb das EINE WELT NETZ NRW in dieser Sache einen Offenen Brief an den Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning, den die CBG und 159 weitere Organisationen sowie über 2.000 Einzelpersonen unterzeichneten.

CBG im Landtag
Seiner Kritik an dem geplanten Export australischen Giftmülls zu den Verbrennungsöfen BAYERs und anderer Entsorger lässt der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhart Uhlenberg keine Taten folgen. Juristisch seien ihm die Hände gebunden, erklärt er bei jeder passenden Gelegenheit. Auf einer von den Grünen im Landtag einberufenen Pressekonferenz haben Vertreter von BUND und COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN dem CDU-Mann am 2. Mai ein wenig Rechtshilfe gewährt und ihm einen politischen Weg zur Annahme-Verweigerung der Chemie-Fracht aufgezeigt. Ein paar Wochen hat Uhlenberg diesen auch eingeschlagen. Er hat ein Rechtsgutachten zu den Möglichkeiten eines Importstopps in Auftrag gegeben.

Boykott-Initiative in Frankreich
Auch in Frankreich hat BAYER nicht den allerbesten Ruf. So erreichte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) das Schreiben einer Angestellten eines Telekommunikationsunternehmens, die eine Initiative zum Boykott des Leverkusener Multis gestartet hat. Sie erstellt nun im Auftrag der Geschäftsleitung ein kleines „Schwarzbuch BAYER“ und fand dafür viele Informationen auf der CBG-Homepage. „Ich möchte mich bei Ihnen für ihre Website bedanken, die mir enorm viel Material geliefert hat“, mailte sie deshalb der Coordination.

Diskussion zur BAYER-Pipeline
Der Leverkusener Chemie-Multi Bayer plant zwischen seinen Standorten Dormagen und Krefeld eine fast 70 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Pipeline. Nach einem vom Kreis Mettmann in Auftrag gegebenen Gutachten wäre bei einem Vollbruch der Leitung das Leben von 143.000 Menschen gefährdet (siehe SWB 2/07). Entsprechend groß ist überall die Besorgnis - und das Engagement gegen das Projekt. In Monheim luden die Grünen zu einer Diskussion über die Gift-Röhre, an der auch Philipp Mimkes als Geschäftsführer der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN teilnahm.

Demo zur BAYER-Pipeline
Am 16. Juni führten GegnerInnen der geplanten BAYER-Pipeline in Hilden eine Demonstration durch und übergaben am Rathaus eine Unterschriftenliste, die 8.000 Menschen unterzeichnet hatten.

Demo in Leverkusen
Zur Realisierung der sich im Zuge der SCHERING-Übernahme ergebenden „Synergie-Effekte“ will BAYER am Standort Wuppertal 160 Arbeitsplätze vernichten. Es gab sogar Gerüchte über eine komplette Schließung, die der Leverkusener Multi allerdings dementierte. Am 27. Februar demonstrierten 250 Beschäftigte vor der Konzernzentrale gegen die Pläne des Unternehmens. „Nach drei abgeschlossenen Umstrukturierungsmaßnahmen mit erheblichen Einschnitten sind wir ein ‚ranker, schlanker, innovativer und effizienter‘ Entwicklungsstandort“, bekundeten die Beschäftigten und forderten ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen sowie eine Verlängerung der Standortsicherungsvereinbarung.

Warnstreiks in Siena
Auch im italienischen Siena bedroht BAYERs SCHERING-Übernahme viele Arbeitsplätze: Der Leverkusener Multi plant dort im Zuge der Umstrukturierung den BAYER-BIOLOGICALS-Standort zu schließen. Die Beschäftigten protestierten mit mehreren Warnstreiks gegen das Vorhaben.

BAYER alaaf!
Die politische Tradition des Karnevals lebt noch fort. Deshalb kam BAYER beim diesjährigen Kölner Straßenumzug auch nicht ungeschoren davon. Ein Wagen stellte den Arbeitsplatzabbau in der Region als „Fluch der Karibik“ dar. Die Bosse von BAYER, GERLING und der ALLIANZ firmierten dabei als Seeräuber, die sich der Originale Tünnes und Schäl kurzerhand über die „Abfindungsplanke“ entledigen und dann ihre Raubzüge fortsetzten.

Rachel Carson: Bedenkliches Gedenken
Mit ihrem „Der stumme Frühling“ betitelten Buch über die von Pestiziden ausgehenden Gefahren wurde die US-amerikanische Wissenschaftlerin Rachel Carson 1962 zu einer Mitbegründerin der Umweltbewegung. Al Gore verglich die Wirkung des Werkes jüngst mit „Onkel Toms Hütte“. Und ebenso vehement wie einst die Südstaaten gegen die Sklavenbefreiung wütete die Agro-Industrie gegen die Autorin. MONSANTO und andere Konzerne finanzierten sogar eine Kampagne gegen sie. „Wenn man den Lehren des Fräulein Carson folgen würde, würden wir ins Mittelalter zurückkehren, und Insekten und Seuchen und Ungeziefer würden wieder über die Welt herrschen“, hetzten die Unternehmen damals. Die das Andenken der 1964 verstorbenen Umweltaktivistin pflegende „Rachel Carson Association“ hat heute allerdings ihren Frieden mit den Chemie-Giganten gemacht. Aus Anlass des 100. Geburtstages von Rachel Carson hat die Vereinigung ausgerechnet den Leverkusener Chemie-Multi BAYER für sein Umweltengagement ausgezeichnet - vielleicht als Dankeschön für seine umfangreichen Spenden an die Organisation. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN nahm das zum Anlass, einen Offenen Brief an die Assoziation zu schreiben, der auf einige Resonanz stieß und zu weiteren Protesten gegen den industrie-freundlichen Kurs der „Rachel Carson Association“ führte.

Kritik an Bisphenol A wächst
In den USA und Kanada wächst die Kritik an der Chemikalie Bisphenol A, zu deren größten Herstellern BAYER zählt, da sie zu massiven Gesundheitsschäden führen kann. Die in Alltagsgegenständen wie Mineralwasser- und Babyflaschen und Konservendosen enthaltene Substanz wirkt nämlich hormon-ähnlich und stört so die Entwicklung des Gehirns, Stoffwechselprozesse sowie die Fortpflanzungsfähigkeit. Im März 2007 hat es deshalb in den USA erstmals eine Sammelklage gegen die Hersteller von Babyflaschen gegeben. Der Mediziner Dr. Frederick vom Saal sieht auf BAYER & Co. schon genau solch folgenschwere Schadensersatz-Prozesse zukommen wie auf die Tabak-Konzerne. In das kanadische Parlament hat derweil der liberale Politiker Francis Scarpaleggia einen Verbotsantrag eingebracht. Er stützt ihn auf mehr als 150 unabhängige Studien zu den von Bisphenol A ausgehenden Gefahren, die freilich zu ganz anderen Ergebnissen kommen als die von den Unternehmen finanzierten. „Nicht eine der 12 von der Chemie-Industrie geförderten Studien hat diese Resultate erbracht“, empört sich der Abgeordnete. „Die Menschen sind Bisphenol A nur in ganz geringen Dosen ausgesetzt, die weit unter den Grenzwerten liegen“, verharmlost etwa Steven Hentges vom Industrie-Verband „American Plastics Council“, dem auch der Leverkusener Multi angehört, die Risiken und Nebenwirkungen der chemischen Keule.

Dialog mit dem BUND
Mit dem „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ hat der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg eine umweltpolitische Nebenregierung mit vielen Konzern-VertreterInnen etabliert. Den Arbeitskreis „Gewässerschutz“ leitet beispielsweise der BAYER-Mann Frank Andreas Schendel. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen kritisierten in der Vergangenheit die fehlende demokratische Legitimation des Gremiums im Allgemeinen und den Ausschluss von Umweltgruppen im Besonderen. Wohl nicht zuletzt deshalb duldeten die Wirtschafts-MonologistInnen bei einem Treffen zum Thema „Luftreinhaltung“ einen Vertreter des BUNDES FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND als Zaungast. Die CBG muss aber immer noch draußen bleiben.

Deccan Herald erbittet Informationen
Die in Millionen-Auflage erscheinende indische Zeitung Deccan Herald wandte sich mit der Bitte um Informationen zu Störfällen bei BAYER an die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG). Geschäftsführer Philipp Mimkes sandte den RedakteurInnen reichhaltiges Material zu. Diese nutzten es, um zum Jahrestag der Bhopal-Katastrophe auf die nach wie vor bestehenden Gefahren durch die Chemie-Produktion aufmerksam zu machen.

KAPITAL & ARBEIT

BIS: Mehr Arbeit, weniger Lohn
Fünf Monate dauerten die Verhandlungen um den neuen Service-Tarifvertrag für die MitarbeiterInnen von BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) und BAYER BUSINESS SERVICES (BBS). Mit allen Mitteln versuchte der Konzern massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Ende April 2007 zog er sogar seine Zustimmung zu einem Abschluss wieder zurück, um der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) noch mehr Zugeständnisse abzutrotzen. Diese fielen dann auch nicht zu knapp aus. Im Rahmen der „Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung“ erhöht sich die Wochenarbeitszeit für die BISlerInnen von 37,5 auf 40 Stunden, was eine Gehaltseinbuße von 6,7 Prozent bedeutet. In den kommenden vier Jahren müssen 40 Prozent der Belegschaft zudem weitere 8,3 Prozent ihres Lohnes opfern, indem sie auf Tariferhöhungen - und wenn das nicht reicht - sogar zusätzlich auf ihr Weihnachtsgeld verzichten. Für zusätzliche Verluste sorgt ein neues Entgeltsystem. Zudem gründet BAYER für die „Technischen Dienste“ eine Tochtergesellschaft, welches der erste Schritt zu einer Ausgliederung sein könnte. Vorerst mochte ihn der Leverkusener Multi nicht gehen, dafür und für die Zusicherung, bis Ende 2008 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, nahm die IG BCE die Lohndrückereien in Kauf. Die BBS-Beschäftigten kamen etwas besser weg, sie arbeiten in Zukunft „nur“ für 3,3 Prozent weniger Geld und brauchen bis Ende 2009 keine betriebsbedingten Kündigungen zu fürchten. Trotz dieser Streichorgie gibt sich der Leverkusener Multi nicht zufrieden. 52 Millionen Euro Kosten will er im Service-Bereich noch einsparen. Bei BIS und BBS dürfte also noch keine Ruhe einkehren.

Wenning verdient 2,65 Millionen
Das Gehalt des BAYER-Chefs Werner Wenning belief sich im Geschäftsjahr 2006 auf schlappe 2,65 Millionen Euro.

105 Entlassungen in England
BAYER CROPSCIENCE hat ein Werk im englischen Widnes dichtgemacht und damit 105 Arbeitsplätze vernichtet. Als Grund führte der Direktor die gesunkene Nachfrage nach einem für andere Chemie-Firmen hergestellten Fungizid-Wirkstoff an. Die Produktion eines Pestizides für den Zuckerrüben-Anbau verlegte der Agro-Riese derweil nach Indien.

Billige MitarbeiterInnen-Ideen
Der Leverkusener Multi bedient sich recht unverschämt am Wissenspool seiner MitarbeiterInnen. Die 8.816 Verbesserungsvorschläge aus deren Reihen sparten dem Konzern allein im ersten Jahr ihrer Realisierung Kosten in Höhe von 6,4 Millionen Euro ein - an Prämien für die Ideen schüttete BAYER jedoch nur 2,1 Millionen Euro aus.

Vorerst keine Europa AG
Die BASF hat im Februar 2007 die Rechtsform einer europäischen Aktiengesellschaft (SE) angenommen und strebt auf diesem Weg die Reduzierung des Aufsichtsrates auf nur noch 12 statt bisher 20 Mitglieder an. BAYER will dem Unternehmen vorerst nicht nacheifern. „Wir verfolgen jedoch aufmerksam die Entwicklung“, hieß es aus der Konzern-Zentrale.

Deutschlands bester „Co-Manager“
„Heute kämpft er für die Kohle, morgen für die Kernenergie. Drohen neue Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen, stellt er sich schützend vor die Pharma-Industrie. Plant die EU-Kommission ein neues Gesetz für Registrierung, Evaluierung, und Autorisierung von Chemikalien (REACH), hält er, gemeinsam mit den Chemiekonzernen, in Brüssel dagegen. Sollten die Emissionsrechte der Energieversorger gekürzt werden, interveniert er beim Bundesumweltminister“, - wen mag die Faz da porträtiert haben, einen allgegenwärtigen Industrie-Lobbyisten etwa? Nein, die Zeitung beschrieb nur den Arbeitsalltag vom Vorsitzenden der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE, Hubertus Schmoldt.

Co-Management kostet Mitglieder
Der Schmusekurs der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (s. o.) führt zu Mitgliederverlusten. So trat die BAYER-Betriebsrätin Heike Bär, die innerhalb der Gewerkschaft für die BASIS-Gruppe aktiv war, aus der IG BCE aus. Zur Begründung ihres Schrittes sagte sie in der Rheinischen Post: „Ich bin nach 27 Jahren aktiver Gewerkschaftsarbeit aus der IG BCE ausgetreten. Mir war das zu viel Kungelei, zu wenig Mitbestimmung für die Mitglieder. Meinungen wurden da nicht abgefragt, sondern jeder vor vollendete Tatsachen gestellt. Wenn man sich kritisch äußerte, kam das nicht gut an. Mir ist das aber zu wenig, nur sozialverträglichen Personalabbau durchzusetzen, da fehlt mir das Kämpferische. Als wir auf Flugblättern über die neuen Servicetarifverträge unterrichtet worden sind, sind wir zu mehreren Kollegen geschlossen ausgetreten.“

ERSTE & DRITTE WELT

Versuchsfeld Costa Rica
Die Gewinnung von Saatgut für Nutzpflanzen ist eine aufwändige Prozedur, da die Kreuzungen per Hand erfolgen - oft per Kinderhand, wie bei den Zulieferern der BAYER-Tochter PROAGRO in Indien (Ticker berichtete mehrfach). Die Erzeugung von Saatgut für seine transgene Soja-Sorte LIBERTYLINK mit der eingebauten Resistenz gegenüber dem Pestizid BASTA hat der Leverkusener Multi nach Costa Rica ausgelagert, denn da stören keine lästigen Gentechnik-Gesetze und Kontrollen, weshalb der Anbau gentechnisch veränderter Organismen dort schon eine Fläche so groß wie Niedersachsen einnimmt. Mit verheerenden Folgen: Herbizid-Resistente Baumwolle, die sich auch in andere Pflanzen einkreuzt, sucht mittlerweile ganze Landstriche heim. „Wir sind Zeugen davon, wie die multinationalen Unternehmen und das Landwirtschaftsministerium die Region Guanacaste in ein riesiges Feld für einen unkontrollierten Freilandversuch verwandelt haben“, klagt deshalb die Bürgerrechtlerin Ana Julia Arana.

BAYER gegen Generika-Importe
Immer noch können sich die meisten AIDS-PatientInnen in der „Dritten Welt“ die nötigen Medikamente wie KALETRA nicht leisten, da sie patent-geschützt und entsprechend teuer sind. Die thailändische Regierung hat sich deshalb entschlossen, Nachahmerprodukte des Präparates zur Behandlung der ca. 500.000 Kranken einzuführen, nachdem Verhandlungen über Preissenkungen scheiterten. Dabei berief sie sich auf einen Passus der WTO-Regularien, die eine solche Praxis in medizinischen Notsituationen ausdrücklich erlauben. KALETRA-Hersteller ABBOTT wollte das aber nicht hinnehmen und kündigte an, neue Medikamente fortan in Thailand nicht mehr anzubieten. Und wie schon bei dem ähnlich gelagerten Konflikt „Südafrika vs. Big Pharma“ (siehe SWB 2/01) zeigt sich der Leverkusener Multi uneingeschränkt solidarisch. Das Unternehmen „unterstützt vollkommen ABBOTT“, verlautete aus der Konzern-Zentrale.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER macht Klimapolitik
BAYER beteiligt sich an Gesprächsrunden der G-8-Länder zum Klimawandel. Dabei verbirgt der Konzern seine Absichten nicht. „Wenn wir in beratender Funktion die politischen Rahmenbedingungen mitgestalten können, wird uns das auch operativ nützen“, spricht Forschungsvorstand Wolfgang Plischke Klartext.

BAYER & Co. vs. Gabriel
Vor einigen Jahren hat die EU den Emissionshandel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten eingeführt. Er sieht vor, BAYER & Co. CO2-Emissionen nur in einer bestimmten Menge zu gestatten. Alles, was über ein bestimmtes Limit hinausgeht, sollte den Konzernen teuer zu stehen kommen, weil sie dafür Verschmutzungsrechte kaufen müssten. Damit wollte Brüssel Anreize zu Klimaschutz-Maßnahmen schaffen. Diese blieben allerdings weitgehend aus: Die Lizenzen zum CO2-Ausstoß waren so großzügig bemessen und überdies kostenlos, dass die Schornsteine der Industrie weiterhin nach Lust und Laune qualmen konnten. Kurz vor dem G8-Gipfel veröffentlichte Umweltminister Sigmar Gabriel Pläne, neun Prozent der Verschmutzungsrechte versteigern zu lassen, wie es andere europäischen Länder schon länger tun. Während BAYER & Co. weiterhin gratis Kohlendioxid emittieren dürfen, will Gabriel die Kraftwerksbetreiber künftig zur Kasse bitten. Die Konzerne hielten zunächst an sich, um die „Wir sind Klimaschutz“-Inszenierung von Angela Merkel in Heiligendamm nicht zu stören und legte erst in der Woche danach voll los. „Das ist eine Strafsteuer für das Produzieren in Deutschland“, ereiferte sich der „Bundesverband der Deutschen Industrie“, flankiert vom „Verband der Chemischen Industrie“ und den Gewerkschaften. Da die Chemie-Industrie zu den energie-intensivsten Branchen zählt, befürchten BAYER und die anderen Unternehmen nämlich höhere Stromkosten durch die Versteigerung von Verschmutzungsrechten - und wenn Klimaschutz nicht umsonst zu haben ist, dann verzichten die Konzerne nur allzu gerne darauf. Nordrhein-Westfalen haben die Klima-Killer schon als Bündnispartner gewonnen. Das Bundesland beantragte im Bundesrat, weit weniger Verschmutzungsrechte zu versteigern als vorgesehen. Der der dortigen CDU/FDP-Regierung zuarbeitende „Dialog Wirtschaft und Umwelt“, in dem auch ein Vertreter von BAYER sitzt, dürfte dabei ein Wörtchen mitgeredet haben.

5 Milliarden für BAYER & Co.
Die Gewinne der 30 Dax-Unternehmen erhöhten sich von 2001 bis 2005 von 32,8 Milliarden Euro auf 71,3 Milliarden. Die im gleichen Zeitraum gezahlten Abgaben stiegen jedoch nur von 10 Milliarden Euro auf 14,7 Milliarden. Damit fiel der real-kapitalistische Steuersatz, der nominell ca. 39 Prozent betragen müsste, dank der Rechenkünste der großen Konzerne im Durchschnitt von 33 Prozent auf 21 Prozent. BAYER lag im Jahr 2005 bei 25 Prozent; bei einem Ergebnis vor Steuern von 2,2 Milliarden zahlte der Chemie-Multi nach den von Lorenz Jarass und Gustav M. Obermair in „Unternehmenssteuerreform 2008“ veröffentlichten Berechnungen 540 Millionen an den Staat. Die Unternehmenssteuerreform hat sich jetzt vorgenommen, die Lücke zwischen Steuerrealität und Steuertraum ein wenig zu schließen und die Steuerbelastung von 39 auf 30 Prozent abgesenkt, was den Firmen ca. 30 Milliarden Euro einbringt. Zur Gegenfinanzierung schloss die Bundesregierung Steurschlupflöcher, verschärfte die Abschreibungsregeln und machte es für BAYER & Co. mit der „Zinsschranke“ schwieriger, die Zinszahlungen steuermindernd vom Umsatz abzuziehen, was dem Fiskus insgesamt ca. 25 Milliarden einbringt. Bleibt für die Unternehmen ein Reformgewinn von fünf Milliarden Euro - der DEUTSCHE GEWERKSCHAFTSBUND rechnet sogar mit 10 Milliarden.

Ausschuss für Rohstoffsicherung
BAYER & Co. haben zunehmend Schwierigkeiten, im Wettlauf um knapper werdende Ressourcen gegenüber ihrer Konkurrenz aus dem Ausland zu bestehen. Deshalb appellierten die Konzerne an die Politik, unterstützende Maßnahmen zu ergreifen. Angedacht sei aber „keine Planwirtschaft“, beeilte sich Vorsitzende des „Bundesverbandes der Industrie“ (BDI), Jürgen Thumann, zu versichern. Angela Merkel tat sofort, wie ihr geheißen, und erklärte die Sicherung der Rohstoffe zu einer politischen und nationalen Aufgabe. Wahrnehmen soll sie auf ziviler Ebene in Zukunft der interministerielle Ausschuss zur Rohstoffsicherung, dem auch VertreterInnen der Unternehmen angehören, unter anderem durch Investitionsgarantien und Kredite.

BAYER will „nationalen Sicherheitsrat“
Die Entwicklung hin zu einem autoritären Sicherheitsstaat bezieht auch die Wirtschaft mit ein. So gehört BAYER neben HENKEL und THYSSENKRUPP zu den Mitgliedern des „Verbandes für Sicherheit in der Wirtschaft Nordrhein-Westfalens“. Deren Bundesverband, die „Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft“ will nach Informationen von german-foreign-policy.com „die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Staat über das bisher Erreichte hinaus aktiv weiterentwickeln“ und plant dafür die Gründung eines „Nationalen Sicherheitsrates“. Die bereits seit April 2006 bestehende Kooperation der Konzerne mit dem Bundeskriminalamt und anderen staatlichen Organen, die unter anderem die Erschließung neuer Märkte sowie Produktions- und Entwicklungsstandorte“ durch Risiko-Analysen flankiert (Ticker 1/07) dürfte sich damit noch intensivieren.

Agrar-Subventionen für BAYER
Nicht nur LandwirtInnen bekommen Agrar-Subventionen. Auch BAYER profitiert von den EU-Töpfen. So griff der Konzern mehr als drei Millionen Euro aus Brüssel für die Verarbeitung von Zucker ab.

Konzerne sponsoren Regierung
Die bundesdeutschen Konzerne nehmen auch die Bundesregierung von ihren umfangreichen Sponsoring-Aktivitäten nicht aus. Über 55 Millionen Euro gaben sie nach einem Bericht des Bundesrechnungshofes von August 2003 bis Ende 2004 für die Pflege der politischen Landschaft aus. Am pflegebedürftigsten erwies sich dabei das Bundesgesundheitsministerium. Es kassierte 44,5 Millionen, mit denen Ulla Schmidt & Co. hauptsächlich Aufklärungsspots zu „AIDS“ finanzierten. Welche Unternehmen Geld gaben, erfuhr der Bundesrechnungshof nicht, weil „die Frage der Namensnennung von einigen Ressorts nach wie vor als problematisch angesehen werde“. In Zukunft müssen diese sich aber vielleicht dem Problem stellen. Die Bundesregierung erwägt nämlich eine Offenlegung ihrer „Gönner“. Ob wohl einer davon in Leverkusen zu Hause ist?

Schneider König von Deutschland
Manfred Schneider steht den Aufsichtsräten von BAYER und LINDE vor und hat Mandate bei DAIMLERCHRYSLER, METRO, RWE, TUI und der ALLIANZ. Zudem leitet er vier wichtige Gremien wie etwa den ALLIANZ-Prüfungsausschuss und hat Sitze in sieben weiteren. Deshalb stattete ihm die Zeit im Rahmen der Recherche für einen Artikel zum Thema „Die Welt der Bosse“ einen Hausbesuch ab und wähnte sich gleich im Machtzentrum der Republik. „Hier, auf dem Gelände des BAYER-Stammwerks, im Hochparterre des Verwaltungsgebäudes Q26, in diesem Büro mit seinen mehrere Meter hohen Wänden, ist das Geflecht der Deutschland AG mit Händen zu greifen“, schrieb das Blatt.

Aus für BfArM-Reform?
Laut Koalitionsvertrag sollte das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-Produkte“ (BfArM) „eine international konkurrenzfähige Zulassungsagentur werden“, statt den Risiken und Nebenwirkungen der Arzneien von BAYER & Co. wirklich auf die Spur zu kommen. Zu diesem Behufe wollte Gesundheitsministern Ulla Schmidt die Behörde, die schon jetzt Medikamente so schnell zulässt wie keine andere in Europa, von Geldern der Pharma-Industrie abhängig machen und die staatliche Unterstützung noch weiter zurückfahren. Dies ging aber selbst der CDU zu weit. Ihr Fraktionsvorstand stoppte den schon fertigen Gesetzesentwurf vorerst.

BAYER & Co. finanzieren FDA
Betrug der Anteil von BAYER & Co. am Etat der US-Gesundheitsbehörde FDA durch Zulassungsgebühren für Arzneien im Jahr 1993 nur sieben Prozent, so stieg er bis 2004 auf 40 Prozent, was nicht ohne Auswirkungen auf die Politik der Einrichtung blieb. So ermahnte die Führungsetage einen Mitarbeiter, der beharrlich auf schwere Nebenwirkungen eines Medikamentes aufmerksam machte, nicht zu vergessen, wer der Hauptkunde der Institution sei: die Pharma-Industrie nämlich. „Das ist seltsam, ich dachte, unsere Kunden seien die Bürger unseres Landes“, entgegnete der Pillen-Experte verduzt.

In der Kürze steckt die Fälschung
Nicht auszudenken, wenn die vom Bundesforschungsministerium in Auftrag gegebene Untersuchung „Sicherheitsforschung und Monitoring zum Anbau mit Bt-Mais 2001-2004“ wenig schmeichelhafte Ergebnisse für die „grüne Gentechnik“ zu Tage gefördert hätte. Also konnte nicht sein, was nicht sein durfte. Die beteiligten ForscherInnen fanden zwar mancherlei Besorgniserregendes heraus, aber in der Zusammenfassung als praktische Darreichungsform für den/die gestressten PolitikerIn stand davon nichts mehr. Hieß es in der Originalversion noch „Allerdings zeigten die wichtigsten Nützlingsgruppen (...) eine signifikante Reduktion in Bt-Maisbeständen“, so gab das Resümee flächendeckend Entwarnung: „Bei den meisten der im Bt-Mais und in den Kontrollflächen erfassten Nicht-Zielorganismen (...) ergaben sich keine oder nur geringe Effekte von Bt-Mais“.

Anhörung zum Stammzellen-Gesetz
In den letzten Monaten seiner Amtszeit als Vorsitzender der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ trat der BAYER-Aufsichtsrat Ernst-Ludwig Winnacker noch einmal vehement für für eine Änderung des Stammzell-Gesetzes von 2002 ein. Er möchte den ForscherInnen nicht nur den Zugriff auf bis zum Jahr 2002 gewonnenen Stammzellen ermöglichen, wie es der Gesetzgeber mit der Stichtagsregelung vorsah, da er BAYER & Co. nicht die Lizenz zum Töten geben wollte, sondern auch auf solche aus frisch abgetöteten Embryos. Und seine beharrliche Arbeit zeigt nun erste Erfolge, denn im Bundestag mehren sich die Stimmen für eine Revision des Paragraphen-Werkes. Die AnhängerInnen der uneingeschränkten Forschungsfreiheit initiierten am 9.5.07 eine Anhörung zu dem Thema, bei der sich wie erwartet die versammelte Wissenschaftsgemeinschaft für eine Abschaffung der Stichtagsregelung aussprach.

PROPAGANDA & MEDIEN

Soziale Verantwortung selbstmörderisch?
Wie andere Großunternehmen gibt sich auch BAYER gerne gutmenschlich und bekennt sich zur „Corporate Social Responsibility“ (CSR). Die aus der Portokasse finanzierten Projekte bringen dem Konzern einen nicht zu unterschätzenden Image-Gewinn ein. Aber jetzt wollte es die Financial Times Deutschland einmal genauer wissen und rechnete nach. CSR lohnt sich nicht, urteilte die Zeitung unter Berufung auf den in Harvard lehrenden Wirtschaftsethiker David Vogel. Aber noch aus einem anderen Grund bezeichnete das Blatt das Pseudo-Engagement von BAYER & Co. als einen „gefährlichen Irrweg“. „Die Kapitalisten gestehen damit der fundamentalen Kapitalismuskritik zu, jedenfalls teilweise berechtigt zu sein. Milton Friedman erkannte darin bereits vor Jahrzehnten ‚einen selbstmörderischen Impuls‘“, so die Wirtschaftspostille. Sollte also am Ende eine rein virtuell bleibende Sozialarbeit das Ende des Kapitalismus einläuten?

BAYER intransparenter als ROCHE
Der Leverkusener Multi unterstützt genau diejenigen medizinischen Fachverbände oder Selbsthilfeorganisationen, von denen er sich eine Werbewirkung für seine Arzneiprodukte zur Behandlung von Krebs, Diabetes, Hämophilie und Herzkrankheiten verspricht. So erhielten in der Vergangenheit die US-Verbände „National Coalition for Cancer Survivorship“, „Juvenile Diabetes Research Foundation“, „National Hemophilia Foundation“ und „American Heart Association“ Schecks über je 100.000 Dollar. Solch eine Praxis ist in der Pharma-Branche üblich. Allerdings gehen andere Konzerne offener damit um als BAYER. ROCHE beispielsweise veröffentlicht im Internet eine Liste mit allen unterstützten Selbsthilfegruppen.

250.000 Euro als vertrauensbildene Maßnahme
In den achtziger Jahren hatte BAYER es aus Profit-Gründen unterlassen, seine Blutplasma-Produkte einer keimtötenden Hitze-Behandlung zu unterziehen, um das Risiko einer „AIDS“-Infektion zu senken. In der Folge starben Tausende Patienten durch die Ansteckung mit der Immunschwäche-Krankheit. Seither versucht der Leverkusener Chemiemulti das Vertrauen der Bluter über eine großzügige Unterstützung ihrer Verbände zurückzugewinnen. So hat das Unternehmen dem Weltbluterverband „World Federation of Hemophilia“ (WFH) anlässlich des Welthämophilie-Tages 250.000 Euro gespendet. Bei dem WFH-Präsidenten Mark W. Skinner löste der Betrag dann auch prompt Gedächtnisstörungen aus. „BAYER spielt eine wichtige Rolle dabei, die Öffentlichkeit auf die weltweiten Probleme der Hämophilie-Patienten aufmerksam zu machen und den Zugang zu einer besseren Therapie für alle Betroffenen zu ermöglichen“, bedankte er sich artig für das Schweigegeld.

BAYER im Klima-Roundtable
BAYER produziert jährlich 3,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Die Reduktionen der letzten Jahre basieren zu einem großen Teil nicht auf Umweltschutzmaßnahmen, sondern auf Betriebsschließungen, Verkäufen von Unternehmensteilen und einem Outsourcing der Energie-Produktion (Ticker berichtete mehrfach). Das Klimaschutz-Engagement des Konzerns ist also größtenteils virtuell - das aber gewaltig! Es vergeht kaum ein Monat ohne eine entsprechende Initiative. So unterzeichnete der Leverkusener Multi Ende Februar 2007 die Erklärung des „Global Roundtable on Climate Change“. „Der Global Roundtable hat unsere Experten überzeugt, weil er unvoreingenommen an das Thema herangeht“, sagt Forschungsvorstand Wolfgang Plischke. Unvoreingenommen - das heißt für ihn vor allem unverbindlich. Der Roundtable ist für Plischke nämlich deshalb eine runde Sache, weil er wie von führenden PR-Agenturen empfohlen auf technische Lösungen setzt und auf das Einfordern staatlicher Restriktionen verzichtet.

BAYER sorgt sich um Öko-Investoren
Die Bedeutung der Investmentfonds, die sich bei ihrem finanziellen Engagement auch von sozialen, ökologischen und/oder ethischen Maßstäben leiten lassen nimmt zu. „Das Thema ‚ethische Anlage‘ ist vom Nischen- zum Mainstream-Thema geworden“, konstatiert BAYERs Forschungsvorstand Wolfgang Plischke. Der Leverkusener Multi reagiert darauf mit einer forcierten Arbeit am Image. Im wirklichen Leben betreibt der Konzern weiterhin „Business as usual“.

Neuer JournalistInnen-Preis
BAYER lobt erstmals einen „Europäischen Journalistenpreis 2006“ aus. Der Pillen-Riese will nach eigenem Bekunden „sorgfältig recherchierte Beiträge, die sich zugleich kritisch, allgemeinverständlich und objektiv“ mit einem Pharma-Thema auseinandersetzen, prämieren. Einen kritischen Text hat der Leverkusener Multi allerdings in seiner langen Stiftungsgeschichte noch nie gewürdigt, und das dürfte auch dieses Mal nicht geschehen. Solche Auszeichnungen stellen für das Unternehmen nämlich reine PR-Maßnahmen zur Einbindung von JournalistInnen dar. Darum verbreitet auch die auf Pharma-Marketing spezialisierte Fachzeitschrift PM-Report die Kunde von dem Preis und nimmt der „Verband Deutscher Medizinjournalisten“ die Bewerbungen entgegen.

Ausstieg bei Mathe-Olympiade
Vor der Übernahme durch BAYER hatte SCHERING elf Jahre lang die in Berlin stattfindende Mathematik-Olympiade gesponsort. Der neue Dienstherr hat daran aber kein Interesse mehr. „BAYER-SCHERING-PHARMA konzentriert sich bei der Förderung von Projekten primär auf naturwissenschaftliche Projekte, Kultur und Soziales“, ließ der Konzern knapp verlauten. Daraufhin erhielt die Faz einen geharnischten Leserbrief. „Da werden Vorstandsgehälter in für mich unvorstellbarer Höhe gezahlt. Kinder aber, die sich dem Trend der ‚Brot und Spiele‘ entgegenstemmen, ihre Freizeit zum Lernen nützen, erhalten nicht einmal Peanuts“, empörte sich die Schreiberin.

BAYER sponsort Gentech-Konferenz
Vom 5. bis zum 7. Mai 2007 fand in Boston die Gentechnik-Konferenz „International Biotechnology Convention“ statt, deren Genfood-Sektion BAYER, MONSANTO und andere Gen-Giganten sponsorten.

Geisterhaus statt BAYER-Kreuz
Der Leverkusener Multi will sein altes Wahrzeichen, das BAYER-Kreuz, entsorgen und dafür das leer stehende alte Verwaltungshochhaus als landmark nutzen. 3,5 Millionen LED-Leuchten sollen die Fassade illuminieren und diese so zur weithin sichtbaren Werbefläche machen - bei 100KW Stromverbrauch pro Stunde nicht eben prima fürs Klima. „Das wird demontiert, weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist“, kommentiert ein Unternehmenssprecher den Abriss. Und zeitgemäß ist es nach all den Umstrukturierungen der letzten Jahre auch wirklich nicht mehr. Das Kreuz steht nicht einmal mehr auf BAYER-Boden, sondern - wie so vieles inzwischen - auf dem Gelände der Konzern-Abspaltung LANXESS, der Pharma-Riese unterhält an seinem Stammsitz nämlich neben einigen Büros und Forschungseinrichtungen nur noch wenige Produktionsstätten.

Preis für Laser-Scanner
Der Leverkusener Multi hat mit Produkt-Piraten zu kämpfen, die etwa ASPIRIN-Kopien in Umlauf bringen. Um die Spurensuche zu erleichtern, hat er deshalb auf Basis eines von der Firma INGENIA TECHNOLOGY erfundenen Verfahrens eine Art Laser-Scanner entwickelt, der genau zwischen Original und Fälschung unterscheiden kann. Dafür erhielt der Konzern auf der diesjährigen Hannover-Messe den Hermes-Award.

Max-Planck-Institut vor BAYER-Karren
Das Max-Planck-Institut hat sich von BAYER & Co. einspannen lassen, um zu versuchen, den ziemlich verfahrenen Gentechnik-Karren aus dem Dreck zu ziehen. Auf einer einseitigen Zeitungsanzeige der Initiative mit dem bedrohlichen Namen „Chemie macht Zukunft“ wirbt Dr. Heinz Saedler vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung mit dem Satz „Gentechnologie macht die Erde zwar nicht größer, aber ertragreicher“ für die Risikotechnologie und versucht in dem folgenden Interview, Bedenken zu zerstreuen.

„Kölner Erklärung“ für Gentech
Ein BeraterInnen-Gremium von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos sprach sich in der „Kölner Erklärung“ dafür aus, die grüne Gentechnik bis 2030 europa-weit zum Standard in der Landwirtschaft zu machen, ansonsten würde die steigende Nachfrage nach Bio-Treibstoff die Nahrungsmittel-Produktion gefährden. Bei den ExpertInnen, „die nach außen ein Höchstmaß an Verlässlichkeit und Seriösität ausstrahlen wollen“ (Faz), handelt es sich aber keinesfalls um unabhängige Fachleute, sondern um die üblichen Verdächtigen: ManagerInnen von BAYER & Co. sowie Max-Planck-ForscherInnen, von denen so mancher nicht einmal davor zurückschreckt, in Werbekampagnen der Gentechnik-Industrie aufzutauchen (s. o.).

Preis für UmweltbotschafterInnen-Programm
Das Public-Relation-Fachmagazin PR-Report hat BAYERs UmweltbotschafterInnen-Programm mit einem Preis bedacht. Es stellte damit in dankenswerter Offenheit noch einmal klar, wobei es sich bei der Kinderlandverschickung von Emissären aus den Entwicklungsländern zum ökologischen Bildungsurlaub nach Leverkusen wirklich handelt: Um Public Relation.

1. FC Deutschland 06 macht weiter
Im Herbst 2004 trafen sich Manager von BAYER und anderen Konzernen mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, um zu bereden, wie man die kommende Fußballweltmeisterschaft als Werbung für die Multis nutzen könnte. So ventilierten die ManagerInnen den „1. FC Deutschland 06“, der unter anderem mit der Kampagne zum „Land der Ideen“ hervortrat. Da die Unternehmen Gefallen an der Sache fanden, gingen sie in die Verlängerung und institutionalisierten den Werbeverein. Mit ständigem Sitz in Berlin versteht sich der „1. FC Deutschland 06 nun als internationale Standort-Initiative. Er warb mit Claudia-Schiffer-Plakaten für Investitionen, erklärte den zum G8-Gipfel angereisten JournalistInnen Deutschland und plant für den Herbst eine PR-Tour nach China.

TIERE & VERSUCHE

Wieder mehr Tierversuche
Die Zahl der Tierversuche hat sich 2005 gegenüber dem Vorjahr um 6,5 Prozent auf 2,4 Millionen erhöht. Nach einem kurzzeitigen Rückgang steigt die Zahl der Experimente mit Ratten, Mäusen, Hunden und Katzen seit einiger Zeit wieder stark an, wofür hauptsächlich die Gentechnik verantwortlich ist. Auch bei BAYER dürften die Labor-Quälereien nach der Übernahme des SCHERING-Konzerns zunehmen, zumal SPD und CDU ihrer im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ankündigung, sich für alternative Testverfahren einzusetzen, bislang kaum Taten haben folgen lassen.

DRUGS & PILLS

Lebensgefährliches TRASYLOL
Eine im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie hatte dem vor allem zur Blutstillung bei Bypass-Operationen verwendeten BAYER-Mittel TRASYLOL lebensgefährliche Nebenwirkungen von Nierenversagen über Schlaganfälle bis hin zu Herzinfarkten attestiert (SWB 1/06). Die US-amerikanische Arzneiaufsicht FDA überprüfte das Medikament daraufhin, entschied sich aber gegen einen Entzug der Zulassung, weil dem Leverkusener Multi eine Irreführung der Behörden gelungen war. Der Pharma-Riese hatte der Institution eine selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, die zu alarmierenden Befunden gekommen war, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Nun hat eine weitere Expertise die gesundheitsgefährdenden Effekte der Arznei nachgewiesen. ForscherInnen der „Ischemia Research and Education Foundation“ stellten ein im Vergleich zur Referenz-Gruppe um zwei Drittel höheres Sterblichkeitsrisiko fest; 21 Prozent der mit TRASYLOL behandelten PatientInnen kamen um. Schon vorher hatte die FDA das Anwendungsspektrum des Pharmazeutikums auf solche Operationen beschränkt, die den raschen Einsatz von Herz/Lungen-Maschinen ermöglichen. Da dies nur bei Eingriffen am Herzen der Fall ist, brach der Konzern Studien zur Gabe von TRASYLOL bei Wirbelsäulen-, Lungen-, Speiseröhren und Harnblasen-OPs ab.

ASPIRIN nach Herzinfarkten
Das von BAYER viel gescholtene „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWIG) hat eine Entscheidung zu Gunsten des Leverkusener Multis gefällt. Es riet den Krankenkassen, die Kosten für das bislang oft zur Blutverdünnung nach Herzinfarkten oder Schlaganfällen verordnete Clopidogrel nicht mehr zu erstatten und sprach sich statt dessen für das preiswertere ASPIRIN aus.

ASPIRIN: hohes Sterberisiko
Nach einer Studie des „Tufts-New-England-Medical-Centers“ erhöht die tägliche Einnahme von ASPIRIN, wie sie BAYER zur Prophylaxe von Herzinfarkten propagiert, das Sterberisiko. 10 Menschen auf 100.000 EinwohnerInnen fallen dem „Tausendsassa“ zum Opfer, haben die WissenschaftlerInnen errechnet. Damit ist das Schlucken von ASPIRIN fast so gefährlich wie das Autofahren, das laut Statistik 11 von 100.000 Menschen das Leben kostet.

ASPIRIN als Dopingmittel

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„Es ist auch kein Geheimnis, dass in vielen Sportarten schon im Jugendbereich regelmäßig Schmerzmittel wie ASPIRIN und VOLTAREN verwendet werden“, sagt Hans Geyer, der Geschäftsführer des „Zentrums für präventive Dopingforschung“ und stellvertretende Leiter der Biochemie-Abteilung der Kölner Sporthochschule. Er sieht diese Praxis als Doping an, weil ASPIRIN & Co. der Leistungsverbesserung dienen. Auf die Frage, warum die Präparate dann nicht auf der Dopingliste stehen, antwortet er: „Möglicherweise gibt es Widerstände von verschiedenen Gruppen, von der Industrie selbst“ und führte anschließend die große Verbreitung der Mittel in der Bevölkerung als weitere Schwierigkeit an, weil dieses die Gefahr einer Überfülle an positiven Fällen und nachfolgend ebenso vieler Ausnahmegenehmigungen berge.

ASPIRIN als Dopingmittel

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Der ehemaliger Radsportler Sascha Severin betrachtet ASPIRIN als Einstiegsdroge für das Doping. Schon bei den jugendlichen Radlern hätte es bestimmte Rituale gegeben, berichtete er der Faz, ein blitzsauber geputztes Rad, regelmäßige Übungszeiten - und das Schlucken von ASPIRIN vor den Wettkämpfen. Das unterdrückte den Schmerz und förderte die Durchblutung. „So kann eine Dopingkarriere mit einem vergleichsweise harmlosen Mittel beginnen“, resümiert die Zeitung.

BAYER goes East
Der Leverkusener Multi übernimmt den Vertrieb seiner Medikamente in Russland, Weißrussland, der Ukraine und Kasachstan künftig selbst und hat zu diesem Zweck seinen bisher für die Distribution zuständigen Kooperationspartner PHARMONYX aufgekauft.

Hausgemachtes BETAFERON
Seit 1993 produziert die US-amerikanische Firma CHIRON für die im letzten Jahr von BAYER übernommene SCHERING AG das Multiple-Sklerose-Medikament BETAFERON. Im Jahr 2006 kaufte NOVARTIS CHIRON. Im Falle eines solchen Falles sah der zwischen CHIRON und SCHERING geschlossene Vertrag eine Option auf den Kauf der US-amerikanischen Produktionsstätten vor. Um diesen Passus entbrannte nun aber ein Streit zwischen BAYER und NOVARTIS, den die Konzerne Ende März 2007 beilegten. Nach der nun getroffenen Vereinbarung geht die BETAFERON-Fertigung für 200 Millionen Dollar an den Leverkusener Multi, der NOVARTIS noch bis Oktober 2008 zu 12,5 Prozent an den Umsätzen mit der Arznei beteiligen muss. Ab 2009 will der Schweizer Pharma-Riese das Pharmazeutikum selber vermarkten, lässt dann aber gegen ein entsprechendes Entgeld bei BAYER produzieren.

NEXAVAR bei Leberkrebs?
BAYERs zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium zugelassenes Gentech-Präparat NEXAVAR musste unlängst einige Rückschläge verkraften. Der Leverkusener Multi brach klinische Erprobungen zur Therapie von Haut- und Bauchspeicheldrüsenkrebs wegen Erfolgslosigkeit ab (Ticker 4/06). Jetzt strebt der Pharmariese eine Zulassung für die Indikation „fortgeschrittener Leberkrebs“ an und präsentierte erste Forschungsergebnisse, wonach das Mittel die Überlebenszeit der PatientInnen angeblich um ca. drei Monate verlängert.

Beteiligung an AICURIS
BAYER hat seine Anti-Infektiva-Abteilung an die Gebrüder Strüngmann verkauft, die das Geschäft unter dem Namen AICURIS weiterführen. An dem neu gegründeten Unternehmen hält der Leverkusener Multi allerdings noch eine Minderheitsbeteiligung.

Diabetes: BAYER bildet fort
BAYER bietet ArzthelferInnen eine kostenlose Fortbildung zum Thema „Diabetes“ an. Damit das sich lohnt, dürften bei den Seminaren die vom Konzern produzierten Diabetes-Meßgeräte ausgiebig zum Einsatz kommen, damit die TeilnehmerInnen die Geräte den PatientInnen weiterempfehlen können. Auch über die von vielen ExpertInnen bestrittenen Vorzüge des Konzern-Diabetikums GLUCOBAY werden die Arzthelferinnen wohl so einiges erfahren.

Neuer Cholesterinsenker
Der LIPOBAY-Skandal mit seinen über 100 Toten hält den Leverkusener Multi nicht davon ab, weiter Cholesterinsenker zu vermarkten - zu lukrativ erscheint offensichtlich diese Medikamenten-Gruppe. So hat BAYER im Juni 2007 gemeinsam mit dem Pharma-Riesen SCHERING-PLOUGH das Präparat ZETIA in Japan herausgebracht.

Keine Pille für den Mann
Im letzten Jahr haben BAYER und das US-amerikanische Pharma-Unternehmen ORGANON ihre Kooperation bei der Entwicklung einer „Pille für den Mann“ nach Abschluss der Phase II der klinischen Tests eingestellt. Im Juni 2007 verkündete der Pharma-Riese schließlich das Ende aller Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet.

Topseller BETAFERON
Mit einem Umsatz von 244 Millionen Euro war das „Multiple Sklerose“-Präparat BETAFERON BAYERs meistverkauftes Medikament im Geschäftsjahr 2006. Platz zwei nimmt die Anti-Baby-Pille YASMIN (240 Millionen) ein.

WASSER, BODEN & LUFT

Die Klimarechnung: 3,9 + 3,6 Mio. Tonnen
Auf der diesjährigen BAYER-Hauptversammlung hat der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning erstmals genauere Angaben darüber gemacht, welche Kohlendioxid-Menge durch den von externen Anbietern bezogenen Strom noch auf die Klimarechnung BAYERs draufkommt: Es handelt sich nach seinen Angaben um 3,6 Millionen Tonnen. Mit den bislang offiziell angegebenen 3,9 Millionen Tonnen zusammen trägt der Konzern nun also Verantwortung für CO2-Emissionen in einer Größenordnung von 7,5 Millionen Tonnen.

Weniger CO2 in der Chlor-Produktion?
Mit einer Chlor-Produktion von 1,2 Millionen Tonnen gehört BAYER europa-weit zu den größten Anbietern der Substanz, die nicht nur zu den gefährlichsten Umweltgiften zählt, sondern in der Herstellung auch soviel Energie verschlingt wie kaum eine andere Chemikalie. Zumindest bei letzterem sinnt der Konzern auf Abhilfe. Mittels einer Sauerstoff-Verzehrkathode, dessen Entwicklung das Bundesforschungsministerium mit sechs Millionen Euro subventionierte, will er den Strombedarf bei der Gewinnung von Chlor um ein Drittel senken und damit seinen Kohlendioxid-Ausstoß um zwei Millionen Tonnen reduzieren, was jedoch allzu hochgegriffen erscheint.

Mittelohrentzündungen durch Stickstoffoxide
4.500 Tonnen Stickstoffoxide bliesen die BAYER-Werke im Jahr 2005 in die Luft. Diese Schadstoffe können die menschliche Gesundheit massiv schädigen. Nach einer Studie des Neuherberger „GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit“ sorgt schon eine um 10 Mikrogramm gestiegene Stickstoffdioxid-Belastung bei Kindern für ein um 14 Prozent höheres Risiko, an einer Mittelohrentzündung zu erkranken. Die Gefahrstoffe greifen die Flimmerhärchen in den oberen Atemwegen an, weshalb diese ihre Filterfunktion nur noch eingeschränkt ausfüllen und Infektionen entstehen, die wiederum häufig Mittelohrentzündungen nach sich ziehen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Bienensterben in den USA
Von „einem mysteriösen Bienensterben in den USA“ berichteten im Frühjahr viele Medien. Rund die Hälfte der 2,5 Millionen Bienenvölker verendete. Nach und nach kam allerdings Licht ins Dunkel. „Der Hauptverdächtige ist nach Meinung vieler Wissenschaftler das am weitesten verbreitete Insektizid auf dem Planeten: Imidacloprid (Wirksubstanz von BAYERs GAUCHO, Anm. SWB) “, schrieb die Zeitung Star-Ledger. Immer mehr ExpertInnen messen der Ackergift-Ausbringung einen bedeutenen Anteil am Tod der Bienen zu, wenn auch nicht unbedingt im Sinne eines einfachen Ursache-Wirkung-Zusammenhanges. „Die Imidacloprid-haltigen Insektizide machen ganze Arbeit bei Termiten, Fliegen und Zecken, aber die Menschen vergessen, dass auch Bienen Insekten sind. Die Ignoranz, welche die Chemie-Unternehmen gegenüber guten Insekten zeigen - und zeigen dürfen - erstaunt mich“, sagt etwa Jerry Hayes, Insektenkundler und Präsident der US-amerikanischen Bienenzucht-InspektorInnen.

Aus für Tolylfluanid
Das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ (BVL) hat BAYER die Zulassung für den Pestizid-Wirkstoff Tolylfluanid entzogen, den der Agro-Riese unter den Namen EUPAREN M WG, FOLICUR EM und MELODY MULTI vermarktet. Gelangt die Chemikalie in Flüsse, die zur Trinkwassergewinnung dienen, kann sein Abbauprodukt Diemethylsulfamid im Zuge der Aufbereitung nämlich das gesundheitsgefährdende Nitrosamin bilden, wenn die Wasserversorger zur Entkeimung Ozon einsetzen.

Pestizide in Lebensmitteln
Liegen die Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln über der Akuten Reverenz-Dosis (ARfD), so stellen sie eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. GREENPEACE untersuchte jüngst Obst und Gemüse und wies zahlreiche solcher Überschreitungen nach. Drei auch von BAYER hergestellte Ackergifte waren dabei mit von der Partie: das in SUMICLEX WG enthaltene Procymidon, das unter anderem in MALIX, PHASER und THIODAN zu findende Endosulfan - beide in der Bundesrepublik gar nicht mehr zugelassen! - und das sich in LEBAYCID tummelnde Fenthion. Der Procymidon-Gehalt übertraf bei italienischen Tafeltrauben die ARfD um 254 Prozent. Endosulfan kam bei spanischer Paprika auf 244 Prozent und Fenthion erreichte bei von dort stammenden Pfirsichen die 184-Prozent-Marke.

Auflagen für Endosulfan
BAYER kann den in der Bundesrepublik wegen seiner Gefährlicheit seit geraumer Zeit nicht mehr zugelassenen Pestizidwirkstoff Endosulfan, enthalten in den Ackergiften MALIX, PHASER und THIODAN, künftig nur noch unter Auflagen in Länder der „Dritten Welt“ importieren. Das „Chemical Review Committee“ empfahl, den Stoff gemäß der Rotterdamer Konvention zu behandeln. Deshalb darf der Export nur noch erfolgen, wenn die staatlichen Stellen dem Geschäft ausdrücklich zustimmen und der Leverkusener Multi die KäuferInnen ausführlich über die Risiken und Nebenwirkungen der Substanz aufgeklärt hat.

Hormonspritzen für Obst
In Bangladesh behandeln LandwirtInnen ihre Früchte mit dem von BAYER importierten Hormonspray ETHREL 48 SL, um den Reifeprozess zu beschleunigen und das Obst länger frisch zu halten. Nach Ansicht des Physikers Dr. Abdul Hamid kann diese Extraportion Chemie bei den KonsumentInnen die Leber, die Nieren und die Fortpflanzungsorgane schädigen. Eine besondere Bedrohung stellen die mit ETHREL und anderen Produkten eingesprühten Lebensmittel seiner Meinung nach für die Gesundheit von Kindern dar.

Pestizide machen depressiv
Eine in der Fachzeitschrift Journal of Occupational and Environmental Medicine (Nr. 48) erschienene Fallkontrollstudie hat einen Zusammenhang zwischen Pestizid-Exposition und dem Entstehen von Depressionen nachgewiesen.

Pestizid-Boom dank Biosprit
BAYER setzt große Hoffnung auf die Gewinnung von Treibstoff aus nachwachsenden Rohstoffen wie Raps, weil der Konzern sich durch die blühenden Biokraftstoff-Landschaften einen größeren Pestizid-Absatz verspricht. Das sagt er natürlich nicht offen, in offiziellen Verlautbarungen führt er vornehmlich ökologische Gründe an. UmweltschützerInnen haben dagegen viele Zweifel am Raps im Tank. So ist die Energiebilanz mäßig. Ein Hektar Anbaufläche ergibt nur 1600 Liter Biodiesel; selbst wenn auf der Hälfte aller bundesdeutschen Äcker solche Pflanzen blühen würden, wäre der Bedarf nicht gedeckt. GREENPEACE warnt zudem vor einer weiteren Zerstörung der Regenwälder und anderer wichtiger Ökotope in den ärmeren Ländern, wenn Rodungen für Biosprit-Plantagen erfolgten. Auch auf die Ernährungslage könnte der Boom verheerende Folgen haben wie jüngst die Tortilla-Krise in Mexiko gezeigt hat, wo der zur Energiegewinnung in die USA exportierte Mais die Preise des Grundnahrungsmittels in für viele Menschen unerschwingliche Höhen getrieben hat. Und nicht zuletzt dürfte der Einsatz von Agrochemikalien bei nicht zum Verzehr bestimmten Ackerfrüchten (noch) gewissensloser erfolgen.

Comeback für Organophosphate
BAYER behauptet gerne, die Fortschritte in der Produktentwicklung erlaubten die Herstellung immer zielgenauerer und ungiftigerer Pestizide. In Wirklichkeit aber stellen sich immer mehr Schadinsekten auf die neue Substanzklasse der Pyrethroide ein, weshalb die alten Chemischen Keulen fröhliche Urständ feiern (siehe auch Ticker 3/06). So erlebt derzeit das in der Bundesrepublik wegen seiner Gefährlichkeit gar nicht mehr zugelassene Organophosphat Endosulfan, unter anderem Wirkstoff der BAYER-Produkte MALIX, PHASER, THIODAN, ein Comeback im afrikanischen Baumwollanbau.

Tod im Baumwollfeld
43 Pestizid-Tote unter Baumwoll-FarmerInnen in neun Dörfern der senegalesischen Velingara-Region registrierte eine im Februar 2003 durchgeführte Untersuchung des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES/Afrika. Unter den Agrochemikalien, welche die LandwirtInnen verwendeten, befand sich auch das BAYER-Produkt TAMARON mit dem Wirkstoff Methamidophos.

EU schränkt Pestizid-Gebrauch ein
Die Europäische Union hat den Gebrauch von acht Pestiziden eingeschränkt bzw. verboten. Den Wirkstoff Azinphos-methyl, unter anderem in den BAYER-Produkten GUSATHION und GUTHION enthalten, zog die EU ganz aus dem Verkehr. Die Zulassung der Wirkstoffe Methamidophos (TAMARON) und Procymidone (SUMICLEX WG) befristete sie auf drei Jahre, zudem legte Brüssel Anwendungsbeschränkungen für diese Ackergifte fest. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK hatte ein Aus für alle acht Substanzen gefordert, betrachtet die Entscheidung aber trotzdem als einen Teilerfolg.

