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Veröffentliche Beiträge in “Allgemein”

Bienensterben

CBG Redaktion

11. März 2015

BUND gewinnt vor Gericht gegen Bayer im Streit um Bienengefährlichkeit von Pestiziden

Düsseldorf/Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat seinen Rechtsstreit gegen die Bayer CropScience Deutschland GmbH, eine Tochter der Bayer AG, gewonnen.

Nach dem heute verkündeten Urteil des Landgerichts Düsseldorf darf der BUND wieder ohne Einschränkung sagen, dass zwei von Bayer hergestellte Pestizid-Produkte für Bienen gefährlich sind und es sich bei dem darauf abgebildeten Logo mit dem Aufdruck „nicht bienengefährlich“ um eine Irreführung von Verbrauchern handelt.

„Wir freuen uns über diesen Erfolg. Das ist ein Sieg für die Bienen und die Meinungsfreiheit. Uns liegen überzeugende wissenschaftliche Studien vor, die den Bayer-Pestizidwirkstoff Thiacloprid als bienengefährlich bewerten. Bayer muss daher seine Bienen gefährdenden Produkte sofort vom Markt nehmen. Wir fordern ebenso alle Märkte auf, den Verkauf von thiaclopridhaltigen Pestiziden einzustellen“, sagte der BUND-Pestizidexperte Tomas Brückmann. Außerdem müsste die EU die Zulassung des Wirkstoffs Thiacloprid zurücknehmen und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Produktzulassungen aller thiaclopridhaltigen Produkte widerrufen.

Der Pestizidhersteller Bayer CropScience hatte gegen den BUND Ende letzten Jahres eine einstweilige Verfügung in dieser Sache erwirkt. Zur Begründung hatte das Unternehmen angegeben, der BUND habe die Bayer-Produkte „Schädlingsfrei Calypso“ und „Zierpflanzenspray Lizetan“ ungerechtfertigt als für Bienen gefährlich bezeichnet. Der in diesen Produkten enthaltene Wirkstoff Thiacloprid, der zu den sogenannten Neonikotinoiden gehört, habe eine gültige Zulassung und werde vom BVL als „bienenungefährlich“ eingestuft. Auslöser des Streits war der vom BUND 2014 veröffentlichte Einkaufs-Check „Pestizidverkauf in Bau- und Gartenmärkten“, mit welchem der BUND darauf aufmerksam machte, dass Verkäufer in Garten- und Baumärkten die Kunden sehr häufig unzureichend über die Gefahren verschiedener Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel informierten.

Neonikotinoid-Wirkstoffe gelten mit als Auslöser des weltweit zu beobachtenden Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonikotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt. Dagegen klagen die Hersteller Bayer und Syngenta derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof. Bereits rund 20.000 Protestschreiben gegen diese Klage und den umstrittenen Wirkstoff Thiacloprid sind innerhalb eines Monats bei Bayer eingegangen.

ausführliche Informationen zur Kampagne

[Bienensterben] Hauptversammlung 2016

CBG Redaktion

Annette Seehaus-Arnold, Kreisverband Imker Rhön-Grabfeld e. V.

Sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Aufsichtsrat,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Annette Seehaus-Arnold. Ich spreche als Aktionärin, Imkerin und Kreisvorsitzende der Imker Rhön-Grabfeld.

Im vergangenen Jahr wurde mir bei der Aktionärsversammlung mitgeteilt, dass bis Ende 2015 ein neues Varroa-Mittel zugelassen wird. Daher die Frage: Wie weit ist die Forschung bzw. Zulassung? Um welches Mittel handelt es sich? Wie wird bzw. wurde das Zulassungsverfahren durchgeführt? Wer war an der Zulassung beteiligt? Gibt es noch weitere Forschung in diesem Bereich? Oder ist das neue Mittel etwa Apitraz? Wollen Sie uns etwa eine uralte Kamelle als neues, nun für Deutschland zugelassenes Mittel verkaufen? Dieses Mittel ist seit vielen Jahren bereits in Frankreich, Italien und vielen anderen Ländern zugelassen. Bisher hat die Fa. Bayer jedoch immer eine Zulassung für Deutschland erfolgreich verhindert. Woher kommt der Sinneswandel? Ist das die Art, wie die Fa. Bayer vorgeht? Wollen Sie uns mit alten Mitteln kommen und diese jetzt als endlich für Deutschland zugelassen verkaufen? Irgendwie fühlt man sich da schon von Ihren Bee-Care-Center-Mitarbeiter Fred Klockgether verschaukelt.

Das Seltsamste ist, dass gerade in Ländern, welche die größten Kritiker der Neonikotionoiden sind, Amitraz seit Jahren zugelassen ist. Sehr geehrter Herr Dekkers: Wie erklärt sich das?

Warum ist eigentlich Perizin weg? Obwohl Sie es immer wieder als erfolgreiches Varroa-Bekämpfungsmittel gelobt haben? Doch nicht etwa, weil angeblich die einzige Fabrik die Coumaphos herstellt in Indien abgebrannt ist? Seit wann ist dass ein Grund für Bayer eine Produktion einzustellen? Der Wirkstoff von Coumaphos war das einzige Varroazid, das die Bruttemperatur wirksam erhöht hat. Es verhärtet sich mittlerweile der Verdacht, dass es einen Zusammenhang zwischen Bruttemperatur und Varroa-Entwicklung geben soll. Stimmt das? Haben Sie das mal in ihrem eigens eingerichteten Bee-Care-Center überprüft? Oder was machen Sie dort eigentlich?

Nach ihren eigenen Angaben im letzten Jahr, wurden 2,7 Mrd. US-Dollar in Amerika für ein neues Bee-Care-Center ausgegeben. Für die wissenschaftliche Forschung der Bienenarzneimittel 10 Mio. €. Nach was forschen Sie eigentlich?

Die Fa. Bayer hat vor drei Jahren versprochen, darzulegen, wie die Ameisensäure funktioniert. War Bayer mittlerweile erfolgreich und hat die Wirkungsweise der Ameisensäure in ihrem Forschungszentrum entdeckt? Letztes Jahr wurde bei der Hauptversammlung lediglich mitgeteilt, dass weiter geforscht wird und die Ergebnisse diskutiert werden. Wird immer noch diskutiert? Oder gibt es mittlerweile einen Durchbruch diesbezüglich? Nein? Warum immer noch nicht? Forschen Sie etwa immer noch, warum bei den Ameisensäurebehandlungen die Bruttemperatur sinkt? Oder stehen Sie hier auch vor einem Rätsel, warum bei niedriger Bruttemperatur die Verdeckelungsdauer länger ist? Und somit auf einmal die Vermehrung der Varroa-Milbe rasanter ist? Wann machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben?

Oder wird hier etwa ein Krisenherd, die Varroa-Milbe, künstlich aufrecht erhalten, um vom wirklichen Thema den Pestiziden abzulenken?

Neonicotinoide stehen bekanntermaßen im Verdacht Probleme bei Bienenvölkern hervorzurufen.

In Frankreich gab es eine historische Wahl. Die Nationalversammlung hat für das Verbot von Neonikotinoiden gestimmt und diese als besonders bienengefährlich eingestuft. Eigentlich müsste die Fa. Bayer dies als deutliches Signal sehen und zwar: „Die Zeiten der Bienenkiller-Pestizide sind vorbei!“ Denn wissenschaftliche Studien zeigen auf, dass nicht nur Bienen, sondern auch Schmetterlinge, Fische und Vögel betroffen sind. Wie stehen Sie zukünftig zu den Neonikotinoiden? Wie wird das Imagethema angegangen?
Etwa mit einer Klage gegen das weitreichende Verbot der EU-Kommission? Wie lange wollen Sie noch bestreiten, dass Neonikotiniode schädlich für Bienen sind? Oder versuchen Sie mit der Klage das Bienenkiller-Image los zu werden?

Letztes Jahr wurden Sie bei der JH auf Sivanto angesprochen. Dabei lobten Sie das Mittel als besonders bienenfreundliches Insektizid. Herr Dekkers hatte in seiner Antwort gesagt, dass diese Klassifizierung nicht Bayer selbst machen würde, sondern die Zulassungsbehörden.
Wie sieht es denn nun tatsächlich mit dem Wirkstoff Sulfoxaflor, denn Wirkstoff von Sivanto aus? Dieser wurde am 18. August 2015 für 10 Jahre als Insektizid zugelassen. Am Montag, den 25. April diesen Jahres stand auf Ihrer Internetseite dass Bayer CropSience die Zulassung von der US-Umweltbehörde EPA erhalten hat. Mittlerweile wurde die Zulassung in den USA von der Umweltbehörde zurückgenommen. Es wurde vom US-Gericht festgestellt, dass das Mittel niemals hätte zugelassen werden dürfen, da es bienengefährdend ist. Wie oder wo hat Bayer diese Zulassung in Europa erreicht, wie in Deutschland? Auf den Bahams? In Korea? Oder in Afrika? Sind sie etwa bei den VW-Abgas-Ingenieuren in die Lehre gegangen?

Wie sind Sie eigentlich bei Sulfoxaflor auf den LD 50 Wert gekommen? Wie haben Sie diese Werte für Sulfoxaflor erfunden? Sorry – meinte natürlich gefunden? Wer hat die Untersuchungen gemacht? Bekommen wir, wenn Bienenprobleme auftauchen wieder einen neuen LD50 Wert?

Warum steht lediglich auf Ihrer Internetseite ganz lapidar: „Die Gesellschaft übernimmt keinerlei Verpflichtung, solche zukunftsgerichteten Aussagen fortzuschreiben und an die zukünftigen Ereignisse oder Entwicklungen anzupassen.“ Wäre es nicht besser, wenn ein Weltkonzern wie Bayer seine Internetseiten laufend an die Entwicklungen und Ereignisse anpasst? Warum wird hier so sorglos mit Informationen umgegangen?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit kam ursprünglich zu der Einschätzung, dass Neonikotinoide nicht bienenschädlich sind. Wie kommt es, dass diese Behörde entgegen ihrer ursprünglichen Einschätzung die Neonics jetzt als bienenschädlich ansieht? Weil Sie sich früher ausschließlich auf die Angaben des Hersteller-Konzerns verlassen hat? Die offensichtlich nicht richtig waren? Warum waren die Werte nicht korrekt? Woher kommt bei den Behörden der Sinneswandel? Wie kommt das?

Meine Damen und Herren Aktionäre,
Sie haben es in der Hand, wie die Entwicklung weiter geht.
Auf Dauer kann sich auch die Fa. Bayer diese Negativ-Werbungen nicht mehr leisten.

Wie sieht das Ganze der Vorstand und der Aufsichtsrat? Wollen Sie noch länger für diese Negativ-Schlagzeilen sorgen?

Oder ist es nicht an der Zeit, die Aktivitäten von Bayer Cropscience in ökologisch sinnvolle, nachhaltige Forschung, besser noch in Landwirtschaft 4.0 zu investieren? Anstatt an fragwürdige Neonics wie Sulfoxaflor festzuhalten? Sind intelligente Lösungen nicht weitaus sinnvoller als chemische Keulen? Wollen Sie, sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat riskieren, dass es Ihnen geht wie die Firma Agfa, die zu lange an alten Techniken festhielt und dann den Anschluss verpasst hat? Können Sie sich auf Dauer das „Bienenkiller-Image“ noch leisten? Können Sie das verantworten?

Deshalb an alle Aktionäre: Zeigen Sie Flagge und stimmen Sie gegen eine Entlastung des Vorstandes.

Vielen Dank.

[EDCs SWB] Hormongifte

CBG Redaktion

Politik & Einfluss

Hormon-ähnliche Chemikalien von BAYER & Co.

Eine globale Bedrohung

Chemikalien haben viele gesundheitsgefährdende Eigenschaften. Eine der unheimlichsten: Manche Substanzen wirken ähnlich wie bestimmte körpereigene Stoffe und können damit den menschlichen Organismus gehörig durcheinanderwirbeln. So gleichen bestimmte Pestizide, Weichmacher oder andere Produkte wie etwa Bisphenol A in ihrem chemischen Aufbau Hormonen. Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Unfruchtbarkeit und andere Gesundheitsstörungen beschreiben MedizinerInnen als mögliche Folge. Darum will die EU die VerbraucherInnen besser vor diesen Produkten von BAYER & Co. schützen, aber die Konzerne torpedieren das nach Kräften. Ein Lehrstück in Sachen „Lobby-Arbeit“.

Von Jan Pehrke

Hormone sind die Botenstoffe des Körpers. Sie erfüllen damit eine wichtige Aufgabe in seinem Regulationssystem. Die biochemischen Substanzen steuern beispielsweise das Knochen-Wachstum, den Zucker- und Fett-Stoffwechsel, die Verdauung und die Sexualentwicklung. Stört nun etwas die Signal-Übertragung, so kommen falsche Botschaften an, was die Abläufe gehörig durcheinanderwirbeln kann. Und als solche „Störer“ – sogenannte endokrine Disruptoren (EDs) – hat die Wissenschaft seit einiger Zeit bestimmte Chemikalien ausgemacht. Viele dieser Substanzen gleichen in ihrem Aufbau nämlich Hormonen und haben deshalb ein beträchtliches Irritationspotenzial. Die mögliche Folge: Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Fettleibigkeit, Dysfunktionen des Nerven- und Immunsystems sowie Herz-, Leber- und Gebärmutter-Leiden.
Der Leverkusener Multi hat eine ganze Menge dieser Stoffe im Angebot. Und manche davon wie etwa das Antiraupen-Mittel RUNNER sollen sogar hormonelle Effekte entfalten. Es zählt nämich zu den Insekten-Wachstumsregulatoren, die BAYERs europäischer Lobbyverband „European Crop Protection Association“ (ECPA) wie folgt beschreibt: „Pheromone und Insekten-Wachstumsregulatoren werden im Pflanzenschutz speziell wegen ihrer Wirkungsweise als endokrine Disruptoren eingesetzt, um den Fortpflanzungsprozess zu stören oder den Lebenszyklus der Insekten zu verkürzen.“

Bei anderen Agro-Giften des Konzerns fällt die Beeinträchtigung des Hormonsystems hingegen eher in die Rubrik „Risiken und Nebenwirkungen“. Dies ist auch bei den anderen Substanzen mit hormon-ähnlichen Eigenschaften aus der Produktpalette des Global Players der Fall wie z. B. bei Weichmachern oder der Industrie-Chemikalie Bisphenol A, von welcher der Pharma-Riese allein im Jahr 2011 rund 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr herstellte.