MOCAP weiterhin zugelassen
In der philippinischen Provinz Davao del Norte erlitten im letzten Jahr 79 Kinder eine durch die BAYER-Agrochemikalie MOCAP ausgelöste Pestizid-Vergiftung (Ticker 4/06). Als „extrem gefährlich“ rechnet die Weltgesundheitsorganisation WHO MOCAP (Wirkstoff: Ethroprophos) der höchsten Gefährdungsklasse Ia zu. Trotzdem hat die Europäische Union dessen Zulassung für Anwendungen im Kartoffelanbau verlängert.

Chlorpyrifos schädigt Kinder
Nach einer in der Fachzeitschrift Pediatrics, 118 (6) veröffentlichten Untersuchung schädigt der Pestizid-Wirkstoff Chlorpyrifos, enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, die psycho-motorische Entwicklung von Kindern. Minderjährige, die einen höheren Chlorpyrifos-Anteil im Blut hatten, zeigten deutlich mehr Konzentrationsstörungen und andere Verhaltensauffälligkeiten als ihre AltersgenossInnen aus der Vergleichsgruppe.

USA schränkt Chlorpyrifos-Anwendungen ein
Der unter anderem in den BAYER-Produkten BLATTANEX, PROFICID und RIDDER enthaltene Wirkstoff Chlorpyrifos schädigt die menschliche Gesundheit massiv (s. o.). Deshalb darf er in den USA nicht mehr als Haushaltsinsektizid zum Einsatz kommen. Die europäischen und bundesdeutschen Behörden erlauben dies jedoch weiterhin.

Uruguay: krankmachende Pestizide
In der uruguayischen Region Bella Union nahe der Grenze zu Brasilien befinden sich zahlreiche landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Ausbringung der Pestizide auf den Feldern hat die Zahl der Atemwegs- und Krebserkrankungen ebenso steigen lassen wie diejenige der Frauen, die Kinder mit Geburtsfehlern zur Welt bringen. Zu den am häufigsten verwendeten Agrochemikalien gehören mit Glyphosate, Wirkstoff von GLYPHOS und USTINEX G, Endosulfan (MALIX, PHASER, THIODAN) und Chlorpyrifos (BLATTANEX, PROFICID, RIDDER) auch zahlreiche von BAYER vermarktete Inhaltsstoffe. Das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN), FRIENDS OF THE EARTH und die INTERNATIONAL AGRICULTURE WORKER‘S UNION hat diese Situation bewogen, in Bella Union aktiv zu werden und Vorschläge für einen besseren Gesundheitsschutz der Menschen auszuarbeiten.

Pestizide schädigen Ökosystem „Boden“
Während des Wachstumsprozesses bilden Kulturpflanzen im Boden Knöllchen. Dort siedeln sich Bakterien an und versorgen die Ackerfrüchte so mit dem lebensnotwendigen Stickstoff. Pestizide stören aber diesen Prozess, so dass die Ernteerträge oftmals unter den Erwartungen bleiben, wie ein Forscherteam um John McMachlan von der US-amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften herausgefunden hat. Unter den größten Störenfrieden: der unter anderem im BAYER-Ackergift FOLIDOL enthaltene Wirkstoff Parathion Methyl.

GENE & KLONE

Brasilien genehmigt Gen-Mais
Die brasilianischen Behörden haben genmanipulierten BAYER-Mais mit einer eingebauten Resistenz gegenüber dem Herbizid LIBERTY LINK zugelassen, nachdem Präsident Lula da Silva kurz vorher die Zulassungsbedingungen gelockert hatte. Der Entscheidung lagen nur vom Agro-Multi eingebrachte Dokumente zugrunde, Informationen von Gentechnik-GegnerInnen würdigte das Gremium nicht. Auch führte die „National Technical Commission on Biosafety of Brazil“ im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens keine öffentliche Anhörung durch, was besonders die Organisation der landlosen Bauern und Bäuerinnen monierte. Die LandwirtInnen-Organisation VIA CAMPESINA BRASIL kritisierte die Entscheidung scharf. „Die Freigabe des Anbaus transgener Pflanzen zu kommerziellen Zwecken stellt eine Verantwortungslosigkeit gegenüber den brasilianischen Farmern, der Landwirtschaft und der Biodiversität dar“, kommentierte die Organisation.

Neuer Genreis-Fund in USA
Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium hat in der Reispflanze „Clearfield 31“ Spuren von BAYERs genmanipulierter Sorte LL604 gefunden. Es untersagte daraufhin einen weiteren Anbau und forderte die LandwirtInnen auf, ihre Clearfield-Felder zu zerstören. Nun hat nach LL601 und LL62 schon die dritte Laborfrucht BAYERs einen erheblichen gentechnischen Flurschaden angerichtet.

Mexiko hat Angst vor BAYER-Reis
Mexiko ist der US-amerikanische Reis nicht mehr geheuer. Das Land fürchtet Verunreinigungen durch BAYERs genmanipulierte LIBERTYLINK-Sorten und hat mehrere Lieferungen an der Grenze aufgehalten. Zudem hat der Staat Verhandlungen mit den USA über Gentech-Belastungsgrenzen bei der Getreideart aufgenommen.

Importgenehmigung für BAYER-Raps
Im letzten Jahr hatte der EU-Agrarrat BAYERs gentechnisch manipulierten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 eine Einfuhrerlaubnis verweigert (Ticker 4/06). Da die GenskeptikerInnen aber weniger als zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnten, hatte die EU-Kommission das letzte Wort. Diese stimmte dem Antrag des Leverkusener Multis, den auch die Bundesregierung unterstützt hatte, zu, was den Gen-Giganten dazu bewog, die EU-Genehmigung für drei ältere Genraps-Varietäten auslaufen zu lassen. Einer „strengen Risikobewertung“ will die Kommission die für die Futtermittel-Produktion bestimmten Laborfrüchte unterzogen haben. Dabei muss ihnen allerdings so einiges entgangen sein, denn der gentechnisch gegen das Herbizid LIBERTYLINK immun gemachte Raps richtete schon so einigen Flurschaden an. So kreuzte sich auf australischen Feldern bereits in konventionellen Raps ein und fügte den LandwirtInnen so erheblichen finanziellen Schaden zu. Auch der LIBERTYLINK-Wirkstoff Glufosinat steht in der Kritik. Wegen seiner Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt nimmt die Europäische Union gerade eine Sicherheitsprüfung vor.

Mehr Gentech-Baumwolle
BAYER treibt das Geschäft mit gentechnisch verändertem Baumwoll-Saatgut unaufhaltsam voran. Bereits jetzt der zweitgrößte Anbieter auf dem US-Markt, kaufte der Leverkusener Multi nun für 230 Millionen Euro die entsprechende Saaten-Sparte des Unternehmens STONEVILLE auf.

BAYER & Co. forcieren weiße Gentechnik
BAYER & Co. verstärken ihre Anstrengungen auf dem Gebiet der weißen Gentechnik, dem Einsatz von Mikroorganismen in der Industrie-Produktion, beispielsweise bei der Herstellung von Waschmitteln, Nahrungsmitteln oder Medikamenten. Zu diesem Zweck hat der Leverkusener Multi gemeinsam mit BASF, HENKEL und anderen Unternehmen den „Industrieverbund Mikrobielle Genomforschung“ gegründet. Der Verband hat die Aufgabe, die Forschung in diesem Bereich zu intensivieren. Das Investieren allerdings teilt er sich mit dem Staat. Für erste Projekte gab das „Bundesministerium für Forschung und Bildung“ 21 Millionen Euro dazu.

BAYER will mehr Biotech
Die Bioscience-Sparte von BAYER CROPSCIENCE (BCS) will nach eigener Aussage „an der genetischen Verbesserung der Gemüseproduktion und -vermarktung mitwirken“. Die Methoden dazu reichen von direkter gentechnischer Manipulation bis zu einer auf gezielter Erbgut-Auswahl basierenden Saatgut-Entwicklung, dem so genannten Smart Breeding. Im Geschäftsjahr 2005 hatte die Konzern-Abteilung mit 328 Millionen Euro einen 5,5-prozentigen Anteil am gesamten CROPSCIENCE-Umsatz. Aber BCS-Chef Friedrich Berschauer strebt nach Höherem: „Unser Ziel ist es, das Bioscience-Geschäft langfristig auf eine Milliarde Euro auszubauen.“

LABOR & FRÜCHTE

BAYER erweitert Tomaten-Portfolio
Der Leverkusener Agro-Riese mag die herkömmlichen Tomaten nicht. Darum will der bislang nicht als Feinschmecker hervorgetretene Konzern sie mittels „Smart Breeding“ (Ticker 1/07) auf den Geschmack bringen. Seine niederländische Tochter-Gesellschaft NUNHEMS BV fahndet im Erbgut des Gemüses nach besonderen Sorten und entwickelt auf dieser Basis dann Saatgut exklusiv für den Nahrungsmittelmulti UNILEVER. „Wir erwarten, dass die Vereinbarung attraktive Wachstumschancen für unser weltweites Tomaten-Portfolio eröffnet“, so NUNHEM-Entwicklungschef Orlando de Ponti. Wem da nicht das Wasser im Munde zusammenläuft ...

Hybrid-Reis für China
BAYER hat in China ein Joint Venture zur Entwicklung und Vermarktung von Reis-Sorten gegründet. Dabei handelt es sich um so genannten Hyprid-Reis, der sich nicht gut zur Wiederaussaat eignet. Deshalb müssen die LandwirtInnen jedes Jahr neue Samen kaufen - ein einträgliches Geschäft für den Agro-Riesen.

STANDORTE & PRODUKTION

Mehr Kunststoff aus Fernost
BAYER will die Kunststoff-Herstellung in Indien und China ausbauen. 80 Millionen Euro steckt der Konzern in die Erweiterung der Makrolon-Produktion an den dortigen Standorten. Zudem erhöht das Unternehmen die Kapazität seines Weichschaum-Werkes in Shanghai von 160.000 auf 300.000 Tonnen im Jahr.

Baytown wieder am Netz
Am 26. September 2006 ereignete sich im Baytowner BAYER-Werk eine Explosion (siehe auch SWB 4/06). Mehr als 22 Beschäftigte kamen ins Krankenhaus. Zudem zerstörte die Detonation einen Großteil der TDI-Produktionsanlage. Im Januar 2007 nahm der Konzern die Kunststofffertigung wieder auf.

Monheim: Streit um Ausgleichsfläche
Der Leverkusener Multi macht sich am Standort Monheim nicht nur durch den geplanten Bau einer Kohlendioxid-Pipeline unbeliebt. Er sabotiert auch die Pläne der Stadt für die Ausweisung von Gewerbegebieten.
Der Konzern duldet nämlich keine Firmen neben sich und hat deshalb der Kommune ein für Ansiedelungen vorgesehenes Areal vor der Nase weggeschnappt. BAYER wollte der Verwaltung zwar eine Alternativ-Fläche zur Verfügung stellen, aber das Rathaus wartet bisher vergebens. Von „kaum zu überbietender Arroganz“ spricht deshalb Chefplaner Thomas Waters.

Grigat neuer Chemiepark-Leiter
Ernst Grigat tritt die Nachfolge von Heinz Bahnmüller als Leiter des Leverkusener Chemieparks an. Dessen Posten im Vorstand von BAYER INDUSTRY SERVICES erbte Grigat jedoch nicht. Der Leverkusener Multi nutzte den Stabswechsel, um das Gremium von drei auf zwei Sitze zu verkleinern.

IMPERIUM & WELTMARKT

Wall Street ohne BAYER SCHERING
Der mit großem Tamtam begleitete Gang an die New Yorker Börse hat für BAYER die Er

[Ticker] STICHWORT BAYER 04/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Kinderarbeit 2006/07
Die Kampagne der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gegen die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatgut-Tochter PROAGRO zeigt einige Erfolge. In der Pflanzsaison 2006/07 sank die Zahl der Frondienste auf den Feldern leistenden Jungen und Mädchen auf 50-100, wie Recherchen des indischen Wissenschaftlers Dr. Davuluri Venkateswarlu ergaben. Im Bundesstaat Karnataka hat der öffentliche Druck auf BAYER aber offensichtlich noch nicht genügt. Dort stand das Thema „Kinderarbeit“ für den Leverkusener Multi bei den Verhandlungen mit den Zwischenhändlern und beim Abschluss der Verträge nicht auf der Agenda. Erst nach einer Intervention Venkateswarlus bewegte sich der Konzern. Das von BAYER mit großem Aplomb als Schlüssel des Kinderarbeitsproblems angekündigte „Musterdörfer“-Konzept hat der Konzern Venkateswarlu zufolge nicht umgesetzt. Die Leuchturm-Orte, in denen der Leverkusener Multi seine Zulieferer für den Verzicht auf die Beschäftigung von Minderjährigen mit Bonus-Zahlungen belohnen wollte, blieben Potemkinsche Dörfer. Auch die Spezialschulen, in denen die KinderarbeiterInnen versäumten Lernstoff nachholen können, erfüllen ihren Zweck nicht. Sie erreichen ihre eigentliche Zielgruppe nicht, weil die Jungen und Mädchen als „WanderarbeiterInnen“ von weither zu den Saatgutproduzenten kamen und inzwischen wieder heimgekehrt sind. Ob schließlich die von BAYER beauftragten UnternehmensberaterInnen von ERNST & YOUNG die Richtigen sind, um den Stand der Dinge vor Ort zu „evaluieren“, daran hat Dr. Davuluri Venkateswarlu auch so seine Zweifel.

Jahrestagung 2006
Der mit gentechnisch manipulierten BAYER-Sorten verunreinigte Reis beherrschte lange die Schlagzeilen. Das schon lang vorher festgelegte Thema der diesjährigen Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN(CBG) - „Geniale Geschäfte - vom GenKlau zum GenGau“ - bekam so eine ungeahnte Aktualität. Gregor Kaiser von der BUKO-KAMPAGNE GEGEN BIOPIRATERIE erläuterte in seinem Vortrag „Die Risiken der grünen Gentechnologie“, warum der Fehler im System liegt und die Technologie nicht beherrschbar ist. Wegen einer anderen nicht beherrschbaren Technologie, der Atomkraft, nach dem Tschernobyl-Unglück aufs Land gezogen, droht den Biobauern Lothar Gothe mit den Genpflanzen made by BAYER & Co. nun abermals der „Segen“ des industriellen Fortschritts einzuholen. Äußerst auschaulich berichtete er, wie er sich auf lokaler Ebene, in den Bauernverbänden und durch seine Teilnahme an Protestaktionen dagegen wehrt, auf den Business-Plan der Agromultis zu geraten. Der lange Schatten, den die „grüne Gentechnik“ wirft, hat ein wenig den Blick auf die nicht weniger problematische „rote Gentechnik“ verstellt. Uta Wagenmann (GEN-ETHISCHER INFORMATIONSDIENST) hat sie einmal genauer unter die Lupe genommen und durchschritt den ganzen Parcours von Heilsversprechungen über Genbibliotheken und Genmedizin-Gaus bis zur Ökonomisierung des Körpers und Biologisierung des Sozialen. Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der CBG sah in diesem Gen-Imperialismus einen Ausdruck des Willens zur Macht der Unternehmen im Allgemeinen und BAYERs im Besonderen und erläutete mit einem Rekurs auf die Kriegsverbrechen des Konzerns, welche Gefahr eine Risikotechnologie in den Händen eines Unternehmens darstellt, dessen Leitmaxime der Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Schneider einmal so formulierte: „Wir sind auf Profit aus, das ist unser Job“. Diesem Ansinnen Paroli zu bieten - darüber herrschte Einigkeit, und so führten die Diskussionen dann auch zum konkreten Plan einer gemeinsamen Praxis.

CBG schreibt Bundesinstitut
Nach alarmierenden Studien zu Risiken und Nebenwirkungen von BAYERs TRASYLOL hat die US-Gesundheitsbehörde FDA das Medikament überpüft - und sich gegen einen Entzug der Zulassung entschieden. Bei dem Prüfverfahren hat der Leverkusener Multi der Behörde allerdings eine ebenfalls zu alarmierenden Befunden kommende, selbst in Auftrag gegebene Untersuchung verschwiegen, was einen großen Skandal auslöste (siehe SWB 4/06). Da das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) nach der US-amerikanischen Entscheidung ebenfalls Entwarnung in Sachen „TRASYLOL“ gegeben hatte, wollte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN von der Behörde wissen, inwieweit sich für die staatlichen ArzneiprüferInnen nach dem Täuschungsmanöver des Konzerns eine veränderte Sachlage ergeben hätte. Zudem fragte die CBG nach, ob dem BfArM das von Kurt Langbein herausgegebene Buch „Gesunde Geschäfte“ bekannt ist, das die Behauptung aufstellt, BAYER habe in den 60er Jahren eine TRASYLOL-Studie gefälscht und das erhöhte Sterblichkeitsrisiko durch die Behandlung mit der Arznei einfach „wegretouchiert“. Das Institut kannte das Werk nicht. „Wir können dessen Aussage also weder bestätigen noch dementieren“, hieß es in dem Antwortbrief des BfArM-Abteilungleiters Dr. Ulrich Hagemann. Die von BAYER zunächst unterschlagene Expertise lernen die Bonner PharmakologInnen derweil gerade kennen. „Erste Beratungen dazu haben im Oktober und November 2006 auf EU-Ebene in der Pharmakovigilianz-Arbeitsgruppe stattgefunden. Es ist zu erwarten, dass eine Überarbeitung der Produktinformation (Stand August 2006) vorgenommen werden muss“, schreibt Hagemann. Der Pharma-GAU, der nicht mehr auf den Beipackzettel passt und zu einem Marktrückruf führt, muss für das Bundesinstitut also noch erfunden werden.

CBG schreibt EU
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hatte BAYER wegen der Bildung eines Kunststoff-Kartells verklagt (Ticker 3/06) und dieses auch die EU wissen lassen. „Wir danken ihnen für die Informationen, die wir zur Kenntnis genommen haben. Die Wettbewerbsbehörde begrüßt und unterstützt die Wachsamkeit, die dem durch Kartelle entstehenden Schaden für VerbraucherInnen, AktionärInnen und die Gesellschaft insgesamt gilt“, heißt es in dem Antwortschreiben. Auch für eine konsequente Bestrafung setzten sich die BeamtInnen ein. „Die Kommission befürwortet alle Arten von Sanktionen, auch strafrechtliche (für Individuen), welche eine abschreckende Wirkung haben können“, so die Brüsseler WettbewerbshüterInnen.

CBG schreibt Wenning
Säuglinge in der „Dritten Welt“, die mit Milchpulver ernährt werden, leiden häufig unter Mangelernährung, weil die Mütter aus Kostengründen zu wenig verwenden. Oft verursacht das zum Ansetzen verwendete schadstoffreiche Wasser auch gesundheitliche Probleme. Deshalb haben die Philippinen den Konzernen 1986 verboten, für Milchpulver zu werben. Gegen diesen „milk code“ haben BAYER, NOVARTIS, ABBOTT und andere Pharma-Multis geklagt (Ticker 3/06). Um gegen dieses Vorgehen zu protestieren, haben die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und die AKTIONSGRUPPE BABYNAHRUNG einen Offenen Brief an BAYERs Vorstandsvorsitzenden Werner Wenning geschrieben.

Solidarität mit den BISlern
Der Leverkusener Multi will die BAYER INDUSTRY SERVICES zerschlagen, große Geschäftsbereiche abstoßen und auf diese Weise 3.000 Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns vernichten (SWB 4/06). Die MitarbeiterInnen protestieren dagegen mit einer Vehemenz und Ausdauer, die in der jüngeren Vergangenheit des Unternehmens ohne Beispiel ist. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN hat sich in einer öffentlichen Erklärung hinter die Beschäftigten gestellt. „Es ist nicht hinzunehmen, dass sich der Konzern jeglicher Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entzieht. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erklärt sich daher solidarisch mit den Forderungen der Belegschaft“, heißt es darin.

Cefic für Schmähpreis nominiert
Die Kölner Initiative LOBBYCONTROL hat den Europäischen Chemieverband Cefic für den „Worst EU Lobby Award“ nominiert. Verdient haben sich BAYER & Co. diesen Schmähpreis nach Meinung der Stifter gleich doppelt. Zum einen brachten sie das Europäische Parlament dazu, Nichtregierungsorganisationen das Klagerecht gegen Verletzungen von Umweltgesetzen durch EU-Institutionen zu nehmen und zum anderen suggerierten sie in ihrer Kampagne gegen das Chemikaliengesetz REACH fälschlicherweise, das Verbot gefährlicher Stoffe würde afrikanische Kinder zu wehrlosen Opfern von Malaria übertragenden Insekten machen.
Auch EU-Industriekommissar Günter Verheugen hat gleich zwei Eisen im Feuer. Preiswürdig empfand LOBBYCONTROL sowohl seine Gepflogenheit, ExpertInnengruppen vorzugsweise mit Industrie-Emissären zu bestücken als auch seine präventive Entschuldigung an BAYER & Co. im Rahmen der Diskussion um ein Positionspapier zur Unternehmensverantwortung, dass „ein paar Passagen als verbale Zugeständnisse an andere Stakeholder verstanden wissen müssen, die jedoch keine echten Folgen haben werden“. Andere BAYER-Freunde wie österreichische und finnische Politiker, welche der Biotech-Industrie ermöglichten, „Entscheidungsträger zu treffen und sich mit anderen Wirtschaftsakteuren zu vernetzen“, wie es die Gen-Giganten formulierten, während Umweltinitiativen draußen bleiben mussten, gehen ebenfalls mit guten Aussichten auf eine Auszeichnung ins Rennen.

NRW-Umweltverbände trafen sich
Mitte September nahm die CBG an einem Treffen nordrhein-westfälischer Umweltinitiativen teil. Die AktivistInnen tauschten sich über ein effektiveres Vorgehen gegen die Schadstoffausstöße von BAYER & Co. aus, diskutierten über die Anlagensicherheit und Notfallplanung in dem Bundesland und besprachen ein gemeinsames Vorgehen gegen den von der schwarz-gelben Landesregierung betriebenen Rückbau der Umweltpolitik (siehe auch SWB 3/06).

Kritik an AIDA-Werbung
Auch Verhütungsmittel fallen in der Bundesrepublik unter das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneien (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Das Internet bietet jedoch vielfältige Möglichkeiten, es zu umgehen. So preist die BAYER-Tochter JENAPHARM auf verschiedenen Webseiten unverhohlen die Pille AIDA als ein Mittel an, das nicht nur Schwangerschaften verhindert, sondern angeblich auch noch für schönere Haut und Haare sorgt. Nach einer Beschwerde der pharmakritischen Fachzeitschrift arznei-telegramm entfernte die Firma den Markennamen von den Seiten, im Metatext ist er jedoch nach wie vor vorhanden, weshalb Suchmaschinen weiterhin fündig werden. „Wir erinnern daran, dass ‚Schönheit‘ keine zugelassene Indikation für irgendein empfängnisverhütendes Mittel ist und die Nutzen-Schaden-Abwägung für eine solche ‚Indikation‘ eindeutig negativ ist (...) Die Vermarktung des neuen Kontrazeptivums AIDA ist unseriös und bedient zielgerichtet den Lifestyle-Bereich. Wegen unzureichender Daten zur Langzeitverträglichkeit raten wir von einer Verordnung ab“, schreibt das Blatt in einer Blitz-Veröffentlichung.

Neue MedizinerInnen-Initiative
BAYER & Co. versuchen auf vielfältige Weise, das Verschreibungsverhalten der MedizinerInnen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. So hat der Leverkusener Multi in der Vergangenheit ÄrztInnen Reisen im Orientexpress spendiert und ihnen für so genannte Beobachtungsstudien viel Geld gezahlt. Die neue MedizinerInnen-Initiative MEIN ESSEN ZAHL ICH SELBST (MEZIS) geht jetzt auf Distanz zur Pharmaindustrie. Mitglieder von MEZIS empfangen keine PharmareferentInnen in ihren Praxen, nehmen keine Musterpackungen und Geschenke an, beteiligen sich nicht an Arznei-Anwendungsstudien und verzichten auf Praxissoftware, die von den Pillenriesen gesponsort ist.

Proteste gegen Gen-Weizen
Gegen das Bestreben, im sachsen-anhaltinischen Gatersleben einen Freisetzungsversuch mit einer Weizenart durchzuführen, die gegen BAYERs Pestizid-Wirkstoff Glufosinat - unter anderem im berühmt-berüchtigten Genreis LL601 enthalten - immun ist, hat es zahlreiche Proteste gegeben. Gentechnik-GegnerInnen sammelten 27.000 Unterschriften gegen das Vorhaben. Das Münchner Umweltinstitut wandte sich gegen die Aussaat des Genweizens, weil sich in unmittelbarer Nähe des Freiluftlabors eine Genbank mit hunderten von alten Weizensorten befindet. Die ForscherInnen pflanzen diese zwecks Arterhaltung immer wieder im Freiland an, was die Ähren im Falle einer Nachbarschaft mit Gentech-Weizen der Gefahr von Auskreuzungen aussetzt. Zudem übte das Institut Kritik an der gentechnisch eingebauten Resistenz gegen Anti-Unkrautmittel. „Herbizidresistente Genpflanzen haben einen negativen Einfluss auf die biologische Vielfalt. Außerdem erhöhen sie nach kurzer Zeit den Pestizideinsatz auf den Äckern, weil sie die Ausbildung resistenter Ackerkräuter fördern“, so die Münchner Einrichtung. Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützte die Kampagne. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ließ sich von den Gentech-GegnerInnen nicht beeindrucken. Es genehmigte den Antrag des „Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung“ (IPK) trotzdem.

Treffen mit Gentechnik-KritikerInnen
Im Herbst 2006 besuchten Gentechnik-GegnerInnen aus Chile und Costa Rica die Bundesrepublik und machten dabei auch in Köln Station, um sich mit der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und anderen Initiativen zu treffen. Es kam zu einem regen Austausch von Erfahrungen, an dessen Ende die TeilnehmerInnen überein kamen, in Zukunft verstärkt zusammenzuarbeiten.

CBG beim „netzwerk recherche“
Der JournalistInnen-Verband „netzwerk recherche“ veranstaltete eine Tagung zum dem „Kritischer Wirtschaftsjournalismus“, bei welcher CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes den SchreiberInnen in einem Vortrag das ergiebige Arbeitsfeld „BAYER“ vorstellte.

SECURVITA ist BAYER nicht grün
Aktienfonds, die mit dem grünen Gewissen ihrer Unternehmen werben, sind mittlerweile ein lukratives Geschäft geworden; neun Milliarden Euro haben sie bisher schon rekurrieren können. Mit der Nachhaltigkeit nehmen es viele in der Branche aber nicht allzu genau. „Man sollte genauer hinschauen, was sich unter dem Etikett ‚Nachhaltigkeit‘ verbirgt“, warnt deshalb das Hamburger Finanzdienstleistungsunternehmen SECURVITA. Besonders dem „Dow Jones Sustainability World Index“, der BAYER, BASF, SIEMENS & Co. großzügig Ökofreibriefe ausstellt und so für ihre Aufnahme in die Öko-Fonds sorgt, ist SECURVITA nicht grün.

KAPITAL & ARBEIT

Hohe Abfindungen für SCHERING-Manager
Für einige wenige zahlen sich Unternehmenszusammenschlüsse kräftig aus. Was den Mannesmännern um Klaus Esser recht war, sollte den SCHERING-Managern billig sein. Kurz vor der drohenden feindlichen Übernahme durch MERCK, die BAYER schließlich abwendete, änderten sie ihre Verträge, so dass sie ihnen für den absehbaren Fall der Fälle ein hohes „Schmerzensgeld“ einräumten. Aus diesem Grund muss der Leverkusener Pharmariese den vier SCHERING-Vorständen nicht nur die ihnen vertraglich zustehenden 13 Millionen Euro zahlen, sondern darüber hinaus noch einen Sonderbonus von 11,7 Millionen. Allein der ehemalige SCHERING-Chef Hubertus Erlen, der in den BAYER-Aufsichtsrat wechselt, bekommt 6,6 Millionen und kann noch bis 2011 über sein Büro und einen Dienstwagen mit Fahrer verfügen.

800 Jobs in der Forschung weg
Im Zuge der SCHERING-Übernahme hat BAYER US-Forschungsstandorte in West Haven und Richmond geschlossen und so 800 Arbeitsplätze vernichtet. Künftig bleiben nur noch Pharma-Labore in Berlin, Wuppertal und Berkeley übrig.

New Martinsville schrumpft weiter
BAYER nimmt im Zuge des Neubaus von Kunststoff-Anlagen in China schon einmal anderswo „Flurbereinigungen“ vor. Nachdem der Multi am US-amerikanischen Standort New Martinsville bereits 2005 die TDI-Fertigung abgewickelt hatte, beendete er dort nun auch die MDI-Produktion und vernichtete so 230 Arbeitsplätze.

LANXESS schrumpft weiter

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Auch nach dem Verkauf der SAN-Kunststoffproduktion an BASF ( Ticker 3/06) haben die Beschäftigten von BAYERs abgestoßener Chemie-Abteilung noch keine Ruhe. Beim Mitte September 2006 in Leverkusen abgehaltenen Medien- und Investorentag kündigte LANXESS-Chef Axel Heitmann an, sich bis 2009 von allen Bereichen zu trennen, die weniger als fünf Prozent Rendite erwirtschaften. „Das bedeutet, dass Verlustgeschäfte bei LANXESS keinen Platz mehr haben“, so Heitmann, der aber auch kleinere Zukäufe nicht ausschloss.

LANXESS schrumpft weiter

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BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS rationalisiert seine Weichmacher-Produktion in Krefeld und vernichtet so 36 Arbeitsplätze.

Keine Altersgrenze für ManagerInnen
Durch Regelungen zur Altersteilzeit und andere Instrumente hat der Leverkusener Multi ältere Beschäftigte konsequent aus dem Erwerbsleben gedrängt. Nur sich selbst hat der Vorstand vor dem Jugendwahn verschont, so dass die Konzern-Spitze auch die Spitze der BAYER-Alterspyramide bildet. Und dies soll nach Ansicht von BAYER-Chef Werner Wenning auch so bleiben. Da der 59-Jährige eigentlich mit dem 63. Lebensjahr ausscheiden müsste, betrieb er schon mal Arbeitsplatzsicherung in eigener Sache und brach eine Lanze für rüstige Senioren von seinem Schlage. „Ich halte nichts von starren Altersgrenzen“, vertraute er der Bild am Sonntag an, für den Vorstandsvorsitzenden ist das Karriere-Ende „keine Frage von jung oder alt, sondern eine Frage der Leistungsfähigkeit“.

Nur 826 Ausbildungsplätze
Um fast die Hälfte ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten 16 Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken der BAYER AG noch 1.600 Lehrstellen, so strich sie der Konzern bis zum Herbst 2006 auf 826 zusammen. Wieder einmal liegt der Multi damit unter der durchschnittlichen Lehrstellen-Quote der bundesdeutschen Wirtschaft von sieben Prozent der Belegschaft.

Schulte aus dem Aufsichtsrat
Der ehemalige DGB-Vorsitzende Dieter Schulte ist aus dem BAYER-Aufsichtsrat ausgeschieden. Für ihn rückte mit Reiner Hoffmann der stellvertretende Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes nach.

KONZERN & VERGANGENHEIT

Husseins Giftgas-Attacken
Auch der irakische Diktator Saddam Hussein schwörte auf BAYER-Produkte. Bei seinen Attacken auf kurdische Dörfer zwischen 1987 und 1988, denen 50.000 bis 100.000 Menschen zum Opfer fielen, kam das vom BAYER-Forscher Fritz Haber während des Ersten Weltkrieges entwickelte Senfgas zum Einsatz.

POLITIK & EINFLUSS

BAYER macht Umweltpolitik
Der Satz „BAYER macht Umweltpolitik“ ist manchmal auch ganz wörtlich zu verstehen. Der Leverkusener Multi hat nämlich einen seiner Mitarbeiter im Umweltministerium sitzen, der zudem noch zur Hälfte aus Steuermitteln bezahlt wird. Ca. 100 solcher EmissärInnen von Verbänden und Unternehmen haben den PolitikerInnen in den letzten vier Jahren ein wenig beim Regieren unter die Arme gegriffen. Aber größeren Einfluss hatten sie nach Meinung der Bundesregierung natürlich nicht. „Eine politische Einflussnahme auf Entscheidungen der obersten Bundesbehörden wird durch die Einbindung der externen Mitarbeiter und MitarbeiterInnen in die hierarchischen Strukturen und der damit verbundenen Kontrollmechanismen ausgeschlossen“, antwortete die Große Koalition auf eine Anfrage der FDP.

Grüne bei BAYER
„Erstmals seit Bestehen der grünen Kreistagsfraktion haben wir uns mit Vertretern aus der Leitungsebene von BAYER Dormagen getroffen“ - was der Grünen-Fraktionsvorsitzende Erhard Demmer da stolz vermeldet, stellt nicht gerade eine Sternstunde in der Geschichte der Partei dar. Die PolitikerInnen ließen sich nämlich nur unverbindlich zu den Themen „Entwicklung der Arbeitsplätze in Zeiten der Globalisierung“, „Sicherheitskonzept“ und „Störfallmanagement“ informieren.

Spenden und Ernten
Jahr für Jahr erlassen die USA Unternehmen mit Stammsitz im Ausland Zollzahlungen für eingeführte Rohstoffe in Millionenhöhe. Der Leverkusener Multi und seine Chemie-Abspaltung LANXESS profitieren von mehr als 70 solcher Ausnahmeregelungen, die ihnen jährlich eine Ersparnis von 17,5 Millionen Dollar bringen - und weitere Anträge sind schon auf dem Weg. Ganz umsonst gibt es das Geld aber nicht. So investierte BAYER nach Berechnungen des „Center for Responsive Politics“ allein 2005 3,2 Millionen Dollar in Lobby-Aktivitäten zur Zollfreiheit und zu anderen aussichtsreichen Projekten. Weil US-amerikanische Firmen verstärkt gegen die ausländischen Unternehmen zugestandenen Wettbewerbsvorteile protestieren, gerät die großzügige Zollpolitik der US-Regierung nun zunehmend in die Kritik.

Große Entrup leitet CDU-Umweltausschuss
Der BAYER-Manager Wolfgang Große Entrup, der beim Leverkusener Multi dem Bereich „Umwelt und Politik“ vorsteht, hat beim CDU-Wirtschaftsrat die Leitung des Bereichs „Umweltpolitik“ übernommen. Er ist der ideale Verbindungsmann für die Konzerne, denn vor seiner Tätigkeit bei BAYER und BASF hatte Große Entrup als persönlicher Referent eines parlamentarischen Geschäftsführers im Bundestag gearbeitet. So lässt die Agenda des Wirtschaftsratsausschusses denn auch Böses ahnen. Das Gremium will unter anderem „Innovationsblockaden bei der grünen Gentechnik abbauen“, beim Umwelthaftungsgesetz die „Haftungsrisiken für Unternehmen minimieren“ und die angebliche Vorreiterrolle der Bundesrepublik in Sachen „Umweltpolitik“ zu einer bloßen „Vordenker“-Rolle zurückstufen.

Druck auf China
BAYER & Co. haben die Bundesregierung in die Pflicht genommen, bessere Bedingungen für ihre Kapitalrendite in China zu schaffen. Wirtschaftsminister Glos tat wie geheißen und veröffentlichte nach Informationen von german-foreign-policy.com „Thesen zu den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen“. Ihnen zufolge will die Große Koalition den asiatischen Staat drängen, seine „Verpflichtung zur Öffnung des heimischen Marktes ernst zu nehmen“, staatliche Eingriffe in die Wirtschaft zurückzufahren und künftig ausländische Investoren wie inländische zu behandeln.

Ökosteuer adé
Für BAYER und andere Energie-Großverbraucher hält die Ökosteuer großzügige Ausnahmeregelungen parat (Ticker 3/06). Nach dem jüngsten Subventionsbericht der Bundesregierung beträgt ihr Geldwert jährlich 5,4 Milliarden Euro. Aber der Großen Koalition reicht das noch nicht. Sie will bei der Ökosteuer so lange nachbessern, bis nichts mehr von ihr übrig bleibt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Reinhard Schulz spricht das ganz offen aus. „Deswegen werden wir die Höhe der Energiesteuern für das Produzierende Gewerbe wieder auf den Stand von 1998 - also vor Einführung der Ökosteuer - zurückführen“, so der Politiker. Als Mittel dazu dient das „Biokraftstoff-Quotengesetz“, das BAYER & Co. nicht nur Abschläge auf die Ökosteuertarife, sondern auch auf andere Energiesteuern einräumt.

Fusion von BDI und DIHK
BAYER & Co. wollen ihre Interessen gegenüber der Politik künftig noch wirkungsvoller vertreten und prüfen eine Zusammenlegung der Unternehmensvereinigungen „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) und „Deutsche Industrie- und Handelskammer“ (DIHK). „Aufbauend auf der bereits seit Jahren bestehenden Zusammenarbeit sollen beispielsweise in den Bereichen Umwelt, Energie und Außenwirtschaft stärker Synergieeffekte genutzt und somit die Schlagkraft erhöht werden“, heißt es in einer Presseerklärung des DIHK.

BAYER & Co. als Gesundheitsreformer
Über die Gesundheitsreform haben BAYER & Co. sich so ihre eigenen Gedanken gemacht. Im September 2006 stellte Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt ein „Zehn-Punkte-Korrekturprogramm“ vor, das es in sich hatte. Die Industrie wollte darin unter anderem die Bezugsdauer des Krankengeldes von 78 auf 52 Wochen herabsetzen, die Belastungsobergrenze für den Erwerb von Arzneien von zwei auf drei Prozent des Bruttoeinkommens erhöhen und die Praxisgebühr bei jedem MedizinerInnen-Besuch und nicht mehr nur einmal im Quartal erheben.

Wenning kritisiert Gesundheitsreform
Unter Marktpreis auf dem Arzneimittel-Sektor versteht BAYER-Chef Werner Wenning den Preis, den das Unternehmen festlegt - alles andere ist für ihn Sozialismus. Darum kritisierte er auch die Absicht der Bundesregierung, künftig den Krankenkassen Medikamente nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze erstatten zu lassen. „Wir laufen Gefahr, dass damit die Marktpreismechanismen im Gesundheitswesen völlig außer Kraft gesetzt werden“, warnte der Große Vorsitzende (siehe auch DRUGS & PILLS). Die im letzten Jahr um zehn Prozent gestiegenen Pillenpreise zu kritisieren, findet der schom im „Ansatz“ falsch. „Alle schauen immer nur auf die Kosten und nicht darauf, dass die Pharmabranche einen volkswirtschaftlich sinnvollen Beitrag leistet, im Sinne der Volksgesundheit“, so Wenning. Auf Protestaktionen, wie die MedizinerInnen sie durchgeführt haben, will der Vorstandsvorsitzende dennoch verzichten. „Aber wir gehen nicht auf die Straße, sondern sind in ständigem Dialog mit den politisch Verantwortlichen“, sagte er in einem Interview mit dem zur Abwechslung einmal erstaunlich kritischen manager-magazin.

BAYER & Co. wollen für Pillen werben
Obwohl die EU im Jahr 2002 eine Aufhebung des Werbeverbots für Arzneimittel ablehnte, legen sich BAYER & Co. weiter unverdrossen für die Lizenz zu „PatientInnen-Informationen“ ins Zeug. FürsprecherInnen finden sie bei der konservativen und bei der liberalen Fraktion im Straßburger Parlament. Aus augenfälligen Gründen unterstützen auch bundesdeutsche Zeitungsverlage das Begehr. Ob die Konzerne aber wirklich bald für ihre Produkte die Werbetrommel rühren dürfen, ist noch nicht entschieden.

Die Schneider AG
Immer noch ist Manfred Schneider der mächtigste Mann der Deutschland AG. Der ehemalige Chef des Leverkusener Multis steht den Aufsichtsräten von BAYER und LINDE vor und hat Mandate bei DAIMLERCHRYSLER, METRO, RWE, TUI und der ALLIANZ. Zudem leitet er vier wichtige Gremien wie etwa den ALLIANZ-Prüfungsausschuss und hat Sitze in sieben weiteren.

Insulin für China
Das indische Pharma-Unternehmen BIOCON will sein Insulin-Präparat INSUGEN ab 2008 gemeinsam mit BAYER in China vermarkten. Bei der Arznei handelt es sich um einen gentechnischen Nachbau von Humaninsulin, ein „rekombinantes Humaninsulin-Analogon“. Nach einer Einschätzung des „Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ weisen solche Mittel gegenüber herkömmlichem Insulin keinen Behandlungsvorteil auf, weshalb es den Krankenkassen empfahl, die hohen Kosten für das Gentech-Produkt nicht länger zu übernehmen.

PROPAGANDA & MEDIEN

BAYER sponsort transgen
Die von der VERBRAUCHER-INITIATIVE gestartete website transgen will nach eigenem Bekunden für Transparenz in puncto „Gentechnik bei Lebensmitteln“ sorgen. Mit Transparenz in eigener Sache hält sich die VERBRAUCHER-INITIATIVE allerdings zurück. Sie verschweigt nämlich, dass BAYER und andere Agromultis die transgen-Seite sponsorn.

BAYER-Kreuz in Shanghai
Der Leverkusener Multi entdeckt das BAYER-Kreuz zunehmend als Werbeträger. Nachdem es sich nun schon eine Weile auf dem Dach eines Berliner Hochhauses dreht, exportierte der Konzern es jetzt auch nach China auf das Dach des SHANGHAI-MANSON-HOTELS. Zudem installierte der Pharmariese auf dem Renommierbau der Stadt, dem CITYGROUP-Tower, eine Leuchtwerbung.

„HerzProtect“ protegiert ASPIRIN
BAYER hat eine Aufklärungsaktion zum Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko gestartet, die jedoch vor allem über eines aufklärt: die angeblich segensreiche Wirkung von ASPIRIN zur Vorbeugung von Herz/Kreislaufkrankheiten. Dabei gelang es dem Konzern überdies, die Deutsche Sporthochschule, eine medizinische Fachzeitschrift und die immer wieder gern mit Pharma-Multis kooperierende „World Heart Federation“ vor seinen Karren zu spannen.

UmweltbotschafterInnen bei BAYER
Im Rahmen der Kooperation mit dem Umweltprogramm der UN, die ein zentrales Element innerhalb der Greenwashing-Aktivitäten des Konzerns darstellt, lud der Multi „48 junge Umweltbotschafter aus 16 Ländern und vier Kontinenten“ nach Leverkusen ein. Nach den Vorstellungen des Unternehmens sollen die EmissärInnen anschließend daheim von BAYERs vorbildlichem umweltgerechten Tun künden. Bei dem gerade virulenten Genreis-Skandal dürfte das von den BotschaftlerInnen einiges diplomatisches Geschick verlangen.

Chemie für Anfänger
Am 1. September 2006 veranstaltete BAYER eine Wissenschaftsnacht, in der das Unternehmen Eltern und ihren Kindern die Chemie schmackhaft machen wollte. Von Fragen wie „Hat Luft ein Gewicht?“ oder „Hat Wasser eine Klebkraft?“ arbeiteten die Konzern-PropagandistInnen sich schon bald zu heikleren Themen wie etwa „Was hat Pflanzenschutz mit Ernährung zu tun?“ vor, um Gegenaufklärung zu betreiben.

BAYERs Geschlechterpolitik preiswürdig?
Der „Total-E-Quality“-Verband hat den Leverkusener Multi für sein Bemühen um die Chancengleichheit von Mann und Frau mit einem Prädikat ausgezeichnet. Bis in die Führungsetage hat es diese Chancengleichheit beim Leverkusener Multi aber bislang noch nicht geschafft. Der 5-köpfige Vorstand ist ein reiner Männerclub, und im Aufsichtsrat sitzt eine Frau allein unter 24 Männern. Zudem gestattet BAYER Männern nicht, Elternzeit zu beantragen (siehe Ticker 2/06).

VFA trifft PatientInnen-Verbände
In der Bundesrepublik dürfen BAYER & Co. keine direkte Werbung für verschreibungspflichtige Arzneien machen. Doch die Pharma-Multis finden dennoch Wege, ihre Produkte anzupreisen. So machen sie sich zum Beispiel an Selbsthilfegruppen heran. Einer solchen Kontaktpflege diente auch das Roundtable-Gespräch, zu dem der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) am 15. September verschiedene Verbände geladen hatte.

Sozial-Kampagne in China
BAYER versucht sich in China das Image eines sozial verantwortlich handelnden Unternehmens zu geben. Bei einer in Beijing stattfindenden Konferenz zum Thema „Soziale Verantwortung von Unternehmen und Innovation“ gab der Multi die Samariter-Rolle und fand dafür auch Anknüpfungspunkte vor Ort. „Das Konzept einer harmonischen Gesellschaft ist das chinesische Pendant zum Konzept der Sozialen Verantwortung von Unternehmen“, schmiss sich der in dem asiatischen Land für die Unternehmenskommunikation zuständige William Valentino an die PolitikerInnen heran und zählte danach einmal mehr BAYERs aus der Portokasse bezahlte Prestige-Projekte auf.

Wieder ein UNEP-Malwettbewerb
Dieses Mal will sich BAYER mit dem Thema „Klimawandel“ grün waschen. Das Waschmittel dazu liefert einmal mehr die UNEP als Umweltorganisation der UN. Mit dieser veranstaltet der Leverkusener Multi nämlich einen Malwettbewerb für Kinder, bei dem die Kleinen ihre Visionen zu den besorgniserregenden Kohlendioxid-Emissionen darstellen und so auch ein Bild von dem grünen Gewissen BAYERs malen sollen, das dasjenige vom Umweltsünder mit 3,9 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr überpinselt.

TIERE & ARZNEIEN

Tödliches Flohhalsband
BAYERs Flohhalsbänder haben es in sich. Sie enthalten Pestizidwirkstoffe und sind entsprechend giftig. In Kanada starb jetzt eine Katze an einer Überdosis Chemie. Die Halterin wandte sich an den Leverkusener Multi, aber der Konzern war sich keiner Schuld bewusst. „BAYER ist so arrogant und bösartig, dass ich mich damit nicht abspeisen lasse. Ich werde BAYER endlos weiter anrufen und schreiben“, ließ die erboste Tierhalterin die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wissen.

DRUGS & PILLS

Kein NEXAVAR bei Hautkrebs
BAYERs NEXAVAR erweist sich nicht als Tausendsassa in der Behandlung von Krebs. Nachdem der Leverkusener Multi schon Tests zur Bauchspeicheldrüsenkrebs-Therapie abbrechen musste, kam in der dritten und entscheidenden Phase der Klinischen Erprobung für NEXAVAR nun auch das Aus bei der Indikation „Hautkrebs“. Es gelang dem Präparat nicht, die Überlebenszeit der PatientInnen zu verlängern.

Zulassungen: schneller = gefährlicher
BAYER & Co. dringen unentwegt auf schnellere Arznei-Zulassungsverfahren. Nach einer kanadischen Studie birgt ein beschleunigtes Genehmigungsprozedere jedoch viele Gefahren. Die WissenschaftlerInnen verglichen die Zahl der Medikamenten-Rückrufe im Schnellzulassungsland USA mit derjenigen in Kanada und stellten einen nicht unbeträchtlichen Unterschied fest: Während die US-Behörden 3,6 Prozent der geprüften Pharmazeutika wieder vom Markt nehmen mussten, lag die Fehlerquote der kanadischen Pillen-Aufsicht lediglich bei zwei Prozent.

Zulassungen mit beschränkter Haftung
BAYER hat der US-Gesundheitsbehörde FDA bei einer Sicherheitsüberprüfung von TRASYLOL besorgniserregende Daten verschwiegen (siehe AKTION & KRITIK). Aber nicht nur der Leverkusener Multi weiß mehr über seine Pillen als den ArzneiwächterInnen lieb sein kann. „Es kommt immer wieder vor, dass Firmen sagen, dass sie ganz andere Daten haben, sie aber nicht herausrücken“, sagt Peter Sawicki vom „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“. Darum mag FDA-Mitarbeiter Wiliam Hiatt auf Pillen-Genehmigungen auch nicht die volle Garantie geben. „Das komplette Sicherheitsprofil eines Medikamentes kennt man zum Zeitpunkt der Zulassung selten“, räumt er ein.

Kritik an Bill Gates
Mit ihrem jährlichen Etat von 3 Milliarden Dollar ist die Bill-Gates-Stiftung zu einem wichtigen Akteur der Weltgesundheitspolitik geworden. Auch BAYER profitiert von dem spendablen - und Steuer sparenden - Unternehmer. Der Leverkusener Multi erhält Geld für die Erforschung neuer Behandlungsmethoden von Tuberkulose. Die kanadische Gesundheitswissenschaftlerin Anne-Emanuelle Birn hat jetzt Kritik an dem Einfluss des „Wohltäters“ geübt. Seine Organisation fälle einsame, sich öffentlicher Kontrolle entziehende Entscheidungen. Zudem bevorzuge Gates als Technikfreak technische Lösungen und schenke den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den armen Ländern zu wenig Beachtung, so die Professorin. „Die Geschichte zeigt, dass nachhaltiger Fortschritt für die Gesundheit stattfand, wenn technologische Lösungen mit einer Neuverteilung der politischen Macht einhergingen“, schreibt die Wissenschaftlerin in einem Aufsatz, den über 30 US-Zeitungen nicht abdrucken mochten.

VFA gegen IQWiG
Das „Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“ (IQWiG) hat erstmals Ernst gemacht. Es führte eine Kosten/Nutzen-Analyse bei verschiedenen Insulinen durch. Dabei schnitten die teuren, gentechnisch hergestellten Präparate schlecht ab, woraufhin die Krankenkassen diese von der Liste der erstattungspflichtigen Arzneien strichen. Bei der Faz klingelten die Alarmglocken, denn das Institut will sich demnächst auch Asthma-, Demenz- und Bluthochdruckmedikamente vornehmen. „Für die deutsche Pharmabranche hat die wichtigste politische Auseinandersetzung der vergangenen Jahre begonnen“, schrieb die Zeitung. Die Stellungnahme des von BAYER gegründeten „Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Der Lobbyclub kritisierte vielsagend die Vorgehensweise des IQWiG, das sich allein auf die Daten aus den klinischen Studien der Hersteller stützte, „aber nicht auf das viel breitere Gebiet der Nutzenbewertung“, bei der auch Versorgungsalltag eine Rolle spiele. Auf eine minimale Erleichterung des Versorgungsalltags, beispielsweise durch eine Umstellung auf eine einmalige statt dreimalige Pillen-Einnahme pro Tag, kaprizieren sich BAYER & Co. nämlich zunehmend, weil sie dafür wieder den Maximalprofite versprechenden Patentschutz beantragen können.

Glasnost bei Pillenpreisen?
BAYER & Co. beziffern die Kosten für die Entwicklung eines neuen Medikaments auf durchschnittlich 800 Millionen Euro. Auf dieser Basis - an deren Redlichkeit viele ExpertInnen Zweifel hegen (siehe unten) - legen die Hersteller auch die Preise fest. Grenzen waren ihnen dabei bislang nicht gesetzt. Dies dürfte sich jetzt ändern. Die Große Koalition will Erstattungshöchstgrenzen für neue, patentgeschützte Medikamente erlassen. Bei der Preisfindung richtet sie sich nach der Kosten/Nutzen-Analyse und den Forschungsaufwändungen. Dafür verlangt sie Einblick in die Kalkulationen der Pharma-Riesen. Dabei machten die GesundheitspolitikerInnen schon deutlich, künftig nicht mehr alle in Rechnung gestellten finanziellen Belastungen zu akzeptieren. „Warum sollen die bundesdeutschen BeitragszahlerInnen für die Entwicklungskosten einer weltweit vertriebenen Arznei aufkommen?“, fragen sie sich und kündigten an, künftig nicht mehr alles, sondern nur noch „denjenigen Betrag, der dem Versorgungsanteil in Deutschland entspricht“ zu bezahlen. Der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ sieht deshalb schon die kapitalistische Pharma-Welt untergehen. „Staatlich sanktionierte Preisdiktate sind der Anfang, Staatsmedizin das Ende der Entwicklung“, so die VFA-Geschäftsführerin und ehemalige BAYER-Angestellte Cornelia Yzer.

Wenig Forschung, viel Marketing
BAYER rechtfertig die hohen Gewinne im Pharmabereich regelmäßig mit dem hohen Forschungsaufwand. Nach Informationen des manager-magazins gehen beim Leverkusener Multi aber nur 15 Prozent der Kosten im Arzneimittelbereich für die Forschung drauf, während das Marketing 35 Prozent des Budgets verschlingt. Der Konzern kommt selbstverständlich auf andere Zahlen, weil er z. B. die „wissenschaftliche Information“, sprich: den Kontakt zu den MedizinerInnen, dem Forschungssektor zuschlägt, statt sie unter „Marketing und Vertrieb“ zu subsummieren.

Trennung von ORGANON
BAYER und das US-amerikanische Pharma-Unternehmen ORGANON haben ihre Kooperation bei der Entwicklung einer „Pille für den Mann“ nach Abschluss der Phase II der klinischen Tests eingestellt. Das jährlich zu erneuernde Implantat, das zudem alle drei Monate eine frische Wirkstoff-Injektion benötigte, hatte nach Ansicht der beiden Konzerne zu wenig Chancen auf dem Markt.

BAYER & Co. treiben die Kosten
Der Pharmakologe Dr. Ulrich Schwabe macht die Pharma-Industrie für 90 Prozent der im Jahr 2005 gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich. Vor allem die teuren Schein-Innovationen ohne pharmazeutischen Neuwert, die BAYER-Chef Werner Wenning scheinheilig „Schrittinnovationen“ nennt, belasteten die Budgets der Krankenkassen stark.

Neues Krebsmedikament
BAYER entwickelt gemeinsam mit ASTRA ZENECA ein neues Brustkrebs-Präparat. Der schwedisch-britische Konzern übernimmt die klinische Entwicklung, der Leverkusener Multi alles weitere.

Kein KINZAL während der Schwangerschaft
Die Hochdruckliga warnt schwangere Frauen aufgrund neuerer Studien vor der Einnahme von Bluthochdruck-Medikamenten aus der Gruppe der ACE-Hemmer und der Angiotensin-Antagonisten, zu denen BAYERs KINZAL gehört, weil die Präparate bereits die frühe Entwicklungsphase des Embryos stören.

BETAFERON vorn
Nach der Übernahme von SCHERING ist die Multiple-Sklerose-Arznei BETAFERON mit einem Umsatz von 867 Millionen Euro BAYERs lukrativstes Medikament. Es folgt das Bluterpräparat KOGENATE (663 Mio.) vor der Pille YASMIN (586 Mio.) und dem Antibiotikum AVALOX/AVELOX (364 Mio.).

GENE & KLONE

LL601 ist überall
Wenn es noch eines Beweises für die Unbeherrschbarkeit der Gentechnologie bedurfte, dann hat ihn der Leverkusener Multi jüngst erbracht: In 33 von 162 Lebensmittelproben aus deutschen Supermärkten fanden sich Spuren von seinem nicht zum Verzehr zugelassenen Genreis LL601, was den bislang größten Gentechnik-Skandal in der Bundesrepublik auslöste (siehe auch SWB 4/06). Auch BAYERs andere Gentech-Sorte, LL62, wiesen WissenschaftlerInnen in Handelsreis nach.

EU-Ministerrat gegen BAYER-Raps
Der EU-Agrarrat hat BAYER keine Einfuhrerlaubnis für die gentechnisch manipulierten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 erteilt und damit Verbraucherschutzminister Horst Seehofer und andere Gentech-Freunde überstimmt. Da die GenskeptikerInnen aber weniger als zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnten, obliegt nun der als gentechnik-freundlich bekannten EU-Kommission die Entscheidung. Obwohl der Raps nicht auf die Äcker kommen soll, sondern nach BAYER-Angaben zur Herstellung von Öl vorgesehen ist, warnen KritikerInnen vor möglichen Auskreuzungen mit konventionell angebauten Sorten. Nach Ansicht des grünen EU-Abgeordneten Friedrich Wilhelm zu Baringdorf könnten die Rapssamen etwa beim Verladen in die freie Wildbahn gelangen und dort aufkeimen.

WASSER, BODEN & LUFT

Neue Untersuchungen zur Dhünnaue
Aus Kostengründen entschieden die Stadt Leverkusen und BAYER, die ehemalige Giftmülldeponie Dhünnaue nicht zu sanieren, sondern die 126.000 Tonnen Schadstoffe lediglich mit einer dicken Sperrwand zu umgeben. Nach oben hin dichten mehrere Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff das Chemiegrab ab. Aber nach unten hin ist alles offen. So ist die Deponie buchstäblich ein Fass ohne Boden. 750 Kubikmeter Wasser muss BAYER deshalb stündlich abpumpen und im Klärwerk reinigen, was jährlich einige Millionen kostet. Auch die nötigen Kontrollmaßnahmen verschlingen viel Geld. Da es in der alten Deponie noch arbeitet und sich z. B. bei den Abbauprozessen der Chemikalien neue giftige Gase bilden, hat die Stadt Leverkusen im Sommer 2006 zwei Gutachten zur Boden- und Wasserqualität in Auftrag gegeben.