Bereits seit den 1990er Jahren warnen WissenschaftlerInnen vor den Gefahren, die durch endokrine Disruptoren drohen. Die Politik blieb jedoch lange untätig. Die Europäische Union brachte 1999 zwar eine „Strategie für Umwelthormone“ auf den Weg, erkannte aber erst in der Dekade nach dem Jahrtausend-Wechsel Handlungsbedarf, wie die französische Publizistin Stéphane Horel in ihrem Buch „Intoxication“ ausführt. Im Rahmen der Neuordnung der Pestizid-Zulassungen nahm die EU 2009 auch die hormonelle Wirkung der Ackergifte in den Blick. Das Europäische Parlament sprach sich dabei für ein Verbot der entsprechenden Substanzen aus. Zu einer entsprechenden Regelung in der „Verordnung 1107/2009“ kam es damals jedoch nicht. Diese sollte erst per Nachtrag erfolgen, wenn die Europäische Kommission genaue Kriterien zur Bestimmung der EDs entwickelt hatte. Bis Ende 2013 gaben die ParlamentarierInnen ihr dafür Zeit.
Mit der Detail-Arbeit betraute die Kommission dann – vorerst – die „General-Direktion Umwelt“. Diese beauftragte zunächst eine Gruppe von WissenschaftlerInnen mit einer Untersuchung zum Forschungsstand in Sachen „hormon-ähnliche Chemikalien“. Anfang 2012 lag der Report „State of the Art Assessment of Endocrine Disrupters“ schließlich vor. Er bescheinigte den Stoffen einmal mehr gesundheitsschädigende Eigenschaften. Diese „rechtfertigen es, die endokrinen Disruptoren als ebenso besorgniserregende Substanzen anzusehen wie krebserregende, erbgutschädigende und reproduktionstoxische Produkte“, hält die Studie fest. Die ForscherInnen schlugen deshalb vor, eine eigene Kategorie für RUNNER & Co. zu schaffen und diese auch nicht wie andere potenziell gefährliche Hervorbringungen der Industrie nach der Wirkstärke zu beurteilen. Ein solches Kriterium erlaubt den WissenschaftlerInnen zufolge nämlich keine Rückschlüsse auf das von den EDs ausgehende Gesundheitsrisiko. Die Dosis macht das Gift – eben das trifft auf die endokrinen Disruptoren nicht zu, weshalb nach Meinung der AutorInnen auch Grenzwerte nicht vor deren Gefahren schützen. Der an der Expertise beteiligte Andreas Kortenkamp hatte das schon 2002 in einem Experiment nachgewiesen. Er mischte Polychlorierte Biphenyle, wie sie BAYER bis zu ihrem Verbot im Jahr 1989 massenhaft produzierte, Bisphenol A und sechs weitere Chemikalien zusammen, die für sich genommen nicht östrogen wirken, und erhielt ein überraschendes Ergebnis. „0 + 0 + 0 + 0 + 0 + 0 + 0 + 0 = 8“ lautete das Resultat. Also das glatte Gegenteil eines Nullsummenspiels. „Etwas, das aus dem Nichts entsteht“, fasste Kortenkamp den beunruhigenden Befund zusammen. „Schädliche chemische Stoffe in Produkten des täglichen Bedarfs müssen verboten werden. Die Gesundheit steht über dem wirtschaftlichen Interesse“, forderte der Toxikologe deshalb später in einem Zeitungsartikel.

Die unter seiner Federführung entstandene Untersuchung für die General-Direktion Umwelt alarmierte die Industrie und trieb sie zu einer beispiellosen Lobby-Offensive, in der BAYER eine Hauptrolle einnahm. Zudem machten noch zahlreiche große Organisationen Druck. So setzte die CEFIC, der europäische Verband der Chemie-Industrie, die endokrinen Disruptoren ganz oben auf seine Liste mit den „Lobbying-Schlüsselthemen“. Und die CEFIC kann sich diesem Schlüsselthema mit einiger Macht widmen: Sie ist mit ihren 29.000 Mitgliedsfirmen die größte europäische Unternehmensvereinigung, hat in Brüssel 150 Beschäftigte und verfügt über einen Jahresetat von 40 Millionen Euro. Damit nicht genug, opponierten noch weitere Verbände der Konzerne gegen allzu weitreichende Regulierungspläne. Zu ihnen zählten etwa die ECPA, der Zusammenschluss der europäischen Pestizid-Hersteller, dessen US-amerikanisches Pendant „Croplife“, das „American Chemistry Council“ und „Plastic Europe“ mit Patrick Thomas an der Spitze, dem Chef der BAYER-Tochter COVESTRO.
Zunächst heuerten BAYER & Co. willige WissenschaftlerInnen an, um Zweifel am Kortenkamp-Report zu säen.

Der vom „American Chemistry Council“ bestellte und bezahlte Text erschien dann Ende Mai 2012 in der Fachzeitschrift Criticial Reviews in Toxicology. Schon ein Blick auf die deklarierten Interessenskonflikte genügt, um sich eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Kritik, die sich hauptsächlich auf Fragen der Methodik konzentriert, zu ersparen. Alle sechs Autoren verfügten nämlich über beste Connections zu den Multis. Sie arbeiteten beispielsweise als Berater für die BASF oder das „American Chemistry Council“ und veröffentlichten in Tateinheit mit ForscherInnen von BAYER, DUPONT oder MONSANTO Artikel.
Einen ersten Zwischenerfolg erzielten die Konzerne schon bald darauf. Hatten die Unternehmen schon länger daran gearbeitet, den Einfluss der General-Direktion Umwelt zu begrenzen und industrie-freundlicheren EU-Organisationen mehr Gewicht in dem Prozess zukommen zu lassen, so konnten sie im Oktober 2012 Vollzug melden. Die Europäische Kommission übertrug der „Europäischen Behörde für Lebensmittel-Sicherheit“ (EFSA) die Aufgabe, ein wissenschaftliches Gutachten zur Identifizierung und zur Bewertung der endokrinen Disruptoren zu verfassen. Und die Agentur, deren MitarbeiterInnen mehr als einmal mit ihren Beziehungen zur Wirtschaft in die Schlagzeilen geraten waren, versuchte ihrem schlechten Ruf bereits von Anfang an gerecht zu werden: In der von ihr berufenen Arbeitsgruppe befanden sich nämlich überhaupt keine Hormon-SpezialistInnen. Das Ergebnis fiel entsprechend aus: „EDs können wie alle anderen den Menschen und die Umwelt gefährdenden Substanzen behandelt werden.“ Eine Beurteilung nicht einzig nach dem Gefahren-Potenzial, sondern überdies nach dem üblichen Kriterium der Wahl, dem Risiko-Potenzial, schlug die EFSA deshalb vor.

Endokrine Disruptoren fallen für die Agentur also nicht aus dem Rahmen dessen, was sonst so an schädlichen Chemikalien aufläuft, und der Umgang mit diesen kann ihr zufolge daher auch weitgehend in dem bisherigen Rahmen stattfinden. Das war natürlich ganz im Sinne der Industrie. Besonders die Zurückweisung des Gefahren-Ansatzes als einzigem Maßstab zur Beurteilung der EDs fand den Gefallen der Multis. Eine Prüfung der Stoffe auf der Grundlage der Gefahr unterscheidet sich nämlich maßgeblich von einer solchen auf der Grundlage des Risikos. Eine Bewertung anhand der Gefahr nimmt allein die Eigenschaften des Produkts an sich in Blick, eine anhand des Risikos berücksichtigt indes das Ausmaß, in dem Mensch, Tier und Umwelt der Chemikalie ausgesetzt sind. Während die Gefahr einer Substanz also immer absolut gilt und keine Grenzen kennt, ist das Risiko immer relativ. Es ist unter anderem von der Wirkstärke abhängig, und als Maß der Dinge kommt so der Grenzwert ins Spiel, der das Höchstmaß der Belastbarkeit anzeigt. Solche Limits träfen auf die – zähneknirschende – Zustimmung von BAYER & Co., erlaubten diese ihnen doch zumindest, ihre Waren, wenn auch mit mehr oder weniger großen Beschränkungen, auf dem Markt zu halten. Das gelänge bei einer Inventur unter der Maßgabe der Gefahr nicht. Danach müssten etwa alle als EDs identifizierte Acker-Gifte mit einem Verbot rechnen.
Und genau dieses, was der Kortenkamp-Report, ganz im Sinne der Pestizid-Richtlinie von 2009, nahelegte, indem er den endokrinen Disruptoren einen Sonderstatus zuschrieb und das Prinzip der Wirkstärke als Richtschnur für die Bewertung ablehnte, stellte die EFSA jetzt zur Disposition. Die Behörde tat dies wider besseren Wissens, war sie doch kurz vor dem Veröffentlichungsdatum noch drauf und dran, alles zu revidieren. Dass zwei Uno-Organisationen den Stand der Wissenschaft so ganz anders wiedergegeben hatten als sie selber und von den endokrinen Disruptoren als einer „globalen Bedrohung“ sprachen, hatten sie nämlich ins Zweifeln gebracht. „Ich denke, dass wir unseren Bericht (...) leider umarbeiten müssen, damit er besser reflektiert, was der Rest der Welt denkt“, e-mailte ein Mitglied der Arbeitsgruppe aufgestört. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der EFSA schlug indessen vor, wenigstens das Kapitel „Schlussfolgerungen“ zu ändern. Aber am Ende blieb doch alles, wie es war.

Die GD Umwelt hatte also allen Grund, an ihrem umfassenderen Schutz-Ansatz festzuhalten. Das allerdings rief BAYER auf den Plan. Der Leverkusener Multi gelangte vorzeitig in den Besitz des entsprechenden Papiers der GD Umwelt – ein Vertrauter bei der Kommission hatte es dem Chemie-Verband CEFIC durchgesteckt – und setzte im Juni 2013 einen Brief an die stellvertretende Generalsekretärin der EU-Kommission, Marianne Klingbeil, auf. „Die DG ENV (= GD Umwelt, Anm. SWB) favorisiert gegenwärtig ein Konzept, welches durchgängig auf der Basis des Vorsorge-Prinzips konstruiert worden ist (Hazard assessment). Dies bedeutet eine fundamentale Abkehr von den Prinzipien der Risiko-Bewertung und wird in Konsequenz weitreichende, gravierende Auswirkungen auf die Chemie-Branche und Agrar-Industrie (vor allem wegen der bei Pflanzenschutzmitteln angewandten cut-off-Kriterien, die einen Verlust der Zulassung bedingen), nach sich ziehen“, zeigte sich der Pharma-Riese alarmiert. Mehr als 37 Pestizide sieht er von einem Verbot bedroht. Allein der Bann der Antipilz-Mittel aus der Gruppe der Triazole, zu denen etwa die BAYER-Produkte PROVOST OPTI, FOLICUR und NATIVO gehören, würde zu einem Produktivitätsrückgang von 20 Prozent und zu Ernte-Verlusten bis zu 40 Prozent führen, rechnet der Konzern unter Bezugnahme auf zwei Studien vor. Mit Verweis auf die EU-Maxime der „Better regulation“ fordert er die Kommission deshalb auf, bei ihrer Entscheidung über die endokrinen Disruptoren die Auswirkungen auf die Wirtschaft mit zu berücksichtigen und ein sogenanntes Impact Assessment durchzuführen.

Und Brüssel erhörte die Signale. Statt wie vorgesehen 2013 die Kriterien zur Beurteilung der EDs vorzulegen, kündigte die Europäische Kommission erst einmal eine solche ökonomische Folge-Abschätzung an. Der Leverkusener Multi gab sich damit aber nicht zufrieden. Hatte er bereits vor dem Brief an Marianne Klingbeil gemeinsam mit BASF und SYNGENTA ein Scheiben an die EU verfasst und sich darin besorgt gezeigt, die Kriterien zur Bestimmung der endokrinen Disruptoren könnten ihren „komplett sicheren“ Pestiziden den Garaus machen, so setzte er in Tateinheit mit mehreren anderen Konzernen Mitte Oktober 2013 erneut ein Schriftstück auf. Darin gingen die Absender das Vorsorge-Prinzip von einer anderen Seite her an. Sie wollten es nun durch ein „Innovationsprinzip“ ergänzt wissen. Ein Gleichgewicht zwischen Gesundheitsschutz und Innovationsförderung sollte Brüssel nach Meinung der Vorstandschefs anstreben, denn: „Innovationen sind per definitionem mit Risiken verbunden.“

Damit endeten die Lobby-Aktivitäten von BAYER & Co. aber noch bei Weitem nicht. So brachte der willige Wissenschaftler Daniel Dietrich, der immer wieder gerne gemeinsam mit den ForscherInnen von BAYER, DOW oder ASTRAZENECA Studien publiziert, in der Fachzeitschrift Toxicology Letters einen höhnischen Artikel über die mit den endokrinen Disruptoren verbundenen Ängste unter. Darin deklarierte er forsch die den EDs zugeschriebenen Fruchtbarkeitsschädigungen wie etwa die Minderung der Samen-Qualität zu Symptomen einer männlichen Hysterie. „Man kann sich fragen, ob das ganze Thema ‚EDs’ nicht eher in die Kompetenz von Dr. Sigmund Freud fällt als in die der Toxikologie“, meinten Dietrich und seine Co-Autoren. Auf kaum höherem Niveau argumentierten die Konzerne und ihre Vorfeld-Organisationen.