EU verbessert Bodenschutz
EU-weit sind ca. vier Millionen Grundstücke durch Chemikalien, Schwermetalle oder Dioxin verunreinigt. Die Kosten für die Sanierung dieser Böden beziffert die Brüsseler Kommission auf 38 Milliarden Euro. Darum verstärkt die Europäische Union ihre Anstrengungen zum Bodenschutz. Nach einem neuen Richtlinien-Entwurf müssen BAYER & Co. beim Verkauf von Firmen-Arealen künftig Expertisen über die im Erdreich schlummernden Schadstoffe vorlegen. Darüber hinaus fordert die Regelung die Mitgliedsstaaten auf, ein für Privatpersonen und Unternehmen einsehbares Belastungskataster anzulegen.

3,9 Millionen Tonnen CO2 + x
3,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid stößt BAYER nach eigenen Angaben jährlich aus. Dabei zählt der Konzern allerdings nur das CO2, das bei der hauseigenen Energieproduktion anfällt, was die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN seit längerem kritisiert. Für den Chemiepark Krefeld liegen jetzt konkrete Angaben zum Verhältnis von selbstproduziertem Strom und Zulieferungen vor. 40 Prozent der Energie ist hausgemacht, 60 Prozent kommt von anderen Anbietern. Auf die anderen Standorte hochgerechnet, dürfte die dem Konzern tatsächlich in Rechnung zu stellende CO2-Menge also mehr als das Doppelte von 3,9 Millionen Tonnen betragen.

Waldsterben durch Stickstoffe
4.500 Tonnen Stickoxid blasen die BAYER-Werke jährlich in die Luft. Aber die Erde hat sie bald wieder. Niederschläge drücken die Stoffe nieder, und am Boden entfalten sie eine verheerende Wirkung. Sie überdüngen und übersäuern das Erdreich und sorgen so für eine Auswaschung wichtiger Spurenelemente und für eine Freisetzung von Giftstoffen. In diesem Milieu können Bäume dann nicht mehr gut gedeihen, weshalb ihnen Frost, Dürre oder schnelle Klimaveränderungen mehr zusetzen. Die Umweltschutzorganisation ROBIN WOOD sieht in den Stickstoff-Emissionen deshalb neben den Kohlendioxid- und Schwefeldioxid-Ausstößen die wichtigste Ursache für das Waldsterben.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Bisphenol-A-Verbot
Die Chemikalie Bisphenol A wirkt hormon-ähnlich und stört deshalb den Hormon-Haushalt des Körpers. So hemmt es z. B. das im Wachstumsprozess des Gehirns eine wichtige Rolle spielende Östrogen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen fordern deshalb seit Jahren ein Verbot der gefährlichen Substanz. In den USA hat die Kampagne jetzt einen Teilerfolg errungen. Die Stadt San Francisco hat es untersagt, Kinderspielzeug, das Bisphenol A oder Weichmacher wie Phthalate enthält, in den Handel zu bringen. Da die Kommune in Sachen „Umweltpolitik“ oft eine Vorreiterrolle spielte, hoffen die AktivistInnen, dass sich der Staat Kalifornien und im Anschluss vielleicht auch die gesamte USA dem Bisphenol-Bann anschließen werden.

Chemie macht Kinder krank
In den Körpern von Kindern finden sich immer mehr gefährliche Chemikalien. Zu diesem Ergebnis kommt die vom BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ (BUND) in Auftrag gegebene Studie „Gesundheitsschäden durch eine verfehlte Chemikalienpolitik“. Die ForscherInnen stießen bei ihren Untersuchungen auf Bisphenol A, Weichmacher, Flammschutzmittel und andere auch in BAYER-Produkten enthaltene Substanzen. „Die Liste der in Kinderkörpern vorhandenen Chemikalien liest sich wie eine Anleitung zur Blutvergiftung. Dies bleibt nicht ohne Folgen: Immer mehr Kinder leiden unter Geburtsdefekten, Allergien, Hormonstörungen, Leukämien und Verhaltensauffälligkeiten“, so die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron. Der Umweltverband nimmt die beunruhigenden Ergebnisse zum Anlass, die PolitikerInnen zu Änderungen beim EU-Chemikaliengesetz REACH aufzufordern. In seiner jetzigen, weitestgehend von BAYER & Co. bestimmten Form ist es dem BUND zufolge nicht geeignet, Minderjährige ausreichend vor gefährlichen Stoffen zu schützen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Verbotene Pestizide im Handel
Legal - illegal - scheißegal! - in der Bundesrepublik längst verbotene Pestizide gehen immer noch in Massen über die Ladentheke. Diesen Skandal deckte GREENPEACE Ende November 2006 auf. Die Organisation unternahm einen kleinen Einkaufsbummel und machte so manches Giftschnäppchen. Auch verbotene Früchte made by BAYER fehlten nicht. So erstanden GREENPEACE-EinkäuferInnen bei DealerInnen in Frankreich und Deutschland unter anderem das europaweit nicht mehr zugelassene PARATHION mit dem Wirkstoff E 605 und die Agrochemikalie METASYSTOX R.

Immer mehr Glyphosat-Resistenzen
Resistenzen gegen den Antiunkraut-Wirkstoff Glyphosate, der auch in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G steckt, breiten sich immer weiter aus. Mexikanische WissenschaftlerInnen haben mit dem „Tall Waterhemp“ bereits die neunte Pflanzenart ausgemacht, der das Gift nichts mehr anhaben kann. Da die Unkräuter diese Immunität per Pollenflug weitergeben, dürften bald noch weitere Kandidaten dazukommen.

Ghana: Pestizide in Lebensmitteln
WissenschaftlerInnen untersuchten Obst und Gemüse in Ghana auf Pestizidrückstände und stellten massive Verunreinigungen fest. Unter anderem wiesen die Nahrungsmittel Spuren des Ackergiftes Endosulfan, enthalten in den BAYER-Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, und Chlorpyrifos, dem Wirkstoff der Insektenmittel BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, nach. Chlorpyrifos fand sich in 78 Prozent aller Proben und überschritt dabei immer den zulässigen Grenzwert von 0,05 mg/kg, Endosulfan war in 36 Prozent der Lebensmittel-Samples enthalten.

Chlorpyrifos schädigt Fötus
Das Pestizid Chlorpyrifos, unter anderem Wirkstoff der BAYER-Insektizide BLATTANEX, PROFICID und RIDDER, kann das Wachsen des Fötus im Mutterleib beeinträchtigen, was zu einem geringen Geburtsgewicht und zu erhöhten Krankheitsrisiken wie etwa Bluthochdruck führt. Das ergaben Studien von FP Perera et al. sowie von GS Berkowitz et al., beide in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives veröffentlicht.

Chlorpyrifos übersteigt Grenzwerte
Nach Messungen des PESTICIDE ACTION NETWORK NORTH AMERICA (PANNA) übersteigt die Konzentration des Pestizid-Wirkstoffes Chlorpyrifos in der Luft oftmals die festgelegten Höchstgrenzen massiv. Im Jahr 2004 verletzten 11 Prozent der Proben des auch in BAYER-Produkten enthaltenen Ackergiftes den noch zulässigen Wert; eine übertraf die Grenze des Erlaubten sogar um das 8fache! 2005 bot sich ein noch besorgniserregenderes Bild: 23 Prozent der Samples lagen über dem Unbedenklichkeitslimit.

BAYER-Gifte in Costa Rica
BAYER-Pestizide gefährden Mensch, Tier und Umwelt in Costa Rica stark. Nach einer Untersuchung von Humbert S. Margni et al. gehören der Ackergift-Wirkstoff Mancozeb, das am jährlichen Pestizid-Verbrauch des Landes einen Anteil von 30 Prozent hat, und Ethoprophos, enthalten in den Insektiziden MOCAP und SANIMUL, zu den fünf Agrochemikalien, die für drei Viertel aller Wasserverunreinigungen in dem Land verantwortlich sind.

Aus für Lindan
Seit BAYER im Jahr 2004 die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich der unter anderem durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid-Wirkstoff Lindan wieder im Sortiment des Konzerns. Nur noch in den USA durften die Agromultis die Agrochemikalie bislang noch vertreiben. Jetzt haben die zuständigen Behörden diese auch dort aus dem Verkehr gezogen. Die Umweltbehörde EPA gab im August 2006 bekannt, mit Lindan „eines der giftigsten, am schwersten abbaubarsten, am gravierensten im menschlichen Gewebe sich anreichernden Pestizide, das je eine Zulassung erhalten hat“ verboten zu haben.

Glufosinat am Pranger
Die EU führt zur Zeit unter der Ägide Schwedens eine Sicherheitsüberprüfung von 52 Pestiziden durch. Dabei fiel die BAYER-Substanz Glufosinat, Wirkstoff der Agrochemikalien BASTA und LIBERTYLINK und mittlerweile durch den Genreis-GAU berühmt-berüchtigt, durch. Die schwedischen ExpertInnen empfahlen, das Ackergift wegen seiner Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt aus dem Verkehr zu ziehen. Den BAYER-LobbystInnen in Brüssel dürften sie damit eine Menge Arbeit beschert haben.

PLASTE & ELASTE

Unternehmensberater leitet Kunststoffsparte
UnternehmensberaterInnen wissen zumeist nur einen Rat: Mehr Profit durch weniger Beschäftigte. Deshalb verheißt es nichts Gutes, wenn der Leverkusener Multi den ehemaligen Unternehmensberater Patrick Thomas zum neuen Leiter seiner Kunststoffsparte macht.

STANDORTE & PRODUKTE

Mehr Forschung in Shanghai
Der Leverkusener Multi hat in Shanghai den Erweiterungsbau seines Kunststoff-Forschungslaboratoriums in Betrieb genommen und demonstriert damit, dass für ihn auch die Zukunft der Wissensgesellschaft im Fernen Osten liegt.

Visionen für Leverkusen?
45. 000 Menschen arbeiteten einst in den Leverkusener BAYER-Anlagen. Heute sind es nur noch 14.000; dazu kommen noch 5.000 bei der Chemie-Abspaltung LANXESS Beschäftigte. Der Schrumpfungsprozess hat auf dem Werksgelände ziemliche Lücken entstehen lassen, die auch die Anwerbung von Fremdfirmen im Rahmen des Chemiepark-Konzeptes nicht hat füllen können, nicht zuletzt weil die Grundstruktur des Areals dem Transformationsprozess einige Steine in den Weg stellt. Jetzt hat der Konzern zu einer preiswerten Lösung der Probleme gefunden, die ihm überdies die Planungshoheit gewährt. Er hat seine Beziehungen zur BDI-Unterabteilung „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft“ spielen lassen und einen mit 10.000 Euro dotierten Architekturpreis für das Projekt „Leverkusen: vom BAYER-Werk zum Chemiepark“ ausgeschrieben.

IMPERIUM & WELTMARKT

HC STARCK an Investoren verkauft
Der Leverkusener Chemiemulti hat seine Tochtergesellschaften HC STARCK und WOLFF CELLULOSICS an die Finanzinvestoren ADVENT und CARLYLE verkauft, um mit dem Erlös von 1,2 Milliarden Euro ein Teil der im Zuge der SCHERING-Übernahme angefallenen Schulden abtragen zu können. Die neuen Besitzer haben angekündigt, den HC-Umsatz jährlich jeweils um sieben bis acht Prozent steigern und das Unternehmen binnen drei bis fünf Jahren an die Börse bringen zu wollen. Für diese ehrgeizigen Pläne dürfte die Belegschaft bluten müssen - Arbeitsplatzvernichtungen sind abzusehen!

BAYER Europas Nr. 6
Der Leverkusener Multi nimmt in der Rangliste der größten Chemie-Unternehmen Europas den sechsten Platz ein.

Teure Fusion
Ob der Rat gut war, den BAYER im Zuge der Übernahme des SCHERING-Konzerns eingeholt hat, erscheint zweifelhaft, teuer war er jedoch allemal. Die Investmentbanken MORGAN STANLEY und DRESDNER KLEINWORT, PR-Agenturen und AnwältInnen kosteten insgesamt die stolze Summe von 125 Millionen Euro. BAYER stellte sie SCHERING in Rechnung, weshalb das letzte eigenständige Quartalsergebnis des Pharma-Konzerns entsprechend mies ausfiel.

SCHERING macht nicht satt
BAYER gibt sich mit dem Kauf von SCHERING nicht zufrieden. Für BAYER-Chef Werner Wenning ist der Deal lediglich ein „sehr bedeutender Zwischenschritt“. Eine weitere Verstärkung des Pharmageschäfts kann er sich vor allem im Bereich der freiverkäuflichen Arzneimittel vorstellen, in dem der Leverkusener Multi heute schon zu den Top 3 der Welt gehört.

Aus für GE BAYER SILICONES
BAYER und GENERAL ELECTRIC lösen ihr Joint-Venture-Unternehmen GE BAYER SILICONES auf. Der Leverkusener Multi verkaufte seinen 49,9-prozentigen Anteil für 475 Millionen Euro an GE, der das Gesamtpaket wiederum bis auf eine Minderheitsbeteiligung von 10 Prozent an den Finanzinvestor APOLLO MANAGEMENT weiterreichte.

BAYER kauft URE-TECH
BAYER hat mit dem taiwanesischen Unternehmen URE-TECH den größten Anbieter von thermoplastischen Polyurethan-Kunststoffen in Fernost geschluckt und damit in diesem Marktsegment nun weltweit die Spitzenposition übernommen.

Verstärkte Konkurrenz durch BASF
„BASF greift BAYER bei Kunststoffen an“, überschrieb das Handelsblatt einen Artikel zur verschärften Konkurrenz im Bereich „Plaste & Elaste“. BAYER dominiert zwar noch den Polyurethan-Weltmarkt mit einem jährlichen Umsatz von 6,18 Milliarden Dollar, aber BASF hat sich in letzter Zeit durch Zukäufe gestärkt und viele Kapazitäten aufgebaut. Jetzt gefährdet das Ludwighafener Unternehmen mit Einnahmen in Höhe von 5,32 Milliarden Dollar die Vormachtstellung des Leverkusener Multis. Eine Überhitzung des Marktes vor allem durch ein Überangebot aus den chinesischen Werken der Konzerne ist schon abzusehen.

Kooperation mit ASTRA ZENECA
BAYER hat mit dem britisch-schwedischen Pharmamulti ASTRA ZENECA eine Kooperation zur Entwicklung eines neuen Brustkrebs-Medikamentes vereinbart (siehe auch DRUGS & PILLS).

ÖKONOMIE & PROFIT

Chemie-Produktion steigt um 7 Prozent
Im Geschäftsjahr 2005 legte die bundesdeutsche Chemie-Produktion um 7 Prozent zu. Der Umsatz von BAYER & Co. erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 6 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten hielt damit nicht Schritt. Sie reduzierte sich sogar nochmals um 1,3 Prozent auf nunmehr 433.600.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Erhöhte Wachsamkeit seit dem 11. 9.
Das Anschlag auf das World Trade Center hat auch beim Leverkusener Multi zu einer erhöhten Wachsamkeit geführt. „Das Bewusstsein gegenüber externen Bedrohungen hat sich verändert“, sagt BAYERs Sicherheitschef Michael Sorge. Der Konzern arbeitet seither verstärkt mit den Behörden zusammen, wählt sein Werkschutzpersonal gezielter aus und investierte mehr in Sicherheitstechnik.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Beinahe-Katastrophe in Limas
Eine in die Risiko-Kategorie „Seveso II“ fallende BAYER-CROPSCIENCE-Niederlassung im französischen Limas schlitterte am 22.9.06 nur knapp an einer Katastrophe vorbei. Aus bislang noch ungeklärten Gründen haben sich 17.500 Kilogramm des Pestizid-Wirkstoffs Mancozeb auf eine Temperatur von über 60 Grad erwärmt und einen beißenden Geruch verströmt. Die Behörden versetzten sofort Feuerwehr und Polizei in Alarmbereitschaft. Erst am folgenden Tag konnten ExpertInnen eine Explosion in der weltweit zweitgrößten Produktionsanlage von BAYER CROPSCIENCE ausschließen. Die französische Umweltinitiative FRANCE NATURE ENVIRONNEMENT hat nach dem Zwischenfall eine strengere Kontrolle gefährlicher Industrieanlagen und mehr Kompetenzen für die InspektorInnen eingefordert.

Chemie-Unfall in Termoli
Ende Juli 2006 kam es in einem BAYER-Werk am italienischen Standort Termoli zu einem Störfall, bei dem Chemikalien austraten. Obwohl Gefahren auch für die angrenzenden Fabriken nicht auszuschließen waren, informierte der Leverkusener Multi die Unternehmen ebenso wenig wie die Feuerwehr.

Explosion in Baytown
Am 26. September 2006 kam es im Baytowner BAYER-Werk zu einer Explosion, bei der 22 MitarbeiterInnen Gesundheitsstörungen erlitten und zur Behandlung ins Krankenhaus mussten. Ein mit Toluylendiisocyanat (TDI) und Orthodichlorbenzol gefüllter Reaktor zerbarst; die Druckwelle zerstörte überdies Leitungen zu Kesseln, so dass zusätzlich zu den beiden Chemikalien auch noch mehrere Tonnen Ammoniak austraten (siehe SWB 4/06). Die verletzten MitarbeiterInnen haben unterdessen eine Schadensersatzklage gegen den Konzern angestrengt.

Brand in Uerdingen
Am 15. November 2006 kam es in BAYERs Uerdinger Kohlenmonoxid-Anlage zu einer Verpuffung, in deren Folge ein Brand entstand.

RECHT & UNBILLIG

Kronzeugenregelung für BAYER
Die Ökonomisierung des Justizwesens schreitet unaufhaltsam voran: Deals sind an der Tagesordnung. Am selben Tag, an dem Josef Ackermann im MANNESMANN-Prozess durch die Zahlung zweier Monatsgehälter einer Verurteilung entging, kam auch BAYER beim Verfahren um ein Kautschuk-Kartell ungeschoren davon, weil sich der Leverkusener Multi zu ein Selbstanzeige entschloss und als Kronzeuge auspackte. Ansonsten hätte ihn als Wiederholungstäter eine Strafe in Höhe von 204 Millionen Euro erwartet. Ein gutes Geschäft für den Konzern!

BAYER-Cola wieder erhältlich
Das „Centre for Science and Environment“ (CSE) hatte in indischer COCA-COLA und PEPSI-COLA Spuren von fünf Agrochemikalien gefunden, darunter den unter anderem von BAYER vertriebenen Wirkstoff Chlorpyrifos (Ticker 3/06). Sieben Bundesstaaten untersagten daraufhin den Verkauf der Brause mit Pestizidgeschmack in staatlichen Einrichtungen. In dem kommunistisch regierten Kerala hat das Landesgericht das Verbot nach einem Antrag der Cola-Hersteller allerdings wieder aufgehoben. Bei der Urteilsbegründung berief es sich auf das indische Gesundheitsministerium, nach dessen Einschätzung die CSE-Studie Mängel aufweist.

CFS verklagt FDA
Ärger im Genfood-Paradies USA: Das „Center for Food Safety“ (CFS) hat die Gesundheitsbehörde „Food and Drug Administration“ (FDA) verklagt, weil diese den medizinischen Risiken von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln nicht nachgeht. Das CFS hatte zuvor mehrfach erfolglos Handlungsbedarf in dieser Sache angemahnt und griff nun zu juristischen Mitteln - gerade rechtzeitig zu BAYERs globalem Genreis-GAU.

RichterInnen erleichtern Stilllegungen
BAYER & Co. können künftig noch leichter Standorte dicht machen. Bislang mussten die Konzerne im Vorfeld einer Schließung einen Interessensausgleich mit dem Betriebsrat suchen und im Falle eines Scheiterns eine Einigungsstelle anrufen. Das nahm unter Umständen mehrere Monate in Anspruch, während derer die Unternehmensleitung keine Vorbereitungen zur Abwicklung etwa durch Kündigungen treffen durfte, wollte sie keine Klagen von Seiten des Betriebsrats provozieren. Jetzt erleichtert ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes BAYER & Co. die Arbeit. Nach dem Votum der RichterInnen brauchen Kündigungen kurz vor Toresschluss nämlich nicht unbedingt mit der Stilllegung in Zusammenhang zu stehen, weshalb die Firmen in Zukunft schon während der Verhandlungen mit den Gewerkschaften tüchtig loslegen und so eine Menge Zeit sparen können.

EU stärkt AktionärInnen-Rechte
Die EU plant, die Auskunftsrechte von AktionärInnen zu stärken. Ein Richtlinien-Entwurf sieht vor, Fragen von Aktien-BesitzerInnen zur Geschäftspolitik auch schon vor der Hauptversammlung zuzulassen und die Konzerne zu verpflichten, die Antworten im Internet zugänglich zu machen. Dieser Vorstoß hat allerdings bereits den Ministerrat auf den Plan gerufen. In einem Kompromissvorschlag spricht er sich für einen engen zeitlichen Rahmen zur Einreichung der Informationsersuche aus und will BAYER & Co. die Möglichkeit einräumen, zur Abwehr unliebsamer KritikerInnen formlos auf bereits veröffentlichte allgemeine Informationen zu verweisen.

FORSCHUNG & LEHRE

Kooperation mit Tierärztlicher Hochschule
Die Forschung kommt immer mehr auf den Hund: Ende September 2006 hat BAYER als Global Player Nr. 1 in Sachen „Veterinärmedizin“ der „Stiftung Tierärztliche Hochschule“ den Lehrstuhl „Veterinärmedizinische Dermatopharmakologie“ gestiftet, dessen Inhaber sich mit der Aufnahmefähigkeit von Hund, Katze & Co. für über die Haut verabreichte Tierpharmazeutika made by BAYER & Co. beschäftigen soll. Die ohnehin seit einiger Zeit wieder rasant zunehmende Zahl der Tierversuche dürfte damit weiter steigen.

Mehr Kooperationen mit chinesischen Unis
BAYER nutzt China nicht nur als Reservoir für billige Arbeitskräfte, sondern sucht auch verstärkt Kontakt zum Wissenschaftsmilieu des Landes (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION). Zu diesem Zweck verlängerte der Konzern seine seit 2001 bestehende Zusammenarbeit mit der „Chinese Academy of Science“ (CAS) und lobte einen ForscherInnen-Preis aus.

SPORT & MEDAILLEN

Calmunds Freispruch beantragt
Angeblich zum Erwerb von Kaufoptionen für Fußballer hatte Reiner Calmund in seiner Eigenschaft als Manager von BAYER Leverkusen dem Spielerberater Volker Graul 580.000 Euro übergeben. Belege für diesen Verwendungszweck konnte Graul BAYER allerdings nie vorlegen. Wegen dieses undurchsichtigen Finanzdeals verlor Calmund im Juni 2004 nicht nur seinen Job, auch die Kölner Staatsanwaltschaft schaltete sich ein. Im September 2006 beantragte sie allerdings, das Untreue-Verfahren gegen das Fußball-Schwergewicht wegen geringer Schuld gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen.

[Ticker 03/2006] STICHWORT BAYER 03/2006 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

GAUCHO-Kampagne in Kanada
BAYERs Saatgutbehandlungsmittel GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid ist für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich und deshalb in Frankreich schon mit Anwendungseinschränkungen belegt. Die COALITION FOR A HEALTHY OTTAWA hat jetzt wegen dieser „Risiken und Nebenwirkungen“ in Kanada eine Kampagne gegen das Pestizid gestartet.

GLOBAL 2000 für GAUCHO-Verbot
Frankreich untersagte im Jahr 2004 die Ausbringung des BAYER-Pestizids GAUCHO mit dem Wirkstoff Imidacloprid auf Sonnenblumen- und Maisfeldern, nachdem eine Studie die Agrochemikalie für den Tod von 90 Milliarden Bienen innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren verantwortlich gemacht hatte. Auch eine Untersuchung aus Österreich wies die Bienengefährlichkeit des Mittels nach. Deshalb fordert die alpenländische Umweltschutzgruppe GLOBAL 2000 nun ein Verbot des Ackergiftes. „Es ist ein Skandal, dass Imidacloprid in Österreich immer noch eingesetzt wird - und noch dazu legal! Imidacloprid wirkt nachweislich als Nervengift auf Honigbienen“, protestierte Lisa Kernegger im Namen der Initiative.

Kampagne gegen BAYERs Genreis
BAYER hat für den gentechnisch manipulierten Reis LL 601, der in den USA auf herkömmliche Sorten übergriff und deshalb Schlagzeilen machte (siehe GENE & KLONE), in Südafrika eine Importgenehmigung beantragt, obwohl das Land ein Gentech-Moratorium verhängt hat. Die Initiative AFRICAN CENTRE FOR BIOSAFETY fordert eine Ablehnung des BAYER-Begehrs und machte bei den Behörden eine entsprechende Eingabe.

SPD: Mehr ausbilden!
Lehrlinge stellen in bundesdeutschen Firmen durchschnittlich sieben Prozent der Belegschaft. BAYER erreicht diese Quote jedoch nicht und befindet sich damit in der schlechten Gesellschaft der anderen großen börsennotierten Unternehmen. Die SPD hat BAYER & Co. deshalb aufgefordert, mehr Lehrstellen bereitzustellen.

MedizinerInnen gegen Schein-Innovationen
„Die Pharmaindustrie schlägt in ihrer Preispolitik erbarmungslos zu und betreibt gewaltigen Marketingaufwand. Es ist unsere Aufgabe, gegenzusteuern“, sagt Leonhard Hansen, Leiter der „Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein“. Deshalb verpflichtete die Organisation ihre Mitglieder, höchstens noch zu 30 Prozent Originalpräparate zu verschreiben und ansonsten auf Nachahmerprodukte zurückzugreifen. Zudem veröffentlichte sie eine Aufstellung mit teuren Medikamenten, die lediglich alter Wein in neuen Schläuchen sind. Gegen diese „me-too-Liste“ gingen 17 Pharma-Unternehmen gerichtlich vor. Der Leverkusener Multi trägt die Klage nicht mit, obwohl sich unter den von der Kassenärztlichen Vereinigung inkriminierten Scheininnovationen auch sein als Herz/Kreislauf-Mittel eingesetzter Kalzium-Antagonist BAYMYCARD befindet.

EU gegen BAYER & Co.?
Die österreichische Politikerin Maria Rauch-Kallat hat in ihrer Funktion als Vorsitzende des EU-Rates der GesundheitsministerInnen scharfe Kritik an BAYER & Co. geübt. Sie warf den Pillenproduzenten vor, für die EU-weite Kostenexplosion im Gesundheitssektor verantwortlich zu sein und trat für eine Reduzierung des Medikamenten-Angebotes ein. „Es ist unverständlich, dass es die Solidarsysteme der 25 Mitgliedsstaaten bisher nicht schaffen, gemeinsam gegen die Arzneimittelindustrie aufzutreten“, sagte Rauch-Kallat in der Höhle des Löwen, auf einem Kongress des „Europäischen Verbandes der Arzneihersteller“. „Ihr Vorstoß wurde bei der Konferenz in Athen mit Befremden aufgenommen“, hieß es dann auch in der Faz. Ob den Herstellern künftig beim Europäischen Pharma-Forum, das sich mit den Pillen-Preisen beschäftigt, und anderen Gelegenheiten ein schärferer Wind aus Brüssel entgegenweht, wird die Zukunft zeigen.

CBG schreibt Leserbrief
Die englische Zeitung Economist hat BAYER als positives Beispiel im Ringen um die Reduktion von Kohlendioxid-Emissionen gerühmt. Da die 60- bis 70-prozentige CO2-Drosselung des Konzerns aber mitnichten auf Investitionen in den Umweltschutz zurückgeht, sondern auf Betriebsschließungen, Verkäufe von Unternehmensteilen und ein Outsourcing der Energie-Produktion, hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN einen Leserbrief geschrieben, den das Blatt allerdings nicht veröffentlichte.

Oels antwortet Loske
Die Kritik der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) an BAYERs trickreichem Armrechnen in Sachen Kohlendioxid-Ausstoß bewog das grüne Bundestagsmitglied Reinhard Loske, der das Unternehmen wegen der CO2-Senkungen schon mit grünen Weihen versehen hatte, dazu, den Konzern zu einer Stellungnahme aufzufordern. In seinem Antwortschreiben räumte Udo Oels, im Konzern-Vorstand bis vor kurzem noch für Umweltpolitik zuständig, dann auch ein, dass nur die Hälfte der 60- bis 70-prozentigen CO2-Reduzierung auf Umweltschutzmaßnahmen zurückgeht. Wieviel des bei BAYER weniger ausgestoßenen Kohlendioxids auf anderen Klimarechnungen wieder auftaucht, weil der Konzern immer mehr Energie von externen Anbietern bezieht, vermochte Oels nicht zu sagen.

BAYER „rat of the week“
Seit Mitte der 80er Jahre starben Tausende Bluter an AIDS-verseuchten Blutplasma-Produkten von BAYER, weil der Konzern sich aus Profit-Gründen weigerte, die Präparate einer Hitze-Behandlung zu unterziehen. Als die US-Behörden ein solches Verfahren zur Pflicht machten, exportierte der Leverkusener Multi alte Plasma-Chargen, die er keiner solchen Prozedur unterzogen hatte, einfach nach Asien und Südamerika, wo sich dann erneut Menschen infizierten. Für dieses „Kapitalverbrechen“ zeichnete ein US-amerikanischer TV-Sender den Konzern jetzt mit dem wenig schmeichelhaften Titel „rat of the week“ aus.

KAPITAL & ARBEIT

Kansas: 100 Arbeitsplätze weg
Im Rahmen des Rationalisierungsprogramms „project renaissance“ hat BAYER in seinem Pestizidwerk am Standort Kansas 100 der 550 Arbeitsplätze vernichtet.

BIS zum bitteren Ende?
Die BASIS BETRIEBSRÄTE, eine alternative Gewerkschaftsgruppe im Leverkusener BAYER-Werk, zitieren in ihrem September-Flugblatt folgenden Satz aus der Information für BAYER-Führungskräfte: „Bei dem Vorhaben offenbarte Wenning erstmals, wie gut er es versteht, sich bietende Chancen für seine Zwecke zu nutzen. Er entsorgte nicht allein das erlahmte Chemiegeschäft, sondern zugleich 1,5 Milliarden Euro Konzernschulden sowie 40 Prozent an der Servicegesellschaft BIS“. Die Sorgen haben jetzt die Entsorgten. Bei BAYER INDUSTRY SERVICES, an dem BAYERs Chemieabspaltung 40 Prozent der Anteile hält, jagt ein Rationalisierungsprogramm das nächste. Aus dem Unterhalt der Chemieparks und dem Anbieten von Handwerks-, Werksschutz- und Umweltschutzdiensten lässt sich nunmal nicht allzuviel Kapital schlagen. Als neueste Maßnahme schlägt der Leverkusener Multi alle Abteilungen, die direkt Aufgaben für BAYER übernehmen, wieder einzelnen Konzernbereichen zu. So wandert das Postbüro zur Logistik-Sparte CHEMION, das Archiv und der Fortbildungsbereich zu BAYER BUSINESS SERVICES. Die BASIS BETRIEBSRÄTE befürchten Einkommensverluste für die Betroffenen und kritisieren, dass der Leverkusener Multi den Teilgesellschaften kostenträchtige Dienstleistungen aufbürdet, die eigentlich die Holding übernehmen müsste.

SCHERING-MitarbeiterInnen in Angst
Bei der Übernahme von SCHERING kündigte BAYER-Chef Werner Wenning die Vernichtung von 6.000 Arbeitsplätzen an. Er ließ die Beschäftigten aber im Ungewissen darüber, wie das Management sich den Kahlschlag genau vorstellt. Entsprechend verunsichert ist die ehemalige SCHERING-Belegschaft. „Frust und Unmut sind groß. Bei vielen liegen die Nerven blank“, so der Betriebsratsvorsitzende Norbert Deutschmann. Auf einer Betriebsversammlung Ende Juni, an der 2.000 MitarbeiterInnen teilnahmen, forderte er BAYER deshalb auf, endlich Klartext zu sprechen. „Die Mitarbeiter brauchen noch vor den Sommerferien Sicherheit“, forderte er. Aber der Konzern gab sie ihnen nicht. Er schloss noch nicht einmal betriebsbedingte Kündigungen aus.

LANXESS rationalisiert weiter
In jedem Quartal beschließt BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS ein neues Sanierungsprogramm. Das mittlerweile vierte will 50 Millionen Euro einsparen - vor allem bei der Kundenbelieferung und anderen Service-Einheiten. Wenn BAYERs auch für LANXESS gültige „Standortsicherungsvereinbarung“ 2007 ausläuft, soll es in den Bereichen auch zu Arbeitsplatzvernichtung kommen.

LANXESS verkauft Kunststoff-Geschäft
Der Spaltungsprozess von BAYERs Chemie-Abspaltung LANXESS geht munter weiter. Im Mai verkaufte das Unternehmen das Geschäft mit dem Styrol-Kunststoff SAN an BASF. Der Ludwigshafener Konzern übernahm allerdings nur die Produktvorräte, die Lizenzen und die Kundenkartei, nicht aber die Produktionsanlagen und die Beschäftigten, weshalb diese unsicheren Zeiten entgegensehen.

AGFA spaltet sich weiter auf
Die ehemalige BAYER-Tochter AGFA schrumpft immer weiter. Im Jahr 2004 stieß diese die Fotosparte ab, die dann ein Jahr später Pleite ging. Jetzt kündigte die Chefetage eine Aufspaltung: Die Bereiche „Grafik“, „Gesundheit“ und „Materialien“ sollen in Zukunft wie selbstständige Unternehmen agieren. Wie das Beispiel BAYER/LANXESS zeigt, haben solche Operationen nur den einen Zweck, die Sparten leichter abstoßen zu können.

Arbeitsplatzvernichter Nr. 2
In der Hitparade der bundesrepublikanischen Arbeitsplatzvernichter nimmt BAYER mit der im Zuge der SCHERING-Übernahme angekündigten Streichung von 6.000 Jobs den zweiten Rang ein (Stand: Ende Juli). International reicht es damit zu Platz 12.

ERSTE & DRITTE WELT

BAYER in Kuba
BAYER macht auch mit dem kommunistischen Kuba Geschäfte. „Die Kubaner sind im Schnitt das bestausgebildeste Volk Südamerikas“, lobt BAYERs Mann in Havanna, Jürgen Selter. In Bereichen wie „Biotechnologie“ und „medizinische Dienstleistungen“ sieht er das Land bereits als international konkurrenzfähig an. Sollte es nach dem Ende der Castro-Ära zu einer „pragmatischen Öffnung“ kommen, erhofft er sich weitere Wettbewerbsvorteile für den Leverkusener Multi. „Kuba ist ein Zukunftsmarkt“, meint Selter.

Entwicklungshilfe für BAYER & Co.
Seit geraumer Zeit versuchen BAYER & Co., mehr Einfluss auf die Entwicklungshilfe-Politik zu gewinnen. So bestimmten die Konzerne etwa mit, welche Länder hauptsächlich von den Zahlungen profitieren sollten. Die Unternehmen wollen aber auch selber etwas Entwicklungshilfe bekommen. Die „Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft bedauern, dass derzeit nur gerade mal 0,6 Prozent des Entwicklungshilfe-Etats in Programme fließt, an denen die deutsche Wirtschaft beteiligt ist“, meldete die Faz. Zudem forderte die Samariter AG in ihrem Positionspapier, das der Ministerin Heide Wieczorek-Zeul zuging, schon frühzeitig in die Entwicklungsplanungen einbezogen zu werden. „Wir glauben, dass wir als Unternehmen vieles besser machen können als die herkömmliche Entwicklungshilfe, denn sobald unternehmerische Eigenverantwortung im Spiel ist, ist auch der Ehrgeiz da, nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften“, sagte der entwicklungspolitische Sprecher der deutschen Wirtschaft, Karl Starzacher.

Weltbank in Diensten von BAYER & Co.
BAYER & Co. haben es geschafft, die Weltbank in den Dienst zu nehmen, um den Globus mit der grünen Gentechnik zu beglücken. Die Finanzinstitution leistet Entwicklungshilfe für genmanipulierte Nutzpflanzen und
hat acht afrikanische Länder dazu gedungen, Baumwolle und andere Laborfrüchte von BAYER & Co. versuchsweise anzubauen.

Merkel gegen Kinderarbeit
Am 12. Juni, dem Welttag gegen Kinderarbeit, setzte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel als beherzte Streiterin für die Rechte von Kindern in Szene. Die Bundesregierung arbeite auf „die weltweite Ächtung und effektive Bekämpfung von Kinderarbeit, nicht nur in ihren schlimmsten Formen, wie Prostitution oder militärischer Einsatz, sondern auch der ausbeuterischen Beschäftigung von Kindern in Wirtschaftsbetrieben“ hin, bekundete sie. Abgesehen von solchen Sonntagsreden hat Angela Merkel allerdings bisher kein Engagement in der Sache gezeigt und etwa dem BAYER-Konzern bzw. dessen indischer Saatguttochter PROAGRO die Leviten gelesen, deren Zulieferer in der letzten Pflanzsaison 500 KinderarbeiterInnen auf ihren Feldern beschäftigten.

Indien verschärft Kinderarbeitsverbot
Indien hat das Kinderarbeitsverbot verschärft. Das Land stellt fortan nicht nicht nur die Beschäftigung von Mädchen und Jungen an gefährlichen Arbeitsplätzen unter Strafe, sondern auch das Vergeben von Jobs in Restaurants oder im Haushalt an Minderjährige. Ob die Regierung allerdings in der Lage sein wird, dem Gesetzeswerk Geltung zu verschaffen, daran zweifeln ExpertInnen. Aufgrund der extemen Armut bleibt vielen Familien nämlich keine andere Wahl, als ihre Sprößlinge arbeiten zu lassen. So dürfte auch die Ausbeutung von Kindern bei den Zulieferern von BAYERs indischer Saatguttochter PROAGRO bis auf weiteres ungeahndet bleiben.

Weiterer Zulieferer für PROAGRO
BAYERs indische Saatguttochter PROAGRO bezieht jetzt nicht nur von Zulieferern in Andra Pradesh, sondern auch von solchen im Bundesstaat Karnataka Saatgut. Ob damit auch die Zahl der bei den Vertraghändlern beschäftigten Kinder steigt, die sich in der vorherigen Pflanzsaison auf 500 belief, bleibt abzuwarten.

GTZ entsorgt BAYER-Müll
Großzügig von internationalen Organisationen gefördert, haben die Agromultis „als Beitrag zur Entwicklungshilfe“ Millionen Tonnen Agrochemikalien an Länder der „Dritten Welt“ geliefert - weit mehr, als die Staaten brauchen konnten. So lagern jetzt weltweit ca. 500.000 Tonnen Alt-Pestizide ungenügend gesichert in irgendwelchen Erdkuhlen oder Verschlägen. Um die Entsorgung der Altlasten von BAYER & Co. kümmern sich wiederum EntwicklungshelferInnen. Allein die bundesdeutsche „Gesellschaft für technische Zusammenarbeit“ (GTZ) hat seit Anfang der 90er Jahre 4.000 Tonnen Chemie in BAYERs homeland zurückgebracht und Sondermüll-Verbrennungsanlagen zugeführt.

POLITIK & EINFLUSS

BDI will andere EU-Politik
Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) hat Angela Merkel für die anstehende EU-Ratspräsidentschaft der Bundesrepublik schon mal Hausaufgaben aufgegeben. Nach Informationen von www.german-foreign-policy.com verlangen BAYER & Co. eine EU-Finanzreform, welche die Interessen der bundesdeutschen Konzerne noch besser berücksichtigt. Die Konzerne fordern unter anderem eine Kürzung der Subventionen für die Landwirtschaft. Ihnen zufolge belasten diese den EU-Haushalt über die Maßen und erschweren überdies den Handel mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten, denen an einer Öffnung des europäischen Agrarmarktes gelegen ist. Zudem tritt der Unternehmensverband für eine rasche Einbindung von Ländern wie Bulgarien, Rumänien oder der Türkei ein. Die Multis haben ein „hohes Interesse daran“, das „wirtschaftliche Potenzial der Beziehungen mit allen Nachbarländern (...) weiter zu erschließen“, heißt es in dem BDI-Papier. Auch höhere EU-Investitionen in Bildung und industrie-nahe Forschung mahnen die Kapitalgesellschaften an.

Diplomatische Wirtschaftsförderung
Für Außenminister Walter Steinmeier gehört die Außenwirtschaftsförderung zu den „Kernaufgaben der deutschen Außenpolitik“. Im Auswärtigen Amt kommt der Wirtschaftsabteilung die besondere Aufgabe zu, „der deutschen Wirtschaft den Weg auf die Auslandsmärkte“ zu erleichtern. Zu diesem Behufe brachte sie nach Informationen von www.german-foreign-policy.com am 5. September 2006 zum „Wirtschaftstag“ über 200 bundesdeutsche BotschafterInnen mit 800 VertreterInnen von BAYER & Co. zusammen. In sechs Regionalforen konnten sich die ManagerInnen an dem Tag darüber informieren, wie die Exportchancen in Asien, Afrika, den GUS-Staaten und anderswo so stehen.

Industriefreundliches Gentechnik-Gesetz
Die geplante Veränderung des Gentechnikgesetzes geschieht ganz im Sinne der Gen-Giganten. „Es werden, insbesondere bei der Haftungsregelung, Präzisierungen vorgenommen, mit denen den Befürchtungen der Industrie vor einer nicht gewollten ausweitenden Auslegung Rechnung getragen werden soll“, erklärte die Ministeriumssprecherin Marie-Luise Dittmar dem Internet-Magazin telepolis in aller Offenheit. Nach Protesten der Gentech-Industrie zogen die amtlichen VerbraucherschützerInnen das Konzept für einen von BAYER & Co. getragenen Haftungsfonds zurück, der für Schäden durch Auskreuzungen von Gentech-Pflanzen auf konventionell angebaute aufkommt. An seine Stelle tritt jetzt eine Vereinbarung der Unternehmen mit den Bauernverbänden über eventuelle Ausgleichszahlungen. Zudem gelang es den Konzernen, den justiziablen Grenzwert für Verunreinigungen auf 0,9 Prozent heraufzusetzen. LandwirtInnen nimmt das die Möglichkeit, ihre Produkte als „gentechnikfrei“ zu deklarieren, weil der Lebensmittelhandel dafür höchstens Genspuren in einer Größenordnung von 0,1 bis 0,3 Prozent akzeptiert. Die ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT (ABL) kritisierte die Pläne deshalb scharf: „0,9 Prozent sind nicht akzeptabel, da für Bäuerinnen und Bauern Vermarktungsschäden bereits unter 0,9 Prozent gegeben sind“.

BAYER macht Gentech-Gesetz
In den USA haben einige Gemeinden den Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen untersagt. Das konnten BAYER und die anderen Gentech-Multis nicht auf sich sitzen lassen. Sie brachten einen Gesetzesvorschlag auf den Weg, der Städten und Bezirken solch ein eigenmächtiges Handeln verbietet. Zwölf US-Bundesstaaten nahmen ihn an. Andere lehnten ihn nach Protesten von FarmerInnen, die eine Verunreinigung ihrer Ernten durch Gen-Pflanzen befürchten, ab.

Molnar im ACC-Vorstand
Der Chef von BAYER/USA, Attila Molnar, gehört seit diesem Jahr dem 10-köpfigen Vorstand des „American Chemical Council“ an, dem US-amerikanischen Gegenstück zum bundesdeutschen Lobbyclub „Verband der Chemischen Industrie“.

Schmoldt will stillhalten
Der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE-Vorsitzende und BAYER-Aufsichtsrat Hubertus Schmoldt hat Kritik an dem von den Gewerkschaften geplanten Aktionstag gegen den schwarz-roten Sozialabbau am 21. Oktober geübt. Es sei illusorisch zu glauben, die Gewerkschaften könnten die große Koalition durch Proteste aus den Angeln heben, gibt die Faz seine Worte wieder. Zudem warf er der IG METALL und VERDI vor, Politik zu Gunsten einer rot-roten Koalition zu machen und andere gesellschaftliche Gruppen als Bündnispartner gewinnen zu wollen. „Von der heimlichen Version einer ‚anderen Politik‚ bis zum Verlust der Politikfähigkeit ist es ein kurzer Weg“, so Schmoldt. Mit anderen Worten: Politikfähig ist nur der, der dasselbe will wie das Kapital. Der IG BCE-Chef plädierte einmal mehr für Abwarten und Tee trinken. An der Rente mit 67 und der Lockerung des Kündigungsschutzes gäbe es nichts mehr zu rütteln, allenfalls 2008 oder 2010 könnte die Gewerkschaft die Maßnahmen nochmal auf den Prüfstand stellen.

Schmoldt gegen Mindestlöhne
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE macht ihrem Ruf, die konservativste Gewerkschaft der Bundesrepublik zu sein, mal wieder alle Ehre. Als einzige Arbeitnehmervertretung stimmte sie im DGB-Bundesvorstand gegen ein Mindestlohn-Konzept. Der IG BCE-Vorsitzender und BAYER-Aufsichtsrat Hubertus Schmoldt warnte, ein Mindestlohn würde zu Betriebsverlagerungen sowie zur Zunahme von Schwarzarbeit und staatlichem Einfluss führen und übernahm damit die Argumente des Unternehmerlagers.

Neue BDI-Forschungsinitiative
Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) hat die Initiative „Innovationsstrategien und Wissensmanagement“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Vereinigung sollen Unternehmen künftig miteinander kooperieren und so nationale Champions bilden, um den Standort Deutschland gegen Konkurrenz aus dem Ausland zu verteidigen. Als ein Beispiel für dieses Vorgehen nannte Utz Claassen von ENBW als Vorsitzender des Innovationsvereins die Arbeitsgemeinschaft von BAYER, BOEHRINGER-INGELHEIM, MERCK und MERZ zur Erforschung von Krankheiten des Zentralen Nervensystems. Zu den „Innovationsstrategien“ des BDI-Ablegers gehört es dabei auch, den Emissionshandel mit Kohlendioxid abzulehnen und für eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten einzutreten.

Neue Schavan-Forschungsinitiative
In Berlin schießen die Forschungsallianzen zwischen Politik und Wirtschaft aus dem Boden, wobei natürlich gilt: „Keine Feier ohne BAYER“. BAYER-Chef Werner Wenning gehört Angela Merkels Beraterkreis „Rat für Innovation und Wachstum“ an (Ticker 2/06), und Helga Rübsamen-Waigmann, die Leiterin von BAYERs Antiinfektiva-Forschung, sitzt in der „Forschungsunion Wirtschaft-Wissenschaft“. Dieses auf Initiative von Bundesforschungsministerin Andrea Schavan entstandene BeraterInnengremium will für BAYER & Co. den Umschlag von wissenschaftlichen Erkenntnissen in vermarktbare Produkte beschleunigen.

Ökosteuerreform
Ziel der Ökosteuer ist es, über den Strompreis die Gewinnung erneuerbarer Energien zu fördern. Allerdings kostet die Regelung die größten Stromfresser wie die Chemieindustrie dank ihres Extremlobbyismus‘ am wenigsten. Ab Juni 2006 können BAYER & Co. noch mehr sparen. Die rot-schwarze Koalition beschloss eine Entlastung in Höhe von 240 Millionen Euro, die sie künftig bei den Privathaushalten eintreiben will.

Günstiger Emissionshandel
Im Jahr 2005 bliesen die BAYER-Werke 3,9 Millionen Tonnen des klimaschädigenden Kohlendioxids in die Luft. In Technologie zur Reduktion des Ausstoßes braucht der Konzern künftig aber nicht zu investieren. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat den Unternehmen im Rahmen des Emissionshandels nämlich großzügige Verschmutzungsrechte eingeräumt. Die bundesdeutsche Wirtschaft, die im Jahr 2005 insgesamt 474 Tonnen CO2 produziert hat, muss ihre Emissionen bis 2007 nur um zwei Millionen Tonnen senken und im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 15 Millionen Tonnen. Zudem begünstigt der Nationale Allokationsplan die Industrie gegenüber den Energieerzeugern. Die rot-schwarze Koalition schreibt BAYER & Co. nur eine Kohlendioxid-Minderung von 1,25 Prozent vor. Darüber hinaus weigerte sich Gabriel, die Lizenzen zum CO2-Ausstoß zu versteigern, was die Preise für die Umweltverschmutzung in die Höhe getrieben hätte.

Merkel reduziert Reduktionsziele
Der rot-grüne Umweltminister Jürgen Trittin wollte den Kohlendioxid-Ausstoß in dem Zeitraum von 1990 bis 2020 um 40 Prozent senken, sofern die anderen EU-Länder ihre Emissionen um 30 Prozent reduzieren. Von diesem Ziel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel sich nun verabschiedet, weil BAYER & Co. dann beim Emissionshandel mehr für Verschmutzungsrechte ausgeben müssten. Auch eine EU-weite Förderung der Windenergie nach bundesdeutschen Vorbild will sie während ihrer EU-Ratspräsidentschaft verhindern.

Reach: USA & Co. machen Druck
Obwohl der Extremlobbyismus von BAYER & Co. die „Reach“ genannte EU-Regelung, die den Konzernen die Untersuchung von Chemikalien auf ihre gesundheitsgefährdende Wirkung hin vorschreibt, bis zur Unkenntlichkeit abschwächte, lassen die Unternehmen nicht locker. Was ihnen in Brüssel nicht vollständig gelang, soll jetzt via Washington, Rio de Janeiro und Tokio zum Erfolg führen. Die Regierungen der USA, Brasiliens, Japans sowie neun anderer Staaten intervenierten in Sachen „Reach“ bei der Europäischen Union. Sie sehen in dem Chemikaliengesetz eine Behinderung des freien Welthandels und drohen mit einer Klage bei der Welthandelsorganisation WTO. Die Brüsseler JuristInnen schätzen die Erfolgsaussichten eines solchen Vorgehens allerdings als gering ein.

CDUler bei BAYER CROPSCIENCE
Im Juli 2006 besuchten der CDU-Bundestagsabgeordnete Jochen-Konrad Fromme und der CDU-Kreistagsabgeordnete Manfred Koch das Wolfenbütteler Werk von BAYER CROPSCIENCE.

Uhlenberg bei BAYER
Umweltschutz ist für den nordrhein-westfälischen Umweltminister Eckhard Uhlenberg nur das, was BAYER & Co. nutzt. Deshalb ließ der CDU-Politiker es sich auch nicht nehmen, ein Grußwort zur Eröffnung des Symposions „Impulse 2006 - Zukunftsfähiger Umweltschutz mit Tradition“ zu sprechen, das BAYER gemeinsam mit dem Wupperverband zum unfeierlichen Anlass von „40 Jahre Gemeinschaftsklärwerk Leverkusen-Bürrig“ ausrichtete. Eigentlich sollte die Anlage ein so hohes Alter nämlich gar nicht erreichen, da industrielles Abwasser nach einer ganz anderen Aufbereitungstechnologie verlangt als kommunales. Aber dem Leverkusener Multi gelang es durch verschiedene politische Interventionen bei der rot-grünen Vorgängerregierung, eine Ausnahmegenehmigung bis 2011 zu erhalten.

BAYER dialogisiert mit NRW-Regierung
Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg verfolgt einen Schmusekurs gegenüber BAYER & Co. und hat zu diesem Behufe einen „Dialog Wirtschaft und Umwelt“ ins Leben gerufen, bei dem BAYER ein gehöriges Wort mitredet. Den Arbeitskreis „Gewässerschutz“, der gemeinsam mit denen zu Immissionsschutz, Abfall/Bodenschutz und Ressourceneffizienz künftig wohl einen Gutteil der Landesumweltpolitik bestimmen wird, leitet nämlich der BAYER-Mann Frank Andreas Schendel. Uhlenberg machte damit den Bock zum Gärtner, denn allein das Leverkusener Werk verbraucht im Jahr soviel sauberes Wasser wie die Stadt Köln, und wieviel schmutziges Wasser es produziert, verschweigt die Zentrale beharrlich.

NRW dialogisiert mit dem Bund
Die in Umweltfragen eng mit den Konzernen kooperierende NRW-Landesregierung (s. o.) macht auf Bundesebene Druck in Sachen „Gentechnikgesetz“. Das Bundesland kündigte ein Bundesratsinitiative an, um laschere Haftungsregelungen durchzusetzen, wenn Gentechpflanzen auf Felder mit konventionell angebauten Ackerfrüchten übergreifen. Nach Ansicht des „Innovations“ministers Andreas Pinkwart (FDP) schreckt die geplante Lösung vor dem Einstieg in die grüne Gentechnik ab und schadet so dem Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen.

BAYER & Co. starten Biotech-Initiative
BAYER & Co. wollen Nordrhein-Westfalen durch eine konzertierte Aktion von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu einem führenden Biotech-Standort ausbauen. Auf einem Treffen, zu dem der „Verband der Chemischen Industrie“, das Innovationsministerium und verschiedene Biotech-Organisationen des Landes eingeladen hatten, beschlossen die TeilnehmerInnen die Zusammenführung aller Biotechnologie-Aktivitäten NRWs zu einem „Cluster“. Das Sagen bei dem Verbund haben BAYER, DEGUSSA und HENKEL. Diese Unternehmen haben die Aufgabe übernommen, die Forschungsschwerpunkte des „Clusters“ festzulegen, und zwar unter der Maßgabe, möglichst viel Fördergeld aus Brüssel und Berlin abgreifen zu können. Innovationsminister Andreas Pinkwart als Mitveranstalter äußerte sich zufrieden über das Meeting. „Kreativität freisetzen und Kräfte bündeln - dieser Ansatz unserer Innovationspolitik spiegelt sich hier beispielhaft wider“, so der FDP-Politiker.

Winnacker EU-Forschungsratschef
In der Forschungsförderung stellt die EU auf Selbstbedienung um. Sie machte den BAYER-Aufsichtsrat und Gentech-Lobbyisten Ernst-Ludwig Winnacker zum Generalsekretär des neu geschaffenen EU-Forschungsrats, der mit einem Etat von einer Milliarde Euro Projekte subventionieren kann.

BAYER & Co. wollen billigeren Strom
BAYER & Co. leiden unter den hohen Energiepreisen. Nach Angaben des „Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft“ (VIK) ist der Preis für eine Megawattstunde seit Anfang 2005 um die Hälfte auf über 50 Euro gestiegen. VIK-Geschäftsführer Alfred Richmann warf dem aus RWE, EON, VATTENFALL und ENBW bestehenden Oligopol vor, die Ressource künstlich zu verknappen. Da es auf dem Markt keine freie Preisbildung gibt, forderte er die Bundesregierung auf, einen Strompool einzurichten, aus dem sich die energie-intensiven Branchen zu günstigeren Konditionen versorgen können.

PROPAGANDA & MEDIEN

PR-Offensive von BAYER & Co.
Die Sorge um ein gutes Image nimmt bei BAYER immer größere Ausmaße an. So präsentierte der Konzern seinen AktionärInnen auf der diesjährigen Hauptversammlung einen Film über die von dem Unternehmen in Zusammenarbeit mit der UN angeblich weltweit verbreiteten Wohltaten. Die homepage des Leverkusener Multis in Thailand schmückt sogar ein Porträt einer „engagierten Vertreterin des Umweltschutzes“, der WORLD WILDLIFE FUND (WWF)-Mitarbeiterin Tatirose Vijitpan, was die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu einem Offenen Brief an die Organisation veranlasste (SWB 3/06). Hinter solchen Aktionen steckt eine überlegte Strategie. „Für Unternehmen, die Probleme haben, spielt der Kontakt zu Nichtregierungsorganisationen eine Schlüsselrolle“, sagte Richard Edelman dem Spiegel. Sein PR-Unternehmen EDELMAN und die Mitbewerber können sich über mangelnde Aufträge nicht beklagen. So steht die Agentur BURSTON-MARSTELLER, die in der Vergangenheit bereits daran arbeitete, Nicolae Ceausescu, der argentinischen Militärjunta, dem für Bhopal verantwortlichen Unternehmen UNION CARBIDE und dem Konzern EXXON nach dem Tanker-Unglück mit der „EXXON-VALDEZ“ ein besseres Image zu verschaffen, in Diensten des Gentech-Lobbyclubs „EuropaBio“, dem auch BAYER angehört (siehe auch Ticker 4/99). Zudem versorgen EDELMAN und Konsorten die Medien mit Artikeln, die alles andere als unabhängig und überparteilich sind. Nach Schätzungen von ExpertInnen stammen bereits 40 Prozent des Inhalts einer Tageszeitung von PR-Agenturen oder ÖffentlichkeitarbeiterInnen von BAYER & Co. „Statt Propaganda aufzudecken, sind Medien der Kanal für Propaganda geworden“, zitiert der Spiegel John Stauber von der Initiative PR WATCH.

Umweltpreis von BAYER und UN
BAYERs Greenwashing-Aktivitäten im Rahmen der Kooperation mit der UN-Umweltorganisation UNEP treiben immer neue Blüten. In Malaysia verlieh der Konzern gemeinsam mit der UNEP einen Umweltpreis.