Die CEFIC etwa griff in ihren zahlreichen Eingaben zum Standard-Argument der Industrie und bestritt den Kausal-Zusammenhang zwischen Substanz und Nebenwirkungen. Stattdessen führte die Organisation andere mögliche Ursachen ins Feld wie Umwelteinflüsse und Lebensführung. Zudem erklärte sie die Symptome für reversibel. Allen Ernstes führte sie dafür in einem Schreiben an die EU Horror-Filme als Beispiel an. Diese riefen auch hormonelle Reaktionen des Körpers hervor, allerdings klängen diese bald wieder ab, so die CEFIC.
BAYER versuchte darüber hinaus noch, die LandwirtInnen gegen eine allzu weitreichende Regulation der endokrinen Disruptoren zu mobilisieren. Der Leverkusener Multi entwarf ein Horror-Szenario von Ernte-Verlusten durch bald nicht mehr erhältliche Pestizide und rief die FarmerInnen dazu auf, sich an den Konsultationen Brüssels zu den EDs zu beteiligen. Darüber hinaus ließ der Global Player seine Beziehungen spielen, um direkt mit Karl Falkenberg, dem Leiter der GD Umwelt, ins Gespräch zu kommen. Der heute beim Berliner „Global Forum for Food and Agriculture“ tätige Eckart Guth bat seinen früheren EU-Kollegen Falkenberg um eine Zusammenkunft mit dem BAYER-Manager Franz Eversheim. „Lieber Karl, ich schreibe dir, um dich zu bitten, Herrn (Name in dem EU-Dokument geschwärzt, Anm. SWB) zu treffen, den Leiter Public and Government Affairs Europa von BAYER CROPSCIENCE. Wir haben vor einiger Zeit beim Bier nach dem Tennis über das zur Diskussion stehende Thema gesprochen. Aber ich fürchte, es ist zu ernst, um es dabei belassen zu können. Darum würde ich dir vorschlagen, Herrn (geschwärzt, Anm. SWB) zu treffen, den ich in institutionellen Angelegenheiten berate“, hieß es in dem Schreiben. Und das zur Diskussion stehende Thema, das waren die Kriterien zur Bestimmung der endokrinen Disruptoren. Ob es dann auch wirklich zu dem Tête-à-Tête gekommen ist, das vermochte Stéphane Horel nicht herauszubekommen, dennoch zeigt das Dokument sehr gut, wie Lobbyismus in Brüssel so funktioniert.

2013 brachten es BAYER & Co. allein in der zweiten Juni-Hälfte auf sechs Treffen mit EU-Offiziellen; rund 30 Mails der Industrie liefen in diesem Zeitraum auf. Sogar den Profi-AntichambrierInnen von der ECPA begann das alles über den Kopf zu wachsen. Der Druck von Seiten der Mitgliedsfirmen sei „enorm“, schütteten sie Peter Korytar von der GD Umwelt ihr Herz aus. Dazu kam noch Unterstützung aus Übersee. „Croplife America“, der US-Verband der Pestizid-Produzenten, und das „American Chemistry Council“ übten Druck auf die EU-Repräsentanz in Washington aus, weil sie sich Sorgen um ihre Agrogift-Exporte machten. Darum setzten sie die Pläne der EU in Sachen „endokrine Disruptoren“ auch auf die Agenda der TTIP-Verhandlungen. Als mögliches Handelshemmnis und ein konkretes Beispiel für Reform-Bedarf bei der Regulierungszusammenarbeit galten diese den US-amerikanischen Verbänden.
All das ließ die EU-Kommission nicht ungerührt. Sie entzog schließlich der GD Umwelt die Verantwortung in dem Prozess und verschleppte die Arbeit an den Kriterien für die Bestimmung der ED-Kriterien immer mehr. So sehr, dass Schweden schließlich der Kragen platzte. Das Land verklagte die Kommission wegen Untätigkeit und bekam im März 2016 auch Recht zugesprochen.

Nun mussten Juncker & Co. endgültig liefern. Und Mitte Juni taten sie es schließlich. Die Europäische Kommission unterrichtete das Europäische Parlament und den Europäischen Rat „über endokrine Disruptoren und die Entwürfe der Kommissionsrechtsakte zur Festlegung der wissenschaftlichen Kritierien für ihre Bestimmung im Kontext der EU-Rechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel und Biozid-Produkte“.

Bei der Definition der EDs verzichtet die Kommission auf die umstrittenen Kategorie der Wirkstärke, sie greift zur Freude von BAYER & Co. „wohl aber bei der Bewertung des tatsächlichen Risikos, das von endokrinen Disruptoren ausgeht“, auf diese zurück. Und noch eines weiteren „aber“ bedient Junckers Riege sich. Sie will die Verbotsanordnungen grundsätzlich zwar auf der Grundlage des Gefahren-Ansatzes verhängen und nicht dem Risiko-Relativismus frönen, der sich am dem Maß der ED-Dröhnung orientiert, allein: „Es gibt jedoch einige begrenzte Ausnahmen“. Zu diesen zählt die Kommission ein vernachlässigbares Risiko, eine vernachlässigbare Exposition, sozio-ökonomische Gründe und ernste Gefährdungen der Pflanzen-Gesundheit. Eine ganz schön große Auswahl für die Konzerne – da hatte das die wirtschaftlichen Folgen der ED-Regulierung abschätzende „Impact Assessment“ seine Wirkung offensichtlich nicht verfehlt.

Dementsprechend hart fiel das Urteil von Umweltverbänden und Fachwelt aus. „Das Vorsorge-Prinzip wird durch die Vorschläge mit Füßen getreten“, konstatiert etwa das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN). Hätte ursprünglich der Beleg einer hormon-schädlichen Eigenschaft für eine Regulierung ausgereicht, so müsse nun die Relevanz eines schädlichen Effekts beim Menschen tatsächlich nachgewiesen sein“, moniert die Initiative. Zudem kritisiert PAN die Erweiterung der Ausnahme-Bestimmungen für hormon-aktive Pestizide, die jetzt im Umlauf bleiben dürfen, wenn sie eine bestimmte Schwelle nicht überschreiten. Als „ganz im Sinne der Pestizid- und Chemie-Industrie“ und „Vorboten von CETA und TTIP“ bezeichnet die PAN-Aktivistin Susanne Smolka die Vorschläge der EU. Die Wissenschaftsvereinigung „Endocrine Society“ lehnt den vorgelegten Entwurf ebenfalls ab. „In Bezug auf die endokrinen Disruptoren noch strengere wissenschaftliche Maßstäbe anzulegen als in Bezug auf die Karzinogene, für die sie schon sehr streng sind, wäre ein Schritt in die falsche Richtung“, so Rémy Slama. Auch das Umweltbundesamt zeigt sich enttäuscht: „Damit verlässt die EU den gefahren-basierten Ansatz, den wir fordern.“ Während bundesdeutsche PolitikerInnen sich mit Kommentaren zurückhielten, bezeichnete die französische Umweltministerin Ségolène Royal die Vorlage aus Brüssel als „extrem enttäuschend“. Gemeinsam mit ihren KollegInnen aus Schweden und Dänemark setzte sie deshalb einen Brief an Jean-Claude Juncker auf, der ein generelles Verbot von endokrinen Disruptoren in Pestiziden zur Forderung erhob.
Die Industrie ließ sich indessen ihre Freude nicht anmerken. Aus taktischen Gründen zog sie es vor, gleichfalls in den Chor der KritikerInnen einzufallen, um die Vorlage der EU als goldenen Mittelweg erscheinen zu lassen und ihre erfolgreiche Lobby-Arbeit nicht durch eine Geste des Triumphalismus zu gefährden.