Malwettbewerb von BAYER und UN
Nicht einmal Afrika verschont der Leverkusener Multi mit seinen Greenwashing-Aktivitäten. In Kenia veranstaltete er in image-fördernder Kooperation mit der UN-Umweltorganisation UNEP einen Malwettbewerb für Kinder.

VFA kooperiert mit der Bunten
Die Pharmariesen begründen die hohen Arzneimittelpreise gern mit ihren hohen Forschungsaufwändungen, was nicht einmal die halbe Wahrheit ist, da die Konzerne die Vermarktungskosten mit hineinrechnen und oft Universitäten die Grundlagenarbeit machen lassen. Um die PharmakologInnen von BAYER & Co. aber image-fördernd als ebenso heroische wie selbstlose WissenschaftlerInnen in Szene zu setzen, veranstaltet der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) zusammen mit der Bunten einen Fotowettbewerb zum Thema „Bilder der Forschung“.

Unlautere LEVITRA-Werbung

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BAYER lässt nichts unversucht, sein nicht den Umsatzerwartungen entsprechendes Potenzmittel LEVITRA an den Mann zu bringen. In Brasilien hat der Konzern es während der öffentlichen Übertragungen von der Fußball-Weltmeisterschaft umsonst an Zuschauer verteilt. Da das Präparat alles andere als harmlos ist und Gesundheitsstörungen wie Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme und Augenschäden bis hin zur Erblindung verursachen kann, untersagten die Gesundheitsbehörden die Aktion und leiteten ein Verfahren wg. unlauterer Werbung ein. Dem Leverkusener Pharmariesen droht nun eine Strafe von bis zu 600.000 Euro.

Unlautere LEVITRA-Werbung

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In Australien versucht der Leverkusener Multi die Marktchancen seines Potenzmittels LEVITRA durch eine „Geld zurück“-Garantie, die MedizinerInnen den Patienten zusammen mit dem Rezept aushändigen, zu verbessern. GesundheitsexpertInnen haben dieses Vorgehen umgehend als „unethisch“ kritisiert, weil BAYER damit den Eindruck erweckt, bei dem Präparat handele es sich um einen ganz normalen Konsumartikel statt um eine Arznei mit Risiken und Nebenwirkungen.

Unlautere LEVITRA-Werbung

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BAYER bereitet die Markteinführung seines Potenzmittels LEVITRA in China vor und hat vorsorglich schon einmal die Hälfte der dortigen Männer zu potenziellen Patienten erklärt: Nach einer von dem Pharmariesen vorgestellten „Studie“ leiden angeblich bis zu 50 Prozent der Chinesen an einer „erektilen Dysfunktion“.

BAYER & Co. kaufen Entlastungsstudie
Die Literatur zur Gefährlichkeit Polychlorierter Biphenyle (PCB) füllt ganze Bibliotheken. Die Chemikalie kann WissenschaftlerInnen zufolge das Nervensystem, die Immunabwehr, Leber und Nieren schädigen sowie zu Unfruchtbarkeit, Missbildungen bei Neugeborenen und Hirnschädigungen bei Kindern führen. Da stieß das Urteil der Fachzeitschrift Arch Toxicol, die entsprechenden Studien zu Entwicklungsstörungen bei Minderjährigen wiesen methodische Mängel auf, in der Fachwelt auf ziemliche Verwunderung. Diese legte sich aber schnell, denn unter dem Artikel hieß es „Wir danken Eurochlor, Brüssel, für die finanzielle Unterstützung“. Der Chemieverband, dem unter anderem auch BAYER angehört, hatte sich also wieder mal eine Meinung gekauft. Besonders pikant: Die Mitverfasserin Beate Ulbrich steht als Giftexpertin in Diensten des „Bundesinstituts für Risikobewertung“.

Makrolon als Marke
BAYER unternimmt verstärkte Anstrengungen, seinen Kunststoff Makrolon zu einer Marke wie etwa „ASPIRIN“ aufzubauen. Deshalb beorderte der Konzern den bisher für die Verkaufspflege des „Tausendsassas“ zuständigen Werbeprofi Jürgen Hohmann in die „Plaste & Elaste“-Abteilung. Auf UVEX-Sportbrillen und auf einigen CDs und DVDs prangt dank seinen Bemühungen jetzt schon ein Makrolon-Siegel. Aber Großabnehmer wie LEGO wollen nicht „untervermieten“ und dulden keine Marke neben sich, weshalb sich Hohmanns Geschäft als schwierig erweisen dürfte.

BAYER übernimmt SCHERING-Stiftung
Mit der Übernahme von SCHERING fiel auch die gleichnamige Stiftung in den Besitz von BAYER, die vor allem KünstlerInnen und junge WissenschaftlerInnen aus den Bereichen „Medizin“ und „Biologie“ gefördert hat. Der Leverkusener Multi kündigte an, die nicht nur uneigennützige Nachwuchspflege in die PR-Aktivitäten des Konzerns zu integrieren und erhöhte zudem das Kapital der Stiftung, die in Zukunft auch das Museum SCHERINGs und Teile der Kunstsammlung des Berliner Pharmariesen betreut, um 10 Millionen Euro.

„BayRad“ läuft weiter
BAYERs Gesundheitsaktionen dienen vornehmlich dem Zweck, Akteure des Gesundheitswesens enger an den Konzern zu binden. Da das bei der „BayRad“-Initiative offenbar gut geklappt hat, setzt der Konzern die 2005 gemeinsam mit der „Deutschen Herzstiftung“ und einigen Krankenkassen ins Leben gerufene Unternehmung, die zum gesundheitsfördernden In-die-Pedale-treten animieren will, auch 2006 fort.

BAYER unterstützt ApfelanbauerInnen
In den USA sponsort BAYER das Jahrestreffen der ApfelanbauerInnen - damit sie auch morgen noch kräftig in BAYER-Gifte beißen können!

BAYER unterstützt ErdnussfarmerInnen
Der Leverkusener Multi tritt als Sponsor des Jahrestreffens der US-amerikanischen ErdnussfarmerInnen auf.

BAYER macht Schule
Der Leverkusener Multi arbeitet seit Jahren beharrlich daran, die naturwissenschaftlichen Fächer in den Schulen zu stärken, um sich geeigneten Nachwuchs heranzuzüchten und Gentechnik & Co. mehr Akzeptanz zu verschaffen. Jüngst hat der Konzern in den USA wieder zwei Initiativen dieser Art gestartet.

DRUGS & PILLS

Nr. 1 in Deutschland
Mit der Übernahme des SCHERING-Konzerns ist BAYER zum größten Pharma-Unternehmen der Bundesrepublik geworden.

LEUKINE floppt bei Morbus Crohn
Den vom jetzt zu BAYER gehörigen SCHERING-Konzern hergestellten Wachstumsfaktor LEUKINE mit dem Wirkstoff Sargramostim verwenden MedizinerInnen in der Chemotherapie von älteren Leukämie-PatientInnen, um die Gefahr von Infektionen zu reduzieren. Der Pharmamulti wollte das Präparat jedoch auch zur Behandlung der Darmkrankheit Morbus Crohn einsetzen, es konnte aber in der Phase III der klinischen Tests keine überzeugenden Resultate erbringen.

Sehnenschäden durch CIPROBAY
BAYERs CIPROBAY und andere Antibiotika auf Fluorchinolon-Basis können Sehnenschäden verursachen. In dem Zeitraum von 1997 bis 2005 meldeten MedizinerInnen der US-Gesundheitsbehörde FDA 262 Fälle von Sehnenrissen. Die Gesundheitsinitiative PUBLIC CITIZEN hatte schon früher auf Risiken und Nebenwirkungen dieser Art aufmerksam gemacht, woraufhin BAYER & Co. entsprechende Hinweise auf den Packungen aufbringen mussten. Da infolge der zunehmenden Verbreitung der Antibiotika die Schadensmeldungen zunehmen, forderte PUBLIC CITIZEN die FDA in einer Petition auf, so genannte „black-box“-Warnungen - Warnungen der höchsten Dringlichkeitsstufe - auszusprechen.

ASPIRIN COMPLEX zu komplex
Der Markt mit freiverkäuflichen Arzneien boomt. Allein von BAYERs als Grippemittel vermarktetem ASPIRIN COMPLEX gehen jährlich 3,7 Millionen Packungen über den Ladentisch. Der Pharmakologe Gerd Glaeske hält die darin enthaltenen Substanzen Ephedrin und Acetylsalicylsäure jedoch nicht für geeignet, auf ein Krankheitsymptom wie Schnupfen einzuwirken.

KOGENATE gestreckt
Das gentechnisch hergestellte Bluterpräparat KOGENATE ist das umsatzstärkste Pharma-Produkt BAYERs. Deshalb baut der Konzern schon einmal für die Zeit vor, da es nicht mehr patentgeschützt ist und ergo auch nicht mehr so hochpreisig vermarktet werden kann. Er testet gerade eine länger wirksame Version, welche für die Bluter die Zahl der Infusionen pro Woche verringert. Erhält der Pharmariese dafür eine Zulassung, geht das Patentspiel wieder von vorn los.

Bittere Korruptionspillen
Im Pillengeschäft von BAYER & Co. läuft es immer noch wie geschmiert. Dabei bedienen sich die Konzerne vielfältiger Methoden zur medizinischen Landschaftspflege. So ist in den Honoraren, die sie ÄrztInnen für Anwendungsbeobachtungen neuer Arzneien zahlen, oftmals schon ein Betrag für die spätere Verordnung enthalten. Zudem müssen die MedizinerInnen, denen die Pillen-Produzenten in Krankenhäusern halbe Stellen finanzieren, ihren Sponsor bei der Aufstellung der Krankenhaus-Arzneimittelliste bedenken. Auch die Entlohnung für Vorträge und Beratung - in den USA bis zu 2000 Dollar am Tag - versteht sich mehr als Investition denn als Aufwandsentschädigung.

Bitterteure Pillen
Die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen erreichten im Jahr 2005 einen neuen Höchststand. Sie beliefen sich auf 24,6 Milliarden Euro und stiegen damit gegenüber dem Vorjahr um 17,2 Prozent. BAYER & Co. gelingt es durch medizinische Landschaftspflege immer wieder, MedizinerInnen zum Verschreiben teurer Originalpräparate zu veranlassen, obwohl es billigere Alternativen mit gleicher pharmazeutischer Wirkung gibt. Nach einer Berechnung des Bremer Professors Gerd Glaeske kostet allein das die Kassen bis zu drei Milliarden Euro. Auch zucken die ÄrztInnen nach Ansicht des „Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen“ zu oft den Rezeptblock; eine „nicht nachvollziehbare Mengenausweitung“ beobachtete der Verband. Darüber hinaus vergrößert die Absenkung des Zwangsrabattes, den die Konzerne AOK & Co. auf ihre Pillen gewähren müssen, die finanzielle Belastung der Krankenkassen. Diese angespannte Lage hat viele von ihnen bereits dazu bewogen, ihre Beiträge zu erhöhen, obwohl das neue Arzneimittel-Spargesetz (siehe Ticker 1/06) ihre Pillenausgaben im laufenden Jahr um 1,8 Prozent gesenkt hat.

Gekaufte WissenschaftlerInnen
In der Vergangenheit haben medizinische Fachzeitschriften immer wieder Artikel von WissenschaftlerInnen abgedruckt, deren Urteil über Arzneien von ihren Verbindungen zu den Herstellerfirmen getrübt waren. Als Reaktion darauf haben die Journale Statuten erlassen, nach denen die ForscherInnen verpflichtet sind, ihre Beziehungen zur Industrie offen zu legen. Aber die ExpertInnen schweigen sich trotzdem lieber aus. So veröffentlichte ein Team um Dr. Tobias Kurth im Journal of the American Medical Association eine Studie zum Zusammenhang von Migräne und Herzinfarkthäufigkeit bei Frauen, ohne anzugeben, dass die Mitglieder schon in Diensten von Firmen wie BAYER, MCNEIL oder WYETH standen, die als Anbieter von Kopfschmerz- oder Herz/Kreislaufmitteln von der Untersuchung profitieren könnten.

IG FARBEN & HEUTE

Rückgabe von Hagemanns „Kirchner“
Die jüdische Familie Hess schaffte 1933 ihre umfangreiche Gemäldesammlung in die Schweiz, darunter auch das Bild „Straßenszene, Berlin“ von Ernst-Ludwig Kirchner, und emigrierte später. Der Maler stand in Kontakt mit dem sich als Kunstsammler betätigenden IG-FARBEN-Manager Carl Hagemann und wies diesen auf die Transaktion hin. „Wahrscheinlich gehören die Bilder jüd. Leuten, die wegmüssen“, schrieb der Künstler Hagemann 1936. Dieser nahm den Einkauftip dankbar an und erstand die „Straßenszene“ für 3.000 Reichsmark. Nach seinem Tod landete es über einige Umwege im Berliner „Brücke-Museum“. In diesem Jahr forderten die Erben von Alfred Hess das Gemälde zurück, weil der Verkauf nicht freiwillig geschah. Der Senat willigte zähneknirschend ein und schlug das Angebot, es für 15 Millionen Euro zurückzukaufen, aus. Er hatte auch keine andere Möglichkeit. Das „Gesetz zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz“ hat nämlich die Beweislast umgekehrt. Es verlangt von den NeubesitzerInnen einen Nachweis darüber, dass die damals gezahlte Summe angemessen war und wirklich in den Händen des Verkäufers gelandet ist - und diesen konnte die Stadt Berlin nicht erbringen. Trotzdem brach ein Sturm der Entrüstung über die Rückgabe los. „Es werde gezielt Raubkunst ausfindig gemacht“, tobte etwa Martin Roth, der Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Die Zeit hingegen mahnte zur Besonnenheit und riet zum Rückkauf: „Der Staat müsste nur die nötige Summe aufbringen. Und auch die Nachfolger der IG FARBEN dürften sich gern an dieser Form der aktiven Vergangenheitsbewältigung beteiligen“.

GENE & KLONE

Gen-Gau in den USA
BAYERs gentechnisch manipulierter Reis LL 601 hat konventionelle Sorten verunreinigt. Wie das gegen das Antiunkrautmittel LIBERTY LINK resistente und in den USA nicht zugelassene Produkt in den Reis gelangen konnte, ist bislang ungeklärt, da BAYER behauptet, Freisetzungsversuche bereits 2001 beendet zu haben. Der Gen-GAU hat Japan sofort zu einem Einfuhrstopp bewogen. Auch die EU ließ vorerst keinen US-amerikanischen Langkorn-Reis mehr über die Grenzen und will von den Exporteuren künftig ein Unbedenklichkeitszertifikat verlangen. Da der Reispreis sofort in den Keller sank und Absatzmärkte wegzubrechen drohen, haben US-amerikanische LandwirtInnen den Leverkusener Multi auf Schadensersatz verklagt.

LL-62-Reis in Kanada zugelassen
BAYER hat für seinen umstrittenen Genreis LL 62, der die selbe Herbizid-Resistenz besitzt wie der in den USA auf konventionelle Sorten übergesprungene LL 601, in Kanada eine Importgenehmigung erhalten. In Brasilien laufen derzeit Freisetzungsversuche, nach GREENPEACE-Informationen will der Leverkusener Multi auch dort eine Anbau- oder Einfuhrgenehmigung beantragen.

LL-Baumwolle in Australien?
Der Leverkusener Multi hat in Australien einen Antrag auf Zulassung einer Baumwoll-Art beantragt, die gegen das Herbizid LIBERTY LINK resistent ist. Die Regionen im Norden des Landes haben sich gegen eine Genehmigung ausgesprochen, da sie eine Verunreinigung herkömmlicher Ackerpflanzen befürchten. Die Zentralregierung signalisierte hingegen Zustimmung zum BAYER-Antrag.

Neuer Gentech-Multi
Unter Federführung des SAP-Gründers Dietmar Hopp entsteht aus AXARON BIOSCIENCE und LION BIOSCIENCE der Gentech-Multi SYGNIS, an dem auch BAYER beteiligt ist. Vor der Fusion hielt der Leverkusener Multi 5,1 Prozent der SYGNIS-Anteile. Darüber hinaus besitzt der Konzern sieben Prozent der Aktien von LION.

Zulassungserweiterung für BETAFERON
BAYER hat für das Gentech-Medikament BETAFERON, das SCHERING als umsatzstärkstes Mittel mit in die neue Pharma-Ehe einbrachte, von der EU eine Zulassungserweiterung erhalten. Durften Mediziner es früher nur zur Behandlung von Multipler Sklerose in einem fortgeschrittenen Stadium anwenden, so ist jetzt auch ein früherer Einsatz möglich. Nach dieser Entscheidung hofft der Pharmariese auch auf eine entsprechende Genehmigung in den USA.

Mehr Pestizide durch Gentech
Auf lange Sicht senkt der Anbau von Gentech-Pflanzen nicht den Pestizid-Verbrauch. Das ist das Ergebnis einer Studie mit Bt-Baumwolle in China, die Per Pinstrup-Anderson von der Cornell University durchführte. Die Baumwolle mit dem gentechnisch eingebautem Gift vom bacillus thuringiensis konnte sich zwar in den ersten Jahren erfolgreich der Baumwollkapselraupe erwehren, war dem Ansturm anderer Schadinsekten bald aber nicht mehr gewachsen, so dass die LandwirtInnen mit weiteren Pestiziden arbeiten mussten. Das ging ins Geld, weshalb ihr Gewinn nach sieben Jahren um ca. acht Prozent unter denen ihrer KollegInnen lag, die konventionelle Sorten angebaut hatten. Pinstrup-Anderson führt den Gen-Gau allerdings nicht auf die Genpflanzen selber, sondern auf das Fehlen von Pufferzonen mit naturbelassener Baumwolle zurück, in denen das Ausbringen zusätzlicher Agrochemikalien die Insekten-Bestände dezimiert und so die Gentech-Baumwolle vor ihnen verschont. Wie die sich häufenden negeativen Untersuchungsergebnisse zur Pestizid-Reduzierung durch genmanipulierte Pflanzen zeigen, dürfte dies aber nicht die Lösung des Problems sein. Schlechte Geschäftsaussichten also für BAYERs Gentech-Baumwolle FIBERMAX.

Probleme mit Gensoja
MONSANTOs Gentech-Soja, der über eine eingebaute Resistenz gegen das Anti-Unkrautmittel Glyphosate verfügt, macht den LandwirtInnen in Argentinien mittlerweile das Leben schwer. Vielen Wildgräsern kann die Agrochemikalie nichts mehr anhaben, so dass einige Sorten stärker wuchern als je zuvor. Zudem hat der flächendeckende Anbau mit ROUNDUP-READY-Soja die Böden ausgelaugt und ihnen nach einer Studie der Universität Buenos Aires rund eine Million Tonnen Stickstoff und 227.000 Tonnen Phosphor entzogen.

Stotternder Jobmotor
BAYER & Co. preisen die Gentechnik unablässig als Jobmotor. Die „Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie“ kommt auf über 10.000 Stellen allein in der Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion. Der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) hat diese Angaben einmal überprüfen lassen und ganz andere Zahlen zu Tage gefördert. Nach einer Untersuchung des Wirtschaftswissenschaftlers Thorsten Helmerichs von der Oldenburger Carl-von-Ossietzky-Universität arbeiten bei den Gentech-Unternehmen gerade mal 500 Angestellte in den Laboren.

WASSER, BODEN & LUFT

Neues Schadstoffregister
Die Bundesregierung will 2008 ein nationales Schadstoffregister einrichten, das - öffentlich zugänglich - alle Giftstoffe auflistet, mit denen BAYER & Co. die Umwelt belasten. Für die Metall-, Strom- und Chemieindustrie gilt darüber hinaus die Sonderregelung, jährlich Bericht über die genaue Höhe der Emissionen erstatten zu müssen.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Chemie macht unfruchtbar

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Nach einer neuen GREENPEACE-Studie beträgt der Anteil der nicht fortpflanzungsfähigen Menschen an der Gesamtbevölkerung der Industrieländer mittlerweile 20 Prozent und hat sich damit seit den 60er Jahren verdoppelt. Die Umweltschutzorganisation macht dafür Chemikalien mitverantwortlich. Viele Substanzen, wie etwa das von BAYER hergestellte Bispenol A, wirken nämlich hormon-ähnlich und beinträchtigen die Spermien-Produktion im Körper des Mannes.

Chemie macht unfruchtbar

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Die in der „Great Lakes“-Region zwischen Kanada und den USA ansässigen Chemie-Unternehmen gefährden die Gesundheit der AnwohnerInnen in einem erheblichen Maße (siehe Ticker 1/06). Allein die nun zu LANXESS gehörende ehemalige BAYER-Niederlassung emittiert jährlich zwei Millionen Kilogramm gefährlicher Stoffe. Viele von ihnen finden sich nach einer Untersuchung der Initiative TOXIC NATION im Blut der Bevölkerung wieder. Die Probe eines 66-jährigen Mannes wies 32 Chemikalien auf, darunter Polychlorierte Biphenyle und Pestizide. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen. Viele der Substanzen haben einen hormon-ähnlichen Aufbau und stören deshalb den menschlichen Stoffwechsel, was besonders fatale Auswirkung auf die Fortpflanzungsfähigkeit hat. So haben die chemischen Keulen in Sarnia zu vielen Fehlgeburten geführt und das Verhältnis von weiblichen und männlichen Geburten durcheinander gebracht. Auf einen Jungen kommen mittlerweile zwei Mädchen. Zudem weisen 20 Prozent der Schulkinder Entwicklungsdefizite auf. Auch in der Tierwelt stießen die WissenschaftlerInnen auf Abnormitäten wie Fische mit weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmalen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizide in Cola
Getränke-Produzenten nutzen Wasser als Rohstoff. In Indien ist es jedoch so stark durch Pestizide verunreinigt, dass auch die Cola nicht mehr sauber bleibt. Das „Centre for Science and Environment“ (CSE) fand in COCA-COLA und PEPSI-COLA Spuren von fünf Agrochemikalien, darunter der unter anderem von BAYER vertriebene Wirkstoff Chlorpyrifos. „Die Ergebnisse waren wirklich schockierend. PEPSI-COLA wies Rückstände auf, die dreißig Mal höher waren als die vom “Bureau of Indian Standards„ genehmigten Werte, bei COCA-COLA liegen sie 27 Mal höher“, so CSE-Direktorin Sunita Narain.

EU: strengere Pestizidpolitik
Die EU plant ein strengeres Vorgehen gegen Pestizide. Die Brüsseler PolitikerInnen wollen die Anwendungen besser kontrollieren, das Ausbringen der Ackergifte per Flugzeug verbieten sowie Sperrbezirke für Pestizide schaffen.

Immer weniger Bienen
Nach einer Studie der Universität Leeds, die das Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichte, hat sich die Zahl der Bienen in den letzten 25 Jahren stark reduziert. Das hat auch die Pflanzenwelt Auswirkungen: weniger Bienen, weniger Bestäubungen, weniger Blumen. Um 70 Prozent nahm die Verbreitung von Wildpflanzen allein in Großbritannien während des Untersuchungszeitsraums ab. Der Wissenschaftler Koos Biesmeijer war „schockiert“ über das Ergebnis seiner Forschungen. Eine Ursache für das Verschwinden der Bienen konnte er nicht angeben; GAUCHO und andere bienengefährliche Pestizide dürften aber ihren Teil zu dem Artensterben beigetragen haben.

Comeback für Organophosphate?
Der intensive Rapsanbau und die damit verbundene intensive Anwendung von Pestiziden macht den Rapsglanzkäfer zunehmend immun gegen die Giftdröhnungen. Besonders pyrethroid-haltige Insektizide wie etwa die BAYER-Produkte BAYTHROID und BULLDOCK versagen ihre Dienste. Deshalb hat die Biologische Bundesanstalt eine begrenzte Notzulassung für den Wirkstoff Thiacloprid, enthalten unter anderem in den Konzernmitteln ALANTO, BARIARD, CALYPSO und MONARCA, ausgesprochen. Aber auch eine Wiederzulassung von Ultragiften auf Organophosphat-Basis ist wieder im Gespräch. „Dass man nun wieder auf sie zurückgreift, kann als Offenbarungseid aufgefasst werden“, kommentierte die Faz.

5.000 Vergiftungen in Brasilien
Mit seinem Pestizidverbrauch liegt Brasilien weltweit auf Platz drei. Entsprechend hoch ist die Zahl der Vergiftungen. 5.000 Personen behandeln die MedizinerInnen jährlich. Das „Integrated Toxicological Vigilance Center“ des Gesundheitsministeriums hat die Region Mato Grosso do Sul genauer untersucht. In dem Zeitraum von 1992 bis 2000 gab es dort 1.355 Fälle, 506 Selbsttötungsversuche und 849 Unfälle, von denen 37 tödlich endeten. Die drei am häufigsten beteiligten Ackergift-Wirkstoffe Methamidophos, Carbofuran und Monocrotophos, allesamt den Gefahrenklassen I und II zugehörig, befinden sich auch in der BAYER-Produktpalette. Obwohl die Vereinten Nationen die Konzerne aufgefordert haben, solche Substanzen in der „Dritten Welt“ nicht mehr zu vermarkten, machen die Agromultis dort weiterhin Geschäfte mit ihnen.

785 Vergiftungen in Chile
Im Jahr 2005 kam es in Chile zu 785 Pestizid-Vergiftungen. Für die meisten war der auch von BAYER hergestellte Wirkstoff Methamidophos verantwortlich, für die drittmeisten die sich ebenfalls im Konzern-Angebot befindliche Substanz Chlorpyrifos. Auf den sechsten Platz der Schwarzen Liste gelangte Tetramethrin und auf den achten Azinphos-Methyl.

Pestizide verursachen Krebs
Pestizide und andere Chemikalien können Krebs auslösen. In einem Versuch mit Tumorzellen beobachteten WissenschaftlerInnen, wie eine Agrochemikalie ein zum Krebswachstum beitragendes Gen, ein so genanntes Onkogen, stimulierte.

Pestizidexporte steigen
Die Pestizidexporte bundesdeutscher Unternehmen steigen. Im Geschäftsjahr 2005 führten BAYER & Co. fast 94.000 Tonnen aus, was gegenüber 2004 eine Zunahme von zehn Prozent bedeutet. Davon gehen ca. 9.000 Tonnen nach Südamerika und ca. 3.000 nach Afrika, wo die Menschen aufgrund einer hohen AnalphabetInnenrate und einer ungenügenden Schulung im Umgang mit den Agrochemikalien einem besonders hohen Vergiftungsrisiko ausgesetzt sind.

Viele Suizide mit Pestiziden
Das Schlucken von Pestiziden ist einer Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge weltweit die verbreiteste Methode, sich selbst zu töten. In asiatischen Ländern wie China, Malaysia oder Sri Lanka gehen 60 bis 90 Prozent aller Suizide auf die Einnahme von Agrochemikalien zurück. Die WHO bereitet deshalb einen Aktionsplan vor. Sie will unter anderem das Gesundheitspersonal im Umgang mit Vergiftungen schulen und den Zugriff auf Pestizide erschweren.

BAYER die Nr. 1
Wie schon im Geschäftsjahr 2004 nimmt BAYER auch 2005 mit einem Umsatz von fast sieben Milliarden Dollar unter den weltgrößten Pestizidherstellern die Spitzenposition ein.

STANDORTE & PRODUKTION

Rhein-Anleger arbeitslos
Zwischen BAYERs Leverkusener Schiffsanleger, an dem Lastkähne mit Giftfracht festmachten, und dem für die Boote der KÖLN-DÜSSELDORFER SCHIFFFAHRTSGESELLSCHAFT lag immer ein Sicherheitsabstand. Da die den Leverkusener Multi anlaufenden Schlepper aber immer länger wurden, schmolz die Distanz. Deshalb führte im Jahr 2003 kein Weg an einer Verlegung der Station vorbei (Ticker 1/03). An den Kosten wollte der Konzern sich zunächst nicht beteiligen, erst nach langen Verhandlungen steuerte er 250.000 der erforderlichen 850.000 Euro bei. Jetzt allerdings erweist sich der Umzug als eine Fehlplanung. Am neuen Standort herrscht nämlich eine so starke Strömung, dass die Rheinkommission Wasserfahrzeugen ab 80 Meter Länge das Anlegen untersagte, weshalb die Schiffe ausbleiben.

Ärger mit dem Mieterverein
BAYERs Wohnungsgesellschaft BAYWOGE will Mieten künftig nicht mehr für den abgelaufenen Monat, sondern schon im Voraus kassieren, was den Mieterverein auf den Plan gerufen hat. Eine „Doppelzahlung der Miete muss nicht sein“, kritisiert Geschäftsführer Volker J. Ziaja und sieht im Handeln des Unternehmens einen Verstoß gegen viele der abgeschlossenen Mietverträge.

BAYER macht Portãna dicht
Der Leverkusener Multi schließt am brasilianischen Standort Portãna seine Pestizid-Produktion und konzentriert die Herstellung von Agrochemikalien auf den Standort Belford Roxo, wo er auch ein neues Vertriebszentrum errichtet. Wieviel Arbeitsplätze der Konzern durch diese Zentralisierung vernichtete, teilte er nicht mit.

Anlage in China eingeweiht
Die Lohnkosten in China belaufen sich auf ein Viertel der bundesrepublikanischen. Dieses Faktum und die dortigen Wachstumsraten veranlassen BAYER zu großen Investitionen in dem Land. Anfang September 2006 nahm der Konzern ein Makrolon-Werk in Caojing in Betrieb. Und so soll es weiter gehen. „Wir wollen bis 2009 jährlich eine Großanlage eröffnen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning bei der Einweihung. In drei Jahren soll schon ein Neuntel der Kunststoffproduktion aus dem Reich der Mitte kommen. Da auch die Konkurrenz in ähnlichem Tempo baut, besteht die Gefahr von Überkapazitäten. Aber selbst dann werde der Konzern in den kostengünstigen Großanlagen die vorgegebenen Mindestrenditen erzielen, meint Wenning. Die Caojinger Fertigungsstätte kam den Multi aufgrund eines neu entwickelten Produktionsverfahrens für den Kunststoff TDI nämlich 10 bis 20 Prozent billiger als vergleichbare Investitionen; zudem liegt der Energieverbrauch um ein Drittel unter dem älterer Werke. Deshalb sieht es im Falle einer Absatzflaute schlecht für Produktionen im alten Europa aus.

Mehr Lackrohstoffe aus China
BAYER baut die Lackrohstoff-Produktion am Standort Shanghai aus. Künftig will der Konzern dort 50.000 Tonnen pro Jahr herstellen.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER dominiert SCHERING-Vorstand
Ganz wie erwartet geben BAYER-Vertreter im neuen Vorstand von BAYER-SCHERING den Ton an. Im fünfköpfigen Führungsteam, dessen Leitung Arthur Higgins von BAYER HEALTH CARE übernimmt, finden sich nur zwei SCHERING-Manager. Den ehemaligen SCHERING-Boss Hubertus Erlen fand der Leverkusener Multi mit einem gutdotierten Posten im Aufsichtsrat ab.

Thomas neuer Kunststoffchef
Der Brite Patrick W. Thomas folgt Hagen Noerenberg auf den Posten des Vorsitzenden von BAYER MATERIAL SCIENCE, der Kunststoff-Sparte von BAYER.

Kooperation mit DEUTSCHE POST
Die DEUTSCHE POST übernimmt künftig für BAYER Dienstleistungen auf dem Gebiet der Dokumentenverwaltung. Sie erledigt das Scannen und Auslesen von Rechnungsdaten, den Abgleich mit anderen digitalen Unterlagen und die Archivierung. Ob dem Deal Arbeitsplätze beim Multi selber zum Opfer fallen, teilte der Konzern nicht mit.

Verkauf der Diagnostiksparte
Zur Finanzierung der SCHERING-Übernahme hat der Leverkusener Pharmariese seine Diagnostiksparte für 4,2 Milliarden Euro an SIEMENS verkauft. Nur das Geschäft mit Kontrastmitteln und Blutzuckermessgeräten verbleibt im Unternehmen. Damit vernichtet BAYER innerhalb des Konzerns tausende Arbeitsplätze.

BAYER kauft METRIKA
BAYER hat das US-Unternehmen METRIKA gekauft. Die Firma, die 75 Angestellte hat, stellt ein Gerät zur Bestimmung des Langzeit-Blutzuckerwertes her.

Vietnam lockt
Die bundesdeutsche Außenwirtschaftspolitik hat Vietnam nach Informationen von www.german-foreign-policy.com zu einem ihrer „Schwerpunktländer“ erklärt und bereitet BAYER & Co. das Terrain für eine Expansion. Der Leverkusener Multi hat bereits Projekte auf Lager und plant deshalb gemeinsam mit der vietnamesischen Regierung und anderen Konzernen einen Investitionsworkshop.

Kooperation mit NUFARM
Der BAYER-Konzern liefert seinen Herbizid-Wirkstoff Diflufenican und Produkte auf Basis dieser Substanz zukünftig an den australischen Pestizidhersteller NUFARM, der sein Europa-Geschäft stärken will.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Immer mehr Asbest-Tote
Die Zahl der durch Asbest ausgelösten Krebsleiden steigt immer weiter. Dieter Köhler von der „Deutschen Gesellschaft für Pneumomologie“ rechnet binnen der nächsten 15 Jahre mit 110.000 Neu-Erkrankungen. Ein großer Teil der Betroffenen war in der Bau- oder Chemie-Industrie beschäftigt. Der Werkstoff ist in der Bundesrepublik zwar seit 1993 verboten, aber bis er seine gefährliche Wirkung entfaltet, können bis zu 40 Jahre vergehen. Parallel zur Zunahme der Fälle wächst die Verschwiegenheit bei BAYER. Der Leverkusener Pharmariese verheimlicht nämlich die genauen Zahlen. Im vorvorletzten „Sustainable Development“-Bericht hieß es zu den 130 „anerkannten“ Berufskrankheiten des Jahres 2000: „Als Krankheitsauslöser waren bei uns vor allem Expositionen gegen Asbest und Lärm relevant“. Im „Nachhaltigkeitsbericht 2004“ fehlt selbst ein solcher diffuser Hinweis. Zum Thema „Berufskrankheiten“ findet sich dort bloß der Satz: „ ... so liegt die Zahl neuer Anerkennungsfälle derzeit konzern-weit bei etwa 100 pro Jahr“, ohne auf die Art der Gesundheitsschädigungen näher einzugehen. Und mit dem Nachhaltigkeitsbericht von 2005 fehlen gleich sämtliche Angaben zu Berufskrankheiten.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Explosionen in Dormagen
Auf dem Gelände des BAYER-Chemieparks in Dormagen ereignete sich am 3. Juli 2006 ein Störfall. In einem Reaktor zur Produktion des Kunststoffes Polyethylen kam es zu mehreren Explosionen. Acht MitarbeiterInnen wurden dabei verletzt.

Jährlich 340.000 Tote durch Chemikalien
Die Arbeit mit Chemikalien fordert zahlreiche Todesopfer. Nach Angaben der „internationalen Arbeitsorganisation“ (ILO) sterben jährlich 340.000 Menschen durch Vergiftungen. Ein großer Teil der Todesfälle geht auf Pestizide zurück und ereignet sich in Ländern der „Dritten Welt“. Dort tragen viele ArbeiterInnen wg. der großen Hitze keine Schutzkleidung Zudem ist die Analphabetismus-Rate hoch, weshalb ein Großteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten die Warnhinweise auf den Agrochemikalien nicht lesen kann. So haben vor einigen Jahren in Benin 30 Beschäftigte das Ausbringen des auch von BAYER hergestellten Pestizidwirkstoffs Endosulfan, enthalten unter anderem in den Produkten MALIX, PHASER und THIODAN, mit ihrem Leben bezahlt.

Gefährliche Pestizid-Entsorgung
Besonders komplizierte Entsorgungsfragen schafft sich der Leverkusener Multi vom Hals, indem er Spezialunternehmen damit beauftragt. So lieferte eine BAYER-Niederlassung aus Alabama regelmäßig Behälter, in denen mit Propylmercaptan ein Bestandteil des Pestizides MOCAP hergestellt wurde, zur Reinigung an die Firma PHILIPS SERVICES. Dies blieb nicht ohne Folgen. In einem Umkreis von 50 Quadratmeilen klagten 250 Menschen über Kopfschmerzen, Brechreiz, allergische Symptome und Atemprobleme. Über drei Wochen hing ein übler Geruch über der ganzen Gegend. Die US-Behörden entzogen PHILIPS SERVICES daraufhin erst einmal die Betriebserlaubnis, die das Unternehmen allerdings wiedererlangen kann, wenn es bestimmte Auflagen erfüllt.

35 Verletzte bei Chlormethylketon-Austritt
Am 24. Mai 2006 ereignete sich im Dormagener BAYER-Werk beim Umfüllen einer von einem LKW gelieferten Chemikalie ein Unfall. Es traten fünf Liter des Pestizid-Vorproduktes Chlormethylketon aus. Der Kontakt mit der Substanz verursachte bei 35 Personen so schwere Gesundheitsstörungen, dass sie sich in ärztliche Behandlung geben mussten.

Zyanid tritt aus
Am 24. Juli 2006 entstand in einem BAYER-Gefahrguttransporter ein Leck, woraus giftiges Zyanid entwich. Der Fahrer stoppte den LKW und fuhr den Parkplatz eines Einkaufszentrums im US-amerikanischen Moundsville an. Die eintreffende Feuerwehr ließ sofort alle dort parkenden Wagen abschleppen; ein Sicherheitsteam pumpte die Chemikalie ab. Wäre eine größere Menge ausgetreten und hätte der Wind ungünstiger gestanden, hätten die Verantwortlichen umfangreiche Evakuierungsmaßnahmen einleiten müssen. So aber gab der Polizei-Chef Entwarnung: „Für niemanden bestand zu irgendeiner Zeit eine Gefahr.“

Mercaptan tritt aus
Sogar in Erdgas steckt Chemie. Der Duftstoff Mercaptan verhilft dem geruchslosen Erdgas zu dem charakteristischen Gasgeruch, damit man eventuelle Ausströmungen riechen kann. Im Wiesdorfer BAYER-Werk ereignete sich allerdings mit Mercaptan ein Störfall. Im Bereich der Erdgasübergabestation trat der Duftstoff aus und verursachte bei acht MitarbeiterInnen Übelkeit und Augenreizungen.

Kontrastmittel-Rückruf
Der von BAYER aufgekaufte Pharmahersteller SCHERING hat sein Röntgenkontrastmittel ULTRAVIST zurückgerufen, da in dem Medizinprodukt kleine Partikel zu Kristallen zusammengklumpt sind, was Arterien verstopfen und so Thrombosen auslösen könnte.

RECHT & UNBILLIG

CBG-Klage abgewiesen
Kurz vor der diesjährigen Hauptversammlung der BAYER AG am 28. April reichte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bei der Kölner Staatsanwaltschaft eine Klage gegen den Konzern wegen unerlaubter Preisabsprachen ein. Anfang Juni wiesen die RichterInnen sie in der ersten Instanz ab. Sie sahen es nicht als Veruntreuung an, Rückstellungen in Höhe von 275 Millionen Euro für die zu erwartenden Strafen gebildet zu haben - im Gegenteil. „Bei lebensnaher Betrachtung (ist) davon auszugehen, dass ein weltweit agierender Konzern wie die BAYER AG letztlich durch Kartellabsprachen größere Gewinne erzielt, als wenn sie auf solche verzichten würde“, heißt es in der Urteilsbegründung. Das Profitstreben des Leverkusener Multis führt sie sogar noch als mildernden Umstand an: „Es ist in Anbetracht des Umstandes, dass viele namhafte Unternehmen an den Absprachen beteiligt waren, davon auszugehen, dass diese Vereinbarungen lediglich (!) in der Absicht einer sicheren Gewinnmaximierung getroffen wurden.“ Die CBG hat gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt (siehe auch SWB 3/06).

73 Millionen Dollar Kartellstrafe
In einem Verfahren wegen Preisabsprachen beim Kunststoff-Vorprodukt Polyol, in dessen Verlauf BAYER schon einmal 33 Millionen Dollar zahlen musste, erging ein erneuter Strafbefehl. Ein Gericht verurteilte die am Kartell beteiligten Unternehmen, auch die Plastikproduzenten zu entschädigen, denen sie das Polyol überteuert verkauft hatten. Das kostete die Konzerne noch einmal 73

[Ticker 04/2005] STICHWORT BAYER 04/2005 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Streik bei BAYER-Italien
Im November 2005 streikten am italienischen BAYER-Standort Filago mit Unterstützung der großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL 500 Belegschaftsangehörige, um gegen die Entlassung von neun MitarbeiterInnen zu protestieren. Die Beschäftigten von LANXESS, der Anfang des Jahres vom Leverkusener Multi abgestoßenen Kunststoffsparte, legten aus Verbundenheit mit den vom Rauswurf Bedrohten ebenfalls die Arbeit nieder. Die Betroffenen arbeiteten in der Haushaltsinsektizid-Produktion. Nach dem Verkauf des Insektenmittels AUTAN an JOHNSON & JOHNSON fuhr BAYER die Produktion herunter. Viele Beschäftigte wechselten daraufhin in andere Bereiche, aber den Neun bot der Agroriese keine neuen Arbeitsplätze an. „Einen derartigen Fall hat es hier noch nicht gegeben. Wir müssen in jedem Fall auch für die übrig gebliebenen Angestellten eine würdige Lösung finden“, meint Elisabetta Giglio von der Gewerkschaft CGIL. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Streikenden ihre Solidarität bekundet.

Die CBG-Jahrestagung 2005
Am 12. November 2005 fand im Düsseldorfer Umweltzentrum die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema „Konzernmacht und Sozialraub - BAYER & Co. entfesseln den Kapitalismus“ statt. Conrad Schuhler vom Münchner „Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung“ hielt einen Vortrag über den Kapitalismus in Zeiten der Globalisierung, als dessen Hauptmerkmale er die anwachsende Macht der Finanzmärkte, höhere Profite für die Konzerne und eine forcierte Ausbeutung der abhängig Beschäftigten ansah. Otto Meyer, Pfarrer im Unruhestand, dekonstruierte die sieben Mythen des Neoliberalismus von der „Kostenexplosion in den Sozialsystemen“ bis hin zur „Überalterung“. Der CBG-Vorständler Jan Pehrke schließlich befasste sich mit der Geschichte des Sozialen bei BAYER, die Ende des 19. Jahrhunderts als Befriedungsstrategie ihren Anfang nahm. Alle Referenten fassten den gegenwärtigen Neoliberalismus nicht als eine Schicksalsmacht, sondern als ein qua Politik geschaffenes Gesellschaftsmodell auf, das also qua Politik auch wieder rückholbar ist. Deshalb kam es im Anschluss der Referate jeweils zu fruchtbaren Diskussionen über Alternativen zum gegenwärtigen Status quo. So nahmen die TeilnehmerInnen von der Jahrestagung neue Kraft für ihre politische Arbeit in ihren jeweiligen Zusammenhängen mit nach Haus.

3.500 Beschäftigte demonstrierten
BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS) plant ein drastisches Einsparprogramm (siehe KAPITAL & ARBEIT). Am 5. November wollte die Geschäftsleitung mit den Betriebsräten im Wirtschaftsausschuss die Einzelheiten besprechen. Darum versammelten sich 3.500 Belegschaftsangehörige aller Standorte der BAYER AG vor den Wiesdorfer Arkaden, um ihren Unmut über das Vorgehen des BIS-Managements zum Ausdruck zu bringen - mit Pfiffen, bösen Kommentaren und Buh-Rufen für den BIS-Vize Heinz Bahnmüller. Eine Protestversammlung dieser Größe hat es beim Leverkusener Chemiemulti lange nicht mehr gegeben.

Proteste gegen Genreis
Mit gentechnisch verändertem Reis wollen BAYER und andere Agromultis groß ins globale Ernährungsgeschäft einsteigen. Vor allem aus den Ländern der „Dritten Welt“ regt sich dagegen Widerstand. GREENPEACE sowie Initiativen aus Indien, Thailand, Indonesien und anderen Staaten nahmen den Welternährungstag am 16. Oktober zum Anlass, ein Verbot von genmanipuliertem Reis zu fordern. Sie wählten dieses Datum mit Bedacht, denn anders als von der UN-Welternährungsorganisation FAO propagiert, stellt der Laborreis in ihren Augen keinen Beitrag zur Lösung des Hungerproblems dar. Deshalb übergaben die Gruppen einem FAO-Vertreter in Bangkok ein Manifest. Darin warnten sie vor den Gesundheitsrisiken der neuen Technologie und kritisierten die aggressive Vermarktungsstrategien von BAYER & Co.. „Reis ist das weltweit wichtigste Grundnahrungsmittel. Wir werden nicht zulassen, dass einige wenige Agromultis die Zukunft dieser Pflanze aufs Spiel setzen“, sagte die südostasiatische GREENPEACE-Aktivistin Varoonvarn Svangsopakul.

Immer mehr Gen-GegnerInnen
Das FORSA-Institut befragte die BundesbürgerInnen nach ihrer Meinung zu Genfood und bescherte BAYER & Co. ein niederschmetterndes Ergebnis: Drei Viertel der Befragten sprach sich gegen gentechnisch produzierte Lebensmittel aus.

Verbände gegen neue Gentechpolitik
Mehrere Initiativen haben Angela Merkel in einem Offenen Brief zu einer Kehrtwende in der Gentechnik-Politik aufgefordert. Sie appellierten an die Bundeskanzlerin, bei der beabsichtigten Novellierung des Gentechnik-Gesetzes nicht die Koexistenz von konventioneller und gentechnik-basierter Landwirtschaft zu verhinden, nicht die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen einzuschränken und den Umweltschutz nicht zu vernachlässigen. „Lassen Sie nicht zu, dass über die Revision des Gentechnik-Gesetzes einer schleichenden gentechnischen Verunreinigung konventioneller und biologischer Ernten sowie von Natur und Landschaft Tür und Tor geöffnet wird!“, schließt das Schreiben. Zu den Unterzeichnern zählten unter anderem BIOLAND, GREENPEACE, das GEN-ETHISCHE NETZWERK, die ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT und der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ (BUND).

JapanerInnen schreiben Landwirtschaftsminister
Ein Großteil der Rapsernte aus Australien geht nach Japan. Das Land akzeptiert jedoch keine Verunreinigungen durch genmanipulierten Raps. Deshalb nahm eine VerbraucherInnen-Organisation die jüngst festgestellte Kontamination von konventionell angebautem Raps durch BAYERs LIBERTY-LINK-Sorte (siehe GENE & KLONE) zum Anlass, den australischen Landwirtschaftsminister Peter McGauran in einem Brief aufzufordern, strengere Maßnahmen zur Verhinderung solcher Auskreuzungen zu ergreifen und die Auflagen für Freisetzungsversuche zu erhöhen.

ÄrztInnen fordern REACH-Nachbesserungen
Die Bundesärztekammer hat das geplante Chemikaliengesetz der EU kritisiert. Nach Meinung der MedizinerInnen-Organisation fällt es weit hinter dem ursprünglichen Entwurf zurück. Sie fordert unter anderem Nachbesserungen wie Risikobewertungen auch für Stoffe unterhalb einer Produktionsmenge von einer Tonne, die Einführung von Langzeittests und Monitoringverfahren. Darüber hinaus tritt die Ärztekammer für eine Hersteller-Haftung im Falle von Gesundheitsschäden durch Chemie-Gifte ein.

CBG stört Greenwashing
Im US-amerikanischen Pittsburgh hat der Leverkusener Multi einen Umweltfilm-Wettbewerb für Schüler gesponsort, um sich einmal mehr öffentlichkeitswirksam von seiner grünen Seite zu zeigen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat den Veranstaltern Material über die Umweltsünden des Konzerns zur Verfügung gestellt und sie über die Greenwashing-Strategie des Agromultis aufgeklärt. Das blieb nicht ohne Wirkung. Die „Pittburgh Filmmakers“ versprachen, eine weitere Zusammenarbeit mit BAYER zu überdenken. Eine Filmregisseurin verteilte während des Filmwettbewerbs sogar Handzettel mit kritischen Informationen über das Unternehmen.

PAN gegen Lindan
Seit BAYER die US-Firma GUSTAFSON erwarb, befindet sich der unter anderem durch den Holzgifte-Skandal mit seinen unzähligen Opfern berühmt-berüchtige Pestizid-Wirkstoff Lindan wieder im Sortiment des Konzerns. Die zur Familie der chlorierten Kohlenwasserstoffe gehörende Substanz zählt zu den giftigsten Chemikalien der Welt. Nur in den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada dürfen BAYER und andere Hersteller sie noch vermarkten. Darum hat die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) in diesen Ländern eine Verbotskampagne gestartet (siehe auch Ticker 2/05). Die Initiative hat sich mit einer Petition an die staatliche Umweltbehörde EPA gewandt, RegierungsvertreterInnen aus den USA, Mexiko und Kanada zu einem „Lindan-Essen“ gebeten und ist BAYER mit einer Telefon-Aktion auf den Pelz gerückt. Als Lohn ihrer Arbeit lässt Mexiko die Genehmigung für das Ultragift Ende des Jahres auslaufen. Zudem wollen mehrere US-Bundesstaaten der Pharma-Industrie die weitere Verwendung von Lindan untersagen.

Kein PONCHO statt GAUCHO!
Das BAYER-Pestizid GAUCHO war für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich, was in Frankreich zu einem Anwendungsverbot für bestimmte Kulturen wie Sonnenblumen und Mais führte. Das brachte den Agromulti dazu, mit PONCHO ein Nachfolgeprodukt zu lancieren. Die französische Umweltschutz-Initiative MOUVEMENT POUR LE DROIT ET LE RESPECT DES GÉNÉRATIONS FUTURES (MDRGF) hält es jedoch lediglich für alten Wein in neuen Schläuchen, weil der PONCHO-Inhaltsstoff Clothianidin zur selben Wirkstofffamilie wie GAUCHOs Imidacloprid gehört. Darum hat die MDRGF den französischen Landwirtschaftsminister aufgefordert, PONCHO die Zulassung zu verweigern.

Sechs Jahre Tauccamarca
Am 22. Oktober 1999 starben 24 peruanische Schulkinder aus Tauccamarca an einer Pestizid-Vergiftung. Die Frau eines Lehrers hatte das Gift versehentlich in die Schulmilch gemischt. Bei der Agrochemikalie handelte es sich um das BAYER-Produkt FOLIDOL mit einem Parathion-Wirkstoff. In den ländlichen Regionen Perus mit ihrer hohen AnalphabetInnen-Rate war eine solche Verwechslung vorprogrammiert, weil sich auf der Packung kein deutlicher Hinweis auf die Gefährlichkeit der Agrochemikalie befindet. Darum hat die lateinamerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) BAYER auf einem öffentlichen Tribunal, das anlässlich des sechsten Jahrestages des schrecklichen Ereignisses in Tauccamarca stattfand, auch eine Mitschuld am Tod der Kinder gegeben.

Umweltgruppe gegen Glyphosate
Die Behörden der mexikanischen Stadt Guadalajara rücken - einer Empfehlung der Nationalen Wasserkommission folgend - den üppigen Wasserlilien auf dem Chapala-See mit dem Herbizid Glyphosate zu Leibe. Weil der auch in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G verwendete Wirkstoff das als Trinkwasserreservoir dienende Gewässer vergiften kann, hat die Initiative COLECTIVO ECOLOGISTA JALISCO (CEJ) im Rahmen einer Aktionswoche gegen die Glyphosate-Ausbringung der Kommune protestiert.

Pestizid-Proteste in Alaska
Der US-Bundesstaat Alaska hob im Jahr 2003 das Verbot, Pestizide per Flugzeug auszubringen, auf. Deshalb beantragte das Unternehmen KLUKWAN bei den Behörden die Genehmigung zum Besprühen einer riesigen Waldfläche mit Agrochemikalien. Zum Einsatz kommen sollten die Wirkstoffe Imazapyr und Glyphosate, das in BAYER-Produkten wie GLYPHOS und USTINEX G enthalten ist. Dagegen erhob sich jedoch Protest von FischerInnen, UmweltaktivistInnen, LokalpolitikerInnen und indigenen Völkern, dem sich die Verantwortlichen schließlich beugten.

Pestizid-Proteste in Costa Rica
Flugzeuge versprühen auf den Bananenplantagen Costa Ricas in rauhen Mengen Pestizide. Da die Felder in unmittelbarer Nähe von Ortschaften liegen, kommt es dort immer wieder zu Vergiftungsfällen. Dabei stellt der unter anderem in BAYERs PRONTO PLUS BRAVO-PACK enthaltene Wirkstoff Chlorthalonil einen der Hauptauslöser von Symptomen wie Hautausschläge, Atembeschwerden und Allergien dar. Deshalb haben Kommunen der Provinz El Limon bei staatlichen Stellen offiziell Protest gegen die Sprüheinsätze eingelegt. Aber die Verantwortlichen haben sich dem Druck der Bananenbarone gebeugt und den Giftspritzern die Lizenz verlängert.

KAPITAL & ARBEIT

Sparprogramm bei BIS
Seit der Umstrukturierung von BAYER zu einer Holding stehen die einzelnen Bereiche in einer geschäftlichen Beziehung zueinander. BAYER INDUSTRIAL SERVICES (BIS) betreibt beispielsweise die Chemie„parks“ inklusive Energieversorgung, Abfallmanagement und Werkschutz und bietet diese Dienstleistungen den anderen Konzern-Gesellschaften an. Diese allerdings üben Kaufzurückhaltung und machen Druck auf die Preise, wobei sich besonders die Chemie-Abspaltung LANXESS, die 40 Prozent der Anteile an der BIS hält, hervortut. In der Folge sanken die Erlöse der Service-Gesellschaft stark. Die BIS legte deshalb schon vor drei Jahren ein 131 Millionen Euro schweres Einsparprogramm auf, in dessen Rahmen sie bis 2006 über ein Sechstel der 7.300 Arbeitsplätze vernichten will. Da die Umsätze aber noch um mehr als die erwarteten 20 Prozent zurückgingen, plant die Gesellschaft jetzt neben weiteren Stellenstreichungen auch Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich. Zudem beabsichtigt sie, die tarifllich vereinbarten Einmalzahlungen einzubehalten sowie Unternehmensteile auszugliedern, um die Beschäftigten nicht länger nach dem Chemie-Tarif bezahlen zu müssen. Auch einen eigenen Betriebsrat ohne Anbindung an den Mutterkonzern strebt das BIS-Management an. Hätte die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) BAYER & Co. in den Tarifverhandlungen nicht so viele Öffnungsklauseln zugestanden, hätte die BIS bei ihren Rationalisierungsmaßnahmen bedeutend mehr Schwierigkeiten zu überwinden.

BAYER verlegt Diabetes-Zentrale
Der Leverkusener Multi schließt seine US-amerikanische Diabetes-Zentrale in Elkhart, was dort 160 Arbeitsplätze kostet, und verlegt sie nach New York. Damit existiert das Hauptwerk in der Stadt nicht mehr, lediglich noch eine Produktionsstätte mit 600 Beschäftigten. Elkhart hatte in den Augen des Konzerns einen gravierenden Standort-Nachteil aufzuweisen: Es gab dort eine Gewerkschaft.

Unterschiede bei den Sonderzahlungen
Bei BAYER fächert sich das Entlohnungsgefüge weiter auf. Die bei florierenden Geschäften ausgeschütteten übertariflichen Sonderzahlungen kommen nicht allen MitarbeiterInnen gleichermaßen zugute. Bei BAYER INDUSTRIAL SERVICES (BIS) machen sie lediglich fünf Prozent des Jahresgehalts aus, während die übrigen Gesellschaften des Multis sechs Prozent zahlen. Zudem können BIS-Beschäftigte sich nicht an BAYERs Aktienoptionen-Programm beteiligen.

BAYER ohne Antiinfektiva
Die Pillensparte von BAYER will sich von der Antinfektiva-Forschung trennen und damit weitere Arbeitsplätze im Werk vernichten. Das Unternehmen führt bereits aussichtsreiche Verkaufsgespräche mit HEXAL.

„Innovationsinitiative“ der IG BCE
Für die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) besteht zwischen Kapital und Arbeit kein Gegensatz. Daher kann sie BAYER & Co. die Arbeitsplatzvernichtung nicht anlasten. Statt Kapitalismuskritik zu üben, muss die Gewerkschaft positiv denken und auf den arbeitsplatzspendenden Segen von Innovationen setzen - ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Zu diesem Zweck hat die IG BCE bei BAYER das Projekt „Innovationsstandort Leverkusen“ gestartet, nachdem sich viele ihrer Betriebsräte bereits Anfang des Jahres bei der „Initiative pro Industriepolitik“ engagiert hatten. Die Chemie-Gewerkschaft hat auch schon ihre wahren Widersacher ausgemacht. „Die Grünen tun mit ihren ständigen Bedenken alles, um die deutsche Wirtschaft kaputt zu machen“, tönte BAYERs Gesamtbetriebsratschef Erhard Gipperich beispielsweise im Frühjahr.

AnalystInnen fordern weitere Abspaltungen
Nach der Abspaltung ist vor der Abspaltung: Die Trennung vom Chemie-Geschäft sehen viele Finanz-AnalystInnen nur als einen ersten Schritt. Sie fordern BAYER zur Abstoßung weiterer Geschäftsteile auf und haben dabei vor allem den Pharma-Bereich im Auge.

LANXESS gliedert Feinchemie aus
Wie bei der BAYER-Abspaltung AGFA bereits seit Jahren, so setzt sich auch bei der nunmehr selbstständigen Chemiesparte LANXESS der Teilungsprozess munter fort. Anfang November gab das Management Pläne bekannt, das Feinchemie-Geschäft ausgliedern zu wollen. Axel Westerhaus als Chef des künftig unter dem Namen SALTIGO GmbH firmierenden Unternehmens kündigte als erste Amtshandlung ein Programm zur Senkung der Produktionskosten um 25 Prozent an. Es umfasst unter anderem die Vernichtung von 500 Arbeitsplätzen und Betriebsschließungen.

LANXESS verkauft ISL-Chemie
Die unendliche Teilung, Teil 2: Anfang Dezember 2005 verkaufte die BAYER-Abspaltung LANXESS die Kürtener Firma ISL-Chemie, die vorwiegend Farben und Lacke für Kunststoffe herstellte, für 20 Millionen Euro an die BERLAC AG und verringerte so nochmals ihren Personalstamm.

ERSTE & DRITTE WELT

Mercosur gegen Bush
Die USA, China und die EU ringen um ökonomische Einflussspären in Südamerika. Die Europäische Union versucht seit geraumer Zeit, die Mercosur-Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay stärker an sich zu binden und BAYER & Co. so bessere Kapitalverwertungsbedingungen zu schaffen. Diese Politik hat sich als erfolgreich erwiesen. Im November 2005 erlangte Bush für sein Projekt einer gesamtamerikanischen Freihandelszone auf dem Südamerika-Gipfel keine Mehrheit - Widerstand kam vor allem von Seiten der Mercosur-Staaten.

ERSTE & DRITTE WELT

AVALOX in der Tbc-Therapie?
Die Pharmamultis haben die ärmeren Staaten nicht in ihrer Kundendatei. Deshalb müssen öffentliche oder private Institutionen einspringen, um Medikamenten-Entwicklungen für Krankheiten zu fördern, die besonders häufig in Entwicklungsländern auftreten. Eine solche Organisation ist die „Global Alliance for TB-Drug-Development“. Bill Gates, die Rockefeller Foundation, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA und diverse andere Vereinigungen finanzieren im Rahmen der Alliance die Suche nach neuen Tuberkulose-Behandlungsmethoden. So fließt auch Geld für die Erprobung einer Kombinationstherapie von Tbc-Arzneien mit BAYERs Antibiotikum AVALOX. Das Präparat soll den Heilungsprozess beschleunigen, die Bildung Antibiotika-resistenter Bakterienstämme eindämmen und so die Überlebenchancen der PatientInnen erhöhen. In der Fachwelt ist das BAYER-Mittel allerdings umstritten. Der Arzneimittelverordnungsreport ‚97 zählt Antibiotika mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Fluorchinole wie AVALOX aufgrund der vielen Nebenwirkungen zu den „nicht primär empfehlenswerten Substanzen“. Schon bevor erste Ergebnisse der klinischen Tests feststehen, nutzt der Leverkusener Multi die PR um den neuen Tbc-Therapieansatz und verspricht, das Medikament in der so genannten Dritten Welt zu einem erschwinglichen Preis zu vermarkten, falls es sich als wirksam erweisen sollte.

IG FARBEN & HEUTE

Eine Zwangsarbeiterin berichtet
Die von BAYER mitgegründeten IG FARBEN eilte mit ihrem Antisemitismus sogar der NSDAP voraus und behandelte ihre SlavenarbeiterInnen viel schlechter als Unternehmen wie SIEMENS oder die AEG. Inge Deutschkron berichtet darüber in ihrem Buch „Ich trug den gelben Stern“, woraus die vom Bezirksamt Lichtenberg herausgegebene Publikation „Versklavt und fast vergessen“ Auszüge nachgedruckt hat. Über ihre Erfahrungen als zwangsverpflichtete Arbeiterin in der Perlon-Produktion schreibt die Autorin: „Diese Fabrik gehörte zum IG FARBEN-Konzern und war in Berlin bekannt für seine schlechte Behandlung von Juden (...) Man drückte uns den Judenstern in die Hand, der am Arbeitskittel zu befestigen war, mit den Worten: ‘Wehe, wenn ihr den vergesst.‚ Diese Kennzeichnung von Juden wurde amtlich erst Monate später angeordnet. Die IG FARBEN handelten eigenmächtig.“ Inge Deutschkron brachte sich schließlich selbst eine Knieverletzung bei, um ihre Entlassung zu provozieren. Wobei sie paradoxerweise wieder vom Antisemitismus des Unternehmens profitierte: Die IG-eigene Krankenkasse zahlte nämlich nicht gern für Juden mit Gesundheitsproblemen und wollte sie deshalb immer so schnell wie möglich loswerden.

IG-FARBEN-Mahnmal geschändet
Im Herbst 2005 haben Neonazis das Dessauer Zykon-B-Mahnmal geschändet, das erst Anfang des Jahres eingeweiht wurde. Die FORSCHUNGSGRUPPE ZYKLON B hatte sich neun lange Jahre für die Errichtung des „Informations- und Mahnpunkts Zyklon B Dessau“ eingesetzt, der daran erinnern sollte, dass der von BAYER mitgegründete Mörder-Konzern IG FARBEN in der Stadt einst Zyklon B produzierte.

POLITIK & EINFLUSS

Chemie-Arbeitgeber laufen Amok
Der Vorsitzende des „Bundesarbeitgeberverbandes Chemie“ (BAVC), der BASF-Vize Eggert Voscherau, hat in drastischen Worten drastische wirtschaftspolitische Maßnahmen eingefordert. Er trat in der Süddeutschen Zeitung für einen dreijährigen Verzicht auf Gesetze zum Arbeitsrecht und zur Umweltpolitik, für niedrigere Unternehmenssteuern, eine Reduzierung des Urlaubs und eine Streichung von Feiertagen ein. Besonders die Arbeitslosen will Voscherau härter an die Kandare nehmen. „Ich schätze mal, dass etwa ein Drittel der als arbeitslos Gemeldeten gar keine Arbeit sucht“, tönt er und verlangt Sanktionen für Vermittlungsunwillige, die „unter die Grenze dessen gehen, was heute als Existenzminimum gilt“. Bei BAYER & Co. können Joblose aber auf keinen Fall ein Unterkommen finden. „Grundsätzlich werden wir in der Industrie, auch in der Chemieindustrie, weiter Stellen abbauen. Wir steigern unsere Produktivität und stellen mit weniger Leuten mehr her“, bekannte er in dem Interview.

Chemiegesetz abermals abgeschwächt
Das Chemikaliengesetz REACH hat das EU-Parlament in Straßburg passiert - in abermals abgeschwächter Form. Nun müssen nicht mehr 30.000 Stoffe, sondern nur noch rund 5.000 Stoffe genauer auf ihre gesundheitsgefährdende Wirkung hin getestet werden. Für Substanzen bis zu einer Produktionsmenge von zehn Jahrestonnen gibt es einen Freifahrtschein, für solche bis 100 Jahrestonnen fallen die Langzeituntersuchungen weg. Auch müssen nicht mehr die Konzerne die Daten zusammentragen, die EU überantwortete diese Aufgabe ihrer Chemie-Agentur. Ein Sieg für die Chemie-Lobby und eine Niederlage für den VerbraucherInnenschutz. „Die deutschen Politiker stehen lieber BASF oder BAYER stramm zur Seite, allen voran Angela Merkel“, kommentierte die taz.

Umweltmedizin unter Druck
BAYER & Co. haben es geschafft, den Status der Umweltmedizin zu unterminieren. „Umweltmedizin“ gilt berufsständisch nun nicht länger als Zusatzbezeichnung, weshalb es auch keine Qualifizierungsangebote für dieses Fachgebiet mehr gibt.

IG BCE will BAYER & Co. stärken
Die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) betätigt sich einmal mehr als Bauchredner von BAYER & Co.. Sie gab zusammen mit dem Fraunhofer-Institut bei der Hans-Böckler-Stiftung die Untersuchung „Stärkung des Pharmastandortes Deutschland“ in Auftrag, die auch von der Pillen-Industrie hätte finanziert sein können. Als „Stärkungsmittel“ schlägt die Studie unter anderem mehr staatliches Geld für Gentechnik-Forschung, eine Verbesserung des Wissenstransfers von den Universitäten zur Industrie und eine konzertierte Aktion von Politik, Industrie, Wissenschaft, MedizinerInnen und Krankenkassen zur Entwicklung einer „nationalen Pharmastrategie“ vor. Soviel Liebesdienerei verwunderte selbst den Vorsitzenden des von BAYER gegründeten „Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller“, Andreas Barner. „Mit der IG BCE haben wir die einzigartige Situation, dass sich eine Gewerkschaft einsetzt für den Erhalt ihrer Industrie“, lobte er.

Verheugen will BAYER & Co. stärken
Der Brüsseler Lobby-Verband von BAYER & Co., der „European Roundtable of Industrialists“ (ERT) forderte im Februar 2004 in einem Brief an den damaligen Ratsvorsitzenden Bertie Ahern einen EU-Kommissar, „der sich exklusiv um alle Aspekte einer zum Wachstum führenden Industrie-Strategie kümmert“ - und ihnen lästige Umweltbestimmungen wie z. B. das geplante Chemikaliengesetz REACH verträglich gestaltet (SWB 4/04). Günter Verheugen tut als neuer Industrie-Kommissar alles, um der ihm zugedachten Rolle gerecht zu werden. Im Juni 2005 stellte er die Brüsseler Strategie zur Stärkung der pharmazeutischen Industrie vor. Diese sieht vor, die Projekte der Pillen-Produzenten im Rahmen des 7. Forschungsprogramms der Europäischen Union besonders zu fördern. Zudem will die Europäische Union 2,6 Milliarden Euro für neue Biotech-Firmen bereitstellen und BAYER & Co. mehr Freiheit bei der Preisgestaltung ermöglichen, also für noch höhere Pharmaprofite sorgen.

BAYER in DIURON-Kommission
BAYERs Ultragift DIURON steht seit langem in der Kritik (siehe auch PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE). So hat die EU eine Task Force in Sachen „DIURON“ gebildet, dabei allerdings mal wieder den Bock zum Gärtner gemacht. In dem Gremium haben nämlich die beiden Hauptproduzenten BAYER und GRIFFIN VertreterInnen sitzen. So dauerte es dann auch nicht lange, bis die Task Force dem gefährlichen Herbizid eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellte.

PROPAGANDA & MEDIEN

LEVITRA-Kampagne verboten
BAYER versucht mit allen Marketingmitteln, den Verkauf des hinter den Umsatzerwartungen zurückbleibenden Potenzmittels LEVITRA anzukurbeln. Eines davon hat sich jetzt als nicht mit dem Verhaltenscodex des australischen Pharmaverbandes vereinbar erwiesen. Der Leverkusener Multi hatte auf seiner Homepage eine „Gesundheitsberatung“ zum Thema „errektile Dysfunktion“ durchgeführt, dabei Daten über Patienten gesammelt und diese an 1.000 MedizinerInnen weiterverwiesen. Die Praxen erhielten dann ein LEVITRA-Informationspaket, das von berufener Ärztehand in die des „Kranken“ wandern sollte. Die Urologen wussten allerdings gar nichts von ihrem Glück und waren über die Vielzahl von LEVITRA verlangenden Patienten „not amused“. Sie beschwerten sich beim australischen Pharmaverband, der BAYER daraufhin zum Stopp der Verkaufsaktion aufforderte. Ähnliches widerfuhr dem Konzern bereits einmal in den USA. In einer TV-Werbung versprach er allzu Wundersames über die Heilwirkung des Mittels und musste den Spot einstampfen.

BAYER unterstützt WM-Kampagne
Bei der Kommerzialisierung des Fußballs hat der Agromulti eine Vorreiterrolle gespielt. Aus seinem Werksclub BAYER Leverkusen machte er die erste GmbH der Bundesliga-Geschichte. Darum ist der Konzern natürlich auch mit von der Partie, wenn es anlässlich der Fußball-WM darum geht, das Sportliche mit dem Geschäftlichen zu verbinden. Das Unternehmen unterstützt die vom „Bundesverband der Industrie“ (BDI) initierte Kampagne „Deutschland - Land der Ideen“, welche die öffentlichkeitswirksame Balltreterei nutzen will, um für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu werben, mit ca. einer Million Euro.

Kunstfreund BAYER
Im italienischen Sienna fördert der Leverkusener Multi eine Ausstellung über mittelalterliche Kunst - und seine Beziehungen zum auch als Sponsor mit im Boot sitzenden Bankhaus MONTE DEI PASCHI, das sich finanziell besonders im Bereich „Biotechnik“ engagiert.

BAYER fördert Selbsthilfegruppen
Der Leverkusener Multi unterstützt genau diejenigen medizinischen Fachverbände oder Selbsthilfeorganisationen, von denen er sich eine Werbewirkung für seine Arzneiprodukte zur Behandlung von Krebs, Diabetes, Hämophilie und Herzkrankheiten verspricht. Jüngst erhielten die US-Verbände „National Coalition for Cancer Survivorship“, „Juvenile Diabetes Research Foundation“, „National Hemophilia Foundation“ und „American Heart Association“ Schecks über je 100.000 Dollar. In der Vergangenheit haben die Gruppen sich für diese Zuwendung immer recht schnell dankbar gezeigt.

Urologen zeichnen LEVITRA aus
Die Werbearbeit von BAYERs PharmadrückerInnen für die Potenzpille LEVITRA hat sich ausgezahlt. Bundesdeutsche Urologen wählten das Mittel gegen „erektile Dysfunktion“ zum innovativsten Arzneimittel des Jahres 2005. Die lange Liste der Nebenwirkungen des Präparates, die von Blindheit, Kopfschmerzen und Gesichtsrötungen über Nasenschleimhaut-Entzündungen und Grippe-Symptome bis hin zu Verdauungsbeschwerden reicht, hat das Votum der Mediziner offenbar nicht weiter beeinflusst.

Mehr PR-Bedarf bei LANXESS
Die BAYER-Abspaltung LANXESS gibt in regelmäßigen Abständen Arbeitsplatzvernichtungen bekannt, was viel Öffentlichkeitsarbeit erfordert. Darum hat das Unternehmen seine PR-Abteilung vergrößert und die Leitung BAYERs früherem Krisenkommunikator Thomas Nisters übertragen.

TIERE & VERSUCHE

Tierversuchszahl steigt
Die Zahl der Tierversuche steigt mit kurzen Unterbrechungen seit Jahren kontinuierlich an. Während 1997 „bloß“ 1,49 Millionen Wirbeltiere starben, kamen im Jahr 2004 schon 2,26 Millionen in den Laboren von BAYER und anderen Konzernen um.

DRUGS & PILLS

Arzneiausgaben: plus 19 Prozent
Von Januar bis September 2005 stiegen die Aufwändungen der Krankenkassen für Medikamente um 19,1 Prozent auf 17,4 Milliarden Euro. Die Pillen von BAYER & Co. stellen mit einem Anteil von 17,6 Prozent am Budget den zweitgrößten Ausgabe-Posten dar und lassen die mit der Gesundheits„reform“ in Aussicht gestellten Beitragssenkungen als unrealistisch erscheinen. Die große Koalition plant deshalb, die Pharmariesen in ein Kostendämpfungsprogramm einzubinden und ihnen zwei Milliarden Euro abzutrotzen, wogegen der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ sogleich Protest angemeldet hat.

BAYER vermarktet Alphakit-Tests
In der Risikogesellschaft gibt es keine Gesunden mehr, sondern lediglich noch die Unterscheidung zwischen manifest und potenziell Kranken. Besonders diverse Diagnose-Verfahren, die Anlagen für dieses und jenes aufspüren und eine - natürlich pillenförmige - Prävention angeraten sein lassen, tragen dazu bei. So hat der Leverkusener Multi einen Test auf einen Alpha-Antitrypsin-Mangel im Angebot, an dessen Resultate er selbst nicht so recht glaubt, denn zu wenig Alpha-Antitrypsin ist keinesfalls immer ein schlechtes Omen. „Auch wenn nicht jeder Betroffene ein Alpha-Antitrypsin-bedingtes Lungenemphysem entwickelt, so ist doch eine entsprechende Lebensweise mit Vermeidung inhalativer Schadstoffe hilfreich“, rät Dr. BAYER.

ALEVE mit Warnhinweisen
Schmerzmittel wie BAYERs ALEVE können Herz und Kreislauf schädigen. Nach einer im Herbst 2004 vom US-amerikanischen „National Institute of Aging“ veröffentlichten Studie steigerte BAYERs Schmerzmittel ALEVE mit dem Wirkstoff Naproxen für die ProbandInnen das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, um 50 Prozent (SWB 1/05). Das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ hat jetzt auf Alarmmeldungen dieser Art reagiert. Es verlangte von BAYER & Co., auf den Beipackzetteln vor einem erhöhten Risiko von Herz/Kreislauf-Erkrankungen durch die Einnahme der Schmerzmittel zu warnen.

EU-Zulassungsantrag für NEXAVAR
Der Leverkusener Multi hat für das gemeinsam mit ONYX gentechnisch entwickelte Krebsmedikament NEXAVAR eine Zulassung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA beantragt. BAYER rechnet mit einer ab dem zweiten Halbjahr 2006 geltenden Genehmigung zur Behandlung von Nierenkrebs im fortgeschrittenen Stadium.

BAYER übt SORAFENIB-Vermarktung
BAYER bereitet sich schon auf die Vermarktung des kurz vor der Zulassung stehenden Krebsmittels NEXAVAR vor. Um „Facharzt-Expertise“ aufzubauen, startet die Vertriebsabteilung in den USA einen Testlauf durch die Praxen mit dem Präparat des JOHNSON & JOHNSON-Ablegers ORTHO-MCNEIL.

AVALOX in Japan
Der Leverkusener Multi hat für das Antibiotikum AVALOX in Japan eine Zulassung erhalten. Der Konzern will das Mittel gemeinsam mit dem einheimischen Unternehmen SHIONOGI auf dem weltweit zweitgrößten Pharma-Markt einführen. Der AVALOX-Wirkstoff Moxifloxacin gehört zur Gruppe der Fluorchinole. Die Fachwelt beurteilt diese Stoffklasse kritisch. Für den „Arzneimittelverordnungsreport“ zählen die Fluorchinole nicht zu den primär empfehlenswerten Substanzen. „Aufgrund der unerwünschten Wirkungen“ rät das Fachbuch zu einer „sorgfältigen Indikationsstellung“.

Neue Thrombose-Kooperation
BAYERs geschrumpfte Pharmasparte setzt verstärkt auf Kooperationen. So will der Konzern sein in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests befindliches Präparat zur Verhütung von Thrombosen gemeinsam mit JOHNSON & JOHNSON weiterentwickeln und vermarkten. Das US-Unternehmen übernimmt dabei 50 Prozent der Kosten und zahlt BAYER eine Garantiesumme sowie erfolgsabhängige Prämien von insgesamt 290 Millionen Dollar. Die Zulassung des Pharmazeutikums, das angeblich den Gerinnungsfaktor Xa hemmt, ist für den Multi von entscheidender Bedeutung. „Vom Erfolg des Medikaments Xa (...) hängt das Überleben der BAYER-Sparte maßgeblich ab“, kommentiert die Financial Times Deutschland mit Verweis auf die wenigen neuen Blockbuster-Kandidaten aus den Wuppertaler Pharma-Labors.

„Faktor Xa“ auch gegen Schlaganfälle?
Als Mittel zur Verhütung von Thrombosen beginnt für BAYERs Medikament „Faktor Xa“ gerade die dritte und letzte Versuchsreihe. Profit verspricht sich der Konzern aber besonders von seiner Anwendung als Präparat zur Behandlung von Thrombosen und zur Verhütung von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern. Für diese Indikationen läufen gerade Tests der Phase 2b. Prophylaktisch rührt der Konzern aber unter dem Motto „Schlaganfall vorbeugen - Lebensqualität erhalten“ schon mal die Werbetrommel. „Hoffnung gibt eine neue Substanz aus der Pharmaforschung von BAYER zur Vorbeugung und Therapie von Thrombosen“, heißt es in der halbseitigen Zeitungsanzeige.

BAYER kauft fremde Medikamente
BAYER hat seine Pharma-Forschung drastisch reduziert und viele Arbeitsplätze in diesem Bereich vernichtet. Dafür will der Leverkusener Multi verstärkt auf die Forschungsleistungen anderer Unternehmen zurückgreifen und Lizenzen für die neuen Arzneien erwerben.

GENE & KLONE

Die BAYER-Kartoffel kommt
BAYER will im Jahr 2007 eine gentechnisch manipulierte Kartoffel mit einem erhöhten Stärkegehalt, die für diverse industrielle Anwendungen bestimmt ist, auf den Markt bringen. Da zahlreiche Branchen wie die Papier-, Textil-, Pharma-, Bau- und Kunststoffindustrie Stärke als Rohstoff benötigen, hofft der Leverkusener Gengigant auf ein gutes Geschäft mit der getuneten Knolle. Die Risiken und Nebenwirkungen interessieren ihn dabei herzlich wenig.

Geheime Gensache
BAYER & Co. brauchen die Öffentlichkeit nicht umfassend über Risiken und Nebenwirkungen ihrer Genpflanzen in Kenntnis zu setzen. Nach Vorschlägen, die ein ExpertInnen-Gremium der EU erarbeitete, können die Konzerne alle Unterlagen, welche die genaue genetische Zusammensetzung des Produkts und andere das Patent berührende Informationen enthalten, unter Verschluss halten. Sie haben auch nicht die Pflicht, Mitteilungen über Risiken und Nebenwirkungen ihrer Produkte zu machen. „Die detaillierte Information, die sich im Falle einer Veröffentlichung negativ auf das Unternehmen auswirken könnte, darf vertraulich bleiben“, heißt es in dem Papier. Nur in Ausnahmefällen wollen die EU-BürokratInnen die Agromultis dazu veranlassen, das Geheimnis um die Toxizitätsdaten der genmanipulierten Pflanzen zu lüften. Den Anlass für die Ausarbeitung der Richtlinien hatte BAYER gegeben. Belgische Behörden verlangten genauere Auskünfte über eine gentechnisch manipulierte Ackerfrucht des Leverkusener Multis, was dieser aber mit Verweis auf das „Betriebsgeheimnis“ verweigerte. Daraufhin wandte sich die belgische Regierung mit der Bitte um Klärung der Veröffentlichungspflichten an Brüssel.

Genspuren im Raps
In Australien hat sich Genraps von BAYER, der gegen das konzern-eigene Herbizid LIBERTY LINK immun ist, in konventionell angebaute Kulturen eingekreuzt. WissenschaftlerInnen maßen eine 0,5-prozentige Verunreinigung. Dem Landwirt Geoffrey Carracher, der seine Ernte nun nicht mehr in Länder mit strengen Anti-Genfood-Richtlinien exportieren kann, entstand ein Schaden von 48.000 Dollar. Aus diesem Grund verlangt er vom Leverkusener Multi eine Entschädigung. „Der BAYER-Konzern muss die Verantwortung übernehmen. Ihm gehört das Patent, und er macht den Profit, deshalb sollte er für das, was Farmern wie mir passierte, haften“, so Carracher. Die australische GREENPEACE-Sektion vermutet Methode hinter den Kontaminationen. „Es mag zynisch klingen, aber es hat den Anschein, als ob hinter den Verunreinigungen eine regelrechte Strategie der Genmultis steht, die Akzeptanz für ihre Produkte erzwingen soll“, sagt der GREENPEACEler John Hepburn. „If you can‘t beat them, join them“ - so lautet das Kalkül von BAYER & Co.. Die Organisation fordert als Konsequenz aus den Vorfällen dagegen strengere Kontrollen und Rückstandsgrenzwerte kaum über „Normalnull“.

EU genehmigt Raps-Import
Innerhalb der europäischen Union ist der Anbau von gentechnisch verändertem Raps nicht erlaubt. Gegen eine Einfuhr der Laborfrüchte hat die EU aber nichts einzuwenden. Sie genehmigte im August 2005 einen entsprechenden Antrag des Agromultis MONSANTO. Da darf sich BAYER auch berechtigte Hoffnungen auf ein „Ja“ aus Brüssel zum Import des Leverkusener Rapsöl-Saatguts machen, das die Kommission in den Mitgliedsländern nicht angepflanzt sehen wollte.

Genmais mit weniger Ertrag
Kanadische WissenschafterInnen haben über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg den Ertrag von Bt-Mais, dessen mittels Gentechnik eingebauter Bacillus thuringiensis die Pflanze vor Insektenfraß schützen soll, mit demjenigen konventionell angebauter Sorten verglichen. Der Naturmais schnitt um bis zu 12 Prozent besser ab. Da er zudem billiger ist, empfiehlt sich den ForscherInnen zufolge schon aus rein wirtschaftlichen Gründen der Anbau von traditionellem Mais.

Genmais auf Frankreichs Feldern
Die grüne Gentechnik à la française: Im Nachbarland gibt es zwar Regeln für Freisetzungsversuche, nicht aber für den kommerziellen Anbau. Das hat der Maiserzeuger-Verband AGPM mit freundlicher Unterstützung von BAYER & Co. ausgenutzt. Er schaffte Fakten und sorgte für blühende Genmais-Landschaften von 1.000 Hektar Größe. Die Öffentlichkeit erfuhr von all dem nichts, bis die Zeitung Le Figaro den Skandal aufdeckte. Dann erst rückte das Landwirtschaftsministerium mit dem Geständnis heraus, es habe für Sorten wie BAYERs T25-Mais, die ihre Zulassung vor dem 1999er Moratorium der EU erhalten hatten, grünes Licht gegeben. Ab 2006 wollen die PolitikerInnen de gentechnischen Wildwuchs zumindest durch Regularien begrenzen.

Neuer Gentest
BAYER hat in den USA die Zulassung für einen Hepatitis B-Test erhalten. Dieser will die Krankheit über die Bestimmung von Antigenen, die für die Bildung von Antikörpern verantwortlich sind, diagnostizieren.

BAYER erwägt Saatgut-Zukauf
BAYER CROPSCIENCE erwirtschaftet eine Rendite von fast 25 Prozent und hat daher viel Geld für Akquisitionen. Da für den weltweit zweitgrößten Pestizid-Hersteller Ackergift-Zukäufe aus kartellrechtlichen Gründen nicht in Frage kommen, erwägt die Gesellschaft Einkaufstouren im Saatgut-Bereich.

WASSER, BODEN & LUFT

Täglich 60 kg Phospat im Rhein
Der Leverkusener Chemie„park“ von BAYER leitet seiner Kläranlage täglich 2.000 kg Phosphat zu. Nach den Reinigungs- und Aufbereitungsprozessen bleiben davon noch 60 kg übrig, die in den Rhein gelangen. Da es sich bei Phosphaten um Nährstoffe handelt, sorgen diese in den Gewässern für ein vermehrtes Wachstum von Algen und anderen Wasserpflanzen. Die abgestorbene Flora zersetzen Mikroorganismen weiter. Sie entziehen dem Wasser dabei allerdings viel Sauerstoff, was wiederum zu Fäulnisprozessen führt und die Flüsse zum Himmel stinken lässt.

250.000 Euro für Wasseraufbereitung
BAYER betreibt nur Umweltschutz, wenn es nichts kostet oder andere die finanziellen Lasten tragen. Im September 2005 gelang es dem Multi, aus EU-Töpfen 250.000 Euro für eine neue Technologie zur Klärschlamm-Aufbereitung abzugreifen. Das Verfahren macht aus festen Bestandteilen lösliche und setzt dabei Biogas frei, das als Energiequelle dienen kann. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) gratulierte als erster zum geglückten Subventionscoup.

Chemie in Auto-Innenluft
Die Autoindustrie ist ein Großabnehmer von BAYER-Kunststoffen. Viele dieser Materialien haben es in sich. Sie enthalten nämlich unter anderem gesundheitsgefährdende Weichmacher, Trennmittel, Flammschutzmittel, Versiegelungsaufträge, Stabilisatoren und Lösemittel (siehe auch SWB 4/99). Eine Untersuchung, die der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) in Auftrag gab, wies bis zu 100 Chemiestoffe in der Innenraumluft von Kraftfahrzeugen nach. „Der Giftcocktail in den Autos ist Besorgnis erregend. Die Konzentration der Chemikalien überschreitet die erlaubten Grenzwerte um ein Vielfaches“, kommentierte die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron das Ergebnis der Studie.

PLASTE & ELASTE

Öl macht Polycarbonat teurer
Die höheren Kosten für den Rohstoff Öl haben BAYER bewogen, die Preise für die Makrolon-Grundsubstanz Polycarbonat um neun Prozent anzuheben. Die CD-Produzenten als größte Makrolon-Nachfrager sind darüber nicht amused, und Unternehmensberater geben ihnen schon den Tipp, nach anderen Herstellungsverfahren Ausschau zu halten.

Diabetes durch Bisphenol
Die in dem BAYER-Kunststoff Makrolon verarbeitete Chemikalie Bisphenol A wirkt hormon-ähnlich, was Stoffwechsel-Prozesse stört und so unter anderem das Krebs-Risiko erhöht. Jetzt haben WissenschaftlerInnen eine weitere Gefahr entdeckt. Nach ihren Untersuchungen kann Bisphenol A die Arbeit der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigen und so Diabetes II auslösen. Zu diesem Resultat hätten die ForscherInnen allerdings aufgrund der bisher bekannt gewordenen Bisphenol-Nebenwirkungen auch ohne Tierversuche kommen können.

BAYER hofft auf „Rita“-Aufträge
Mit den aus den Schornsteinen der BAYER-Werke jährlich aufsteigenden 6,1 Millionen Tonnen Kohlendioxid trägt der Konzern maßgeblich zur Klimaerwärmung und damit auch zum vermehrten Auftreten von Wirbelstürmen bei. In den USA hat der Multi die Auswirkungen seines verantwortungslosen Handelns zum ersten Mal am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er musste wegen des herannahenden Hurrikans „Rita“ die Produktion des Werkes im texanischen Baytown stoppen. Aber den ersten Schock hatte das Unternehmen bald überwunden. Dann begann wieder das „Business as usual“: Der Agromulti überlegte, wie er von der Katastrophe profitieren könnte. Er witterte für seine Baumaterialien aus Kunststoff ein gutes Geschäft beim Wiederaufbau und brachte sich dafür gleich mit einer Großspende für die „Rita“-Opfer im Wert von vier Millionen Dollar ins Gespräch.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Pestizid-Vergiftungen in Indien
Die Studien über Pestizidvergiftungen in Indien häufen sich (siehe auch Ticker 3/05). Das „Center for Science and Environment“ (CSE) des Landes wies im Blut von BewohnerInnen der Punjab-Region sechs bis dreizehn Ackergifte nach. Die auch in BAYER-Produkten enthaltenen Wirkstoffe Monocrotrophos und Chlorpyrifos spürten die WissenschaftlerInnen in 75 bzw. 85 Prozent aller Proben auf. Allein die Monocrotrophos-Konzentration überstieg den von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgelegten Grenzwert für eine Kurzzeit-Exposition um das 4fache und den für eine Langzeit-Exposition um das 158fache. Das in der Bundesrepublik längst verbotene Monocrotophos lässt der Leverkusener Multi in Fabriken der Region Vapi herstellen, wo es keinerlei Umwelt- und Sicherheitsauflagen gibt und sich entsprechend oft Chemie-Unfälle ereignen (siehe auch SWB 1/04). „Die Studie des CSE zeigt einmal mehr auf das Deutlichste, dass ein sicherer Umgang mit Pestiziden in Entwicklungs- und Schwellenländern nicht möglich ist“, kommentierte das PESTIZID-AKTIONS-NETZWERK (PAN) die Ergebnisse der Untersuchung.

Pestizid-Vergiftungen in den USA
Der US-Bundesstaat Washington hat im Jahr 2004 ein Monitoring-Programm zur Gesundheitskontrolle von LandarbeiterInnen, die mit Pestiziden in Kontakt kommen, gestartet. Bei über 20 Prozent der FarmarbeiterInnen fanden sich hohe Agrochemie-Konzentrationen im Blut. Unter den vier am häufigsten nachgewiesenen Ackergiften befand sich mit GUTHION (Wirkstoff: Azinophos Methyl) auch eines von BAYER.

Giftige Pestizidwolken
Pestizide, welche die LandwirtInnen direkt in die Erde einspritzen, um gegen Insekten, Würmer, Unkraut oder Pilze vorzugehen, gehören zu den gefährlichsten. 90 Prozent dieser Wirkstoffe, wie sie mit Chloropicrin oder Methylisocyanate (MIC) auch BAYER herstellt, sickert nämlich ins Grundwasser oder steigt in die Luft auf und bildet Giftwolken. Eine solche Wolke mit Chloropicrin ist z. B. im Oktober 2003 über den US-amerikanischen Ort Lamont niedergegangen und hat 250 Menschen vergiftet. Sie bildeten unter anderem Symptome wie Kopfschmerzen, Asthma, Brechreiz, Schwindel und Zitteranfälle aus.

Kein Aldicarb für Vogeljäger
In Schottland ist die illegale Praxis der Vergiftung von Raubvögeln mittels Pestizidködern weit verbreitet. Sie hat bereits zu einer Besorgnis erregenden Reduzierung der Bestände geführt. Aus diesem Grund haben die Behörden nun schon den bloßen Besitz des auch von BAYER hergestellten Aldicarbs und anderer Pestizide unter Strafe gestellt, sofern die betreffende Person keinen landwirtschaftlichem Gebrauch nachweisen kann.

Australien erwägt DIURON-Verbot
Das BAYER-Herbizid DIURON zählt zu denjenigen Agrochemikalien, die weltweit die größte Belastung für Flüsse und Küstengewässer darstellen. Nicht nur wegen des Wirkstoffes Diuron selber hat das Produkt es in sich. Beim Herstellungsprozess gelangen zudem Reste der Dioxin-ähnlichen Stoffe Tetrachloroazobenzene (TCAB) und Tetrachloroazoxybenzene (TCAOB) in das Anti-Unkrautmittel. Als Abbauprodukt entsteht zudem das das Muttergift an Gefährlichkeit noch übertreffende 3,4-Dichloroaniline. Aus diesen Gründen erwägt die australische Regierung ein Verbot der BAYER-Substanz.

GAUCHO-Verbot wirkt
Französische ImkerInnen machten das BAYER-Pestizid GAUCHO für ein Bienensterben in großem Ausmaß verantwortlich. Deshalb hat die Regierung vorläufig eine Ausbringung der Agrochemikalie auf Mais- und Sonnenblumenfeldern verboten. Prompt erwachten die Bienenvölker wieder zum Leben. Der ImkerInnenverband konnte sich im Jahr 2005 über stabile Bestände und eine gute Honigernte freuen. Der Leverkusener Multi bestreitet die gefährlichen Nebenwirkungen seines Ackergiftes noch immer, hat es nach dem nun von den BienenzüchterInnen erbrachten indirekten Beweis aber noch schwerer, seine Position überzeugend zu vertreten.

Chlorpyrifos weiter zugelassen
Die USA haben bereits im Jahr 2000 die Anwendung des Pestizidwirkstoffes Chlorpyrifos, enthalten unter anderem in BAYERs RIDDER, stark eingeschränkt. Die EU hat sich davon allerdings nicht beeindrucken lassen - von der Chemielobby jedoch umso mehr - und erteilte dem Ultragift im Juni 2005 die Absolution.

MCS durch „Holzschutzmittel“
BAYERs Tochter-Firma DESOWAG hat bis Mitte der 80er Jahre „Holzschutzmittel“ wie XYLADECOR produziert, die Gesundheitsschädigungen bei 200.000 Menschen verursachten. Das führte zum so genannten Holzgifte-Prozess - dem größten Umwelt-Strafverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Anklageschrift lieferte nun einem Studenten der Universität Bremen das Datenmaterial für eine Magisterarbeit über den Zusammenhang von Holzgiften und der Entstehung der „Multiplen Chemikalien-Unverträglichkeit“ (MCS). Nach seiner Untersuchung bildete sich bei einem Großteil der Personen, die über einen längeren Zeitraum hinweg XYLADECOR oder anderen Mitteln ausgesetzt waren, eine Chemikalien-Unverträglichkeit heraus. Das Ausmaß dieser erhöhten Empfindlichkeit variierte dabei in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht der Geschädigten sowie der Dauer ihrer Gift-Exposition. Psychische Veränderungen stellten sich der Magisterarbeit zufolge erst im Verlauf der Krankheitsgeschichte ein, weshalb sie nicht als Ursache von MCS gelten können.

Müdigkeitssyndrom durch Insektizide
Insektizide können das „Chronische Müdigkeitssyndrom“ (CFS) auslösen. Das hat ein Team um den spanischen Forscher J. Fernandez-Sola herausgefunden. Die WissenschaftlerInnen untersuchten 26 Personen, die auf ihrem Arbeitsplatz nach einer Desinfektionsmaßnahme den Anti-Insektenmitteln von BAYER & Co. ausgesetzt waren. Alle erkrankten an CFS, verbunden mit Schädigungen der oberen Luftwege und von Bindegewebe und Muskeln (Fibromyalgie). Bei drei Personen bildete sich zusätzlich eine „Multiple Chemikalien-Unverträglichkeit“ (MCS) heraus. 15 PatientInnen litten länger als ein Jahr an dem Müdigkeitssyndrom, sechs wurden arbeitsunfähig.

GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

Chemie in Baby-Körpern
Die US-amerikanische Organisation ENVIRONMENTAL WORKING GROUP (EWG) hat das Nabelschnurblut von Neugeborenen untersucht und 287 Chemikalien oder andere giftige Substanzen nachgewiesen. Die WissenschaftlerInnen spürten Flammschutzmittel, Quecksilber, Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pestizidwirkstoffe wie Lindan und Endosulfan sowie weitere Stoffe auf, die auch aus dem Hause BAYER stammen.

Chemie in Kleidung
Viele Kleidungsstücke haben es in sich: Sie enthalten Pestizide, Flammschutzmittel, Weichmacher, Weißtöner und andere gesundheitsschädliche Substanzen aus der Produktpalette von BAYER & Co. So litt eine Modegeschäft-Inhaberin lange Zeit an diffusen Krankheitssymptomen, bis ein Umweltmediziner ihr Blut untersuchte und den auch von BAYER hergestellten Pestizidwirkstoff Lindan in einer hohen Konzentration nachwies. Die 42-jährige Frau ist inzwischen Frührentnerin und das erste Kind ihrer ebenfalls in der Textilbranche tätig gewesenen Tochter leidet unter massiven Allergien.

Chemie in Eiern
Eine Initiative zum Verbot der gefährlichsten Pestizide und Industrie-Chemikalien, der so genannten POPs (Persistant Organic Pollutants), hat weltweit Eier von freilaufenden Hühnern untersucht und darin Spuren aller möglichen Substanzen gefunden. Das INTERNATIONAL POPS ELIMINATION NETWORK (IPEN) wies unter anderem Dioxine, Furane, Flammschutzmittel und Pestizide nach. Der auch von BAYER vertriebene Ackergift-Wirkstoff Lindan (siehe AKTION & KRITIK) fehlte in keinem Ei.

Benzol giftiger als erwartet
Nach einer im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 306) veröffentlichten Studie hat die Fachwelt bislang die Giftigkeit von Benzol unterschätzt. Selbst in kleinsten Dosen verursacht der Stoff bereits Schäden an Blut- und Knochenmarkszellen. Der BAYER-Konzern zählt Benzol in seinem „Nachhaltigkeitsbericht 2004“ zu den am häufigsten in der Produktion verwandten Grundchemikalien. Sie kommen unter anderem bei der Herstellung von Kunststoffen und Farben zum Einsatz.

Falsche Grenzwerte für Lösemittel
Die auch von BAYER in der Produktion verwandten Lösemittel Benzol, Phenol, Toluol und Styrol zählen zu den flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs). Sie können unter anderem die Hirnkrankheit Enzephalopathie und das „Sick Building Syndrom“ (SBS) auslösen. Nach Ansicht des Umweltmediziners Tino Merz verhindern die bisherigen Belastungsobergrenzen, wie sie die MAK-Werte (Maximale Konzentration am Arbeitsplatz) festlegen, keine Gesundheitsschädigungen. Nach dem neuesten Stand der Forschung müsste das Bundesarbeitsministerium die Grenzwerte um den Faktor 1.000 niedriger ansetzen, schreibt Merz in der Fachzeitschrift umwelt-medizin-gesellschaft.

PRODUKTION & SICHERHEIT

Sicherheitsbestimmungen reichen nicht
Im Wuppertaler BAYER-Werk ereignete sich am 8.6.1999 ein Großunfall. Im Kesselwerk 216 explodierten 600 kg 2-Chlor-5-nitrotoluol, 1.200 kg Dimethylsulfoxid und 500 kg Ätzkali. Die austretenden Chemikalien und der Brandruß verletzten über 100 Menschen. Der ehemalige Chemie-Professor Jürgen Rochlitz, Mitglied der NRW-Störfallkommission und Beirat der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG), kritisierte schon damals die mangelhaften Sicherheitsbestimmungen. In einem Antrag an den „Technischen Ausschuss für Anlagesicherheit“ machte er jetzt konkrete Verbesserungsvorschläge. Er regte an, in der „Technische Regel Anlagensicherheit 410“ detaillierte Vorschriften zur Verhinderung gefährlicher Reaktionen im Zusammenhang mit bestimmten Chlorverbindungen sowie in Verbindung mit dem Freiwerden von Wärme zu machen. Ersteres lehnte die Kommission ab, über das zweite Begehr hat sie noch nicht endgültig entschieden.

STANDORTE & PRODUKTION

Neue Reinigungsanlage für Wasserstoff
Für die Herstellung des ultragiftigen Chlors und anderer Chemikalien benötigt der Agromulti Wasserstoff. Durch ein von AIR LIQUIDE in Nordrhein-Westfalen betriebenes Pipeline-Netz gelangt dieser von einem BAYER-Standort zum nächsten. Der Konzern kann allerdings nur qualitativ hochwertigen Wasserstoff in das Röhrensystem einspeisen. Deshalb hat er in Leverkusen mit dem Bau einer sechs Millionen Euro teuren Reinigungsanlage begonnen.

IMPERIUM & WELTMARKT

Verkauf der Infektiva-Abteilung
Die Pharmasparte von BAYER trennt sich von der Antinfektiva-Forschung und führt bereits Verkaufsgespräche mit HEXAL.

Automatisierung mit SIEMENS
BAYER vermarktet Rationalisierungsverfahren für Anlagen mit Prozesstechnik künftig gemeinsam mit SIEMENS.

BAYER ohne BOOTS
Der Leverkusener Pharmariese gehört zu den größten Herstellern von rezeptfreien Medikamenten und wollte seine Position durch den Erwerb der entsprechenden Sparte von BOOTS noch ausbauen. 2,1 Milliarden Euro bot der Konzern dafür, was Finanzkreise als zu hoch betrachteten. Die BOOTS-ManagerInnen gaben sich mit diesem Betrag allerdings nicht zufrieden, woraufhin BAYER aus dem Bieterkreis ausschied.

Mehr Investitionen in Mexiko
Nach Aussage von BAYER-Chef Werner Wenning spielt Mexiko in Lateinamerika „die Rolle des Wachstumsmotors“. Im ersten Halbjahr 2005 hat der Konzern dort seinen Umsatz um 44 Prozent auf 285 Millionen Euro gesteigert. Die wachsenden Profite bewogen den Agromulti nun, sein wirtschaftliches Engagement in dem Land zu verstärken. Er will dort bis 2008 den Betrag von 100 Millionen Euro investieren.

Mehr Investitionen in Japan
BAYER will in Japan, dem drittgrößten Absatzmarkt des Konzerns, bis zum Jahr 2008 130 Millionen Euro investieren. Besonders viel Profit wirft dort das Pharmageschäft ab. In dem Land lassen sich nämlich teure Marken-Medikamente besonders gut verkaufen, während Nachahmerprodukte kaum Abnehmer finden. Erst allmählich ändert sich diese Tendenz. Aber weder das, noch eine von der Politik verordnete Preissenkung für Medikamente hält den Pharma-Riesen von seinem Nippon-Engagement ab.

UNFÄLLE & KATASTROPHEN

Unfall im Chemiepark
Im Dormagener Chemie„park“ von BAYER hat sich am 14.11.05 ein schwerer Unfall ereignet. Ein 18-jähriger Arbeiter einer Baufirma stürzte von einem Dach und zog sich dabei lebensgefährliche Verletzungen zu.

RECHT & UNBILLIG

Portugal vs. BAYER
Trotz diverser Verfahren ist die kriminelle Energie BAYERs in Sachen „Kartellen“ ungebrochen. In Portugal hatte der Konzern sich mit anderen Unternehmen abgesprochen, den Krankenhausmarkt untereinander aufzuteilen und für ihre Medikamente und Medizinprodukte dieselben Preise zu verlangen. So konnte der Leverkusener Multi mit der Lieferung von Diabetes-Tests hohe Gewinne erzielen. Doch der Schwindel flog auf. Die portugiesische Kartellbehörde verurteilte den Leverkusener Multi wegen Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen in 26 Fällen zu einer Strafe in Höhe von 5,2 Millionen Euro (siehe SWB 4/05).

Brasilien vs. BAYER
Ein besonders perfides Kartell bildete BAYER gemeinsam mit anderen Pharmamultis in Brasilien. Die Unternehmen kamen überein, den Import preiswerter Nachahmer-Arzneien nach Brasilien durch Druck auf ihre Zulieferer zu behindern. So sabotierten sie eine erschwingliche medizinische Versorgung für die ärmeren Bevölkerungsgruppen. Aber die illegalen Machenschaften kamen ans Tageslicht. Nach einem sechsmonatigen Prozess verurteilte die brasilianische Kartellbehörde BAYER und die anderen beteiligten Firmen zu Strafzahlungen in Höhe von ein bis zwei Prozent ihres Jahresumsatzes (siehe SWB 4/05).

Quijano-Prozess läuft immer noch
Dr. Romy Quijano untersuchte in Kamukhaan auf den Philippinen die Risiken und Nebenwirkungen der auf einer Bananen-Plantage ausgebrachten Pestizide von BAYER und anderen Herstellern. Der Bananenbaron wollte ihn darufhin mundtot machen und hat Quijano im Jahr 2002 bereits zum zweiten Mal verklagt. Dabei schreckte jener nicht einmal davor zurück, DorfbewohnerInnen mit Bestechungsgeldern zu Aussagen gegen Romy Quijano zu veranlassen. Der Prozess läuft immer noch und hat den Wissenschaftler bis jetzt bereits 5.000 Dollar gekostet.

Noch eine „Medicare“-Klage
Der Leverkusener Chemie-Multi hat „Medicaid“ und „Medicare“, die US-amerikanische Gesundheitsprogramme zur Versorgung sozial Schwacher mit Medikamenten, um eine dreistelligen Millionen-Betrag betrogen (SWB 4/02), indem er bei den Abrechnungen zu hohe Arznei-Preise angab. Ein Gericht in Massachusetts verurteilte BAYER deshalb im April 2003 zu einer Strafe von 255,6 Millionen Dollar. Es folgten Klagen von sechs weiteren Bundesstaaten gegen BAYER und ein Dutzend anderer Pharma-Multis. Jetzt hat auch ein texanisches Gericht juristische Schritte in Sachen „Medicare“ eingeleitet.

Rattenmittel vergiften Kinder
Anti-Rattenmittel wie BAYERs RACUMIN mit den Wirkstoffen Cumatetralyl und Cholecalciferol stellen für Minderjährige eine große Gefahr dar. Allein in den USA schätzen die Behörden die Zahl der jährlichen Vergiftungsfälle auf 60.000. Betroffen sind vor allem Kinder aus den ärmeren Bevölkerungsteilen. Weil die US-Umweltbehörde EPA es versäumt hat, die Industrie zur Herstellung von kindersichereren Produkten zu zwingen, haben die beiden Initiativen WEST HARLEM ENVIRONMENTAL ACTION (WEACT) und NATIONAL RESSOURCES DEFENSE COUNCIL (NRDC) die Institution jetzt verklagt.

Das Umweltschadengesetz kommt
Das Bundesumweltamt hat, einer EU-Richtlinie folgend, den Entwurf zum Umweltschadengesetz erarbeitet. Die Regelung orientiert sich am Verursacherprinzip und sieht juristische Konsequenzen für Unternehmen vor, die geschützte Arten, natürliche Lebensräume, Böden oder Gewässer vergiften. Die RichterInnen können das Paragrafenwerk jedoch nur anwenden, wenn die bisherigen Bundesgesetze den zur Verhandlung stehenden Umweltschaden nicht genau erfassen.

Patentklage gegen BAYER
Das US-Unternehmen THIRD WAVE TECHNOLOGIES hat BAYER wegen Patent-Verletzung angeklagt. Die Biotech-Firma wirft dem Leverkusener Multi vor, bei der Entwicklung seiner Hepatitis-C-Tests Eigentumsrechte von THIRD WAVE missachtet zu haben.

FORSCHUNG & LEHRE

Start-Ups starten BAYER up
Mit der „BAYER Start up Initiative“ will der Multi junge innovative Unternehmen an den Konzern binden, um von ihren Forschungsarbeiten zu profitieren. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Neugründungen aus dem Universitätsbereich. „Es besteht eine natürliche Symbiose zwischen einem universitären Umfeld, welches zum Ausarbeiten von Entwicklungen ideal geeignet ist, und der Industrie“, meint der BAYER-Manager Volker Wege. Bislang ging dem Konzern unter anderem die INFORMIUM AG, die TAURUS GmbH und die BIOGENIUS GmbH ins Netz.

BAYER verleiht Infektologie-Preis
Das Stiften des „Klinische Infektiologie 2005“-Preises erlaubt BAYER, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen baut der Pharma-Riese seine Beziehungen zur „Deutschen Gesellschaft für Infektiologie“ aus, mit der er die Auszeichnung gemeinsam verleiht, und zum anderen bindet das Unternehmen WissenschaftlerInnen verstärkt an sich. In diesem Jahr prämierte der Multi nicht zufällig eine Arbeit von Dr. Dirk Meyer-Olson. Er erforschte den molekularen Krankheitsverlauf von Hepatitis C, wovon der Global Player als großer Hersteller von Hepatitis-C-Tests profitieren könnte.

[Ticker] Stichwort BAYER 04/2004 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Proteste bei BAYER CROPSCIENCE
Im Monheimer Werk will BAYER CROPSCIENCE 140 Arbeitsplätze vernichten (siehe auch KAPITAL & ARBEIT). Betroffen sind unter anderem Chemie- und Biologie-LaborantInnen, Diplom-ChemikerInnen und promovierte BiologInnen. Gegen die Stellen-Streichungen protestierten am 20.10.04 ca. 300 Beschäftigte mit Plakaten wie “Kosteneinsparungen um jeden Preis - wo bleibt der Mensch”.

Streik bei BAYER CROPSCIENCE
In Frankreich hat die bei BAYER CROPSCIENCE geplante Arbeitsplatz-Vernichtung (siehe KAPITAL & ARBEIT) zu einem Streik geführt. Mehrere Tage lang legten Beschäftigte ihre Arbeit nieder.

Proteste auf LANXESS-HV
Am 17. November 2004 berief BAYER eine außerordentliche Hauptversammlung ein, um sich von den AktionärInnen die Abspaltung des angeblich zu unprofitablen Chemie-Geschäfts absegnen zu lassen. Es operiert fortan unter dem Namen LANXESS unabhängig. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kritisiert die Trennung, weil sie zu Arbeitsplatzvernichtung in großem Ausmaß führt und brachte das an dem Tag in Reden-Beiträgen, auf Flugblättern und Transparenten zum Ausdruck (siehe SWB 4/04).

Kinderarbeit: kaum Verbesserungen
Immer noch arbeiten in Indien 1.650 Kinder für Zulieferer von BAYERs Tochter-Firma PROAGRO, die meisten davon in Schuldknechtschaft. Insgesamt beuten die Agro-Multis über 12.000 Minderjährige für ihre Profite aus. Drei Kinder bezahlten das mit ihrem Leben: Sie starben an Pestizid-Vergiftungen. Das ist das Ergebnis der neuen Untersuchung der Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION für die Pflanz-Saison 2003/2004. Im letzten Jahr produzierten noch 2.000 Kinder Baumwoll-Saatgut für PROAGROs VertragslandwirtInnen (Ticker berichtete mehrfach). Die abnehmende Zahl geht jedoch nicht etwa auf den Willen der BAYER-Gesellschaft zur Verbesserung der Lage zurück, sie ist lediglich der großen Trockenheit in dem indischen Staat Andhra Pradesh geschuldet. Der MV FOUNDATION zufolge weigern sich die Agro-Unternehmen nach wie vor, die Forderungen der Organisation und ihrer Kooperationspartner wie der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zu erfüllen. Statt etwa die Zulieferer endlich angemessen zu bezahlen, so dass sie Erwachsene einstellen können, üben sich BAYER & Co. weiterhin in Hinhalte-Taktiken, kritisiert die Initiative.

OECD-Beschwerde wg. Kinderarbeit
Wegen der Kinderarbeit bei Zulieferern von BAYERs indischer Tochter-Gesellschaft PROAGRO hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit dem GLOBAL MARCH AGAINST CHILD LABOUR und GERMAN WATCH eine Beschwerde bei der “Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung” (OECD) eingereicht. Dies hat ein großes Medien-Echo hervorgerufen, was den Leverkusener Chemie-Multi dazu veranlasste, mit einer die Tatsachen entstellenden Presse-Erklärung an die Öffentlichkeit zu treten (siehe PROPAGANDA & MEDIEN).

Kinderarbeit: BAYER blockte
Entgegen Zusagen zur Kooperation weigerte sich BAYERs indische Tochter-Firma PROAGRO lange, der indischen Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION eine Liste mit ihren Kinder beschäftigenden Zuliefern auszuhändigen. Erst nachdem mehrere Zeitungen groß über tödliche Pestizid-Vergiftungen von KinderarbeiterInnen berichteten, änderte PROAGRO die Strategie. Das Unternehmen lud den MV-Wissenschaftler Davuluri Venkatesvarlu ein und überreichte ihm die gewünschte Aufstellung. Zudem sicherte die BAYER-Tochter Dr. Venkatesvarlu zu, sich mit dem Problem der niedrigen Zahlungen an ihre Zulieferer beschäftigen zu wollen. Die geringen Erlöse aus den Verkäufen von Saatgut an die Agro-Multis stellen für die Zulieferer den Hauptgrund dafür dar, auf ihren Feldern Minderjährige zu beschäftigen.

Indien: Verzicht auf Gentechnik
Indische Gentech-GegnerInnen von GREENPEACE und anderen Organisationen protestierten immer wieder gegen die Experimente des Leverkusener Chemie-Multis mit gentechnisch verändertem Saatgut. So haben sich am 30.9.04 AktivistInnen elf Stunden lang am Eingangstor von BAYERs Zentrale in Bombay festgekettet; die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) begleitete die Aktion durch ihre Öffentlichkeitsarbeit. Dieses Engagement hatte Erfolg: Mitte November 2004 gab das Unternehmen bekannt, alle Gentechnik-Projekte in Indien zu stoppen (siehe SWB 4/04).

Proteste gegen die ABIC
Vom 12. bis zum 15. September 2004 luden BAYER & Co. zur weltweit größten Biotech-Messe nach Köln. Mit der ABIC (Agricultural Biotechnology International Conference) wollten Industrie und Politik ihr Ansinnen unterstreichen, Nordrhein-Westfalen zu einem der bedeutensten Gentech-Standorte in ganz Europa zu machen. Auf Initiative der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und Organisationen wie ATTAC KÖLN, BIOSKOP und MISEREOR formierte sich dagegen massiver Protest. So fanden unter anderem eine international besetzte Gegen-Konferenz und Aktionen vor dem Eingang zur ABIC-Messe statt.