Die ECPA richtete ihren Tunnelblick einzig auf die Ausnahme-Regelungen und empfand diese als ungenügend. Aus diesem Grund krittelte der Pestizid-Verband an den Kriterien herum, die sich seiner Ansicht nach etwas risiko-freudiger hätten zeigen sollen, statt nur der Gefahr ins Auge zu sehen. „Eine Regulierung durch Ausnahmen ist weder akzeptabel noch wissenschaftlich. Wenn man immer mehr Ausnahmen schaffen muss, ist das ein Anzeichen dafür, dass mit den Kriterien etwas nicht stimmt“, meinte ECPA-Sprecher Graeme Taylor. Der „Verband der Chemischen Industrie“ zeigte sich ebenfalls demonstrativ verstimmt. „Die Kriterien taugen in der Praxis nicht zu einer verlässlichen Unterscheidung in schädliche und harmlose Stoffe“, konstatierte er. Harmlose Substanzen gibt es unter den Chemikalien mit hormoneller Wirkungen nach Ansicht der Lobby-Organisation von BAYER & Co. nämlich wirklich. „Eine sichere Handhabung hormon-aktiver Stoffe ist möglich“, befand der Verband und plädierte einmal mehr für eine Regulierung mit Hilfe von Grenzwerten nach Maßgabe der Wirkstärke der EDs. Und dienten seinem europäischen Pendant CEFIC noch Horror-Filme als Beispiele für hormonell Wirksames mit geringer Halbwertzeit, so rekurriert der bundesdeutsche Chemie-Verband nun auf Vitamin D und Koffein als Substanzen, die unterhalb bestimmter Konzentrationen keine Irritationen im Hormon-System hervorrufen.

Lob erntete Brüssel kaum. Nur das „Bundesinstitut für Risiko-Bewertung“ (BfR) tat sich wieder einmal unrühmlich hervor. Hatte sich das Institut, in dessen Kommissionen VertreterInnen von BAYER, BASF und anderen Konzernen sitzen, schon in Sachen „Glyphosat“ als Anwalt von Unternehmenspositionen hervorgetan, so ging es nun auch d’accord mit dem EU-Entwurf zu den EDs. „BfR begrüßt wissenschaftliche Kriterien der EU-Kommission für die Identifizierung endokriner Disruptoren“, überschrieben die Risiko-BewerterInnen ihre Pressemeldung. Kunststück: Die Bundeseinrichtung hatte in ihren Einfluss in dem ganzen Prozess immer wieder geltend gemacht. So saßen BfR-VertreterInnen etwa in der EFSA-Arbeitsgruppe, welche keinen prinziellen Unterschied zwischen den endokrinen Disruptoren und anderen Chemikalien machen wollte. Darüber hinaus betonte das Bundesinstitut schon früh „die große ökonomische Tragweite“ der Entscheidung über die hormonellen Substanzen und trat deshalb bei der Kommission immer für Grenzwerte statt für Totalverbote ein.

In der belgischen Hauptstadt geht jetzt erst einmal alles seinen EU-bürokratischen Gang. Andere Gremien müssen sich mit dem Kommissionsentwurf befassen, was noch zu einigen Konflikten führen dürfte. BAYER & Co. haben sich dafür schon einmal in Stellung gebracht und im Falle eines missliebigen Ergebnisses sogar mit gerichtlichen Auseinandersetzungen gedroht. Aber auch die Initiativen haben bereits mit Aktionen begonnen. So hat das PESTIZID AKTIONS-NETZWERK eine Unterschriften-Aktion an den Start gebracht. Und die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wird ebenfalls nicht untätig bleiben.

[Tribunal] Redebeiträge HV 2017

CBG Redaktion

René Lehnherr (MONSANTO-Tribunal) Die Folgen des Tribunal-Votums für BAYER

Sehr geehrter Herr Baumann, sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre,

Ich werde mich kurz vorstellen: Mein Name ist René Lehnherr und ich bin Mitglied des Organisationskomitees des Monsanto-Tribunals. Ich bin Schweizer und seit 20 Jahren wohnhaft in Amsterdam. Sohn eines Bergbauern. Vater von 3 Kindern, und das ist auch meine Motivation für dieses Engagement, meinen Kindern und den folgenden Generationen einen gesunden und intakten Planeten zu hinterlassen. Beruf: IT-Spezialist.

Ich habe vier Fragen an Herrn Werner Baumann:

Erste Frage:
Am 15. und 16. Oktober 2017 fand in Den Haag das internationale Monsanto-Tribunal statt. Fünf renommierte, aktive Richter aus Kanada, Mexico, Belgien, Senegal und Argentinien befragten 30 Zeugen und Experten aus fünf Kontinenten zu den Vergehen von Monsanto. Präsidiert wurde das fünfköpfige Gremium von Richterin Françoise Tulkens, ehemalige Vizepräsidentin des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
Dabei ging es darum zu klären, ob Monsanto auf den folgenden 6 Gebieten gegen Recht verstossen hat: Recht auf eine gesunde Umwelt, Recht auf Gesundheit, Recht auf Nahrung, freie Meinungsäusserung und wissenschaftliche Forschungsfreiheit, Tatbestand des Ökozids, also Verbrechen gegen die Natur und Beihilfe zu Kriegsverbrechen
Dabei haben sich die Richter streng an die Regeln für internationale Gerichtsverfahren gehalten. Dazu stützten sie sich unter anderem auf die UNO-Leitprinzipen für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 und auf das Römische Statut zur Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs (ISG).
Die Fülle des auszuwertenden Materials war so umfangreich das die Richter ihr Gutachten erst 6 Monate danach am 18. April 2017 in Den Haag der Öffentlichkeit vorstellen konnten. Dabei kamen sie zum Schluss, dass Monsanto auf 5 Gebieten bestehendes Recht verletzt hat. Wäre der Strafbestand des Ökozids schon in den Gesetzgebungen verankert, könnte Monsanto ausserdem auch wegen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgt werden. Das 50-seitige Gutachten der Richter, dass für tausende von Anwälten weltweit in Zukunft ein wichtiges und effizientes juristisches Instrument sein wird, um diese Art Verbrechen zu ahnden, kann in verschieden Sprachen auf der Webseite: www.monsanto-tribunal.org eingesehen werden.

Frage:
Wir hatten Sie Herr Baumann schriftlich eingeladen, dem Tribunal beizuwohnen, um ein Bild davon zu bekommen, was Sie sich mit Monsanto höchstproblematisch einkaufen. Haben sie die Einladung deswegen ignoriert, weil Sie sich der Vergehen von Mansonto schon bewusst waren und deshalb auch Glyphosat in den Medien als vollkommen harmlos darstellen?

Zweite Frage:
Im Juni 2016 erklärten Sie in den Medien, dass Sie nicht nur den Dialog mit den Aktionären suchen, sondern auch mit kritischen NGOs. Daraufhin haben wir Ihnen einen Brief geschrieben mit einigen Fragen zur geplanten Fusion Bayer-Monsanto und haben Sie um ein Gespräch gebeten, in der Annahme, dass Sie wirklich den Dialog suchen. Allerdings bekamen wir in Form eines nichtssagenden Standardbriefes eine Absage von Ihnen. Gesprächspartner wären zum Beispiel der Schweizer Biologe Dr. Hans Rudolf Herren, Träger der alternativen Nobelpreises und Koautor des Weltagrarberichtes von 2008, der von der Weltbank in Auftrag gegeben wurde gewesen und Renate Künast, ehemalige Landwirtschaftsministerin ihres Landes.