PANNA fordert Lindan-Stopp
Nach dem Kauf der US-Firma GUSTAFSON (Ticker 2/04) kehrt das ultra-giftige Pestizid Lindan, das mit dem Wirkstoff Hexachlorcyclohexan zur Gruppe der chlorierten Kohlenwasserstoffe gehört, in das BAYER-Sortiment zurück. Traurige Berühmtheit erlangte die Substanz in den 70er Jahren als Holzgift XYLADECOR, das 200.000 Menschen vergiftete - mit verheerenden gesundheitlichen Folgen bis hin zu Sterbefällen (Ticker berichtete mehrfach). Der Leverkusener Chemie-Multi trennte sich im Zuge des Holzgifte-Prozesses, des bis dahin größten Umwelt-Strafverfahrens hierzulande, von dem Skandal-Stoff, den die bundesrepublikanischen Behörden kurz darauf verboten. In den USA dürfen die Konzerne Lindan hingegen noch vermarkten. Deshalb haben die US-amerikanische Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKs und zwei weitere Umwelt-Initiativen einen Offenen Brief an BAYER geschrieben, in dem sie einen Produktionsstopp verlangten. 80 weitere Organisationen schlossen sich dieser Forderung an.

GAUCHO gegen Unkraut?
In Kanada strebt BAYER die Zulassung des berühmt-berüchtigen GAUCHO-Wirkstoffs Imidacloprid (siehe PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE) als Mittel gegen Unkraut-Wuchs an, wogegen Umweltgruppen massiv Einspruch erheben. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) unterstützt ihre Proteste und stellte umfangreiches Hintergrund-Material zur Verfügung.

Proteste gegen BAYER-Geschäftspartner
In Indien arbeitet BAYER mit der Pestizid-Firma TAGROS zusammen. Weil diese wegen ihrer niedrigen Umwelt- und Sicherheitsstandards berühmt-berüchtigt ist, hat es Widerstand gegen eine im Bundesstaat Tamil Nadu geplante Werkserweiterung gegeben. Auf Bitten der AktivistInnen vor Ort hat die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ihre Proteste unterstützt und zum BAYER-Stammssitz getragen.

“Berliner Erklärung” zur Gentechnik
Im Anschluss an eine Tagung zur Gentechnik in der Landwirtschaft, organisiert von dem AGRARBÜNDNIS und der ZUNKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT, veröffentlichten die TeilnehmerInnen die “Berliner Erklärung”. Die mehr als 70 Gruppen aus Bereichen wie “Landwirtschaft”, “Umwelt” und “Verbraucherschutz” fordern darin die Politik auf, in dem geplanten Gentechnik-Gesetz die freie Ausübung von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Bienen- und Fischzucht ohne Gentechnik ebenso zu gewährleisten wie einen Schutz von Naturschutzgebieten vor Auskreuzungen mit gentechnisch veränderten Organismen made by BAYER & Co.. Zudem verlangten sie, den VerbraucherInnen eine Wahlfreiheit beim Lebensmittel-Kauf zu garantieren.

CBG klagt Neonazis an
Nicht nur wegen der IG-FARBEN-Vergangenheit von BAYER begreift die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ihre Arbeit auch als antifaschistisch. Deshalb beteiligte sie sich am 9. November 2004 an der Gegendemonstration zum Leverkusener Neonazi-Aufmarsch. Mit Bedacht hatten die RechtsextremistInnen sich den Gedenktag der Reichsprogromnacht als Datum ausgesucht. Mit dem Skandieren von Sätzen wie “Die schönsten Nächte sind aus Kristall” verhöhnten sie die Opfer des Nazi-Terrors. Die CBG sah damit die Tatbestände der Billigung von Straftaten und der Störung des öffentlichen Friedens erfüllt und stellte Strafanzeige gegen die AnmelderInnen der Neonazi-Demonstration. Erste Stellungnahmen der Polizei lassen allerdings nicht auf einen Erfolg hoffen. “Die Sprüche müssen im Zusammenhang betrachtet werden”, erläuterte ein Kölner Ermittler der taz NRW und führte aus, der “Äußerungscharakter” sei von mehreren Faktoren, etwa dem Umfeld, in dem sie geäußert wurden, abhängig. Zu was für Differenzierungsleistungen die Behörden in Sachen “Faschismus” doch fähig sind!

CBG-Jahrestagung 2004
Am 27. November fand die Jahrestagung der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Thema “Ökonomie frisst Ökologie - Goldene Bilanzen für BAYER & Co.” statt. Jan Pehrke (CBG) machte eine Bestandsaufnahme der aktuellen Umweltpolitik und legte in einem historischen Rückblick die entscheidenen Zäsuren dar, die schließlich zu einer Versöhnung von Ökonomie und Ökologie führten. Jörg Bergstedt von der Projektwerkstatt Reiskirchen analysierte detailliert, wie sich neoliberales Denken in die Ökologie-Bewegung selbst einschlich. Der ehemalige Chemie-Professor Jürgen Rochlitz berichtete von seinen frustrierenden Erfahrungen als grünes Bundestagsmitglied und präsentierte eine rot-grüne Mängelliste, die von A wie Atom-Ausstieg bis V wie Verkehr reichte. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes widmete sich dem “Greenwashing” und skizzierte die Strategie BAYERs, sich mittels Wort-Kosmetik, aus der Porto-Kasse finanzierten Vorzeige-Projekten und Kooperationen mit angesehenen Institutionen wie den Vereinten Nationen das Image eines Umwelt-Engels zu verpassen. Uwe Friedrich (CBG) gab passend dazu einen Aufriss über die gesammelten Umwelt-Sünden des Leverkusener Chemie-Multis. Ausgehend vom aktuellsten Fall “Chrom in südafrikanischem Grundwasser” (siehe WASSER, BODEN & LUFT) beschäftigte er sich unter anderem mit der Chrom-Produktion, der Chlor-Chemie, der Dünnsäure-Verklappung, dem Widerstand gegen die Chemikalien-Verordnung, den nicht dem neuesten Stand entsprechenden Anlagen und der Gentechnik. Nach den Vorträgen entwickelten sich anregende Diskussionen über den Stand der Dinge in Sachen “Ökologie” und die Chancen, ihn mittels politischem Druck von unten zu verändern. So traten die TeilnehmerInnen am Abend ein wenig klüger und auch ein wenig neu motiviert die Heimreise an.

CBG macht Theater
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ging eine Kooperation mit dem Düsseldorfer “Forum Freies Theater” (FFT) ein und gab aus dem reichen Fundus der an bühnenreifen Skandalen nicht armen BAYER-Geschichte Anregungen für ein Theaterstück. Die Autoren Donald Becker und Gudrun Herrbold, letztere als gebürtige Leverkusenerin bestens mit der Materie vertraut, entschieden sich für das Thema “Heroin”. Aus dem Stoff, den BAYER als Hustensaft entwickelte, entwickelten sie ein anregendes Theaterstück um die Risiken und Nebenwirkungen der Pharma-Produktion, rücksichtlose Konzern-Herren, Erfinderstolz und die unfreiwillige und todbringende Karriere der BAYER-Erfindung in der Pop-Kultur. Zur Uraufführung am 15.10.04 brachte es das FFT am “Tatort” Leverkusen selbst. Auf der Bus-Fahrt zum Spielort hatten die CBGler Axel Köhler-Schnura und Philipp Mimkes Gelegenheit, das Theater-Publikum mit näheren Informationen zum BAYER-Konzern auf das Stück einzustimmen.

Offener Brief an Winnacker
Die ZUKUNFTSSTIFTUNG LANDWIRTSCHAFT, der BUND FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND, FOODWATCH, das GEN-ETHISCHES NETZWERK und andere Organisationen haben einen Offenen Brief an den BAYER-Aufsichtsrat, Gentechfirmen-Gründer und Vorsitzenden der “Deutschen Forschungsgemeinschaft”, Ernst-Ludwig Winnacker, geschrieben. Winnacker hatte als Sprecher einer “Allianz der Wissenschaftsorganisationen” das geplante Gentechnik-Gesetz im Allgemeinen und die den einzelnen LandwirtInnen auferlegte Haftung im Schadensfall im Besonderen scharf kritisiert. Nach Meinung der UnterzeichnerInnen hat der Wissenschaftler damit private wirtschaftliche Interessen, Lobby-Verpflichtungen und seinen öffentlichen Auftrag als Repräsentant der bundesdeutschen ForscherInnen in unzulässiger Weise vermengt.

Offener Brief an die EU
Der Leverkusener Chemie-Multi will Gen-Reis in Asien und den USA anbauen und von dort aus in die Europäische Union einführen (SWB 2/04). Eine entsprechende Import-Genehmigung hat er im März 2004 bei der EU beantragt. Im September 2004 fand eine Beratung der Mitgliedsländer zu diesem Thema statt. Das nahmen FRIENDS OF THE EARTH EUROPE, die indische GENE CAMPAIGN und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) zum Anlass, sich in einem Offenen Brief vehement gegen die Zulassung des gegen das Herbizid LIBERTYLINK immunen Reis’ auszusprechen.

Offener Brief an EU-Kommission
Die Europäische Union gerät immer mehr “unter Einfluss” von BAYER & Co. (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Aus Protest dagegen haben die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und 49 andere Organisationen einen Offenen Brief an den neuen Kommissionspräsidenten José Barroso geschrieben. Darin fordern die Initiativen Beschränkungen für die unzähligen Lobby-Gruppen wie eine Registrierung und eine Berichtspflicht über ihre vielfältigen Aktivitäten. Darüber hinaus kritisieren die UnterzeichnerInnen die zunehmend industrie-freundliche Ausrichtung der EU-Politik selber. “Immer öfter setzen sich Partikular-Interessen einzelner Industrie-Zweige gegenüber dem Allgemeinwohl durch - dies ist mit demokratischen Prinzipien nicht zu vereinbaren. So wurde auf Druck der deutschen Chemie-Industrie die ursprünglich ambitionierte Reform der EU-Chemikalien-Gesetzgebung vollkommen verwässert”, konstatiert CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes in dem Schreiben. Die Pressure Groups der Multis sahen sich zu Reaktionen herausgefordert. Ihr Verband startete eine Initiative zur Registrierung - natürlich auf freiwilliger Basis. Als eine völlig unzureichende, rein kosmetische Maßnahme bezeichnete dies Offener-Brief-Mitinitiator Eric Wesselius von der konzern-kritischen CEO in einer Stellungnahme.

Empörung über Chef-Gehalt
Ein Leserbrief-Schreiber empörte sich angesichts der ausgewiesenen BAYER-Verluste von ca. 1,4 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2003 über das im gleichen Zeitraum stattlich um 300.000 Euro angestiegene Salär von Konzern-Chef Werner Wenning. “Es ist doch so, dass Bauern, Handwerker, Händler von dem leben - müssen - , was sie erwirtschaftet haben (...) Und daran sollte sich auch ein Vorstandsvorsitzender, der sicher gerne von ‘meiner Firma’ spricht, orientieren, meint der Rheinpfalz-Leser.

Stoiber: Manager-Gehälter senken!
Sogar dem bayrischen CSU-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber erscheinen die Manager-Gehälter zu hoch, weshalb er für eine Absenkung eintrat. “Ich halte das im Sinne einer sozialen Symmetrie für unumgänglich”, so Stoiber. Der Präsident des “Bundesverbandes der Deutschen Industrie”, Michael “Rocky” Rugowski, findet aber nichts Anstößiges an dem 1,6 Millionen-Gehalt von BAYER-Chef Werner Wenning und den Bezügen seiner Kollegen, er hätte es sogar gern noch ein wenig asymmetrischer. Im internationalen Vergleich lägen nicht die Manager-Gehälter, sondern die Arbeitnehmer-Löhne im oberen Bereich, gibt die Münchner tz seine Worte wieder.

Studie rügt falsche BAYER-Angaben
Das Kölner “Institut für evidenz-basierte Medizin” untersuchte 143 Broschüren, mit denen die Pharma-DrückerInnen von BAYER & Co. ÄrztInnen über die Konzern-Produkte informieren. Das Ergebnis war schockierend. Die Unterlagen strotzten vor falschen oder irreführenden Angaben. Es fehlten Hinweise auf Nebenwirkungen, während sie therapeutische Erfolge übertrieben darstellten. Der Leverkusener Chemie-Multi etwa stellte die schnelle und lange Wirksamkeit des Potenz-Mittels LEVITRA heraus, verschwieg aber, dass diese Aussage sich bloß auf Tests mit betäubten Hasen bezog. Nur in sechs Prozent der Broschüren fanden die Kölner ForscherInnen keine Mängel. Der Institutssprecher Thomas Kaiser trat deshalb für eine Kontrolle dieser Pharma-Publikationen ein. “Wenn man sich überlegt, dass sich die Ärzte auf diese Produkt-Informationen verlassen, muss sichergestellt sein, dass sie auch korrekt sind”, so Kaiser. Würde es diesen Check schon geben, hätten die Pharma-GAUs “LIPOBAY” und “VIOXX” bestimmt nicht so ein Ausmaß angenommen.

KAPITAL & ARBEIT

Ergebnis-Steigerung von 27,6 Prozent
“Die Kostensenkungsprogramme, die Straffung der Organisationen, die Bereinigung der Bilanzen, auch ein massiver Arbeitsplatz-Abbau zeigen Wirkung: Insbesondere viele große Konzerne haben ihre Gewinne massiv gesteigert”, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Auch die BAYER-Bosse haben erfolgreich nach der Devise “Wenn es dem Unternehmen gut gehen soll, muss es den Beschäftigten schlecht gehen” gehandelt. Der Leverkusener Chemie-Multi hat bis September 2004 bereits ein operatives Ergebnis 1,87 Milliarden Euro eingefahren, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 27,6 Prozent bedeutet.

Schneider: Mehr Geld, weniger Mitbestimmung
Niemand in der bundesdeutschen Wirtschaft hat so viele Aufsichtsratsposten ergattert wie der ehemalige BAYER-Chef Manfred Schneider. Neben seinen Jobs als Aufsichtsratsvorsitzender bei BAYER und LINDE hat er noch Sitze in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI inne. Die Springer-Presse kürte ihn deshalb zum “mächtigsten Mann Deutschlands”. Diese Macht will er jetzt dazu nutzen, um die Mitbestimmung zu demontieren. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung trat er dafür ein, die Größe der Aufsichtsräte zu reduzieren und die Mandate der GewerkschaftsvertreterInnen auf unter 50 Prozent zu senken. Heutzutage würden angeblich nämlich “leicht Koalitionen gebildet, um Ziele zu erreichen, die nicht unbedingt mit den Interessen des Unternehmens im Sinne der Aktionäre übereinstimmen müssen”, meint Schneider. Dazu hat er noch die Chupze, für sich und seinesgleichen mehr Geld zu fordern. Als “nicht angemessen” bezeichnete er das derzeitige Honorar von 50 - 60.000 Euro pro Mandat.

LANXESS will rationalisieren
“Kosten senken und die Profitabilität steigern” - das ist nach Aussage des LANXESS-Chefs Axel Heitmann die Geschäftsgrundlage des Unternehmens, welchem BAYER alle angeblich zu unprofitablen Chemie-Bereiche zugeschlagen hat. Heitmann kündigte direkt nach der die Abspaltung besiegelnden außerordentlichen Hauptversammlung ein Rationalisierungsprogramm im Umfang von 25 Millionen Euro an. Im nächsten Jahr kommen dann “sämtliche Geschäftsprozesse auf den Prüfstand”. 40 Prozent der Geschäftseinheiten liegen bei der Umsatz-Rendite nämlich unter fünf Prozent und erfüllen damit nicht die Profit-Ziele der Bosse. Besonders schlecht steht es nach Heitmann um die Feinchemie und den Kunststoff Styrenics. Hier schloss der LANXESS-Chef für die Zukunft Verkäufe nicht aus. Zu den avisierten Betriebsschließungen in Goch und Marl dürften auch noch einige dazu kommen. Arbeitsplatz-Vernichtung im großen Stil verhindert einstweilen noch die bis 2007 geltende “Standort-Sicherungsvereinbarung”. Personalkosten-Senkungen beabsichtigt LANXESS deshalb auf anderem Wege zu erreichen. Handlungsspielraum könne sich etwa bei den Arbeitszeiten ergeben, gibt die Faz Heitmanns Worte wieder. “Da werden die Beschäftigten mitmachen, schließlich geht es um ihre Arbeitsplätze”, äußerte sich Axel Heitmann zuversichtlich über das Gelingen des Erpressungsmanövers.

CROPSCIENCE will rationalisieren
BAYER CROPSCIENCE kriegt den Hals nicht voll. BAYERs Landwirtschaftssparte will die Umsatz-Rendite von 19 Prozent bis zum Jahr 2006 auf 25 Prozent steigern und hat deshalb ein Kostensenkungsprogramm im Umfang von 200 Millionen Euro im Jahr beschlossen. Das bedeutet Arbeitsplatz-Vernichtung im großen Stil. Allein in Monheim und Frankfurt streicht der Konzern insgesamt 200 Stellen. Die Belegschaften starteten Protest-Aktionen (siehe AKTION & KRITIK).

Pharma: Über 500 Jobs weniger
BAYER hat seine Pläne zur Arbeitsplatz-Vernichtung in der Pharma-Forschung konkretisiert. Der Konzern will in Wuppertal 440 der 3.000 Jobs streichen und im US-amerikanischen New Haven 110 Stellen abbauen. Nachdem die Weltmarkt-Aspirationen im Bereich “Pharma” gescheitert sind, positioniert sich der Leverkusener Chemie-Multi als “mittelgroßes europäisches Unternehmen” neu. Im Zuge dieses Strategie-Wechsels hat der Konzern zahlreiche Forschungsgebiete aufgegeben wie z. B. “Asthma” (siehe IMPERIUM & WELTMARKT), “Urologie” und “Infektionskrankheiten”, das Pharma-Forschungszentrum im japanischen Kyoto geschlossen und die Kapazitäten im kalifornischen Berkeley reduziert.

BAYER bildet zu wenig aus
Erlangte die Ausbildungsplatz-Abgabe Gesetzes-Kraft - was nicht zu erwarten ist -, so müsste BAYER zahlen. Das Unternehmen erreicht nämlich nicht die Ausbildungsquote von sieben Prozent der Belegschaft. Kosten von 1,5 bis 2 Millionen Euro kämen auf den Konzern zu.

Schlimme BAYER-Jahre
Das manager-magazin 3/04 gibt einen Einblick in das schlechte Betriebsklima bei BAYER. “Die letzten Jahre waren schlimm”, gesteht ein langjähriger Mitarbeiter dem Reporter und klagt über Abteilungen, die heute A und morgen B hießen und andere kurzlebige Veränderungen, die ihn nur noch seine Pension herbeisehnen ließen.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Während BAYER für das Geschäftsjahr einen Verlust von 1,36 Milliarden Euro auswies, stieg das Gehalt von BAYER-Chef Werner Wenning im gleichen Zeitraum um 300.000 Euro auf 1,6 Millionen, obwohl die Bezüge angeblich erfolgsbezogen sind. Sie beziehen sich allerdings nicht auf die Richtgröße “Gewinne/Verluste”, sondern auf den “Brutto-Cashflow”. Und der vermehrte sich wundersam, während das Unternehmen rote Zahlen schrieb. Diese schrieb der Konzern nämlich nur für die Steuerbehörden mittels Wertberichtigungen und hohen Abschreibungen.

Schiwy droht
Die so genannte Globalisierung dient BAYER als willkommene Ausrede, um weiterhin fröhlich Arbeitsplätze zu vernichten. “Wir müssen uns anpassen. Tun wir das nicht, sind wir nicht mehr da”, sagte der Brunsbütteler Werksleiter Willy Schiwy und konkretisierte: “Wir werden weiter rationalisieren müssen, sonst sind wir nicht mehr konkurrenzfähig”.

Schmoldt schützt Kapital-Einkünfte
In der SPD gab es bei der Diskussion um die Bürgerversicherung den Vorschlag, bei der Beitragsberechnung auch Kapital-Einkünfte einzubeziehen. Dagegen wandte sich der IG BERGBAU, CHEMIE UND ENERGIE-Vorsitzende Hubertus Schmoldt, der bei BAYER im Aufsichtsrat sitzt, vehement. “Wer Leistungsträger überfordert, provoziert eine Akzeptanz-Krise der Sozialversicherung überhaupt”, meint Schmoldt. Vielleicht sollte er den neoliberalen Gewerkschaftsbund gründen.

Wieder nur 1.000 Lehrlinge
Um mehr als ein Drittel ist die Zahl der Ausbildungsplätze bei BAYER in den letzten vierzehn Jahren zurückgegangen. Gab es 1990 in den Werken noch 1.600 Lehrstellen, so strich der Konzern diese bis zum Herbst 2004 auf rund 1.000 zusammen. Zudem übernimmt der Chemie-Multi in der Regel nur die Hälfte der Ausgebildeten.

POLITIK & EINFLUSS

Gentechnik-Gesetz beschlossen
Am 26.11. 2004 hat der Bundestag das Gentechnik-Gesetz verabschiedet (siehe auch Ticker 1/04). Damit gibt Rot-Grün grünes Licht für die “grüne Gentechnik”. Ausdrücklich verschreibt sich das Paragraphen-Werk der Förderung gentechnologischer Forschung. Getreu Gerhard Schröders Devise, man müsse das Augenmerk hauptsächlich auf die Chancen neuer Technologien richten, nicht aber auf die möglichen Risiken, zeigt sich die Regierungskoalition blind für die Gefährdungen durch Gentech-Pflanzen. Die Gefahr der Auskreuzungen von gentechnisch manipulierten Nutz-Pflanzen mit konventionell angebauten Sorten will die Gesetzes-Novelle einfach mit Abstandsregelungen verhindern. Kommt es dann doch zu einer Gen-Übertragung, sollen nicht etwa BAYER & Co. haften, sondern die LandwirtInnen. Im Vorfeld hatte der Leverkusener Chemie-Multi sich deshalb positiv über das Vorhaben geäußert, die europäische Freisetzungsrichtlinie in bundesdeutsches Recht umzusetzen und nur ein wenig an Details der Abstandsregelung herumgemäkelt. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens verschärften die Gen-Giganten allerdings die Kritik und sprachen von einem Gentechnik-Verhinderungsgesetz, um Veränderungen bei der Haftungsregelung zu erreichen. Am Tag der Entscheidung schließlich bezeichnete ein Sprecher von BAYER CROPSCIENCE das Votum des Bundestages für das Gesetz als “nicht hilfreich”.

Lobby-Club Wirtschaftsministerium
Der jüngste Wirtschaftsbericht des Wirtschaftsministeriums lässt keinen Zweifel an der Amtsauffassung von Wolfgang Clement. Der Superminister versteht sich als erster Lobbyist im Staate. Wirtschaftspolitik, so heißt es in der Publikation, “muss industrie-politische Belange fördern und sie bewusst gegen Forderungen aus anderen Politik-Bereichen wie der Umwelt- oder Verbraucher-Politik oder gegen wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen anderer Staaten vertreten”. Als solche kontroversen Politik-Felder bezeichnet der Bericht die Abgas-Normen für Autos, die Chemikalien-Gesetzgebung der EU, die Förderung der Gentechnik und die Beschleunigung der Arzneimittel-Zulassungen. Die drei letzten Punkte hat zweifellos BAYER mit auf die Agenda des Ministeriums gesetzt.

EU: Industrie-Studie übertreibt
Unermüdlich arbeiteten BAYER & Co. an einer weiteren Aufweichung des Chemikalien-Gesetzes der EU, das die VerbraucherInnen besser vor giftigen Substanzen schützen will. Die Konzerne gaben eine Studie in Auftrag, die auch brav das bestellte Horror-Szenario ablieferte und eine Gefährdung von Millionen Arbeitsplätzen durch das neue Regelwerk vorhersagte. Trotzdem erfüllte die Untersuchung nicht den beabsichtigten Zweck. Das EU-Parlament wies ihre Prognosen als übertrieben und unsachlich zurück.

Florenz Umweltausschuss-Vorsitzender
Der nordrhein-westfälische EU-Umweltpolitiker Karl-Heinz Florenz (CDU) ist BAYER-Dauergast und dem Konzern bei der Obstruktionspolitik gegen die europäische Chemikalien-Verordnung treu zu Diensten. Diese Arbeit kann er jetzt in herausgehobener Position fortsetzen. Florenz sitzt dem mit der Umsetzung des Regelwerks betrauten Ausschuss der Europäischen Union vor und hat auch schon die Marsch-Route vorgegeben. Er will “Industrie-Interessen stärker berücksichtigen”. Der Christdemokrat hat erstmal eine Verzögerungstaktik eingeschlagen, so dass die Regelung dem Straßburger Parlament erst im Herbst 2005 zur Abstimmung vorliegen wird.

Chemie-Gesetz: unendliche “Nachbesserungen”
Der Protest von BAYER & Co. gegen das Chemikalien-Gesetz der EU hat zu einer Neuausrichtung der gesamten Brüsseler Politik geführt (SWB 4/04). Super-Kommissar Günter Verheugen kann nicht nur sämtliche Gesetzes-Vorhaben auf ihre Wirtschaftsverträglichkeit hin prüfen, ihm obliegt auch die Umsetzung der Chemikalien-Verordnung. Wie er diese in die Wege leiten will, daran ließ er bei seiner Anhörung durch das Straßburger Parlament keinen Zweifel. “Das Gesetz muss so handhabbar sein, dass die Unternehmen nicht darunter zusammenbrechen”, sagte er ganz im Bann des von den Chemie-Multis entworfenen Katastrophen-Szenarios. Auch der neue Umwelt-Kommissar Stavros Dimas hat gegen weitere “Nachbesserungen” im Sinne der Industrie nichts einzuwenden.

IHK-Büro in Brüssel
Auf Initiative des Werksleiters der Brunsbütteler BAYER-Niederlassung, Willy Schiwy, haben 13 norddeutsche Industrie- und Handelskammern ein gemeinsames Büro in Brüssel eröffnet. Neben der weiteren Verwässerung der Chemikalien-Verordnung steht für die LobbyistInnen hauptsächlich auf der Agenda, die geplante Ausweisung von Naturschutz-Gebieten im Norden zu verhindern (siehe auch WASSER, BODEN & LUFT).

Bundesverdienstkreuz für Stindt
BAYERs Arbeitsrechtler Heinrich Meinhard Stindt hat das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. Der Leiter der Konzern-Abteilung “Strategie und Politik” im Bereich “International Human Ressources” bekam die Ehrung “für sein Engagement um die Entwicklung von Recht und Praxis in der Beschäftigung und der Arbeitsförderung”. Dieses “Engagement” sah unter anderem so aus, dass Stindt vorschlug, neu abgeschlossene Arbeitsverträge sollten einen Passus enthalten, der den Unternehmen erlaubt, in Krisenzeiten bis zu 20 % des Grundlohns einzubehalten und die Arbeitszeit entsprechend zu kürzen. Auch sträubte er sich mit Händen und Füßen gegen einen neuen Passus im Arbeitsrecht, wonach die Beschäftigten bei geplanten Fusionen oder Ausgliederungen umfassend über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen aufzuklären sind.

Kubicki bei BAYER
Der schleswig-holsteinische Landtagsfraktionschef der FDP, Wolfgang Kubicki, besuchte mit der Brunsbütteler Ortsvereinsvorsitzenden Bettina Jebens und der Landtagsabgeordneten Veronika Kolb das BAYER-Werk an der Elbe und betätigte sich bei einem Gespräch mit Wirtschaftsrepräsentanten als zuverlässiger Lautsprecher der Konzern-Interessen. Er wetterte gegen die EU-Chemikalien-Verordnung, die geplante Ausweisung von mehr Naturschutzgebieten und die hohen Energie-Kosten, die angeblich durch die Windkraft-Subvention entstanden seien.

Bush gegen Re-Importe
Die hohen Arzneimittel-Preise in den USA stoßen zunehmend auf Kritik in der Öffentlichkeit (siehe auch unter DRUGS & PILLS). Da die Kosten für Medikamente um zwei Drittel über denen in Kanada liegen, treten viele PolitikerInnen dafür ein, den Re-Import der Mittel aus dem Nachbarland zu erleichtern. Aber George W. Bush wusste, was er dem Leverkusener Chemie-Multi, der ihn im Wahlkampf mit 120.000 Dollar unterstützt hat, und anderen Herstellern schuldig ist. Er lehnte die Forderung ab. Zudem hat seine Reform des Gesundheitsprogrammes “Medicare”, das künftig gegen eine Kopf-Prämie von 35 Dollar im Monat dreiviertel der Kosten für verschreibungspflichtige Pillen übernimmt, aus Kanada oder anderen Staaten stammende Pharmazeutika ausdrücklich von der Regelung ausgenommen.

PROPAGANDA & MEDIEN

Kinderarbeit: BAYER desinformiert
Die neue Studie der indischen Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION stellt keine wesentliche Verbesserung der Situation von Kindern fest, die für Zuliefer der BAYER-Tochter PROAGRO in der Saatgut-Produktion arbeiten (siehe AKTION & KRITIK). In seiner öffentlichen Reaktion auf die OECD-Beschwerde der CBG und anderer Organisationen besitzt der Leverkusener Chemie-Multi nun die Unverfrorenheit, das Ergebnis der Studie in einer Presse-Erklärung umzuinterpretieren und sich selber so “erste Erfolge” im Engagement gegen die Kinderarbeit zuzuschreiben. Dabei schreckte der Konzern nicht einmal davor zurück, den Autoren der Untersuchung, Dr. Davaluri, als Kronzeugen für die angeblich positiven Veränderungen anzuführen.

Neue Chemie-Kampagne des VCI
Der “Verband der Chemischen Industrie” (VCI) hat eine neue Kampagne zur Image-Verbesserung von Plaste & Elaste gestartet. Sie stellt einmal mehr Chemie als unverfänglichen Begleiter des Alltags dar. “Sie macht Glas kratzfest, Sonnenbaden unbeschwert, Bildschirme flacher, PCs schneller” - und Lebensmittel giftiger, die Flüsse verseuchter, die Luft schmutziger, die Ozonlöcher größer und die Menschen kränker, was in der Aufzählung der BAYER-Propaganda-Postille direkt allerdings fehlt. Das abgebildete Werbe-Foto zeigt dagegen ganz groß das Wort “Verknallt”, wobei “AL” als Bezeichnung für Aluminium markiert ist. Dazu schmiegt sich eine Reinigungskraft verzückt an die offenbar aus Aluminium gefertigte Kachelwand eines Hallenbades an.

BAYER predigt
Der Leverkusener Chemie-Multi erweiterte im November 2004 das Spektrum seiner Werbe-Auftritte. Der Dormagener Chemie“park”-Leiter Walter Schulz bestieg die Kanzel der evangelischen Christus-Kirche und verkündete BAYERs Wort. In seiner Litanei berichtete er von gar Unglaublichem wie dem “gesellschaftlichen Engagement von BAYER”, der wundersamen Armenhilfe für brasilianische Kinder aus der Porto-Kasse eines Welt-Konzerns und verkündete, “dass nicht nur ökonomische, sondern auch und in gleichem Maße ökologische Kompetenz unabdingbar ist für das erfolgreiche Handeln”. Wer’s glaubt, wird selig.

Neue BAYER-Werbung
BAYER hat eine neue Werbe-Kampagne gestartet. Sie steht unter dem Motto “Science For A Better Life” und belässt es natürlich bei Versprechungen. Das Anzeigen-Motiv “Krebs aufhalten - Leben verlängern” etwa suggeriert, der Leverkusener Chemie-Multi hätte ein wirkungsvolles Mittel gegen Krebs entwickelt, was lediglich das Kleingedruckte relativiert. Die Annonce “Leben erforschen - Träume verwirklichen” zeigt ein niedliches Mädchen asiatischer Abstammung mit einer niedlichen Kinder-Zeichnung - man ist ja schließlich international ausgerichtet - und stellt eine Menge guter Fragen wie z. B.: “Wie kann immer mehr Menschen besser ernähren, ohne dabei die Natur zurückzudrängen?”, bleibt dann allerdings die Antwort schuldig. Zu einem Zeitpunkt, da der Konzern sein soziales Engagement real immer weiter zurückfährt (siehe STANDORTE & PRODUKTION), kommt darüber hinaus die “Corporate Social Responsibility” als Werbe-Motiv zumindest virtuell zu neuen Ehren.

Beteiligung an SCALE
BAYER beteiligt sich am SCALE-Projekt der EU, das die Auswirkung von Substanzen auf die Gesundheit von Kindern analysieren will. “Allerdings dürfe der Focus nicht einseitig auf möglichen Auswirkungen von Chemikalien liegen, warnen BAYER und der ‘Verband der Chemischen Industrie’ (VCI)”, heißt es in der Konzern-Postille direkt. Keinesfalls dürfe das bloße Vorhandensein eines Stoffes im Körper dazu führen, ihn als Krankheitsursache dingfest zu machen und ihn womöglich gar zu verbieten. BAYER lenkt hingegen von der lästigen Chemie ab. “Auch andere, für Kinder relevante Faktoren müssen berücksichtigt werden”, meint der Pharma-Riese. Als solche erachtet er Übergewicht, Bewegungsmangel, Reizüberflutung, passives Rauchen und Alkohol-Konsum. Geschickt eingefädelt: In dieser Krankheitsreiz-Überflutung soll die Chemie als eine Gesundheitsgefährdung von vielen untertauchen.

Ökotest lobt LEVITRA
Die Zeitschrift Ökotest hat im August 2004 43 Mittel zur Behandlung von Erektionsstörungen geprüft dabei dem BAYER-Produkt LEVITRA eine sinnvolle pharmakologische Zusammensetzung und gute Wirksamkeit bescheinigt. Ein peinliches Urteil: Die Publikation übernahm nicht nur kritiklos die Industrie-Angaben, wonach in der Bundesrepublik angeblich vier bis sechs Millionen Männer an “erektiler Dysfunktion” leiden, sie verschwieg auch die zahlreichen Nebenwirkungen. Als solche zählt eine von BAYER selbst in Auftrag gegebene Studie Kopfschmerzen, Gesichtsrötungen, Nasenschleimhaut-Entzündungen, Grippe-Symptome und Verdauungsbeschwerden auf (Ticker 1/03).

Werbe-Plattform Landesgartenschau
Der Leverkusener Chemie-Multi nutzt die über den 126.000 Tonnen Schadstoff seiner ehemaligen Giftmüll-Deponie Dhünnaue errichtete Landesgartenschau 2005 (siehe auch unter WASSER, BODEN & LUFT) in massiv als Werbe-Plattform. So sollen etwa ein “Unkraut-Lehrpfad” und Bilder von “Pflanzen-Krankheiten” den Segen der BAYER-Pestizide preisen.

BAYER kauft Wissenschaftler
BAYERs Diabetes-Mittel GLUCOBAY steht seit langem in der Kritik. Nach Meinung des Pharmakologen Gerd Glaeske handelt es sich dabei um ein Präparat, das “gerade mal so wirksam ist wie Müsli”. Da wunderte es die Fachwelt schon, dass ein Artikel in dem Fachmagazin Lancet zu einer positiven Bewertung kam. BAYER musste dabei allerdings kräftig nachhelfen. Der Konzern selbst hatte die Studie in Auftrag gegeben, bezahlt und die Bedingungen festgelegt. Das verschwiegen die AutorInnen, womit sie eindeutig gegen den Verhaltenscodex der Zeitschrift verstießen. Einer der Beteiligten, der Dresdener Professor Markolf Hanefeld, blieb dem Leverkusener Chemie-Multi auch darüber hinaus noch verbunden. Im Zuge der Verhandlungen über die Positiv-Liste für therapeutisch sinnvolle Medikamente setzte er sich in der Ärzte-Zeitung vehement dafür ein, GLUCOBAY in das Verzeichnis aufzunehmen. Unterstützung erhielt er in dem Blatt von dem Präsidenten der “Deutschen Diabetes-Union, dem Münchner Diabetologen Eberhard Standl. Aus freien Stücken, beteuerte Standl, er stehe nicht in Diensten BAYERs. Leider ist er aber auf der ReferentInnen-Liste des Konzerns mit einem Honorar von 1.000 Euro aufgeführt.

BAYER spart an der Kultur
Nicht nur bei der Unterstützung des Breitensports, auch beim image-fördernden Kultur-Sponsoring reduziert der Leverkusener Chemie-Multi sein Engagement. So schrumpfte sein Kultur-Etat in den letzten vier Jahren um 10 Prozent.

Sportler laufen für BAYER
Der Leverkusener Chemie-Multi finanzierte den “TransEuropaLauf”, der 49 Teilnehmer durch 5.017 Kilometer Europa führte. “BAYER stieg ein, wohlwissend, dass dieses Engagement zum positiven Image der Marke Polymers beitragen würde”, heißt es dazu im Werbe-Fachblatt PR Report. Diese Vermarktungsaufgabe übernahm für den Konzern die Agentur ATKON. Sie produzierte unter anderem einen Magazin-Beitrag, den klamme Privatsender dankend abnahmen, und vermittelte Interviews mit Läufern. “Der Aufwand hat sich gelohnt: Weltweit gab es 110 Millionen Zuschauer”, resümiert der PR Report.

TIERE & ARZNEIEN

BAYER verkauft Impfstoffe
Der Leverkusener Chemie-Multi hat die EU-weiten Vermarktungsrechte für IBR-Marker-Impfstoffe sowie für noch in der Entwicklung befindliche Vakzine an PFIZER verkauft.

DRUGS & PILLS

Höhere Pillen-Preise
BAYER & Co. holen sich die durch die “Gesundheitsreform” erfolgten finanziellen Einbußen über höhere Arzneimittel-Preise zurück. So verlangten die Pharma-Multis für ihre Erzeugnisse um die Jahreswende 2003/2004 durchschnittlich 18 Prozent mehr als 12 Monate zuvor. Nach Angaben des arznei-telegramms tat sich dabei neben TROPON und CELL PHARM vor allem BAYER hervor. Damit behauptet sich die Bundesrepublik in der Rangliste der Länder mit den kostenträchtigsten Arzneien sicher auf Platz fünf.

Weitere Zulassungen für LEVITRA
BAYER hat für das Potenz-Mittel LEVITRA (Nebenwirkungen: siehe unter PROPAGANDA & MEDIEN) Zulassungen auch in Kanada, China und Japan erhalten. Es ist jetzt in 76 Ländern erhältlich.

Medikamenten-Abhängigkeit steigt
Die Zahl der Medikamenten-Abhängigen nimmt ständig zu. Mittlerweile sind in der Bundesrepublik 1,5 Millionen Menschen betroffen. Als Arzneien mit hohem Sucht-Potential gelten neben Schmerzmitteln wie BAYERs ASPIRIN vor allem Beruhigungsmittel und Antidepressiva.

Orphan Drug “BAY 43-9006”
Pharma-Konzerne betrachten es nicht als ihre ureigene Aufgabe, Arzneien zur Behandlung von möglichst vielen Krankheiten zu erfinden. Sie wollen lediglich Medikamente zur Therapie der verbreitesten Gesundheitsstörungen entwickeln, weil nur das genügend Profit verspricht. Haben sie denn zufällig doch einmal zufällig ein aussichtsreiches Pharmazeutikum für ein seltenes Leiden in den Labor-Töpfen, so lassen sie sich die Weiterentwicklung subventionieren. Diese Aufgabe erfüllt die Verleihung des Orphan-Drug-Status (orphan = engl. Waise). Ein solches Prädikat bekam BAYER jetzt für den Wirkstoff “Bay 43-9006” (siehe Ticker 3/04) als Nierenkrebs-Therapeutikum zugebilligt. Es räumt dem Leverkusener Chemie-Multi eine verlängerte Patent-Laufzeit und geringere Zulassungsgebühren ein.

Zulassungsantrag für “BAY 43-9006”
BAYER will für das in der letzten Phase der Erprobung steckende Nierenkrebs-Medikament “BAY 43-9006” bei der US-Gesundheitsbehörde FDA einen Zulassungsantrag stellen, obwohl sich einige InvestorInnen von den Test-Daten der Phase zwei enttäuscht zeigten. Die Substanz gehört wie PFIZERs SU11248 zu den so genannten Signal-Transduktionsinhibitoren. Sie sollen die Signal-Wirkung von Wachstumsfaktoren stören, so dass Tumore sich nicht länger vergrößern können. Aber im direkten Vergleich mit dem PFIZER-Präparat sieht es nicht so gut für “BAY 43-9006” aus. “Der Wirkstoff konkurriert direkt mit SU11248 und scheint in der Wirkung etwas schwächer zu sein”, urteilt das Magazin GoingPublic.

Aus für TAXANE
Wieder einmal konnte ein von BAYER schon als Wundermittel gegen Krebs gepriesenes Medikament die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Anfang September stoppte der Leverkusener Chemie-Multi die Erprobung von TAXANE. Wegen nicht ausreichender Wirksamkeit schaffte die Arznei den Sprung in die dritte Test-Phase nicht. Im Frühjahr hatte der Konzern Gerüchte um Probleme noch dementiert. “TAXANE ist sehr lange in Phase zwei, das heißt aber nicht, dass es in Schwierigkeiten ist”, hatte der damalige Gesundheitschef Rolf Clasen die Presse beruhigt. Sogar den jährlichen TAXANE-Umsatz hatte das Unternehmen schon taxiert: 400 Millionen Dollar.

Neue ONKOLOGIE-Sparte
BAYER baut für die Vermarktung von Krebsmedikamenten eine neue Sparte auf. Bis auf die für SCHERING-PLOUGH vertriebenen Arzneien beschränkt sich die Produkt-Palette bisher allerdings auf VIADUR alias LEUPROLID, eine umsatzschwache Arznei gegen Prostata-Krebs. Das Pharmazeutikum TAXANE (s. o.) konnte das Angebot wider Erwarten nicht erweitern. Bei Arzneimittel-Tests erwies es sich als mangelhaft. Jetzt ruhen die Hoffnungen allein auf der sich ebenfalls in der Erprobung befindlichen Substanz “BAY 43-9006” zur Behandlung von Nierenkrebs.

Zweifelhafte ADALAT-Studie
Nach einer neuen Studie führt BAYERs Herz/Kreislauf-Medikament ADALAT bei Hochrisiko-PatientInnen zu einem um 30 Prozent geringeren Infarkt-Risiko. Ob der Konzern die Untersuchung selber in Auftrag gegeben hat, oder ob sie allein der Objektivität verpflichtete WissenschaftlerInnen durchgeführt haben, teilte der Pharma-Riese nicht mit. An den Ergebnissen bestehen in jedem Fall große Zweifel. So mussten US-PharmakologInnen Ende der 90er Jahre eine Test-Reihe sogar abgebrechen, weil die ADALAT-ProbandInnen fünf mal häufiger einen Herzinfarkt erlitten hatten als die TeilnehmerInnen aus der Vergleichsgruppe (Ticker 1/99). “Wenn ich jetzt böswillig wäre, was ich nicht bin, könnte ich ausrechnen, dass über 200.000 Menschen im Laufe der letzten 20 Jahre, dass wir die umgebracht haben mit Kalzium-Antagonisten (...)!”, kommentierte der heutige Leiter des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Dr. Peter Sawicki, damals den Vorfall.

HIV-Test für Blut-Plasma genehmigt
Der Leverkusener Chemie-Multi kann jetzt seine Blut-Produkte selber auf HI-Viren untersuchen. Die US Gesundheitsbehörde FDA erteilte die Zulassung für einen entsprechenden Test auf Gentech-Basis. Sie machte damit den Bock zum Gärtner. Seit Mitte der 80er Jahre starben nämlich Tausende Bluter an AIDS-verseuchten Blutplasma-Produkten von BAYER, weil der Konzern sich wie andere Hersteller aus Profit-Gründen weigerte, die Präparate einer Hitze-Behandlung zu unterziehen.

Ärger im Pharma-Paradies
Nirgendwo können BAYER & Co. so viel Geld für ihre Medikamente verlangen wie in den USA. So kostet BAYERs Potenz-Mittel LEVITRA in den Vereinigten Staaten doppelt so viel wie in der Bundesrepublik. Diese Hochpreis-Politik ist jedoch zunehmender Kritik von Verbraucherschutz-Organisationen ausgesetzt. Selbst Industrie-Vertreter wie der ehemalige MERCK-Boss Roy Vagelos sehen das Ende der Fahnenstange erreicht. “Staatliche Preis-Kontrollen sind fast unvermeidlich”, sagte er der New York Times. 46 Bundesstaaten haben bereits mit Planungen für Kostendämpfungsprogramme begonnen. John Kerry wollte sie im Falle eines Wahlsieges ausgebauen, weshalb BAYER & Co. wie schon im Jahr 2000 den Wahlkampf von George W. Bush großzügig unterstützt haben.

BAYER profitiert von gefährlicher Diät
ErnährungswissenschaftlerInnen warnen eingehend vor der “Atkins-Diät”. Sie schreibt den weitgehenden Verzicht auf Kohlenhydrat-haltige Nahrungsmittel wie Brot, Reis, Kartoffeln und Nudeln vor, was unter anderem zu Mangel-Erscheinungen, Verdauungsproblemen, Muskelkrämpfen und Schwäche-Anfällen führt. Den Leverkusener Chemie-Multi jedoch ficht das nicht an. Der Konzern bietet begleitend zur “Atkins-Diät” Nahrungsergänzungsmittel wie den Vitamin-Cocktail ONE-A-DAY CARBSMART an, um die Folgen der unausgewogenen Ernährung auszugleichen, und setzt damit jährlich zwei Millionen Dollar um. Die von BAYER ebenfalls zum Bei-Konsum bei allen Diäten empfohlene Pille ONE-A-DAY WEIGHTSMART brachte es sogar auf 32 Millionen Dollar per anno (siehe auch SWB 4/04).

GENE & KLONE

Kein Gen-Soja in Belgien
Belgien ist kein gutes Pflaster für BAYER. Nachdem die Behörden vor einiger Zeit die Zulassung von Gen-Raps wegen der Auskreuzungsgefahr und der negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt abgelehnt hatten (Ticker 1/04), zog der Leverkusener Chemie-Multi jetzt einen Antrag auf Genehmigung von gentechnisch manipuliertem Soja freiwillig zurück.

Gentech-Rückzug in England

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Ende 2003 hatte BAYER in England das Zulassungsbegehr für Gen-Mais zurückgezogen, weil der Konzern die Auflagen der Regierung nicht akzeptieren wollte. Nachdem die britische Umweltministerin Margaret Beckett in einer Regierungserklärung klarstellte, dass die Gen-Multis und niemand sonst die Haftungsrisiken für die “Zukunftstechnologie” zu tragen hätten und ein behördliches OK für Gen-Raps und -Zuckerrübe von vornherein ausschloss (Ticker 2/04), stoppte der Konzern die Genehmigungsanträge für fünf Raps-Linien und eine Futtermais-Sorte.

Gentech-Rückzug in England

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Mitte November 2004 zog BAYER in Großbritannien die Zulassungsanträge für zwei Sorten Gentech-Raps zurück.

Gen-Raps in Australien
BAYER hat in der australischen Provinz Victory Freisetzungsversuche mit Gen-Raps begonnen. LandwirtInnen schlugen wegen möglicher Auskreuzungen mit ihren Acker-Früchten Alarm, woraufhin die Provinz-Regierung den Leverkusener Chemie-Multi aufforderte, die Lage des Felds bekanntzugeben. Zunächst wollten die PolitikerInnen die Stelle sogar selbst outen, beugten sich dann aber dem Willen ihrer Bundesregierung. Der Konzern verriet den Tatort selbstverständlich nicht, woraufhin das NETWORK OF CONCERNED FARMERS die Sache selbst in die Hand nahm und mit Flugzeugen nach gen-manipuliertem Raps made by BAYER suchte.

LIBERTYLINK in Bulgarien
Die gentechnik-kritische Stimmung in den westeuropäischen Ländern zwingt BAYER, in andere Staaten wie z. B. Bulgarien auszuweichen. Dort bietet der Konzern LIBERTYLINK-Saatgut mit eingebauter Resistenz gegen Anti-Unkrautmittel und eine Kombination von LIBERTYLINK mit MAISGARD, ein Produkt eines anderen Herstellers, an, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass diese nicht zuverlässig gegen Unkräuter wirkt.

Neue Grenzwert-Regelungen in der EU
Die EU plant eine neue Grenzwert-Regelung für die Verunreinigung von Saatgut mit Gen-Spuren. Nach dem Entwurf von Umweltkommissarin Margot Wallström soll das Limit für Raps und Mais bei 0,3 Prozent und bei Zuckerrübe, Futterrübe, Kartoffeln und Baumwolle bei 0,5 Prozent liegen. Bislang galt hingegen die Nachweis-Grenze von 0,1 Prozent als Richtmaß. Organisationen wie SAVE OUR SEEDS fordern deshalb auch, diese Bestimmung beizubehalten.

Kein Gen-Glück mit LION
Seit langem fahndet das Heidelberger Bioinformatik-Unternehmen LION BIOSCIENCE für den Leverkusener Chemie-Multi nach krankheitsrelevanten Genen, um diese als Wirkorte für neue Medikamente zu nutzen. Die Bio-TechnikerInnen haben zwar schon mehr als 250 so genannter Targets gefunden, aber mit denen konnte der Leverkusener Gen-Gigant, der sieben Prozent der Geschäftsanteile von LION hält, nicht viel anfangen. Deshalb hat der Konzern jetzt das Auftragsvolumen deutlich reduziert.

“EuropaBio” erforscht die “Bio-Ökonomie”
BAYER, BASF und andere im Brüsseler Lobby-Club “EuropaBio” organisierte Konzerne haben im Juni 2004 ein 45 Milliarden Euro schweres Programm zur Erforschung der “Bio-Ökonomie” vorgestellt. Die Multis wollen mit Hilfe der Gentechnik das Problem immer knapper werdender Ressourcen lösen und “biologische Rohstoffe” zur Grundlage der Industrie-Produktion im 21. Jahrhundert machen. Obwohl die Unternehmen es bisher noch nicht einmal geschafft haben, das Übergreifen von Gentech-Samen auf Felder mit konventionellem Anbau zu verhindern, ließ die EU schon mal 500.000 Euro für die Konzeption eines Aktionsplans zur “Bio-Ökonomie” springen (siehe SWB 4/04).

WASSER, BODEN & LUFT

Streit um Naturschutzgebiet
Die EU-Kommission will in Norddeutschland Elbe und Umgebung gemäß der “Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie” zum Naturschutzgebiet erklären. In diesem Fall müsste das Brunsbütteler BAYER-Werk, wollte es die Produktion und damit auch die Gift-Einleitungen erhöhen, sich vorher einer Prüfung unterziehen. “Dann müssten wir bald Fische und Krebse zählen, wenn wir das Werk erweitern wollen”, giftete Werksleiter Willy Schiwy. Deshalb setzt der Chemie-Multi alle Hebel in Verbindung, um die “unvertretbare Belastung” zu verhindern, dabei wieder einmal das fadenscheinige Argument “Arbeitsplätze” im Munde führend. So forderte der Konzern das schleswig-holsteiner Umweltministerium auf, sich für die “Nichtnotwendigkeit der Ausweisung eines FFH-Gebietes vor Brunsbüttel” einzusetzen. Dem kam die Politik prompt nach und meldete die Unterelbe-Region nicht als “Flora-Fauna-Habitat” nach Brüssel. “Falls Brüssel trotzdem eine Ausweisung will, müssen wir uns massiv dagegen wehren”, meint der Brunsbütteler Betriebsratsvorsitzende Erich Timmermann. Auch das auf BAYERs Initiative hin in Brüssel eingerichtete Büro der norddeutschen Industrie- und Handelskammern (siehe auch POLITIK & EINFLUSS) wird eine entsprechende Lobby-Politik betreiben.

BAYER zeigt “Absicherung Dhünnaue”
126.000 Tonnen Schadstoffe lagern auf dem Dhünnaue-Gelände. Der Pharma-Riese hat nämlich die Altlasten seiner ehemaligen Deponie einfach mumifiziert anstatt sie abzutragen. Eine fast vier Kilometer lange dicke Sperrwand umgibt das Gift-Grab nun seitlich. Nach oben hin dichten mehrere Schichten aus Ton, Erde und Kunststoff ab. Aber nach unten ist alles offen. So ist die Deponie buchstäblich ein Fass ohne Boden. Der Konzern entschloss sich deshalb in Tateinheit mit der Stadt Leverkusen, im wörtlichen Sinn Gras über die Sache wachsen zu lassen und die Landesgartenschau 2005 auf dem Gelände auszurichten. Eine Million Euro stellt der Chemie-Multi dafür zur Verfügung. Im Preis inbegriffen: Genug Raum, um seine Sicht der Dinge darzustellen. So zeigt BAYER auf 190 Quadratmeter eine unkritische Ausstellung zum Thema “Absicherung Dhünnaue”.

Kanada: mangelhafte BAYER-Anlagen
Am kanadischen BAYER-Standort Sarnia hat die Umweltbehörde der Provinz Ontario die Chemie-Werke rund um den St. Clair-River überprüft, weil der Fluss zu einem Endlager für Chemikalien zu werden drohte. (siehe auch SWB 4/04) Bei vier Fertigungsstätten des Leverkusener Chemie-Multis stellte sie Verstöße fest. Der Konzern hatte Gift-Müll falsch deklariert, eine Abwasser-Anlage ohne Genehmigung der zuständigen Stellen umgebaut und betrieb eine gefährliche Produktion ohne Zulassung.

Südafrika: Chrom im Grundwasser
Das Grundwasser in der Umgebung des im südafrikanischen Durban gelegenen BAYER-Werks ist stark durch Krebs erregende Chrom-Verbindungen belastet (siehe auch SWB 4/04). Die Behörden warnten die Bevölkerung eindringlich davor, Wasser aus den angrenzenden Brunnen zum Trinken oder Kochen zu verwenden. Der Leverkusener Chemie-Multi bestreitet, dass es sich um aktuelle Einträge handelt, die Chrom-Belastung geht angeblich auf “historische Verunreinigungen” zurück. Die Chrom-Produktion des Konzerns in Südafrika machte in der Vergangenheit immer wieder Schlagzeilen. So kam es in den 70er Jahren wegen mangelhafter Sicherheits-Vorkehrungen zu einer großen Zahl von Vergiftungsfällen. Ein Drittel der Belegschaft erlitt bleibende Gesundheitsschäden, mindestens acht Arbeiter starben an Lungenkrebs, zwei weitere an Tuberkulose.

CHEMIE & GIFTE

EU: Chemie belastet Innenräume
Eine Studie des Joint Research Centers der EU wies eine starke Belastung von Innenräumen wie Wohnungen, Büros und Schulgebäude mit Chemikalien nach. Als besonders alarmierend hob sie die Zahlen für Lösemittel hervor. BAYER verwendet diese bei der Produktion von Kunst- und Farbstoffen, Pestiziden, Fasern und Pharmazeutika.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

Künast untersucht GAUCHO-Gefahren
Durch BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel GAUCHO und das zeitweilig ebenfalls zur Produkt-Palette des Konzerns gehörige REGENT kam es in Frankreich bei 182 Menschen zu Vergiftungserscheinungen. Fast hundert Milliarden Bienen starben. Deshalb ist die chemische Keule im Nachbarland schon seit geraumer Zeit verboten. Der Bundesregierung reichten diese Fakten allerdings nicht als Beleg für die Gefährlichkeit des Ackergiftes. Sie initiierte erst einmal ein Monitoring-Projekt zur Untersuchung des Schadenspotenzials von GAUCHO. Dabei wirken auch BAYER selbst sowie das industrie-freundliche Bienen-Institut mit, Umweltschutzgruppen fehlen hingegen. Zu einer Verbotsempfehlung dürfte es bei so einer Konstellation wohl kaum kommen.

Pestizide machen krank
Kanadische ForscherInnen untersuchten die wissenschaftliche Literatur zu Pestiziden ab 1992 und kamen in Bezug auf die gesundheitsgefährdenden Wirkungen zu alarmierenden Ergebnissen. Die Studien machten die Agro-Chemikalien als Auslöser zahlreicher Krankheiten aus. Die Produkte von BAYER & Co. können demnach unter anderem verschiedene Krebsarten, Leukämie, Störungen des Nervensystems sowie psychische Erkrankungen auslösen. Personen, die beruflich mit Ackergiften umgehen wie LandwirtInnen, gefährden nicht nur sich, sondern auch ihre Nachkommen. Die WissenschaftlerInnen beobachteten in den betreffenden Familien ein vermehrtes Auftreten von embryonalen Wachstumsstörungen, Totgeburten und Geburtsschäden.

DIURON verursacht Asthma
Das Spritzen von BAYERs Pestizid DIURON im Nachbarsgarten hat bei einem 10-Jährigen Jungen Asthma ausgelöst. Der behandelnde Arzt wies im Blut des Kindes Glyphosat Trimesium, ein DIURON-Abbauprodukt nach.

Künast verharmlost GAUCHO
Wegen seiner bienengefährdenden Wirkung hat der französische Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard die Anwendung des BAYER-Saatgutbeizmittels GAUCHO auf Sonnenblumen- und Maisfeldern vor einiger Zeit untersagt. Obwohl auch in der Bundesrepublik im letzten Jahr ein Drittel aller Bienenvölker einging, sieht das Landwirtschaftsministerium keinen Handlungsbedarf. “Bei richtiger Anwendung des Insektizids GAUCHO gab es keine Schäden an den Bienen”, heißt es aus dem Hause Künast wider besseren Wissens.

Pestizid-Weltmarkt: BAYER Nr. 2
BAYER ist die Nr. 2 des weltweiten Pestizid-Marktes und verringerte mit einem Umsatz von 5,4 Milliarden Dollar den Abstand zu SYNGENTA (5,5 Milliarden) weiter. Den dritten Platz nimmt mit fast zwei Milliarden weniger BASF ein.

Weltweit mehr Pestizide
BAYER & Co. haben 2003 mehr Pestizide verkauft als im Geschäftsjahr 2002. Der Agrochemie-Umsatz stieg nach Angaben des “Industrieverbandes Agrar” um sechs Prozent auf 26,7 Milliarden Dollar. Als weltweit zweitgrößter Anbieter auf diesem Markt fließt ein gehöriger Anteil dieses Geldes in BAYER-Kassen.

Immer mehr Pestizid-Rückstände
Nach einem Bericht der EU finden sich in immer mehr Lebensmitteln der Gemeinschaft Pestizid-Rückstände. Nur noch 56 Prozent des untersuchten Obstes, Getreides und Gemüses weist keine nachweisbaren Spuren auf; 1999 waren es noch 64 Prozent. Die Grenzwert-Überschreitungen stiegen von 1996 drei Prozent auf 5,5 Prozent anno 2002. Die Bundesrepublik lag dabei mit 8,7 Prozent über dem Durchschnitt, bei den Mehrfach-Belastungen nahm sie mit dem Wert von 31,1 Prozent sogar den Spitzenplatz ein. BAYER-Produkte hatten daran einen gehörigen Anteil. Der TAMARON-Wirkstoff Methamidophos überschritt in Bohnen die noch als gesundheitlich unbedenklich geltende Menge - die akute Referenz-Dosis (ARfD) - um 477 Prozent, der MESUROL-Wirkstoff Methiocarb um 441 Prozent. Der Wirkstoff Oxidemeton-methyl, enthalten in METASYSTOX R, lag in Spinat um 404 Prozent über dem ARfD-Wert. Parathion, das unter anderem in den BAYER-Produkten E 605 FORTE, ME 605 und ECOMBI enthalten ist, übertraf in Pfirsichen die ARfD-Grenze um 161 Prozent. Beim von der EU eingeführten Schnellmeldesystem zu gesundheitsgefährdenden Gift-Spuren in Lebens- und Futtermitteln gingen neun von 43 Warn-Hinweisen und 18 von 129 Informationshinweisen zu BAYERs Methamidophos ein.

EU harmonisiert Grenzwerte
Die Europäische Union strebt bis Mitte 2005 eine Vereinheitlichung der noch erlaubten Rückstandsmengen für die Pestizide von BAYER & Co. in Lebensmitteln an. Einen verbesserten Gesundheitsschutz für bundesdeutsche VerbraucherInnen bedeutet dies jedoch nicht unbedingt, sie müssen sich bei den 160.000 zur Disposition stehenden Werten sowohl auf Anhebungen als auch auf Absenkungen einstellen.

Wachstumsmarkt Polen
Nach der EU-Osterweiterung hofft BAYER CROPSCIENCE vor allem in Polen auf glänzende Geschäfte. Europa-Chef Kurt Küsgen erwartet einen Strukturwandel in der Landwirtschaft weg von den personal-intensiven Kleinbauernhöfen hin zu mehr agro-industriellen Großbetrieben. Diese sieht er als “Technologie-Driver” und also auch als Umsatz-Driver für den Konzern an.

Neue Pestizide
BAYER hat Zulassungsanträge für zwei neue Antipilz-Mittel gestellt, PROLINE (Wirkstoff: Prothioconazole) und Input (Wirkstoffe: Prothioconazole und Spiroxamine). Schon auf den Markt gebracht hat der Leverkusener Chemie-Multi das Insektizid RUNNER. Das im Obst- und Wein-Anbau einsetzbare Mittel soll nach Konzern-Angaben angeblich nicht bienen-gefährlich sein und Nützlinge schonen.

Neue Haushaltsinsektizide
BAYER bietet zwei neue Pestizide an. Die LIZETAN-KOMBISTÄBCHEN sollen gegen saugende Schadinsekten wirken, der berühmt-berüchtigte GAUCHO-Inhaltsstoff Imidacloprid tötet so nebenbei allerdings auch Bienen. CUPRAVIT KUPFERKALK mit dem Wirkstoff Kupferoxychlorid ist zum Schutz von Erdbeeren, Gemüse und Zierpflanzen vor Pilz-Krankheiten vorgesehen.

STANDORTE & PRODUKTION

Auch 2004 keine Gewerbesteuer
“Wann zahlt BAYER wieder Gewerbesteuer?”, fragte ein Journalist der Rheinischen Post BAYER-Chef Werner Wenning auf der letzten Bilanz-Pressekonferenz. Antwort: “Wenn wir wieder Gewinne machen. 2004 nicht!” Tatsächlich wies der Leverkusener Chemie-Multi für das Geschäftsjahr 2003 einen Verlust von fast 1,35 Milliarden Euro aus, während der Umsatz sich mit 28,5 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr kaum verändert hatte. BAYER hat also wieder einmal ganz legale Steuertricks angewendet und in den Bilanzen mit Wertberichtigungen und Abschreibungen herumoperiert, um Abgaben zu sparen.

Sirenen: BAYER zahlt nur wenig
Anfang der 90er Jahre rechnete der Staat nicht mehr mit “Verteidigungsfällen” und baute flächendeckend Sirenen ab, auch in Krefeld. Nach Besorgnis erregenden Störfällen im Uerdinger BAYER-Werk erachteten die Kommunal-PolitikerInnen ein Warn-System aber dennoch für notwendig und errichteten im Industrie-Gebiet 20 neue Sirenen. An den Kosten beteiligten sich der Chemie-Multi und die anderen Konzerne allerdings nur unzureichend. Bloß ein Drittel der Summe schossen sie zu.

Verkleinerung des Chemie-“Parks”?
Bei BAYER gibt es Überlegungen, den Wiesdorfer Chemie-“Park” zu verkleinern und Verwaltungsgebäude “außen vor” zu lassen, um die Vermarktungschancen für freie Flächen zu erhöhen. Liegen die Büros außerhalb des Geländes, müssen die Sicherheitsauflagen nämlich nicht mehr dem Chemie-Standard entsprechen. Für sie gelten dann viele Umwelt-Vorschriften und Bestimmungen zu Werkschutz, Feuerwehr und PförtnerInnen nicht mehr, was die Nebenkosten reduziert.

Spedition baut Silos
Das Speditionsunternehmen SCHMIDT baut auf dem Dormagener Chemie-“Park” 40 Silos zur Zwischenlagerung der BAYER-Kunststoffe NOVODUR 9 und LUSTRAN. Die 24 Meter hohen Türme können jeweils 340 Kubikmeter Plaste aufnehmen.

Großanlagen-Bau in China
BAYER will in China bis 2008 für über 1,8 Milliarden Dollar vier Großanlagen zur Produktion von Stoffen wie Diphenylmethandiisocyanat (MDI) und Tolylendiisocyanat (TDI) bauen, welche die Weltgesundheitsorganisation als Krebs erregend und Erbgut schädigend einstuft. Der letzte Störfall in der TDI-Produktion ereignete sich 1997 in Dormagen, als eine Explosion mehr als 12 Tonnen des Vorproduktes TDA freisetzte.

BAYER schließt Galerie
Die Kultur-Förderung gehört nicht zu den Kern-Geschäften des Leverkusener Chemie-Multis. Deshalb gab BAYER INDUSTRY SERVICES (BIS), in deren Händen das Management der Chemie-“Parks” liegt, die Schließung der Werksgalerie bekannt. Der Konzern spart dadurch 100.000 Euro. Auch die 70.000 Euro kostende Unterstützung der Kleinkunst gibt die BIS auf. Die KULTURVEREINIGUNG LEVERKUSEN protestierte scharf gegen die Streich-Orgien. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an den kontinuierlichen Sozial-Abbau BAYERs und nannte als Beispiele dafür die Schließung der Werkskindergärten, des Duisberg-Bades und des BAYER-Kaufhauses. Auch die “Arbeitsgemeinschaft Leverkusener Künstler” äußerte Kritik. Es sei einfach albern, zu glauben, die Holding werde an den eingesparten 170.000 Euro gesunden. Vielmehr spreche aus dieser Manager-Entscheidung eine “extreme Ignoranz den Künstlern und dieser kulturellen Initiative gegenüber”, gab der Kölner Stadtanzeiger die Worte des AG-Sprechers Klaus Wolf wieder.

IMPERIUM & WELTMARKT

Kooperation mit SIEMENS
BAYER TECHNOLOGY SERVICES und SIEMENS haben eine Zusammenarbeit bei Bau und Wartung von Anlagen vereinbart. BAYER liefert das Ingenieur-Wissen und die SIEMENS-Abteilung das digitale Knowhow. Gemeinsam will man künftig Aufträge zur Automatisierung der gesamten Produktion im Auto- oder Chemie-Bereich akquirieren und so Arbeitsplätze wegrationalisieren.

USA: Abwicklung des Pharma-Vertriebs
Nach dem LIPOBAY-Skandal konnte BAYER nicht länger ein Big Player im Pharma-Bereich sein. Der Leverkusener Chemie-Multi strebte fortan eine Positionierung als “mittelgroßes europäisches Pharma-Unternehmen” an. Im Zuge dieses Rückbaues hat der Konzern in den USA nun den Pillen-Vertrieb aufgegeben. CIPROBAY, ADALAT & Co. wird künftig SCHERING-PLOUGH vermarkten. BAYER hingegen kümmert sich um den Absatz von SCHERING-PLOUGHs Krebsmedikamenten und um das japanische Geschäft mit dem Cholesterinsenker ZETIA. Darüber hinaus verkauft das Unternehmen nur das nicht direkt an MedizinerInnen oder Apotheken abgegebene Blut-Produkt KOGENATE und das Blutungen bei Bypass-Operationen stillende TRASYLOL weiterhin selber. Damit vernichtet der Gen-Gigant betriebsintern 1.800 Arbeitsplätze. Das war auch Sinn der Übung. “Denn bei genau definierten Verkaufspreisen und einer Gewinn-Beteiligung kann man sich eine 1.800-köpfige Vertriebsmannschaft weitgehend sparen, zumal so auch die Umsätze planbarer werden. Nur 800 Mann weniger könnten schon 66 Millionen Euro mehr bringen”, rechnet die Financial Times Deutschland vor. Zum Schicksal der Beschäftigten heißt es lediglich vage, die meisten von ihnen übernehme SCHERING-PLOUGH

Pharma-Forschungsabteilung verkauft
BAYERs Pharma-Sparte schrumpft und schrumpft. Ende August hat der Leverkusener Chemie-Multi seine Abteilung “Atemwegserkrankungen” an das Unternehmen AEROVANCE verkauft, dessen Mehrheitsanteile dem Finanz-Investoren APAX PARTNERS gehören. Gegen die Veräußerung der Rechte an 11 Mitteln, die sich in der klinischen Erprobung befinden, erhielt der Konzern eine 19,9-prozentige Beteiligung an AEROVANCE.

BAYER im LION-Aufsichtsrat?
Das Heidelberger Bioinformatik-Unternehmen LION BIOSCIENCE, an dem BAYER sieben Prozent der Geschäftsanteile hält, hat den Rücktritt von Vorstand und Aufsichtsrat angekündigt. Zur Begründung gab die an der US-Börse notierte Firma an, sie sei finanziell nicht in der Lage gewesen, die nach US-amerikanischem Recht persönlich haftenden Manager durch eine Versicherungspolice abzusichern. Jetzt muss das Heidelberger Amtgericht den neuen Aufsichtsrat berufen. Da hierfür normalerweise die Groß-Aktionäre erste Ansprechpartner sind, könnte demnächst ein BAYER-Mann im LION-Aufsichtsgremium sitzen.

Kooperation mit AMERSHAM
BAYER und das britische Unternehmen AMERSHAM vereinbarten eine Zusammenarbeit auf dem Diagnostika-Gebiet. Die beiden Konzerne wollen gemeinsam “AIDS”-Tests und Geräte zur Gen-Analyse des HI-Virus sowie anderer Krankheitserreger entwickeln und vermarkten. Darüber hinaus liefert AMERSHAM künftig Chemikalien an den Leverkusener Chemie-Mult

[Ticker 03/2004] STICHWORT BAYER 03/2004 – Ticker

CBG Redaktion

AKTION & KRITIK

Kinderarbeit in Indien
Das Engagement gegen die Kinderarbeit bei den Zulieferern von BAYER und anderen Saatgut-Multis, das die MV FOUNDATION vor Ort und Initiativen wie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) an den Stammsitzen der Konzerne zeigen, trägt Früchte. Nach einer neuen Untersuchung sank dort, wo die indische Kinderrechtsorganisation MV FOUNDATION aktiv war, der Anteil der in der Saatgut-Produktion beschäftigten Minderjährigen von 90 auf 40 Prozent. Auf den Plantagen der BAYER-Zulieferer arbeiteten im letzten Jahr noch 2.100 Jungen und Mädchen. Bei den Vertragsverhandlungen für die im Juli einsetzende neue Pflanz-Saison drang BAYER darauf, auf die Einstellung von Kindern zu verzichten. Ob das nur eine symbolische Aktion war, oder BAYER bei den Geschäftspartnern auch wirkliche Kontrollen durchführen wird, dürften die nächsten Monate zeigen.

Australien: GENE ETHICS schreibt Regierung
In Australien gibt es massive Proteste gegen Freisetzungsversuche von BAYER. So hat die Initiative GENE ETHICS die australische Regierung in einem Brief aufgefordert, dem Gen-Giganten keine weiteren Genehmigungen für Tests zu erteilen. Da nach Landesgesetz vorbestrafte Personen oder Körperschaften keinen Zugang zu Risiko-Technologien erhalten, müsste einem Konzern, der „in allen Teilen der Welt Gesetze zum Schutz der Bevölkerung gebrochen hat“, die praktische Erprobung der „grünen Gentechnik“ verwehrt bleiben, schreibt GENE ETHICS.

Kein Gen-Raps in Australien
BAYER und MONSANTO beabsichtigten in Australien auf einer Fläche von 5.000 Hektar einen Freisetzungsversuch mit Gen-Raps durchzuführen und die Ernte auch gleich zu verkaufen (Ticker 1/04). Die Behörden erlaubten nach Protesten von LandwirtInnen und anderen Gentechnik-GegnerInnen jedoch nur einen Anbau auf einer 450 Hektar großen Fläche und untersagten eine Vermarktung des Gen-Rapses. Damit wollte der Gen-Gigant sich nicht abfinden und erklärte vorerst seinen Verzicht auf weitere Tests mit genetisch manipuliertem Raps.

Gentechnik-Proteste auf den Philippinen
Das philippinische ANARCHO ACTIVIST MOVEMENT hat in Manila vor der dortigen BAYER-Zentrale gegen die Gentechnik-Aktivitäten des Konzerns protestiert.

Protest gegen Freisetzungsversuch
Am 24 Juli 2004 führten Gentechnik-Gegner vor einem BAYER-Versuchsfeld mit gentechnisch manipulierten Kartoffeln in Berge (Prignitz) eine Demonstration durch. Zu den Protesten aufgerufen hatten das BARNIMER AKTIONSBÜNDNIS GEGEN GENTECHNIK und die BUNDJUGEND BRANDENBURG (siehe auch SWB 3/04).

BUKO kritisiert Bundesregierung
Der von der Welthandelsorganisation WTO geschlossene TRIPS-Vertrag zum Schutz des geistigen Eigentums verhindert die Versorgung der armen Länder mit erschwinglichen Medikamenten, weil der 20 Jahre geltende Patentschutz die Preise hochtreibt und die Produktion von Nachahmer-Produkten unterbindet. Auch der 2003 bei der letzten WTO-Runde in Cancun ausgehandelte Kompromiss, der es den „Entwicklungsländern“ in medizinischen Notfall-Situationen gestattet, per Zwangslizenzen die Versorgung mit den benötigten Arzneien sicherzustellen, hat diese Situation nicht verändert. Bisher ist es nämlich trotz großer Bemühungen noch keinem Land des Südens gelungen, dieses Instrument für sich zu nutzen, da es ihnen nicht gelang, die mit der Ausnahme-Regelung verbundenen bürokratischen Hürden zu überwinden. Trotzdem tritt die Bundesrepublik dafür ein, den in Cancun nur als Übergangslösung angesehenen Notfall-Paragrafen fest im TRIPS-Vertragswerk zu verankern. Dies stieß auf scharfen Widerstand der BUKO-PHARMAKAMPAGNE. Sie fordet, „den TRIPS-Vertrag schnellstens zu ändern - und zwar so, dass gerade die armen Länder von ihren Rechten Gebrauch machen und so das Menschenrecht auf Zugang zu unentbehrlichen Arzneimitteln umsetzen können“.

Kampagne für das Chemie-Gesetz
Das EU-Chemikaliengesetz, nach dem BAYER & Co. Tausende niemals getestete chemische Substanzen erstmals auf ihre gesundheitsschädlichen Wirkungen hin untersuchen müssen, ist noch immer massivem Druck von seiten der Unternehmen ausgesetzt. Nunmehr versuchen sie, bei der länder-spezifischen Umsetzung weitere Aufweichungen durchzusetzen. Deshalb haben europäische Umwelt-Gruppen wie GREENPEACE und FRIENDS OF THE EARTH die online-Kampagne „Chemical Reaction“ gestartet. Vor der Europawahl am 13. Juni forderten sie EU-PolitikerInnen auf, sich zu der neuen Regelung zu bekennen. Auch die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte sich an der Aktion. Sie versandte Schreiben an die ParlamentarierInnen und streute den Musterbrief über ihren internationalen Verteiler.

CBG sammelt 12.000 Unterschriften
12.000 Unterschriften gegen gen-manipulierte Lebensmittel hatte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) bis Ende Juni gesammelt. Am 2. Juli überreichten zwei CBG-Vertreter diese Herta Däubler-Gmelin, der Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Landwirtschaft und Ernährung (siehe auch SWB 3/04).

Pestizid-Moratorium in Frankreich
In Frankreich ist die Ausbringung von BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel GAUCHO in Mais-Kulturen wegen seiner Gefährlichkeit für Bienen seit diesem Jahr verboten (Ticker 2/04). Die ImkerInnen erreichten aber noch mehr: Der französische Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard erließ ein bis Ende 2005 geltendes Zulassungsmoratorium für neue Ackergifte. Zudem müssen BAYER & Co. künftig in den Genehmigungsverfahren für jedes Pestizid die Bienenverträglichkeit nachweisen.

Gemeinsame GAUCHO-Presseerklärung
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat gemeinsam mit dem NATURSCHUTZBUND (NABU) und dem „Berufsimkerbund“ eine Presseerklärung zum Thema „GAUCHO“ veröffentlicht. Darin forderten die Verbände Verbraucherschutz-Ministerin Renate Künast auf, den Vertrieb des in Frankreich wegen seiner bienenschädigenden Wirkung unlängst verbotenen BAYER-Saatgutbehandlungsmittel auch in der Bundesrepublik zu untersagen.

Einsatz für Naturheilverfahren
Die Gesundheits„reformerInnen“ haben viele Naturheilverfahren aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen, damit mehr Geld für die Pillen von BAYER & Co. übrig bleibt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) hat gegen diesen Schritt mit einer Eingabe an die EU-Kommission protestiert.

Werkserweiterung genehmigt
Nicht nur in Krefeld, sondern auch in Brunsbüttel plant BAYER einen Ausbau der Kunststoff-Produktion, der mit einem erhöhten Verbrauch des Ultra-Giftes Phosgen verbunden ist. Allerdings hatten Initiativen dort Gelegenheit, im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung Einspruch gegen das Bau-Vorhaben zu erheben, was der BUND FÜR UMWELT- UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND (BUND) und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) auch getan haben (Ticker 1/04). Letztendlich genehmigten die zuständigen Stellen die Werkserweiterung aber doch. Immerhin gingen sie in der Begründung ihrer Entscheidung auf 60 Seiten ausführlich auf die Bedenken von BUND und CBG ein.

BAYER raus aus „Global Compact“!
Mit BAYER, DAIMLER/CHRYSLER, SHELL und 47 anderen Global Playern unterzeichnete UN-Generalsekretär Kofi Annan Ende Juli 2000 in New York den „Global Compact“, eine unverbindliche Vereinbarung zur Umsetzung internationaler Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards (Ticker 4/00). Im Gegenzug berechtigt die Unterschrift BAYER & Co., mit dem UN-Emblem für Konzern-Produkte zu werben. Darüber hinaus sicherte Kofi Annan den Multis Unterstützung bei ihrer Forderung nach einer weiteren Liberalisierung des Welthandels zu. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Initiativen haben gegen diese Liason der UNO mit den Multis in der Vergangenheit bereits scharf protestiert. Anlässlich eines Treffens der „Global Compact“-Teilnehmer erneuerte die internationale Sektion des PESTIZID-AKTIONS-NETZWERKES (PAN) diese Kritik. PAN INTERNATIONAL forderte, den Leverkusener Chemie-Konzern wegen seiner unverantwortlichen Vermarktung von Mensch, Tier und Umwelt gefährdenden Pestiziden aus dem „Global Compact“ auszuschließen.

CBG auf „Eliten“-Konferenz
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gehörte zu den Mitveranstaltern der Konferenz „Wie neoliberale Eliten die Demokratie unterhöhlen“. Die von der BEWEGUNGSSTIFTUNG organisierte Veranstaltung fand vom 26. bis 27. Juni in Frankfurt statt. CBG-Geschäftsführer Philipp Mimkes bot dort die beiden Workshops „Umgang der Wirtschaft mit Kritik und Protest“ und „Watchdogs und ihre Rolle“ an, die unter den 130 Konferenz-TeilnehmerInnen regen Zuspruch fanden.

Datenschützer gegen Tests
BAYER führt bei Lehrstellen-AnwärterInnen Drogen-Tests durch. Für diesen Einbruch in die Intimsphäre erhielt der Leverkusener Chemie-Multi im Jahr 2002 den „BigBrotherAward“. Auch bei dem Vorsitzenden der „Deutschen Vereinigung für Datenschutz“, Dr. Thilo Weichert, stößt diese Praxis auf Kritik. In einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau schreibt er: „Dass Drogen-Screenings zur Verbesserung der Arbeitssicherheit beitragen, konnte bis heute statistisch nicht nachgewiesen werden. Diese Screenings wirken aber selektiv und diskriminierend. Ihr Effekt liegt in der Disziplinierung besonders der einfachen Mitarbeiter bis hinein in den Bereich ihres Privatlebens“. Die bei BAYER und anderen Chemie-Unternehmen schon üblichen Gentests (Ticker 2/03) zur Aussortierung bestimmter MitarbeiterInnen bezeichnete Weichert als Aufbruch in eine gesundheitsspezifische Klassengesellschaft.

Verbraucherzentralen kritisieren Pillen-Tests
Zwischen 1998 und 2001 hat die US-Gesundheitsbehörde FDA BAYERs LIPOBAY und neun weitere Medikamente wegen gefährlicher Nebenwirkungen vom Markt genommen. Bei den klinischen Erprobungen haben die Konzern-PharmakologInnen diese nicht festgestellt - oder feststellen wollen. Thomas Isenberg vom Bundesverband der Verbraucher-Zentralen kritisierte die Arznei-Tests deshalb. „Die Fall-Zahl ist zu klein, um seltene Nebenwirkungen zu erkennen. Außerdem sind die Probanden tendenziell jünger und weniger krank als die Patienten, die das Mittel dann wirklich nehmen“, so Isenberg. Er forderte entsprechende Veränderungen und sprach sich darüber hinaus dafür aus, neu zugelassene Präparate mit dem Hinweis zu versehen, etwaige unerwünschte Arznei-Effekte umgehend einer/m MedizinerIn mitzuteilen.

Demonstration für mehr Lohn
Im Rahmen der Tarif-Auseinandersetzungen in der Chemie-Industrie (s. u.) haben am 13. Mai 250 Leverkusener BAYER-Beschäftigte vor dem Werk demonstriert. In einer symbolischen Aktion banden sie ihre „letzten Hemden“ aneinander, was einen 500 Meter langen Kordon ergab, um ihrer Forderung nach angemessenen Lohn-Erhöhungen Ausdruck zu verleihen.

AKTION & REAKTION

Brief aus Dänemark
Seit Jahren kritisiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Unterschiede in Bezug auf Umweltschutz, Arbeitssicherheit und ArbeitnehmerInnen-Rechte, die an den verschiedenen BAYER-Standorten rund um den Globus herrschen. Dazu erreichte sie jetzt ein Brief eines Labor-Inspektors aus Dänemark. „Dank für eure großen Bemühungen, die doppelten Standards der multinationalen Konzerne zum Thema zu machen. Gier ist der Hauptantrieb bei ihren globalen Unternehmungen“, schrieb er.

CBG rettet Leben
Immer wieder informiert die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) die Öffentlichkeit über die Gefahr bestimmter ALKA-SELTZER-Arten und anderer Erkältungsmittel, die wegen des Wirkstoffes Phenylpropanolamin (PPA) das Schlaganfall-Risiko erhöhen. Über den internationalen Verteiler gelangte die Nachricht zu einem indischen Aktivisten. Er verbreitete sie über seine regelmäßige Verbraucherschutz-Kolumne weiter und erhielt folgenden Dankesbrief: „Es dürfte sie interessieren, dass ihr Artikel möglicherweise ein Leben gerettet hat. Eine 80-Jährige, die ihren Artikel über die Pharma-Lobby gelesen hatte, bevor ihr Doktor ihr ein Erkältungsmittel verordnete, realisierte, dass es PPA enthielt (...) Ihr, einer Bluthochdruck-Patientin!(...)“

KAPITAL & ARBEIT

Magere Tarif-Erhöhung
Offiziell haben sich die IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) und die Unternehmensverbände auf eine Tarif-Erhöhung von 2,1 Prozent geeinigt. Unter dem Strich kommt jedoch eine weit geringere Steigerung zustande. Die Laufzeit des Vertrages beträgt nämlich 13 Monate und beinhaltet einen vorgeschalteten „Leermonat“. Zusammen mit der vereinbarten Einmalzahlung, die nicht in die Tarifsätze eingeht und somit als Grundlage für aufbauende Berechnungen wegfällt, beträgt das Entgelt-Plus so gerade mal 1,5 Prozent. Darüber hinaus hat die IG BCE einer Aushöhlung der Tarif-Autonomie zugestimmt. Die einzelnen Betriebe können Vereinbarungen des Abschlusses einfach aufheben. Der lautstarken Forderung von BAYER & Co. nach Preisgabe des Tarifrechts wurde damit ein erster Erfolg beschert - ohne jeden Kampf.

Neuer „Beschäftigungspakt“
Der Betriebsrat hat der Trennung vom Chemie-Geschäft nur unter der Bedingung zugestimmt, dass BAYER einen „Beschäftigungspakt“ schließt und weniger Arbeitsplätze abbaut als geplant. Mitte Juli 2004 beendeten Betriebsrat und Geschäftsleitung die Verhandlungen. Nach der neuen, auch für LANXESS geltenden Vereinbarung verzichtet der Konzern bis 2007 auf betriebsbedingte Kündigungen sowie den Abbau von 1.000 Arbeitsplätzen und verpflichtete sich, jährlich 875 Ausbildungsstellen anzubieten. Den Erhalt der Jobs finanziert allerdings die Belegschaft. Sie nimmt eine Reduzierung der leistungs- und erfolgsabhängigen Sonderzahlungen in Höhe von 10 Millionen Euro hin und alimentiert so die Weiterbeschäftigung der 1.000 KollegInnen als SpringerInnen im konzern-internen „Service-Pool“. Der Betriebsratsvorsitzende Erhard Gipperich war mit dem Ergebnis zufrieden. „Wir haben alles erreicht, was wir wollten“, erklärte er.

Schlechte Zeiten für LANXESS
BAYER hat sich von Teilen des Chemie-Geschäfts getrennt und dafür die eigenständige Gesellschaft LANXESS gegründet. Das Unternehmen wird der viertgrößte Chemie-Konzern in der Bundesrepublik. Es beschäftigt 20.000 MitarbeiterInnen und verfügt über 52 Standorte in 21 Ländern. LANXESS bietet hauptsächlich Chemikalien für den Massen-Bedarf an wie z. B. Kunststoffe, Kautschuk, Fasern, Leder-, Textil- und Papier-Chemikalien sowie Materialschutz-Produkte. Eine hohe Gewinn-Spanne versprechen sie nicht, deshalb stehen BAYERs Reste-Rampe harte Zeiten bevor. „30 Prozent der Geschäfte von LANXESS haben keine strategisch haltbare Position, keine Top-Position“, urteilt das Vorstandsmitglied Ulrich Koemm und kündigt Schließungen und Verkäufe an. Viele Beschäftigte dürften also ihren Job verlieren, spätestens wenn der betriebsbedingte Kündigungen ausschließende „Beschäftigungspakt“ im Jahr 2007 ausläuft.

BAYER & Co. für Hartz-Gesetze
Der „Bundesarbeitgeber-Verband Chemie“ (BAVC) hat die Hartz-Gesetze begrüßt und sich gegen die auf vielen Demonstrationen erhobenen Forderungen nach Lockerung der Zumutbarkeitskriterien und Einführung eines Mindestlohnes ausgesprochen. Nur „absolute Minderheiten“ beteiligten sich nach Meinung des BAVC-Geschäftsführers Hans Paul Frey an den Protest-Aktionen. Aber BAYER & Co. geht der Sozialabbau nicht weit genug. Die Sozialhilfe-Sätze sind Frey zufolge „immer noch zu hoch“. Zudem sprach er sich für eine Lockerung des Kündigungsschutzes und eine Einschränkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aus. Nur der Punkt „40-Stunden-Woche“ fehlte in dem Horror-Katalog - da die Chemie-Tarifverträge sowieso Arbeitszeit-Korridore von 35 bis 40 Stunden (und Entgelt-Korridore mit der Möglichkeit von Lohn-Kürzungen bis zu zehn Prozent) vorsehen, sieht Frey hier momentan keinen Handlungsbedarf.

Mitbestimmung gerät unter Druck
Die Mitbestimmung gerät von verschiedenen Seiten unter Druck. Der BDI-Vorsitzende Michael Rugowski bezeichnete sie als „als bürokratisches Monstrum“. Theodor Baums von der „Corporate Governance“-Kommission sieht in ihr einen Grund für die schlechtere Bewertung bundesdeutscher Holdings auf den internationalen Finanzmärkten. Und Roland Wolf von der „Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände“ befürchtet Nachteile für hiesige Unternehmen durch das geplante europa-weite Unternehmensrecht. Dieses schreibt nämlich bi-nationalen Firmen vor, die Mitbestimmungsregelung des Landes zu übernehmen, das den MitarbeiterInnen die meisten Rechte einräumt. „Das macht eine deutsche Beteiligung als größerer Partner eher unwahrscheinlich und deutsche Unternehmen damit strukturell fusionsunfähig“, so Wolf. Das Kapital nutzt also die viel beschworene „Globalisierung“, um die eh schon bescheidenen Mitsprache-Möglichkeiten von Belegschaften als Standort-Nachteil darzustellen.

Weniger Jobs bei BAYER CROPSCIENCE
BAYER CROPSCIENCE will die Nr. 1 der Agro-Branche werden und die Umsatz-Rendite von derzeit 19 Prozent auf 26 Prozent steigern. Dies soll vornehmlich durch Rationalisierungsmaßnahmen geschehen. Jetzt nehme man die Kosten unter die Lupe, wobei auch Standorte und Personalstärken auf den Prüfstand kämen, kündigte CROPSCIENCE-Chef Friedrich Berschauer an.

Nur noch 115.400 BAYER-Beschäftigte
Der Leverkusener Chemie-Multi hat in den letzten Jahren über 20 Prozent der Arbeitsplätze in den Werken vernichtet. Betrug die Anzahl der Beschäftigten 1994 noch 146.700, so sank sie bis Ende 2003 auf 115.400. Mit der beabsichtigten Abspaltung von Teilen des Kunststoff-Geschäfts und der Chemie-Sparte dürfte die Belegschaft bald auf unter 100.000 MitarbeiterInnen sinken.

Noch weniger Jobs in Brunsbüttel
BAYER betreibt am Brunsbütteler Standort eine massive Arbeitsplatzvernichtung. Zusätzlich zu den bis Ende Juli angekündigten Streichungen von 156 Jobs will der Chemie-Multi noch weitere 300 der ursprünglich 950 Stellen abbauen. Damit halbiert sich die Belegschaft binnen eines Jahres annähernd. Als Gründe nannte der BAYER-Vorstand die schlechte Konjunktur in Europa und die harte Konkurrenz aus Asien. Auch die Standort-Politik der Landesregierung, die unter anderem zu hohen Subventionen für die im Bau befindliche Öl-Pipeline zwischen Stade und Brunsbüttel führte, hat diesen Aderlass nicht verhindern können. Dem Brunsbütteler Bürgermeister Wilfried Hansen war diese allerdings noch nicht chemie-freundlich genug. Er machte neben Fehlern der BAYER-ManagerInnen die angeblich durch die Öko-Steuer und Umweltgesetze verursachten schlechten Rahmenbedingungen für den Wegfall der Arbeitsplätze verantwortlich. Der Betriebsratsvorsitzende Hans-Joachim Müller verzichtete gänzlich auf Konzern-Kritik: „Die Kosten sind hoch, also muss Personal gespart werden“.

BAYER macht Hattersheim dicht
Vor der Übernahme durch BAYER unterhielt AVENTIS CROPSCIENCE ein Vertriebsbüro in Hattersheim mit 70 MitarbeiterInnen. Im Zuge der Integration der beiden Agro-Sparten reduzierte der Leverkusener Chemie-Multi jedoch die Zahl der Vertriebsagenturen von vier auf drei. Hattersheim starb einen Tod auf Raten, bis BAYER CROPSCIENCE-Geschäftsführer Martin Gruß das endgültige Aus verkündete: „Wir haben die Nutzung am 1. März aufgegeben“. Der Konzern hielt es nicht einmal für angebracht, die Kommune über ihre Schließungspläne zu informieren, was den Bürgermeister Hans Franssen zu einer harschen Kritik an den Umgangsformen des Pillen-Riesen bewog.

BAYER macht Goch dicht
Der Leverkusener Chemie-Multi schließt das Garn-Veredlungswerk in Goch, nachdem er dort in der Vergangenheit schon massiv Jobs gestrichen hat. 165 Arbeitsplätze vernichtet der Konzern durch diese Maßnahme. Nur ein geringer Teil der Belegschaft kann darauf hoffen, in der Dormagener Faser-Produktion eine neue Beschäftigung zu finden.

Werksschließung in Brasilien
Wie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) erst jetzt erfuhr, hat BAYER im Jahr 2002 am brasilianischen Standort Camacari die Kunststoff-Werke geschlossen.

Neue Pensionskasse
BAYER gründet für neu eingestellte MitarbeiterInnen eine gesonderte Pensionskasse und lässt die bestehende langsam auslaufen. Die größte bundesdeutsche Betriebsrenten-Kasse hatte in der Vergangenheit durch wenig glückliche Investments und sinkende Aktien-Kurse ein Vermögen im Wert von 296 Millionen Euro vernichtet. Wenn das letzte Mitglied gestorben ist, wickelt das Unternehmen sie ab. Während der Konzern in die alte Betriebrenten-Kasse vier Prozent des Bruttogehaltes der Beschäftigten als Arbeitgeber-Anteil einzahlt, beläuft sich sein Beitrag zur neuen nur noch auf zwei Prozent. Zudem plant der Chemie-Multi, die Pensionskasse auch für Dritte zu öffnen.

Beschäftigte denken, BAYER kassiert
Die Verbesserungsvorschläge von Belegschaftsangehörigen rechneten sich für BAYER weit mehr als für die Kreativen selber. Allein die Umsetzung der Hälfte der 17.000 MitarbeiterInnen-Ideen brachte dem Leverkusener Chemie-Multi im ersten Jahr ihrer Realisierung einen Rationalisierungsgewinn von über 8,8 Millionen Euro ein. Den ErfinderInnen zahlte er für den Zugriff auf ihr geistiges Eigentum aber insgesamt nur 3,7 Millionen Euro an Prämien. Zudem nutzt der Konzern das betriebliche Vorschlagswesen, um eine Hitliste der kreativsten BAYER-Standorte zu erstellen, was die Konkurrenz unter den Belegschaften der verschiedenen Niederlassungen schürt.

BAYER zahlt einen Bonus
Seit geraumer Zeit richten sich die Bonus-Zahlungen bei BAYER nach dem Betriebsergebnis und einer Leistungsbeurteilung durch den jeweiligen Vorgesetzten. Da die Geschäftszahlen nach Meinung des Vorstandes zu schlecht ausfielen, zahlte der Leverkusener Chemie-Multi anno 2003 keine Sonder-Prämien. In diesem Jahr schüttete er für die 34.000 MitarbeiterInnen der AG gerade mal 39 Millionen Euro aus. In der Vergangenheit hatte es wegen ungerechter Bewertungen immer wieder Einsprüche gegeben. Der Betriebsratsvorsitzende Erhard Gipperich und die KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN FÜR EINE DURCHSCHAUBARE BETRIEBSRATSARBEIT, eine Gruppe alternativer GewerkschaftlerInnen im Leverkusener BAYER-Werk, kritisierten besonders, dass die unteren Einkommensgruppen durchweg eine schlechtere Benotung erhielten als ihre KollegInnen in den mittleren oder höheren Gruppen.

ERSTE & DRITTE WELT

Imperialistische Tropen-Medizin
Nach allgemeiner Vorstellung befasst sich die Tropen-Medizin mit Krankheiten, die Menschen in den armen südlichen Ländern befällt. Sie verdankt ihre Entstehung aber keinesfalls der reinen Menschenliebe, wie der Pharma-Brief Spezial 2/2004 herausstellt. „Tropenforschung ist ein Mittel der imperialistischen Politik“, zitiert die Publikation die vom britischen Minister J. Chambalain 1898 bei der Eröffnung des Tropen-Institutes gesprochenen Worte. Die Tropen-Medizin war vor allem eine Medizin für Weiße. Sie sollte die Kolonial-Truppen besser vor Krankheiten wie Malaria schützen, die mehr Tote forderte als die Kampfhandlungen. Die Pharma-Forschung von BAYER spielte deshalb eine wichtige Rolle für die deutsche Kolonial-Politik. Noch lange nach dem Scheitern der Suche „nach dem Platz an der Sonne“, widmeten sich WissenschaftlerInnen des Leverkusener Chemie-Multis der Entdeckung von Heilmitteln gegen Tropen-Krankheiten und entwickelten 1934 mit Chloroquin ein Mittel gegen Malaria. Sie begriffen sich als Patrioten, die mit ihrer Arbeit unterstreichen wollten, dass ihr Land den Anspruch auf Kolonien keinesfalls aufgegeben habe. Erst als Deutschland diese Träume endgültig begraben musste, gab der Pharma-Riese auch seine tropenmedizinische Abteilung auf. Inzwischen haben die Malaria-Erreger längst Resistenzen gegen Chloroquin und ähnliche Stoffe entwickelt, aber die eine Million jährlich an Malaria sterbenden Menschen interessierte den Konzern über Jahrzehnte hinweg herzlich wenig, weil die Länder der „Dritten Welt“ keinen lukrativen Absatzmarkt darstellten. Erst in jüngster Zeit nahm er die Forschungen wieder auf und kündigte für 2005 das Malaria-Medikament ARTEMISONE auf Basis der chinesischen Heilpflanze Artemisia annua an. Aber nur großzügige Subventionen von seiten der Weltgesundheitsorganisation WHO und privater Spender wie Bill Gates sowie Aussichten auf einen Image-Gewinn haben BAYER zu diesem Schritt bewegen können.

IG FARBEN & HEUTE

Kein Geld für ZwangsarbeiterInnen
Am 27. Mai hat die Insolvenz-Verwalterin der IG FARBEN einen Zwischenbericht vorgelegt. Angelika Amend zufolge verfügt der 1925 unter anderem von BAYER, BASF und HOECHST gegründete und seit 1945ff in Abwicklung befindliche Mörder-Konzern über liquide Mittel in Höhe von 21.000 Euro; die Schulden belaufen sich auf ein Vielfaches dieser Summe. Die verschiedenen Liquidatoren haben den Konzern also derartig ausgeplündet, dass für die ZwangsarbeiterInnen kein Geld mehr übrig ist. Amend hatte im Verlaufe des Insolvenz-Verfahrens angekündigt, die Ansprüche der ehemaligen Sklaven-ArbeiterInnen wohlwohlend zu prüfen, weshalb einige GläubigerInnen - allerdings erfolglos - ihre Ablösung betrieben.

IG spendete 40 Mio. für Hitler
Die IG FARBEN hat die NSDAP insgesamt mit Spenden in Höhe von 40 Mio. Reichsmark unterstützt. Eine Investition, die sich lohnte: Die IG produzierte 18 kriegswichtige Stoffe für das Regime und lieferte mit Zyklon B das Gift für die Gaskammern. Görings Vierjahresplan bescherte dem Mörder-Konzern Jahr für Jahr hohe Zuwachsraten. Der Großkunde „NS-Staat“ erteilte der IG FARBEN allein zwischen 1936 und 1942 Aufträge im Wert von 4,3 Milliarden Reichsmark.

POLITIK & EINFLUSS

Verheugen für BAYER
Im Zuge der Opposition gegen das EU-Vorhaben, BAYER & Co. erstmals Chemikalien auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin überprüfen zu lassen, haben die Konzerne so erfolgreich PolitikerInnen für ihre Interessen mobilisieren können, dass die Industrie-Politik der Europäischen Union unter dem neuen Kommissionschef Jose Manuel Durao Barroso ein deutlich stärkeres Gewicht bekommt. Im Jahr 2003 hatte Wolfgang Clements Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch geheime Gespräche mit französischen und britischen RegierungsvertreterInnen geführt. Am Ende stand die „Koalition der Industrie-Länder“ - eine Übereinkommen der wirtschaftlich leistungsfähigsten EU-Staaten, die Vorstellungen der Unternehmen künftig noch stärker zu berücksichtigen. Diese den Zielen von Lissabon, wonach die EU bis 2010 zum „wettbewerbfähigsten Wirtschaftsraum der Welt“ werden soll, verpflichtete Dienstleistungspolitik mündete in der Forderung Schröders nach einem Super-Kommissar für die Wirtschaft. Einen Kandidaten für den Posten wusste er auch schon: Günter Verheugen. Der Bundeskanzler hat dieses Programm weitgehend durchgesetzt. In seiner künftigen Rolle als Industrie-Kommissar hat Verheugen die Macht, Gesetzespläne z. B. in den Bereichen „Umwelt“ und „Verbraucherschutz“ hinsichtlich ihrer möglicherweise negativen Folgen für BAYER & Co. zu kontrollieren. Und da die Chemie-Politik Ausgangspunkt zur Schaffung des neuen Postens war, untersteht Verheugen auch die Chemikalien-Agentur, welche die Tests und Registrierung der Chemie-Gifte überwacht. Schröder konnte zufrieden sein. Mit Verheugen sitze der künftig einzige deutsche Vertreter in der EU-Kommission mehreren Kommissaren vor, die alle mit Fragen der Wettbewerbsfähigkeit zu tun hätten. Dies sei eine „ganz herausgehobene Position“, so der Kanzler. Der „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) teilte seine Begeisterung ebenso wie der DGB-Chef Michael Sommer. Nicht nur darum dürften für die Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz-Politik schlechtere Zeiten anbrechen, sondern auch, weil der neue Umwelt-Kommissar Stavros Dimas mit der Umwelt bisher nicht viel am Hut gehabt hat. „Sein wirtschaftsnaher Hintergrund lässt vermuten, dass er auch in der Umweltpolitik zurückhaltender sein wird als Wallström (seine Vorgängerin, Anm. Ticker), schreibt die Faz.

Schröder bei BAYER
Im Oktober 2003 hat der Leverkusener Chemie-Multi seine Berliner Repräsentanz am Pariser Platz in unmittelbarer Nähe zum Regierungsviertel eingeweiht. Die offizielle Eröffnung fand am 11. Mai statt. 350 Bundes- oder Landtagsabgeordnete, Partei-VertreterInnen, BotschaftlerInnen und Wirtschaftsbosse folgten der Einladung des Konzerns. Stargast war Bundeskanzler Schröder. „Wir nehmen das Angebot zu Gesprächen gerne an, um die Erfahrung von BAYER in die politische Diskussion einfließen zu lassen“, sagte er und gab sich kämpferisch: „Wir wollen in der Forschung wieder zur Weltspitze aufschließen bzw. dort verteidigen, wo wir führend sind. Wir in Deutschland haben das Potenzial - und BAYER allemal. Die Strategie des Unternehmens ist Erfolg versprechend und für mich nachvollziehbar“. BAYER-Chef Werner Wenning ließ in seiner Rede keinen Zweifel an Sinn und Zweck des Verbindungsbüros. „Wir bei BAYER verstehen uns als Bestandteil der Gesellschaft und sehen es daher als unsere Pflicht, uns in die gesetzgeberischen Entscheidungsprozesse einzubringen“. Und dieses „Einbringen“ trug auch bei der Veranstaltung Früchte. Schröder versprach Mithilfe bei der weiteren Verwässerung des EU-Chemikaliengesetzes, das tausende niemals geprüfte Substanzen erstmals auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchen will. „Die Richtlinie ist nicht in einer Verfassung, die wir unterschreiben könnten. Wir werden auch weiterhin in Brüssel jene Argumente vertreten, die wir für richtig halten“, so der Bundeskanzler.

Vertragsunterzeichnung mit Schröder
Aus Anlass des Staatsbesuches von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao im Mai 2004 fand in Berlin das deutsch-chinesische Hochtechnologie-Dialogforum statt. Dieses nutzte BAYER öffentlichkeitswirksam als Rahmen, um im Beisein von Bundeskanzler Schröder und Wen Jiabao mit der SHANGHAI CHEMICAL INDUSTRY PARK COOPERATION den Vertrag zum Bau einer neuen Lackrohstoff-Anlage zu unterzeichnen (siehe auch STANDORTE & PRODUKTION). Mit Protesten gegen Menschenrechtsverletzungen in China störten politische AktivistInnen die feierliche Prozedur.

BAYER mobilisiert gegen Chemie-Gesetz
Unermüdlich arbeitet BAYER an einer weiteren Aufweichung des Chemikalien-Gesetzes der EU, das die VerbraucherInnen besser vor giftigen Substanzen schützen will. Die Konzern-Abteilung „Governmental & Product Affairs“ (GPA) lud in Straßburg zum „Parlamentarischen Abend“. 20 bundesdeutsche EU-Abgeordnete, darunter der Vize-Präsident des Europäischen Parlaments, Ingo Friedrich, und - wieder einmal - der christdemokratische Umweltpolitiker Karl-Heinz Florenz. Der lieferte seinem Gastgeber dann auch die gewünschten zitierfähigen Aussagen. „Bei der weiteren Diskussion ist es mit einem bloßen Drehen an den Stellschrauben nicht getan - diese Verordnung muss komplett überarbeitet werden“, so Florenz.

Steinbrück fördert Gentechnik
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück steht seinem Vorgänger Wolfgang Clement bei der Förderung der Biotechnologie in nichts nach. Er bezeichnete die Gentechnik als der Mikroelektronik vergleichbare Schlüssel-Technologie und kündigte die Einrichtung von Netzwerken in den Bereichen „Biomaterialien/Medizintechnik“ und „Genomforschung/Gentechnik“ an. Der Stammzellen-Forscher Oliver Brüstle von der BAYER in vielfältiger Weise verbundenen Universität Bonn (siehe SWB 2/02) bedankte sich dann auch artig für die bisherigen Zuwendungen. Darüber hinaus finanzierte das Land die vom 12. bis 15. September in Köln stattfindende ABIC, die weltweit größte Gentechnik-Konferenz, vor der die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) gemeinsam mit anderen Initiativen zahlreiche Gegen-Aktionen durchführen will.

„Konvent für Deutschland“ mit Schneider
Die taz zählt den ehemaligen BAYER-Chef Manfred Schneider zu den einflussreichsten Männern im bundesdeutschen Wirtschaftsleben. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender bei BAYER und LINDE und hat einen Sitz in den Kontroll-Gremien von ALLIANZ, DAIMLER CHRYSLER, METRO, RWE und TUI. Zudem gehört Schneider dem „Konvent für Deutschland“ an, wo er sich in der zweifelhaften Gesellschaft von Otto Graf Lambsdorff, Roman Herzog und Klaus von Dohnanyi befindet. Mitte August 2004 kritisierte der Konvent die Arbeit der Bund/Länder-Kommission zur Reform des Föderalismus. Da er in dem Vorhaben eine große Chance zur weiteren institutionellen Verankerung des Neoliberalismus sieht, gehen ihm die bisher geplanten Deregulierungen nicht weit genug. Schneider & Co. fordern unter anderem, den Länderfinanz-Ausgleich zu kippen und die Anzahl der Gesetze, denen der Bundesrat zustimmen muss, drastisch zu senken.

BAYER & Co. gegen Steuer-Pläne
Die Bundesregierung plant Veränderungen im Steuer-Recht. Sie will das Betriebsausgaben-Abzugsverbot erweitern, das Außensteuer-Recht und die Bestimmungen zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung verändern sowie eine Mindestbesteuerung einführen. 1,5 Milliarden Mehr-Einnahmen erwarten die ExpertInnen. BAYER & Co. kritisieren das Vorhaben, besonders die Aussicht, mindestens die Hälfte ihres Gewinns versteuern zu müssen, behagt ihnen nicht. „Die Wirtschaft lehnt eine Mindestbesteuerung für die Einkommens- und Körperschaftssteuer entschieden ab“, erklärten die Unternehmensverbände bei einer Anhörung des Finanzausschusses. Deshalb dürfte es wieder einmal „Nachbesserungen“ in ihrem Sinne geben.

Bush trifft BAYER & Co.
DieWahlkampf-Spenden des Leverkusener Chemie-Multis für George W. Bush in Höhe von 120.000 Dollar erwiesen sich als lohnende Investition (siehe auch Ticker 2/03). Nach einer jetzt veröffentlichten Untersuchung des ENVIRONMENTAL HEALTH FUND traf sich Bush gleich nach seinem „Wahlsieg“ mit den Konzernen, um ihre Wunschliste abzuarbeiten. Ganz oben stand das Anliegen, die Chemikalien-Gesetzgebung der EU zu stoppen. Also startete die Bush-Administration eine Kampagne; die Argumentationshilfen übernahm sie der Einfachheit halber 1 zu 1 aus einer Veröffentlichung des US-amerikanischen Chemie-Verbandes „American Chemical Council“. Die US-PolitikerInnen intervenierten bei der EU-Kommission sowie den Regierungen der einzelnen Länder und forderten anndere Staaten auf, es ihnen gleichzutun. Zudem wies Außenminister Colin Powell die US-Botschaften an, gegen das Vorhaben zu protestieren. Es kam auch zu Treffen zwischen VertreterInnen der US-Umweltbehörde EPA, Unternehmen und Ministeriumsangehörigen, auf denen unter anderem die Idee zu dem gemeinsamen Positionspapier von Bundesregierung, „Verband der Chemischen Industrie“ und IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE) entstand (siehe auch Ticker 3/03). Die Amtshilfe aus den USA hat nach Einschätzung des ENVIRONMENTAL HEALTH FUND eine wesentlichen Anteil an den Verschlimmbesserungen des Chemie-Gesetzes gehabt.

BAYER-Gutachter EU-Experte
Die Europäische Kommission hat einen ExpertInnen-Rat berufen, der bestimmen soll, ab welcher Menge Chemie-Gifte dem Organismus schaden. Mit dabei: Der BAYER-Gutachter Helmut Greim. Der Toxikologe stand der BAYER-Tochter DESOWAG im Frankfurter Holzgifte-Prozess treu zur Seite und bescheinigte dem Gericht, der Wirkstoff Pentachlorphenol sei unschädlich. Auch in Genehmigungsverfahren für Müllverbrennungsanlagen vertrat er die Interessen der Industrie und spielte die Dioxin-Gefahr herunter. Das brachte ihm zahlreiche Jobs ein. So sitzt er der MAK-Kommission vor, welche die Höchstgrenzen für Schadstoff-Belastungen am Arbeitsplatz festlegt, und berät das Bundesumweltamt sowie das Bundesumweltministerium. Auch die EU störte sich nicht an seinem schlechten Ruf. „Jeder hat doch einen schwarzen Fleck in der Biographie“, erklärte eine Sprecherin des Verbraucherschutz- und Gesundheitsressorts. Zu allem Überfluss berief die Kommission auch noch Greims SchülerInnen Inge Mangelsdorf vom Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin und den Toxikologen Wolfgang Dekant von der Universität Würzburg in das Gremium.

Frank übernimmt Regionen-Marketing
Der Geschäftsführer der Bitterfelder BAYER-Werke, Georg Frank, übernahm Ende April den Vorsitz des „Regionen-Marketings Mitteldeutschland“.

Gen-Mais: Druck auf Mexiko
Mexiko ist das Ursprungsland von Mais, vor mehreren tausend Jahren kultivierten ihn dort die indigenen Völker. Entsprechend groß war der Schock, als WissenschaftlerInnen in mexikanischem Mais Spuren von gen-manipulierten Sorten entdeckten, die höchstwahrscheinlisch aus den USA stammten. Daraufhin entflammte die Diskussion über das geplante Gesetz für Biosicherheit neu, eine Regelung, die nach Meinung der Initiative ETC „die Verseuchung mit gen-manipulierten Produkten legalisieren, fördern und erhöhen wird“. Aber letztlich dürften sich die PolitikerInnen doch dem Druck von BAYER, DUPONT und anderen Gen-Multis beugen, die über beste Verbindungen zum Agrarministerium und zur Regierungskommission „Cibiogem“ verfügen.

BAYER-Mann VdTÜV-Vorsitzender
BAYER hat künftig bei Gutachten des Technischen Überwachungsdienstes (TÜV) zu Störfällen noch weniger zu befürchten als ohnehin schon. Neuer Vorsitzende des Verbandes der Technischen Überwachungsdienste (VdTÜV) wurde nämlich Hans-Nicolaus Rindfleisch, Chef der Abteilung für technische Überwachung im Leverkusener BAYER-Werk. Als Multifunktionär ist Rindfleisch zusätzlich noch für den „Bund deutscher Arbeitgeber“, den „Bundesverband der deutschen Industrie“, den „Verband der Chemischen Industrie“ sowie den EU-TÜV „European Comittee of User Inspectorates“ tätig.

Böhmer bei BAYER
BAYER hat in Bitterfeld die zweite Bau-Phase der Werkserweiterungen in Bitterfeld abgeschlossen und empfing zu diesem Anlass den sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer. „Heute ist ein guter Tag für BAYER, aber auch ein guter Tag für Bitterfeld“, verkündete der CDU-Politiker. BAYER-Chef Werner Wenning sah sich zum Eigenlob herausgefordert und stellte Bitterfeld als ein Beispiel für die wirtschaftliche und soziale Kompetenz des Konzerns dar, der Anfang der 90er Jahre beschlossen hätte, aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verantwortung zu investieren. In Wirklichkeit haben nicht unternehmerischer Wagemut und Altruismus zu der Entscheidung geführt, sondern die Zusage von Bund und Land, ein Drittel der Bau-Kosten zu tragen.

Britischer Konsul bei BAYER
Der britische Konsul Boyd McCleary unternahm mit 35 Mitgliedern des „British Chamber of Commerce in Germany“ eine Besichtigungstour im Leverkusener Chemie-„Park“. Steve Painter von BAYER/Großbritannien und Jürgen Hinz versuchten den EngländerInnen eine Ansiedlung von Industrie-Unternehmen auf dem Areal schmackhaft zu machen.

SPD-Bundestagsabgeordneter bei BAYER
Seit geraumer Zeit kritisieren BAYER & Co. das „Kraft/Wärme-Koppelungsgesetz“ und das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“. Die in den Paragrafen-Werken festgelegte Subvention von umweltverträglicher Strom-Produktion via Windkraft ist ihrer Meinung nach für zu hohe Energie-Preise verantwortlich. Um dieser Position Ausdruck zu verleihen, lud das Krefelder BAYER-Werk zu einer „energie-politischen Diskussion“, an der unter anderem der städtische Bürgermeister und SPD-Bundestagsabgeordnete, Dr. Bernd Scheelen teilnahm.