Frage:
Gehen wir recht in der Annahme, dass ihre in den Medien geäusserte Dialogbereitschaft nur eine PR – Aktion von Ihnen war, um die Öffentlichkeit „ruhigzustellen“?

Dritte Frage:
Sie mögen ja den Dialog mit den Aktionären gesucht haben, aber von der Kaufentscheidung wurden Aktionäre und Grossaktionäre zu ihrem Unmut ausgeschlossen.

Frage:
Hatten Sie Bedenken, das weitsichtige Grossaktionäre zu einer anderen Lageeinschätzung gekommen wären, Ihnen die Gefolgschaft verweigert hätten, weil sie sich kein trojanisches Pferd ins Haus holen wollten und Sie diese Entscheidung deshalb putschartig konzern-intern fällen mussten.

Vierte Frage:
Die umfassende Dokumentation der durch Monsanto hervorgerufenen Umweltschäden, die im Rahmen des Monsanto-Tribunals entstanden ist, wird in den kommenden Monaten Teil einer noch breiteren weltweiten Studie zur Erfassung und Evaluation der durch Monsanto entstandenen Schäden in den letzten 60 Jahren sein. Dabei sollen vor allem auch die Langzeitschäden an Gesundheit und Natur berücksichtigt werden. Diese Sammelstudie wird anschliessend von einem Komitee renommierter Ökonomen bilanziert und als globale Schadensumme bekanntgegeben. Schon heute haben einige konsultierte Experten geschätzt, dass die Summe der Schäden den Fusionspreis bei weitem übersteigen könnte. Diese Studie könnte dann im Anschluss als Basis dienen, um weitere Sammelklagen gegen Monsanto einzuleiten.

Frage: Denken Sie Herr Baumann, sie können ihren Aktionären zumuten, neben dem hohen Kaufpreis für Monsanto zusätzliche Rückstellungen für Schadensersatzforderungen in zwei bis dreistelliger Milliardenhöhe bereitzustellen?

Oder hoffen Sie darauf, dass dasselbe passiert wie bei der Katastrophe von Bhopal? Damals, 1984, sind im indischen Bhopal tausende von Menschen bei einer Giftgaskatastrophe gestorben, hunderttausende wurden schwer verletzt. Wegen wechselnder Besitzverhältnisse durch eine Fusion waren die Haftungsverhältnisse unklar und keines der beteiligten Unternehmen konnte zur Rechenschaft gezogen werden.

Sehr geehrter Herr Baumann, sehr geehrter Vorstand, sehr geehrte Damen und Herren Aktionäre, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

[Lateinamerika ] Presse-Information CBG 24.05.19

CBG Redaktion

Lateinamerika-Konferenz setzt falsche Schwerpunkte

Das fatale Treiben von BAYER & Co. gehört auf die Agenda!

Am kommenden Dienstag findet in Berlin die Lateinamerika/Karibik-Konferenz statt. Über 20 AmtskollegInnen erwartet Bundesaußenminister Heiko Maas im Weltsaal des Auswärtigen Amts. Erklärtes Ziel der Veranstaltung ist es, die Partnerschaft zu den betreffenden Nationen auszubauen. Die Region sei „zu lange aus unserem Blick geraten“, betont der SPD-Politiker. Vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet strebt er eine Vertiefung der Beziehungen an: „Lateinamerika, die Karibik und Europa dürfen nicht zum Kollateralschaden des Handelsstreits zwischen USA und China werden.“

Aber auch darüber hinaus hat das gesteigerte Interesse für den Raum vor allem geopolitische und geoökonomische Gründe. Die Bundesregierung registriert misstrauisch den wachsenden Einfluss Chinas auf dem südamerikanischen Kontinent. Zudem sieht sie sich durch Donalds Trumps „America First“-Politik dazu veranlasst, nach neuen Bündnispartnern auf internationalem Parkett und nach alternativen Absatz-Gebieten für die deutsche Industrie Ausschau zu halten.

Dieses Programm droht die schon bestehenden Ungleichgewichte im Handel Deutschlands gerade mit den großen südamerikanischen Ländern wie Brasilien und Argentinien noch einmal zu verstärken. Dabei wirkt sich die Geschäftspolitik bundesdeutscher Konzerne wie BAYER und BASF in diesen Staaten bereits jetzt verheerend aus. Beide Agro-Riesen haben einen großen Anteil an den fatalen Folgen der dort im Großmaßstab betriebenen Landwirtschaft. Die Zahl der Pestizid-Vergiftungen steigt von Jahr und Jahr, und die Soja-Plantagen fressen sich immer weiter in den für das Klima so wichtigen Regenwald hinein und gefährden damit auch die Lebensgrundlage der indigenen Völker.

„Deutsche Unternehmen wie BAYER und BASF treiben in Lateinamerika rücksichtslos das agro-industrielle Modell mit seinen Pestiziden, Gentech-Pflanzen und Monokulturen voran. Noch dazu bedienen sie sich dabei einer Politik der doppelten Standards. Viele Chemikalien, die auf unseren Feldern landen, dürfen in Europa wegen ihrer Giftigkeit gar nicht mehr vermarktet werden. Solche Themen müsste Heiko Maas in Berlin auf die Agenda setzen“, fordert Alan Tygel von der brasilianischen PERMANENTEN KAMPAGNE GEGEN AGRARGIFTE UND FÜR DAS LEBEN.

Auf der BAYER-Hauptversammlung am 26. April hatte Tygel dem Vorstand des Global Players die detaillierte Schadensbilanz präsentiert: In Brasilien erhöhte sich die Zahl der von Glyphosat & Co. verursachten Vergiftungen von 2.726 im Jahr 2007 auf 7.200 im Jahr 2017. Über 2.000 Sterbefälle registrierten die Behörden in diesem Zeitraum. Darüber hinaus kritisierte der Computer-Spezialist die politischen Interventionen des Leverkusener Multis: „Im Jahr 2018 dann waren es das große Agro-Business und die multinationalen Gift-Konzerne, die entscheidend dazu beigetragen haben, dass dieser rechtsextreme Präsident, der heute Brasilien regiert, an die Macht kam. Im Gegenzug wurden in den ersten 100 Tagen seiner Regierung 152 neue Agrar-Gifte (...) für den Verkauf freigegeben.“

In Argentinien stellt sich die Lage ähnlich dar: Tausende Pestizid-Vergiftungen pro Jahr, zahlreiche in der Europäischen Union nicht (mehr) zugelassene Agro-Chemikalien auf den Äckern sowie Grenzwerte, die um ein Vielfaches über denen der EU liegen. Und auch in Buenos Aires üben die Multis viel Druck auf die Regierung aus. „Da geht es um milliarden-schwere Interessen“, konstatiert die Aktivistin Sabrina Ortiz, deren 6-jähriger Sohn an einer Glyphosat-Vergiftung laboriert. Momentan versuchen die Unternehmen, ein Paragrafen-Werk zu lancieren, das die freie Verwendung von Saatgut unterbindet und dem Patent-Regime zur Geltung verhilft. Das „BAYER-MONSANTO-Gesetz“ hat die Öffentlichkeit die Vorlage vielsagend getauft, auf dessen Verabschiedung BAYERs Argentinien-Chef Christophe Dumont dringt. „Die derzeitige Rechtslage ist weder an die moderne Welt noch an den Fortschritt der Biotechnologie angepasst (...) Wir brauchen so schnell wie möglich einen Rechtsrahmen, der es den Unternehmen ermöglicht, eine Investitionsrendite zu erzielen“, so Dumont.