BAYER & Co.: MCS keine Krankheit
Die US-amerikanischen MedizinerInnen S. M. Caress und A. C. Steinemann fragten 1.582 Personen danach, ob sie empfindlich auf Chemikalien reagieren. 13 Prozent antworteten mit „Ja“, drei Prozent gaben an, unter der Multiplen Chemikalien-Empfindlichkeit (MCS) zu leiden. Als auslösenden Substanzen nannten die meisten Pestizide und Lösungsmittel. BAYER & Co. tun alles, um diesen Sachverhalt zu leugnen. Auch in dem „Informationskrieg“ des Interessensverbandes von BAYER & Co., dem „American Chemistry Council“ (ACC), gegen ein Chemie-Gesetz dürften Desinformationen zu MCS eine große Rolle spielen. Mit dem „Environmental Sensitivities Research Institute“ (ESRI) finanzieren die Konzerne eine Forschungseinrichtung, die den Krankheitscharakter von MCS schlichtweg bestreitet. Der in Diensten des ESRI stehende Psychotherapeut S. Barrett etwa rät MedizinerInnen: „Versuchen Sie zu erklären, dass Stress häufig Symptome auslöst und überzeugen Sie die Patienten, ‚mental health‘ zu suchen“. ErzieherInnen gibt er den Tip: „Gehen Sie nicht darauf ein, schadstoffarme Räume für Kinder mit MCS zur Verfügung zu stellen, (...) denn das würde falsche Signale an die Kinder über ihren Gesundheitszustand senden“. Die Chemie-Multis versuchen die Krankheit zu psychologisieren und sind deshalb bestrebt, für sie die Bezeichnung „Idiopathic Environmental Intolerances“ (IEI) durchzusetzen. Mit Erfolg: Das Umweltbundesamt hat sie in einem Forschungsbericht schon aufgegriffen. Sie bestreiten sogar den Zusammenhang von „Niedrigstdosen“ und der Entstehung von Krebs oder anderen Krankheiten. Auch bei arbeitsmedizinischen Studien wie der von der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ zu Krebs-Risiken gelang es ihnen, den Schwerpunkt von den gefährlichen Substanzen hin zu einer Untersuchung der individuellen Veranlagung zu lenken. „Die Chemie stimmt - nur der Mensch nicht“ - so lautet die Devise der Gift-Mischer.

TIERE & ARZNEIEN

ADVANTIX jetzt auch in Europa
BAYER vermarktet die in den USA schon seit 2003 erhältliche Hunde-Arznei ADVANTIX nun auch in Europa. Das verschreibungspflichtige Präparat soll gegen Zecken, Mücken und Flöhe wirken und hat es in sich. Es enthält nämlich die Nervengifte Permethrin und den GAUCHO-Inhaltsstoff Imidacloprid. GAUCHO hat die französische Regierung unlängst verboten, weil zahlreiche ImkerInnen das Mittel für den Tod ihrer Bienen verantwortlich machten.

DRUGS & PILLS

Higgins neuer Pharma-Boss
Der Schotte Arthur Higgins ist neuer Chef von „BAYER HEALTH CARE“. Vorher hatte er bei dem Biotech-Unternehmen ENZON PHARMACEUTICALS die Funktion des Vorstandsvorsitzenden inne. Äußerst nützlich für den Leverkusener Chemie-Multi dürften Higgins‘ Beziehungen sein: Der Pillen-Manager steht dem „Biotech Council of New Jersey“ vor und gehört dem Vorstand des US-amerikanischen „National Pharmaceutical Council“ an.

Erfolge bei EU-Arzneimittelreform
Die EU bereitet eine europa-weite Arzneimittel-Gesetzgebung vor. Im Zuge der Vorbereitungen gelang es der BUKO PHARMAKAMPAGNE und anderen Initiativen, auf einige bedeutende Veränderungen im Sinne des Verbraucherschutzes hinzuwirken. So gilt die Zulassung eines Medikamentes nur noch für einen befristeten Zeitraum; nach fünf Jahren findet eine erneute Überprüfung statt. Die BUKO-Forderung, bloß noch solchen Arzneien eine Genehmigung zu erteilen, die vergleichbaren Pharmazeutika in ihrer Wirkung überlegen sind, lehnten die EU-PolitikerInnen allerdings ab. In der Frage der Sperrfrist für die Entwicklung von Nachahmer-Präparaten ließen sie sich auf einen Kompromiss ein: Ihre Produktion ist künftig nicht erst zehn, sondern schon acht Jahre nach dem Herauskommen des Original-Medikaments möglich. Auch in Fragen der Transparenz konnten die Pharma-KritikerInnen Erfolge erringen. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMEA ist gehalten, ihre Sitzungsprotokolle mitsamt abweichenden Meinungen bei Genehmigungsentscheidungen zu veröffentlichen. Auch der Zugang aller Interessierten zu den Datenbanken mit unerwünschten Nebenwirkungen ist gewährleistet. Zudem müssen alle MitarbeiterInnen, Ausschuss-Mitglieder und Sachverständige ihre Verbindungen zur Pharma-Industrie offen legen. Darüber hinaus haben künftig PatientInnen-VertreterInnen einen Sitz im Verwaltungsrat der Behörde und nehmen an den Zulassungsverfahren teil.

USA: Gesundheitsbehörde verwarnt BAYER
In den Vereinigten Staaten hatte BAYER im Jahr 2003 eine Rückruf-Aktion für Harnanalyse-Geräte mit dem Produkt-Namen CLINITEK 50 gestartet, da sie Produktionsmängel aufwiesen. Im April dieses Jahres bekam der Pharma-Riese deshalb Hausbesuch von MitarbeiterInnen der US-Gesundheitsbehörde FDA. Sie wollten herausfinden, ob sich ein solcher Vorgang wiederholen könne und mussten das nach eine Betriebsprüfung bejahen. „Die Fehler von zwei wie verlautet geschulten Mitarbeitern, das Versagen eines Vorgesetzten, die Schulung des Personals angemessen zu dokumentieren und das Versagen des internen Überwachungsprozesses, diese Schwächen zu identifizieren, legen nahe, dass es Probleme gibt, die ihrer Aufmerksamkeit bedürfen“, schrieb die Behörde an den Leverkusener Chemie-Multi und erteilte ihm eine Verwarnung.

Suramin gegen Leber-Versagen?
Der von BAYER vor 90 Jahren gegen die Schlafkrankheit entwickelte Pharma-Stoff Suramin soll nach ersten Studien des Krebsforschungszentrums Heidelberg gegen Leber-Versagen (Apoptose) wirken. Am homo sapiens haben die ForscherInnen die Substanz allerdings noch nicht erprobt, und Tierversuche stellen nicht nur eine inakzeptable Quälerei dar, ihre Resultate haben sich auch allzu oft schon als auf den Menschen nicht übertragbar erwiesen.

Vielfältige Antibiotika-Risiken
Die regelmäßige Einnahme von CIPROBAY und anderen Antibiotika führt zu Gesundheitsschädigungen. Die Mittel zerstören die Darmflora, die eine wichtige Rolle im Immunsystem des Körpers spielt. Nach einer Studie des „Henry-Ford-Health-Systems“ erhöht sich deshalb für Babys, die in den ersten sechs Monaten ihres Lebens Antibiotika erhielten, das Risiko, an Asthma zu erkranken, um das 2,6-fache. Auch die Gefahr, an allergischen Reaktionen der Atemwegsorgane zu leiden, steigt durch CIPROBAY & Co., wie ForscherInnen der Universität Michigan feststellten. Ihre KollegInnen von der „Washington University“ aus Seattle fanden durch das Studium von 10.000 Krankenakten heraus, dass die Arzneien auch die Entstehung von Brustkrebs befördern, weil die angegriffene Darmflora die gesundheitsförderliche Wirkung bestimmter Nahrungsmittel beeinträchtigt.

ASPIRIN gegen Brustkrebs?
Alle paar Monate wartet BAYER mit einer Meldung über ein angeblich neues Anwendungsgebiet von ASPIRIN auf. Jetzt soll es sich auch zur Behandlung von hormonell bedingtem Brustkrebs eignen. Der Leverkusener Chemie-Multi weist auf eine entsprechende Untersuchung der „American Medical Association“ hin, ohne allerdings darüber zu informieren, ob es sich um eine Auftragsstudie handelt. Zusätzlich skeptisch stimmt der Hinweis der beteiligten MedizinerInnen, aus dem Resultat lasse sich keine Empfehlung über den Einsatz des Tausendsassas zur Brustkrebs-Prävention ableiten.

ASPIRIN gegen Grauen Star?
Nach einer Untersuchung der britischen Universität Reading schützen ASPIRIN und andere Schmerzmittel angeblich vor Grauem Star, weil sie die Bildung von Eiweiß-Klumpen im Auge verhindern, die für die Linsen-Trübung verantwortlich sind. Allerdings handelt es sich nur um „erste Ergebnisse“.

ASPIRIN stört Geschlechtsentwicklung
ASPIRIN und andere Schmerzmittel haben einen negativen Einfluss auf die Geschlechtsentwicklung von Ratten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der MedizinerInnen Stuart Amateau und Margaret McCarthy von der University of Maryland, welche die Fachzeitschrift Nature Neuroscience (Bd. 7) veröffentlichte. Das Enzym Prostaglandin, das der ASPIRIN-Wirkstoff Acetylsalicylsäure hemmt, ist nämlich nicht nur für das Schmerzempfinden verantwortlich, es steuert auch die Ausprägung männlicher Eigenschaften in der Frühentwicklung. Tierversuche hätten die WissenschaftlerInnen allerdings nicht zu unternehmen brauchen. Die Auswertung von Langzeitstudien mit Schwangeren hätte gereicht, um ihre Hypothese zu überprüfen.

Schlechte Noten für ASPIRIN FORTE
Die Zeitschrift Öko-Test untersuchte 19 frei verkäufliche Mittel gegen Regelschmerzen. Nur zwei schnitten gut ab, darunter BAYERs AKTREN. Als besonders bedenklich stuften die TesterInnen aber ASPIRIN FORTE ein, da es zusätzlich zum Wirkstoff noch Koffein enthält. Dieses kann Sucht-Potenzial entfalten und die Patientinnen von dem Medikament abhängig machen, kritisierte die Zeitschrift.

CIPROBAY ohne Patentschutz
Mitte Juni lief in den USA der Patentschutz für BAYERs Antibiotikum CIPROBAY aus, das im Jahr 2003 mit weitem Abstand das ertragreichste Medikament des Pharma-Riesen war. Zugleich kamen Nachahmer-Produkte auf den Markt. Der Leverkusener Chemie-Multi rechnet deshalb damit, dass der Jahres-Umsatz mit der Arznei von 1,4 Milliarden Euro auf unter eine Milliarde Euro sinkt.

Künftig zwei Diagnostika-Sparten
BAYER teilt seine Diagnostika-Abteilung in zwei Bereiche. Die Sektion „Self Testing Systems“ konzentriert sich auf Blutzucker-Geräte und andere konsumentInnen-nahe Produkte; die Sektion „Professionial Testing Systems“ vertreibt Groß-Apparaturen für Krankenhäuser, Labor-Gemeinschaften und ÄrztInnen-Praxen. Grund für die Aufspaltung: Die Geschäftsfelder bieten unterschiedliche Gewinn-Aussichten und erfordern eine den jeweiligen Gegebenheiten angepasste Vermarktungsstrategie. Der Handel mit Apparaturen für den Hausgebrauch ist „margen-trächtiger“ und dürfte deshalb in Zukunft mehr Investitionen an sich binden, vermutet die Börsen-Zeitung.

Begrenzter Zugang zu Arznei-Studien
Nach neuem EU-Recht müssen BAYER & Co. ihre Medikamenten-Studien einer zentralen Datenbank zur Verfügung stellen. Die Öffentlichkeit hat jedoch keine Zugriffsmöglichkeit. „Pleiten, Pech und Pannen“ werden so nicht nur VerbraucherschützerInnen und interessierten Laien weiter verborgen bleiben, auch WissenschaftlerInnen können nicht aus den Fehlern ihrer KollegInnen lernen.

PESTIZIDE & HAUSHALTSGIFTE

GAUCHO fördert Umweltbewusstsein
Durch BAYERs Saatgut-Behandlungsmittel GAUCHO und das zeitweilig ebenfalls zur Produkt-Palette des Konzerns gehörige REGENT kam es in Frankreich bei 182 Menschen zu Vergiftungserscheinungen. Fast hundert Milliarden Bienen sind in dem Land gestorben. Jahrelang haben die ImkerInnen für ein Verbot gekämpft, bis sie endlich Erfolg hatten. Ihr unermüdlicher Einsatz hat in Frankreich für ein neues Umweltbewusstsein gesorgt. Als „Staatsskandal“ bezeichnete der konservative Abgeordnete Philippe de Villiers BAYERs Lizenz zum Töten. Diese verlängerten immer wieder willfährige BeamtInnen aus dem Landwirtschaftsministerium. Im Zuge der Ermittlungen im Fall „GAUCHO“ musste die Hälfte der MinisteriumsmitarbeiterInnen ihren Posten verlassen. Am 7. Mai unterschrieben namhafte Künstler und Wissenschaftler wie Pierre Boulez und Edgar Morin eine Petition gegen die „chemische Umweltverschmutzung“. Die erhöhte Sensiblitität für die von BAYER & Co. ausgehenden Gefahren hat die französische Nationalversammlung schließlich eine „Umweltcharta“ verabschieden lassen. Sie knüpft an die Menschenrechtserklärung an und deklariert ein Recht darauf, in einer intakten Umwelt zu leben. Deshalb hat sie das Vorsorge-Prinzip, wonach der Staat angehalten ist, potenziell gefährliche Stoffe zu verbieten, zu Gesetzesrang erhoben. Ein später, aber umfassender Erfolg für die ImkerInnen, welche die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) nach Kräften unterstützt hat.

Wirkungslose Anti-Unkrautmittel
Der Dauer-Einsatz von Herbiziden auf den Feldern macht Unkräuter im Laufe der Zeit resistent gegen die Mittel. So kann BAYERs ECONAL mit dem Wirkstoff Chlortoluron kaum noch etwas gegen den Ackerfuchsschwanz ausrichten. Auch halten sich die Gifte oftmals so lange im Boden, dass beim Anbau von neuen Acker-Früchten Schäden entstehen. So hat die Langzeitwirkung des in Getreide-Feldern eingesetzen Konzern-Produkts ATTRIBUT mit dem Sulfonyl-ähnlichen Wirkstoff Propoxycarbazone bei anschließend auf den Arealen angepflanzten Raps- und Zuckerrüben-Kulturen Ernte-Ausfälle verursacht.

DECIS zugelassen
Das „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ hat BAYER die Zulassung für das Insektizid DECIS erteilt. Das Mittel mit dem Wirkstoff Deltamethrin wirkt gegen alles, was auf Getreide-, Raps-, Kartoffel- und Rüben-Felder kreucht und fleucht.

GENE & KLONE

Beschleunigtes Verfahren für Krebsmittel
Der Leverkusener Chemie-Multi kann die dritte und letzten Test-Periode für ein Gentech-Mittel gegen Nieren-Krebs, das er gemeinsam mit ONYX PHARMACEUTICALS entwickelte, schneller als erwartet abschließen. Die US-Gesundheitsbehörde FDA stimmte einem beschleunigten Verfahren zu, da es bis jetzt gegen die Krankheit noch kein Medikament gibt. Nach dem Abschluss-Bericht zur zweiten Erprobungsphase haben angeblich 89 von 106 PatientInnen auf den Wirkstoff BAY 43-9006 angesprochen. Er soll das für das Wachstum der Tumore verantwortliche Enzym Raf-Kinase und das für ihre Nährstoff-Versorgung zuständige Enzym VEGF hemmen. Der Pharma-Riese testet die Substanz in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel ebenfalls als Mittel gegen Haut-Krebs. Bei der Indikation „Bauchspeicheldrüsen-Krebs“ versagte BAY 43-9006 jedoch: Das Unternehmen brach die Studien ab. Das Unternehmen selbst dämpft allzu große Erwartungen. Es spricht zwar von einem „Durchbruch in der Krebs-Therapie“, betont aber gleichzeitig, „dass dieser Durchbruch nicht die Heilung von Krebs bedeutet“.

Gen-Mais schädigt Ratten
Ein von den Behörden bereits zugelassener Gen-Mais von MONSANTO hat sich im Tierversuch als gesundheitsschädigend erwiesen. Französische ForscherInnen verfütterten konventionell angebauten und gentechnisch manipulierten Mais an Ratten und stellten bei den in den „Genuss“ von MONSANTO-Mais gekommenen Tieren eine Vermehrung der weißen und eine Reduzierung der roten Blutkörperchen sowie einen Anstieg von Nieren-Erkrankungen fest. Für diese Erkenntnisse hätten die WissenschaftlerInnen nicht erst Kreaturen quälen müssen; ExpertInnen warnen bereits seit langer Zeit vor den Risiken der Gentechnik.

Verfahren an SYNGENTA verkauft
BAYER hat die Rechte an einem Verfahren, Mais mittels Gentechnik gegen den Pestizid-Wirkstoff Glyphosate immun zu machen, an den Konkurrenten SYNGENTA verkauft.

Genfood im Darm
Der Körper verdaut gentechnisch manipulierte Nahrung nicht rückhaltlos. Ein Forscher-Team aus Newcastle upon Tyne ließ gesunde ProbandInnen sowie an Darm-Erkrankungen Leidende Gen-Soja verzehren. Bei den TeilnehmerInnen mit Verdauungsproblemen fanden sich Gene im Darm-Trakt, bei manchen sogar in der Darmflora. Bislang ging die Wissenschaft immer davon aus, das Genfood werde bereits im Magen und Dünndarm vom Organismus aufgenommen. John Heritage, der vielen britischen Kommissionen für Lebensmittel-Sicherheit angehörte, fürchtet nun, die sich in vielen Gen-Pflanzen befindenden Antibiotikaresistenz-Gene könnten sich ebenfalls im Verdauungsapparat ansiedeln und so Antibiotika-Präparate wirkungslos machen. Deshalb trat er für weitere Forschungen ein.

WASSER, BODEN & LUFT

Todesgefahr durch Feinstäube
800 Tonnen Feinstäube stießen die Werke des BAYER-Konzerns im Jahr 2002 aus. Diese Partikel können erhebliche Gesundheitsstörungen verursachen, allein in der Bundesrepublik sind sie jährlich für über 10.000 Todesfälle verantwortlich. Die Feinstäube lösen z. B. Entzündungen in der Lunge aus, was das Immunsystem aktiviert und das Blut verdickt, so dass das Herzinfarkt-Risiko steigt. Auch indem sie die Bildung von gerinnungsfördernden Blutplättchen aktivieren, schädigen sie den Blut-Kreislauf.

Emissionen fördern Zwillingsgeburten
Mütter, die in der Nähe von Produktionsstätten oder Giftmüll-Verbrennungsanlagen leben, bringen mit größerer Wahrscheinlichkeit Zwillinge zur Welt. Das hat eine Untersuchung Hamburger ForscherInnen ergeben.

CHEMIE & GIFTE

EU-Abgeordnete kontaminiert
Mit einer spektakulären Aktion hat der WORLD WILDLIFE FOUND (WWF) die Notwendigkeit des Chemikalien-Gesetzes der EU unterstrichen, das BAYER & Co. erstmals tausende Substanzen auf ihre gesundheitsschädliche Wirkung hin untersuchen lässt. Die Organisation testete das Blut von 40 EU-ParlamentarierInnen auf Spuren von Chemie-Giften - und wurde fündig. 76 verschiedene Substanzen spürte der WWF auf, darunter polychlorierte Biphenyle (PCB), Weichmacher und Flammschutzmittel. Unter 13 Chemikalien kam kein/e PolitikerIn davon, ein Abgeordneter hatte sogar 54 Stoffe im Blut.

PLASTE & ELASTE

Renditeziel 18 Prozent
BAYER MATERIALSCIENCE-Chef Hagen Noerenberg kündigte an, die Rendite von momentan 15 Prozent bis zum Jahr 2006 auf 18 Prozent steigern zu wollen. Dieses Ziel beabsichtigt Noerenberg durch Preis-Erhöhungen sowie Effizienz-Programme, also Arbeitsplatzvernichtung durch Rationalisierungsmaßnahmen, zu erreichen.

BAYER etwas besorgt über Öl-Preise
Öl ist ein wichtiger Rohstoff für die Kunststoff-Produktion. Darum bezeichnete der Vorsitzende von BAYER MATERIAL SCIENCE, Hagen Noerenberg, die gestiegenen Weltmarkt-Preise für das Schwarze Gold gegenüber der Presse Mitte Juni als „Belastungsfaktor“. Steigen die Kosten um einen Dollar je Barrel, so bedeutet das für den Leverkusener Chemie-Multi Rohstoff-Mehrausgaben in Höhe von 40 Millionen Dollar. Das bis 2006 anvisierte Rendite-Ziel von 18 Prozent beeinträchtige die Entwicklung auf dem Öl-Markt Noerenberg zufolge jedoch nicht. „Mittelfristig wird sich das Preis-Niveau auch bei Rohbenzin wieder normalisieren, sagt er voraus. Der „Verband der Chemischen Industrie“ rechnete Ende Mai mit einem Öl-Preis von 33-36 Dollar pro Barrel (Vorjahr: 29 Dollar) und erwartet trotzdem noch ein Umsatz-Plus für die Chemie-Branche von 1,5 Prozent.

STANDORTE & PRODUKTION

BAYER spielt mit Standorten
Die BAYER INDUSTRY PRODUCTS (BIP) will Köln verlassen. Auf der Suche nach einem neuen Grundstück spielte der Konzern die verschiedenen in Frage kommenden Standorte gegeneinander aus. Der Stadt Leverkusen präsentierte das Unternehmen die fertig ausgearbeiteten Baupläne und ließ ihr nach vorher fehlgeschlagenen Verhandlungen gerade mal drei Tage Zeit, um ein neues Angebot zu unterbreiten. Die Kommune sah sich außer Stande, so schnell zu reagieren. Deshalb gab BAYER Langenfeld den Zuschlag - wie wahrscheinlich ohnehin geplant. In Leverkusen ist derweil eine politische Debatte über den Fall entbrannt, den die PolitikerInnen als ein Symbol für das Versagen der Wirtschaftsförderung Leverkusen (WFL) betrachten. „Was hat die Stadt, hat die WFL bei den Angeboten falsch gemacht, die BIP aufgezeigt wurden?“, fragte Finanzdezernent Rainer Häusler BAYER-Chef Werner Wenning in einem Brief. Als Konsequenz aus der Niederlage im Standort-Wettbewerb soll die Unternehmenspflege jetzt Chef-Sache werden: Die SPD will den Oberbürgermeister auch zum Aufsichtsratsvorsitzenden der WFL küren. Zu allem Überfluss muss sich die BAYER-gebeutelte Stadt vom Werksleiter Heinz Bahnmüller auch noch Ratschläge zur Sanierung der kommunalen Kassen geben lassen, was nicht nur bei dem SPD-Politiker Heinz-Gerd Bast auf einige Empörung stieß.

Sparzwang in Leverkusen
Die ausbleibenden Gewerbesteuern von BAYER zwingen die Stadt Leverkusen zu einem drastischen Sparkurs. Die Kommune diskutierte Ende April über Vorschläge der „Industrie- und Handelskammer“ (IHK), das Rathaus zu verkaufen, die KRAFTVERKEHR WUPPER-SIEG AG und das städtische Parkhaus zu privatisieren und den Rat zu verkleinern. Die Fremdvergabe der Schulgebäude-Reinigung ist schon vollzogen. Aber gewonnen hätte der BAYER-Standort selbst bei Umsetzung des gesamten IHK-Programms wenig. „Das alles reicht nicht aus, um wieder Land zu sehen“, sagt der CDU-Fraktionschef Klaus Huppert. Im Moment stellt das Chemie-Werk eher einen Kostenfaktor dar. Besonders die für den Chemie-Multi und seine MitarbeiterInnen bereitgestellte Infrastruktur kommt Leverkusen teuer zu stehen. „Dieser Block bricht uns jetzt natürlich die Knochen“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Mende.

IG BCE sieht für Leverkusen schwarz
Nach Beobachtungen des Bezirksleiters der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE (IG BCE), Frank Löllgen, zieht der Standort Leverkusen bei Produktionsentscheidungen immer öfters den Kürzeren. „Wir haben natürlich das Problem, dass wir im Leverkusener Werk die ältesten Anlagen haben“, so der Gewerkschaftler. Angesichts der vielen leer stehenden Gebäude auf dem BAYER-Areal schlug er der Kommune vor, Verhandlungen mit dem Konzern über die Ansiedlung von Fremdfirmen auf dem Werksgelände zu führen. Die Gespräche haben inzwischen auch begonnen. Die Stadt und der Konzern haben unter anderem ein Abbruch-Programm erstellt. Da steht nur zu hoffen, dass der Chemie-Multi sich von der - hauptsächlich durch BAYERs Gewerbesteuer-Nullrunden - finanziell arg gebeutelten Stadt nicht auch noch die Renovierung des Firmen-Areals mitbezahlen lässt.

Mehr HDI aus Leverkusen
BAYER hat Mitte Mai am Leverkusener Standort eine zweite Anlage zur Herstellung von Hexamethylen-Diisocyanat (HDI) in Betrieb genommen. Die riesige Fertigungsstätte für den Lackrohstoff - die Rohrleitungen sind 21 Kilometer lang - bietet aber gerade mal 20 neue Arbeitsplätze.

Mehr HDI aus China
Anfang Mai hat BAYER den Bau einer Anlage zur Produktion des Lackrohstoffes HDI im chinesischen Caojing nahe Shanghai bekannt gegeben (siehe auch POLITIK & EINFLUSS). Sie ist für eine Kapazität von 50.000 Tonnen im Jahr ausgelegt.

IMPERIUM & WELTMARKT

BAYER kauft ROCHE-Sparte
Der Leverkusener Chemie-Multi hat von ROCHE für 2,4 Milliarden Euro die Sparte mit rezeptfreien Medikamenten erworben. Sie umfasst unter anderem Produkte wie die Hautsalbe BEPANTHEN, das Schmerzmittel ALEVE, die Magen-Arznei RENNIE sowie die Vitamin-Präparate REXODON und SUPRADYN. Mit diesem Kauf steigt BAYER zum drittgrößten Anbieter von rezeptfreien Pharmazeutika auf. Durch die Fusion rechnet sich der Pharma-Riese Kosten-Vorteile in Höhe von bis zu 120 Millionen Euro aus. Ob der Konzern diese Synergie-Effekte auch durch Arbeitsplatz-Vernichtung realisieren will, ließ ein Unternehmenssprecher offen. Ein anderer Weg, durch die Übernahme Geld einzusparen, steht allerdings schon fest: BAYER verlegt die „Health Care“-Zentrale aus steuerlichen Gründen von Leverkusen nach Basel.

DYSTAR verkauft
Die Anteilseigner BAYER, BASF und AVENTIS haben den Textilfarbstoff-Hersteller DYSTAR, der einen Weltmarkt-Anteil von 25 Prozent hält, an den Finanzinvestoren PLATINIUM EQUITY verkauft. Nach Schätzungen von ExpertInnen betrug der Preis ca. 560 Millionen Euro. In letzter Zeit fallen Chemie-Unternehmen wie DYNAMIT NOBEL, MG TECHNOLOGIES und CELANESE gleich reihenweise in die Hände solcher privater Beteiligungsgesellschaften. Die Zukunft der 4.000 Beschäftigten, davon 2.000 in der Bundesrepublik, ist ungewiss. Der Betriebsratsvorsitzende Heinz Schaus sah in dem Deal mit PLATINIUM allerdings einen Vorteil gegenüber einem Verkauf an einen Mitkonkurrenten, der vermutlich sogleich arbeitsplatzvernichtende Synergie-Effekte hätte verbuchen wollen.

Ausstieg bei SOLARWOLRD
Im Jahr 2000 hat Leverkusener Chemie-Multi die BAYER SOLAR GmbH an die SOLARWORLD aus Bonn verkauft (siehe TICKER 4/00). Im Rahmen dieses Deals erhielt der Konzern 5,1 Prozent der SOLARWOLRD-Aktien. Diese hat BAYER nun an den SOLARWORLD-Großaktionär Frank H. Asbeck veräußert.

BAYER verkauft KWS-Anteile
Der Leverkusener Chemie-Multi hat seinen 15-Prozent-Anteil an dem Saatgut-Unternehmen KWS SAAT AG an die TESSNER BETEILIGUNGSGESELLSCHAFT sowie an Arend Oetker verkauft. Nach dem Kauf von AVENTIS CROPSCIENCE war die kartellrechtliche Auflage, die Beteiligung aufzugeben, von AVENTIS auf BAYER übergegangen.

Staatliche Konkurrenz in China
BAYER investiert Unsummen in China, da das Land als momentan größter Wachstumsmarkt gilt. Allerdings macht es die Regierung dem Leverkusener Chemie-Multi nicht immer leicht. So hat sie die Fusion zweier einheimischer Kunststoff-Produzenten angeordnet, die nun eine veritable Konkurrenz für den Konzern darstellen. Als Reaktion darauf hat der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning angekündigt, eine Allianz mit BASF zu bilden. So wollen die beiden Unternehmen Anlagen gemeinsam nutzen, um ihre Produkte schneller herstellen zu können. „Wir müssen uns daran gewöhnen, solche Kooperationen einzugehen“, so der BAYER-Chef.

BAYER baut Aufbereitungsanlage
Der Leverkusener Chemie-Multi hat für die Fertigungsstätte des taiwanesischen Unternehmens FORMOSA CHEMICAL FIBER COOPERATION im ostchinesischen Ning Po eine Anlage zur Aufbereitung von Fluss-Wasser für die Produktion gebaut.

ÖKONOMIE & PROFIT

LANXESS: kein Börsengang
Im Herbst 2003 beschloss BAYER, sich von seinem Chemie-Geschäft zu trennen, das sich unter dem Namen LANXESS neu formierte. An die Börse bringt der Gen-Gigant das Chemie-Unternehmen allerdings nicht. Er nahm sich die Zerschlagung des HOECHST-Konzerns zum Vorbild und entschied sich für ein „Spin-Off“, eine Abgabe der LANXESS-Aktien an die BAYER-Couponschneider. Zu diesem Zweck beraumte der Pharma-Riese für den November eine außerordentliche Hauptversammlung an (siehe auch KAP

[Clausing/PAN] Hauptversammlung 2017

CBG Redaktion

Peter Clausing (Pestizid Aktions-Netzwerk)

Sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.

Mein Name ist Peter Clausing. Ich bin im Vorstand des Pestizid Aktions-Netzwerks e.V., bin Toxikologe und habe mich in den letzten zwei Jahren intensiv mit den krebserregenden Eigenschaften von Glyphosat beschäftigt, dem wichtigsten Herbizid von Monsanto, dessen Übernahme durch BAYER sich laut Geschäftsbericht 2016 auf „gutem Weg“ befindet.

Im Jahr 2015 wurde Glyphosat durch die Krebsagentur der WHO, als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ eingestuft, die zweithöchste Kategorie der Gefahreneinschätzung. Im Gegensatz dazu bewerteten die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Europäische Chemikalienagentur Glyphosat als nicht krebserregend und folgten damit unter wörtlicher Übernahme von Textpassagen der im Glyphosat-Dossier formulierten Schlussfolgerung, das von der durch Monsanto angeführten Glyphosate Task Force eingereicht wurde. Der Persilschein, den die europäischen Behörden dem Totalherbizid ausgestellt haben, widerspricht den wissenschaftlichen Fakten. Insofern ist Glyphosat ein Paradebeispiel dafür, wie das Vorsorgeprinzip schon jetzt missachtet wird. Die heute von Herrn Baumann geforderte „Ergänzung“ durch ein Innovationsprinzip wäre mit einer weiteren Aushöhlung des Vorsorgeprinzips verbunden.

Während die Glyphosat Task Force in ihrem Dossier behauptete, dass es keinerlei Beweise für Krebseffekte in Tierversuchen gäbe, musste das BfR in einer Nachauswertung signifikante Krebseffekte durch Glyphosat in sieben Langzeitstudien an Labornagern eingestehen. Diese Nachauswertung erfolgte nur aufgrund der von der Krebsagentur der WHO veröffentlichten Monographie und ihrer Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“. Auch epidemiologische Studien legen eine Assoziation zwischen der Anwendung von Glyphosat und dem Auftreten von Non-Hodgkin-Lymphomen in der ländlichen Bevölkerung nahe.

Doch all diese wissenschaftlichen Belege wurden von den europäischen Behörden mit fünf haltlosen Argumenten unter den Teppich gekehrt. Die Argumente sind deshalb haltlos, weil ihre Konstruktion auf einer gravierenden Verletzung geltender OECD-Richtlinien basiert. In der Konsequenz erstatteten mehrere europäische Nichtregierungsorganisationen im März 2016 Strafanzeige wegen wissenschaftlichen Betrugs sowohl gegen das Bundesinstitut für Risikobewertung als auch gegen Monsanto und die Glyphosate Task Force.

Mit der beabsichtigten Übernahme von Monsanto würde BAYER einen Konzern erwerben, der sich in den USA mit über 50 Klagen von Krebsopfern konfrontiert sieht. Krebs, der durch Glyphosat verursacht wurde, so die Klage.

Mit der beabsichtigten Übernahme von Monsanto würde BAYER einen Konzern erwerben, der Gerichtsdokumenten zufolge versuchte, direkten Einfluss auf leitende Mitarbeiter der EPA, der Umweltagentur der USA, auszuüben, um eine Krebseinstufung von Glyphosat zu verhindern – etwas, das, BAYER niemals tun würde, so hoffe ich zumindest.

Mit der beabsichtigten Übernahme von Monsanto würde BAYER einen Konzern erwerben, der nach Einschätzung eines aus fünf international angesehenen Richtern bestehenden Tribunals, grundlegende Menschenrechte verletzt hat. Dazu zählen u. a. das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Nahrung und die Freiheit der Wissenschaft.

Ich habe deshalb folgende drei Fragen:

1. Wussten die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats von der Anzeige gegen Monsanto wegen wissenschaftlichen Betrugs und von den laufenden Gerichtsverfahren von Krebsopfern und ihren Hinterbliebenen gegen Monsanto und welche Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen?

2. Welche Stellung beziehen die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats bezüglich einer Einflussnahme auf die Behörden, um die Genehmigung eines Wirkstoffs zu erreichen? Stellt der Versuch einer solchen Einflussnahme durch Monsanto ein Problem für BAYER dar?

3. Wie verträgt sich die beabsichtigte Übernahme von Monsanto mit BAYERs Bekenntnis zu den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen angesichts der Einschätzung des Monsanto-Tribunals, dass dieser Konzern grundlegende Menschrechte wie das Recht auf Nahrung, das Recht auf Gesundheit und die Freiheit der Wissenschaft verletzt hat?
Bis zu einer zufriedenstellenden Klärung dieser Fragen fordere ich die Aktionäre auf, den Vor-stand und den Aufsichtsrat NICHT zu entlasten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[Gottfried Arnold] Hauptversammlung 2018

CBG Redaktion
Dr. Gottfried Arnold (Kinderarzt)Glyphosat, Duogynon und andere hormonähnliche Substanzen ES GILT DAS GESPROCHENE WORT Sehr geehrter Herr Baumann, sehr geehrter Herr Wenning, sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, mein Name ist Gottfried Arnold, und ich spreche zu Ihnen als Kinderarzt, nicht im Auftrage von Duogynon-Opfer-Organisationen.
 Vorweg eine Ergänzung zu Ihrem Werbefilm: Sie stellen nicht nur Medikamente gegen Krebs her, Sie verursachen auch Krebs! Ich möchte Ihren Blick auf zwei ökologische und medizinische Problembereiche richten: 1. die hormonell wirksame Substanz Glyphosat des Unkrautvernichters ist schon im Nabelschnurblut und in der Muttermilch angekommen. 2. Wenn die Hormonpräparate CYREN von Bayer und Duogynon von Schering in der Frühschwangerschaft eingenommen wurden, erlitten viele Menschen angeborene Fehlbildungen, ähnlich wie es von dem Schlafmittel Contergan mit seinen Extremitäten-Fehlbildungen bekannt geworden ist. Duogynon wurde in den 1960er Jahren als Schwangerschaftstest eingesetzt, und die geschädigten Kinder warten seit 50 Jahren und mehr auf Anerkennung und Entschädigung, für die Bayer jetzt als Schering-Nachfolge-Firma zuständig ist. I. In den mehr als 40 Jahren, in denen Monsantos Glyphosat - Bayers analoger Wirkstoff heißt Glufosinsat - als Unkrautvernichter zugelassen ist, ist es überall verteilt worden und nachgewiesen im Boden, in der Luft, im Oberflächenwasser bis in Meere, im Grundwasser, bis hin zu Mensch und Tier. Glyphosat tötet Regenwürmer und schädigt ihre Vermehrungsfähigkeit. Es beeinträchtigt die Fruchtbarkeit der Böden und damit ihre Erträge. Es ist als Antibiotikum zugelassen, tötet Pflanzen, schädigt Wasserlebewesen. Seine östrogen-artige Wirkung führt zur Unfruchtbarkeit dieser Lebewesen. Die Spur der ökologischen Verwüstung hinterlässt einen erheblichen ökonomischen Schaden. Würde endlich das Verursacherprinzip angewendet, stiegen die Kosten für Unkrautvernichter so erheblich, dass sich die Mehrzahl der Landwirte auf Öko-Landwirtschaft besinnen würde. Unsere eigene Nahrungskette liefert hohe Mengen an Glyphosat durch die Anwendung kurz vor der Ernte von Getreide und Kartoffeln: Dann dürfen die Glyphosat-Rückstände 100 x höher als sonst sein! Wo kommt das Glyphosat an, wenn europäische Schlachttiere mit hochbelastetem Gen-Soja von Monsanto und Bayer gefüttert werden? In allen Organen z. B. von neugeborenen Ferkeln, die noch nie gefüttert wurden, aber am ersten Lebenstag getötet werden mussten wegen angeborener Fehlbildungen: In allen ihren Organen konnte Frau Prof. Krüger Glyphosat nachweisen. -
 Durch Monsanto und Bayer, durch Ihre Aktivitäten, Herr Baumann, ist Glyphosat auch im Nabelschnurblut und in der Muttermilch angekommen. Die geringen Mengen dieser und ähnlicher hormonschädlicher Substanzen können bei einem werdenden Jungen Penisfehlbildungen und Hodenhochstand auslösen, eventuell auch Hodenkrebs fördern, bei einem werdenden Mädchen ebenfalls Fehlbildungen im Genitalbereich auslösen und im Erwachsenenalter Brustkrebs fördern und bei beiden Geschlechtern die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Erst nachdem Grünen im Bundestag durch Prof. Krüger Glyphosat in allen 16 untersuchten Muttermilchproben nachgewiesen hatten, wurde das dem Agrarministerium unterstellte Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das hier für den Schutz der Bürger zuständig ist, tätig. Es ließ Muttermilchproben mit einer Methode auf Glyphosat untersuchen, deren untere Nachweisgrenze von 0,5 -1 ng/mL oberhalb aller von Frau Krüger gefundenen Glyphosatwerte (0,2 und 0,4 ng/mL) lagen. Dieser heimtückische Ansatz diente also nicht der Wahrheitsfindung, sondern der Ablenkung von einem Problem, das unsere Neugeborenen und Säuglinge trifft. Glyphosatmengen in eben dieser Größenordnung können schon das Wachstum von hormonabhängigen Brustkrebszellen fördern. In den USA ist eine Sammelklage von 3.500 US-Bürgern anhängig, meist von Landwirten, weil sie Glyphosat als Ursache ihres Lymphdrüsen-Krebses (Non-Hodgkin-Lymphom) ansehen. Hier ist Monsanto in der Nachweispflicht. Das ist eine schwere Belastung für Bayer und Sie als Aktionäre, denn es gibt statistisch signifikante Steigerungen einer häufigen Untergruppe dieses Lymphdrüsen-Krebses durch Glyphosat bei epidemiologischen Untersuchungen. Bei einer Studie fand man ein doppelt so hohes Risiko für ein Non-Hodgkin-Lymphom(NHL) bei Landwirten, die mit Glyphosat arbeiteten. In Großbritannien weist das Krebsregister bei NHL eine Häufigkeitssteigerung von 39 % seit den frühen 1990er Jahren aus, also eine durchaus vergleichbare erschreckende Zunahme wie auch bei den hormonabhängigen Krebsarten Brust-, Prostata-, Hoden- und Eierstock-Krebs bei uns. Zudem haben Monsanto-Papers wissenschaftliche Manipulationen bei Monsanto offenbart wie z. B. Vertuschung von Krebsfällen, deren Bekanntgabe die Zulassung von Glyphosat in den USA verhindert hätte. II. Lange vor Glyphosat wurde bis Anfang der 1970er ein synthetisches Östrogen, Diethyl-Stilbestrol, kurz DES, in der Rinder- und Geflügelzucht wegen einer rascheren Gewichtszunahme eingesetzt. Dann wurde es auch von Bayer bei Störungen der weiblichen Regelblutung als CYREN vermarktet. Dieses ist 5 x stärker als das natürliche weibliche Geschlechtshormon. 1971 wurde festgestellt, dass es verantwortlich ist für Scheidenkrebs junger Mädchen, deren Mütter DES in der Frühschwangerschaft eingenommen hatten. Im weiteren Verlauf stellten sich eine Fülle von Folgeerkrankungen des künstlichen Östrogens sogar über mehrere Generationen heraus: Brustkrebs bei Frauen, die DES eingenommen hatten und besonders bei ihren Töchtern, den sog. DES-Töchtern. Mehr als 50 % der DES-Töchter hatten Fehlbildungen der Geschlechtsorgane. Sogar in der Enkel-Generation, die nie dem künstlichen Östrogen ausgesetzt war, traten Genital-Fehlbildungen und Eierstockkrebs auf. FRAGE: 1. Seit wann war der Fa. Bayer bekannt, dass ihr DES-Produkt Cyren Fehlbildungen der Geschlechtsorgane bewirkt und seit wann, dass es Scheidenkrebs bei jungen Frauen auslösen kann? 2. Gab es Schadensersatzforderungen von DES- bzw. Cyren-Opfern? Da der künstliche Östrogen-Teil von Duogynon sogar 33 x stärker ist als das natürliche Östrogen, ist es naheliegend, dass schwerwiegende Fehlbildungen durch den Schering-Schwangerschaftstest möglich sind. Zunächst wurde ein Zusammenhang mit einem offenen Rücken mit Querschnittslähmung beobachtet. Angeborene Herzfehler und Skelett-Fehlbildungen wurden ebenso diskutiert. Die Vielzahl der Beobachtungen lässt keinen ernsthaften Zweifel an einem möglichen Zusammenhang zwischen den hohen Hormondosen in der Frühschwangerschaft und einer Fülle von angeborenen Fehlbildungen und Folgeerkrankungen. Dazu meine Fragen: 1. Wie will Bayer im Fall der Duogynon-Geschädigten vorgehen? – Die Hinweise aus der wissenschaftlichen Literatur sind schwerwiegend, auch wenn in jedem Einzelfall der sichere Nachweis nach so vielen Jahren nicht immer gelingen kann. 2. Wer wie Sie in die Vermarktung von Hormonpräparaten involviert war, kann nicht einfach die moralische Verantwortung für die Folgeerkrankungen seines Produktes abschieben. Schon gar nicht können Sie von den Opfern verlangen, Untersuchungsergebnisse über Ihr Präparat vorzulegen. Sie, Herr Wenning und Herr Baumann, sind nach meinem ärztlichen Empfinden in der Nachweispflicht, wenn sie ein einzelnes Opfer nicht entschädigen wollen! 3. Sehen Sie, Herr Baumann, nicht auch wie ich an dieser Stelle die Notwendigkeit einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion unter Beteiligung der verschiedenen Duogynon-Opfer-Organisationen, staatlicher Stellen, aktueller Politiker, Schiedsleute und von Vertretern der Fa. Bayer? 4. Kann es nicht ein gemeinsames Ziel sein, einen akzeptablen Weg für die Duogynon-Opfer zu finden mit einer Anerkennung, Unterstützung und gegebenenfalls Entschädigung? Zusammenfassend plädiere ich dafür, den Vorstand nicht entlasten, solange nicht eine einvernehmliche Lösung mit den Duogynon-Opfern gefunden ist.

[FPA-Beeinflussung] Presse-Information CBG 22.11.19

CBG Redaktion

US-amerikanischer Presseverband im Visier

BAYER kauft Journalist*innen

BAYER hat laut Medienberichten durch finanzielle Zuwendungen versucht, Einfluss auf die US-amerikanische „Foreign Press Association (FPA)“ zu nehmen. Der Leverkusener Multi trachtete danach, die Non-Profit-Organisation, die hauptsächlich Auslandskorrespondent*innen, anderen Journalist*innen und PR-Fachleute zu ihren Mitgliedern zählt, dazu zu nutzen, das angeschlagene Image des Konzerns aufzupolieren.

Recherchen der britischen Tageszeitung „The Guardian“ deckten den Skandal auf. Die Journalistin Carey Gilliam, die wegen ihrer kritischen Berichterstattung in der Vergangenheit bereits Zielscheibe einer Schmutz-Kampagne der nunmehrigen BAYER-Tochter MONSANTO geworden war, beschrieb in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Artikel detailliert, auf welch umfassende Weise der Global Player den Presseverband für seine Zwecke zu instrumentalisieren beabsichtigte. So hatten zwei Manager*innen der US-amerikanischen BAYER-Dependance mit dem FPA-Geschäftsführer Thanos Dimadis eine Absprache getroffen, wonach der Agro-Riese nach Zahlung eines bestimmten Betrags einen Sitz im Beirat der FPA erhalten sollte. Zudem erkaufte sich das Unternehmen die Möglichkeit des Agenda-Settings für die Foren, welche die FPA für ihre Mitglieder anbietet. Auch stand das gemeinsame Ausrichten einer Konferenz zum Thema „Fake News“ zur Debatte. Darüber hinaus plante Dimadis „Hintergrund-Briefings“ mit nationalen und internationalen Journalist*innen zu „Themen, die in BAYER’s Kommunikationsprioritäten und strategische Ziele passen“, wie er in einer Mail an den Leverkusener Multi schrieb. Damit nicht genug, ließ Dimadis der Aktien-Gesellschaft im September 2018 auch noch eine Liste mit über 300 Auslandskorrespondent*innen zur freien Auswahl zukommen: Der Konzern konnte sich aus der Aufstellung diejenigen Personen aussuchen, die er „an sich binden“ wollte.

Allerdings hatte Thanos Dimadis wichtige Entscheidungsträger*innen seiner eigenen Organisation nicht in den BAYER-Deal eingeweiht. Deshalb kam das Projekt mit Dimadis Wechsel von der „Foreign Press Association“ zur „Association of Foreign Correspondents in the USA“ zum Erliegen. Als andere FPA-Verantwortliche dann auf den nicht vollständig gelöschten Mail-Verkehr mit der bundesdeutschen Firma stießen, reagierten sie empört. BAYER habe versucht, die FPA zu kaufen, konstatierte Vize-Präsident Ian Williams. Präsident David Michaels sprach im Hinblick auf die zwischen Dimadis und dem Konzern getroffenen Vereinbarungen sogar von einer „Verschwörung“, welche die Integrität der Organisation und des Journalismus an sich bedrohe.

„Einflussnahmen dieser Art von Seiten BAYERs sollten eigentlich niemanden mehr überraschen“, kommentiert Axel Köhler Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren das Konzern-Vorgehen. Gekaufte Berichterstattung und Druck bei unbotsamen Publikationen gehören seit Langem zum Arsenal des Multis. Erst in diesem Sommer gelangten die sogenannten MONSANTO-Listen ans Licht der Öffentlichkeit. Auf denen hatte die PR-Agentur FLEISHMAN HILLARD für die jetzige BAYER-Tochter unter anderem umfangreiche Journalist*innen-Dossiers mit Angaben zu Hobbys und anderen Details angelegt, um diese gezielt im Sinne MONSANTOs beeinflussen zu können. Bei unliebsamer Berichterstattung greift der Pillen-Produzent dagegen oft zu Druckmitteln. So hatte er im Oktober 2018 eine Unterlassungsklage gegen die taz wegen eines satirischen Glyphosat-Aufmachers angestrengt.

Pressekontakt
Marius Stelzmann 0211/33 39 11
Jan Pehrke 0211/30 58 49

[Unterschriften] GenSoja

CBG Redaktion

Der Einsatz von GenSoja führt zu riesigen Umwelt- und Gesundheitsschäden.

Ich fordere ein Verbot der giftigen Herbizide Glyphosat und Glufosinat und ein Verkaufs-Stopp von GenSoja.

[contact-form-7 id="13930" title="generisch kontakt"]
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HV Gegenanträge

CBG Redaktion

BAYER will MONSANTO übernehmen und damit zum mit Abstand größten Agro-
Konzern der Welt werden, der wichtige Glieder der Nahrungsmittel-Kette
kontrolliert. Das hätte schlimme Konsequenzen für die Welternährung. Die
LandwirtInnen müssten mehr für Pestizide und andere Betriebsmittel zahlen und
hätten überdies weniger Auswahl. Der schrumpfenden Sorten-Vielfalt geschuldet,
ständen sich auch die VerbraucherInnen in den Lebensmittel-Läden einem
schrumpfenden Angebot gegenüber. Zudem würde die Transaktion der
Industrialisierung der Landwirtschaft mit all ihren negativen Folgen für Mensch,
Tier und Umwelt weiter Vorschub leisten. Arbeitsplatzvernichtungen und
niedrigere Steuer-Zahlungen seitens BAYERs sind ebenfalls zu befürchten. Da
der Aufsichtsrat der Akquisition trotz allem zugestimmt hat, ist ihm die Zustimmung zu verweigern.

Die Geschäftszahlen von 2015 zugrunde gelegt, erzielen die
Landwirtschaftssparten von BAYER und MONSANTO zusammen einen Umsatz
von 23,1 Milliarden Dollar. Damit kann niemand aus der Branche mithalten. Bei
den Pestiziden erreichen BAYER und MONSANTO zusammen einen Marktanteil
von rund 25 Prozent, beim Saatgut für gentechnisch veränderte und
konventionelle Ackerfrüchte einen von rund 30 Prozent. Allein die Gen-Pflanzen
betrachtet, erlangen die beiden Konzerne vereint mit weit über 90 Prozent sogar
eine Monopol-Stellung.

Der Deal hat jedoch noch weitere Risiken und Nebenwirkungen. „Der Merger wird
den Landwirten wehtun“, sagt Jim Benham von der Indiana Farmers Union: „Je
mehr Konsolidierung wir bei den Anbietern unserer Betriebsmittel haben, desto
schlimmer wird’s.“ Der Chef von BAYER Cropscience, Liam Condon, schloss
gegenüber der New York Times weitere Preis-Steigerungen dann auch gar nicht
erst aus. Allerdings versicherte er scheinheilig, der Konzern würde den
FarmerInnen dafür in jedem Fall einen Mehrwert bieten.
Überdies reduziert die Übernahme die Produkt-Vielfalt bei Saatgut und Pestiziden.

Die oligopol-artigen Strukturen haben jetzt schon einen riesigen Innovationsstau
mit sich gebracht, und die neue Übersichtlichkeit dürfte die Malaise noch
verstärken. BAYERs Glufosinat oder MONSANTOs Glyphosat haben schon über
40 Jahre auf dem Buckel. Deshalb trotzen immer mehr Unkräuter diesen
Substanzen. Den LandwirtInnen bleibt so nichts anderes übrig, als die Gift-Dosis
zu erhöhen. Und BAYER leugnet diesen Tatbestand keineswegs. „Seit über 25
Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächen-Kulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging“, so der BAYER-Forscher Dr. Hermann Stübler.
Unter der zunehmenden Konzentration auf dem Agro-Markt hätten auch die
Verbraucherinnen zu leiden, denn sie geht mit weniger Auswahl bei den
Lebensmitteln einher. Und die Beschäftigten von MONSANTO und BAYER
müssen sich ebenfalls auf härtere Zeiten einstellen. Der Vorstand hat die
Synergie-Effekte des Deals auf 1,5 Milliarden Dollar taxiert, und das geht mit
Arbeitsplatz-Vernichtungen einher. So kündigte der Cropscience-Chef Liam
Condon schon einmal die Schließung von Labors im US-amerikanischen
Cropscience-Headquarter an, das in North Carolinas „Triangle Research Park“
liegt. Zusätzliche Stellen-Streichungen im Konzern sind durch die Auflagen der
Kartell-Behörden zu erwarten: Der Vorstand selbst rechnet damit, sich von
Geschäften in einem Umfang von bis zu 2,5 Milliarden Dollar trennen zu müssen.
Diese konservative Schätzung könnte jedoch übertroffen werden. Damit nicht
genug, entsteht zusätzlicher Druck auf die Belegschaft durch die hohen Schulden,
die BAYER sich in Sachen „MONSANTO“ aufgebürdet hat. Das Abstoßen von
Unternehmensteilen zur Erweiterung der finanziellen Spielräume hat BAYER nur
für die Bundesrepublik ausgeschlossen. Darüber hinaus drohen den
Belegschaftsangehörigen mit Rationalisierungsmaßnahmen verbundene Spar-
Programme zur Kosten-Senkung.

Die Standort-Städte müssen sich ebenfalls auf so einiges gefasst machen. Ihnen
ist die letzte Einkaufstour BAYERs noch in denkbar schlechter Erinnerung.
Unmittelbar nach dem Kauf der Merck-Sparte mit den nicht rezeptpflichtigen
Arzneien hatte der Konzern nämlich verkündet: „BAYER rechnet ab dem ersten
Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen.“
Trotz all dieser negativen Folgen der MONSANTO-Übernahme betreibt der
Vorstand die Transaktion. Damit ist er seiner Verantwortung nicht gerecht
geworden. Deshalb ist ihm die Entlastung zu verweigern.

Um Mitteilung dieses Gegenantrags sowie der Begründung bitten wir gemäß §§ 125,
126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der
Coordination gegen BAYER-Gefahren zu übertragen.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.

[Aufruf] BAYER HV 2019

CBG Redaktion

Hier findet ihr den Bündnis-Aufruf zu den Protesten zur BAYER-Hauptversammlung 2019:

Heraus zu den Aktionen am 26. April 2019 und am 18. Mai 2019!

Dieses Jahr findet die Hauptversammlung am 26.4.2019 in Bonn statt. Sie wird – das steht bereits heute fest – turbulenter denn je, die Proteste werden alles bisher Dagewesene übersteigen!

Die Aktionen werden bislang unterstützt von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), dem Dachverband der kritischen Aktionäre, Fridays for Future, Attac, Die Linke, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und anderen.

Wenn auch ihr dabei sein wollt, dann meldet euch unter info@cbgnetwork.org.

Bitte gebt uns auch eure Postanschrift und Telefonnummer, damit wir euch zwecks Koordination der Aktionen kurzfristig erreichen können.

Auch werden in diesem Jahr die „March against Monsanto“-Proteste der vergangenen Jahre unter dem Motto „March against BAYER“ fortgesetzt. Der internationale Widerstand gegen den Chemie-Giganten wird am 18.5.2019 auf die Straße getragen! Alle zusammen gegen BAYER, Gründe gibt es unzählige. Im Jahr eins nach der Übernahme von MONSANTO treten die Risiken und Nebenwirkungen offen zutage. Herausragend dabei:

- Auch der zweite große Glyphosat-Prozess vor einem US-amerikanischen Gericht droht für BAYER-zum Desaster zu werden!

- Die Aktie und damit der Wert des Konzerns sind in den letzten Monaten dramatisch abgestürzt und haben sich in ihrem Wert gedrittelt.

- In seiner Not wird BAYER mindestens 12.000 Arbeitsplätze vernichten, um an Geld zu kommen.

- Die Umweltbilanz des BAYER-Konzerns hat sich mit der Fusion mit MONSANTO noch weiter drastisch verschlechtert. Die CO2 Emissionen sind um 50% gestiegen. Der Konzern gehört damit zu den weltweiten Top-Klimakillern.

- BAYER ist als weltführender Gift-Konzern verantwortlich für das Aussterben der für die Welt-Ökologie und das Überleben der Menschen unabdingbar notwendigen Insekten.

- Mit seinen Medikamenten sorgt BAYER für Tod und Krankheit. Mit menschenverachtenden Menschenversuchen ruiniert er die Leben Unzähliger.
Es gibt auch 2019 wieder genug Gründe, die Hauptversammlung mit Protest zu begleiten. Wir laden euch ein, Teil der Aktionen gegen die BAYER-Hauptversammlung zu sein!

Der Aufruf wird unterstützt von:

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)

Attac Bonn

Attac Köln

Bonner Jugendbewegung

Brasilien Initiative Berlin

BUND Bonn

Colabora together

Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. (CBG)

Dachverband Kritische Aktionäre

Die Linke NRW

Die Linke SDS Kreisverband Bonn

DKP

FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika

Fridays for Future

goliathwatch

Honig Connection

Kollektiv Tonalli

March against Bayer und Syngenta Basel

MultiWatch Basel

Rapunzel

treemedia e.V.

unkonzerned