„Obwohl die Bundesregierung derzeit viele Worte über den ‚regelbasierten Welthandel’ verliert, thematisiert sie solche Themen nicht. Lieber stellt sich Bundesaußenminister Heiko Maas an die Seite des brasilianischen Staatspräsidenten Jair Bolsonaro und gibt ausgerechnet mit diesem offenen Verfechter der Militär-Diktatur eine gemeinsame Erklärung ab, die sich für eine ‚Wiederherstellung der Demokratie“ in Venezuela durch den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó ausspricht“, so Axel Köhler-Schnura von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN abschließend.

[Klima-Streik] Presse-Information CBG 16.09.19

CBG Redaktion

CBG beim Klima-Streik dabei

Klima-Killer Glyphosat

Der BAYER-Konzern stößt Jahr für Jahr Millionen Tonnen Kohlendioxid aus und trägt so zum Klimawandel bei. Darum schließt sich die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) am kommenden Freitag dem Klima-Streik an, zu dem „Fridays For Future“ aufgerufen hat. „Wir gehen am 20. September in Düsseldorf auf die Straße, um den Blick darauf zu lenken, welch immensen Anteil BAYER und andere große Industrie-Betriebe an der Klima-Katastrophe haben“, so Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination.

Durch den MONSANTO-Erwerb stiegen die Kohlendioxid-Emissionen des Leverkusener Multis im Geschäftsjahr 2018 noch einmal von 3,63 Millionen auf 5,45 Millionen Tonnen an – und das, obwohl die CO2-Werte seiner neuen Tochter-Gesellschaft nicht die vollen zwölf Monate mitzählten. Sie flossen erst ab dem offiziellen Vollzug des Kaufes am 7. Juni 2018 mit in die Rechnung ein.

Einen Hauptanteil an diesem Zuwachs hat Glyphosat. Neben allem anderen ist das Pestizid auch ein veritabler Klima-Killer. Um Phosphorit aus Minen zu fördern und zu Phosphor – einem Vorprodukt des umstrittenen Herbizides – umzusetzen, braucht es nämlich einen enormen Ressourcen-Einsatz. „Mit der Übernahme von MONSANTO hat BAYER neben Standorten für die Saatgut-Produktion auch eine Rohstoff-Gewinnung für die Herstellung von Pflanzenschutzmittel-Vorprodukten übernommen, mit der eine energie-intensive Aufbereitung und Weiterverarbeitung verbunden sind“, heißt es dazu im Geschäftsbericht des Konzerns.

Instrumente wie etwa der Emissionshandel haben den Konzern bisher nicht dazu bewegen können, seine Herstellungsprozesse klima-freundlicher zu gestalten. Sie verfehlen offensichtlich ihre Lenkungswirkung. Darum sieht die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) hier Handlungsbedarf. „Die Bundesregierung darf den Maßnahmen-Katalog ihres Klima-Pakets nicht auf die Bereiche „Verkehr“ und „Wohnen“ beschränken. Sie muss BAYER und anderen Industrie-Unternehmen ebenfalls strengere Vorgaben machen“, so Köhler-Schnura abschließend.

[Aktionsbericht] Bäume, Blumen, BAYER-Gefahrstoffe

CBG Redaktion

Gartenkunst am Giftmüll

Am 16. April 2005 öffnete die Leverkusener Landesgartenschau (LAGA) ihre Pforten und lockte die BesucherInnen mit dem Slogan „Neuland entdecken“ auf das Gelände. Für die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) und andere Gruppen war das kein Grund zum Feiern, sondern zum Protestieren. Was nach Ansicht von Konzern und Stadt den krönenden Abschluss der Abdichtungsarbeiten an BAYERs Giftmüll-Deponie bildete, erschien den KritikerInnen nämlich als plumper Versuch, Gras über eine nach ökologischen Kriterien unzureichende Bau-Maßnahme wachsen zu lassen.

Ein buntes Völkchen hatte sich am Eröffnungstag der LAGA vor dem Haupteingang versammelt, um auf die unter der Grasnarbe tickende chemische Zeitbombe hinzuweisen: CBGler, Antifas in weißer Schutzkleidung, DKPler mit Gasmaske, die BUND-JUGEND, AnhängerInnen des Leverkusener Wahlbündnisses LAUF, MLPDler und Unabhängige. Der Polizei wurde es schon bald zu bunt. Sie wollte die COORDINATION mit ihrem Transparent „Neuland entdecken - Giftmüll verstecken“ außer Sichtweite der BesucherInnen auf die gegenüberliegende Straßenseite verbannen, wovon die OrdnungshüterInnen erst zähe Verhandlungen abbrachten. Der Theatergruppe der BUND-JUGEND wiesen sie einen Platz zwischen Nebeneingang und Parkplatz zu. Diese Maßnahme hatte allerdings einen unerwünschten Nebeneffekt. Nicht wenige Gartenschaulustige hielten die pantomimische Darbietung über die Stadt, den BAYER-Müll und den Tod nämlich für einen Teil des offiziellen Rahmenprogramms.

Aber da hatten sie BAYER und Leverkusen zuviel Kritikoffenheit zugetraut. Sie verfolgten mit der LAGA ganz andere Pläne. „Die Leute sollen Frieden mit dem Gelände schließen“, diese Intention verfolgt die Schau laut ihrem Geschäftsführer Hans-Max Deutschle. Leverkusens SPD-Oberbürgermeister Ernst Küchler sah in Blumen, Bäumen und Beeten sogar ein Zeichen dafür, dass BAYERs Hometown keine reine Industriestadt mehr sei und beim Strukturwandel auf einem gutem Weg. Der damals noch amtierende NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück stimmte ihm in seiner Eröffnungsrede zu und lobte, mit der LAGA sei „auf einer der größten Altlasten Europas im wahrsten Sinne des Wortes attraktives ‚Neuland‚ entstanden“. Bärbel Höhn machte im Spätherbst ihrer Zeit als Landesumweltministerin sogar ein neues „Naherholungsgebiet“ aus.

Allzu nah durfte mensch ihm jedoch nicht kommen, dann entpuppten sich die Grünflächen nämlich als potemkinische Dörfer. Auf sehr unsicherem Grund entfaltete sich die Blumenpracht. Die LandschaftsgärtnerInnen konnten keine Bäume mit tiefem Wurzelwerk einpflanzen, weil dieses bis in den Giftmüll gereicht hätte. Teilweise mussten sie bis zu acht Meter hohe Erdschichten aufschütten, um den Blumen festen, guten Mutterboden unter ihren Lebensadern zu gewähren - Natur mit beschränkter Haftung. Hochbauten gestattete die LAGA-Direktion ebenfalls nicht, und Außengastronomie nur in Leichtbauweise. Es sollten auf keinen Fall schwere Fundamente auf die Altlast drücken und so eventuell die schlafenden Chemie-Geister wecken oder den unter der Erde verlegten Versorgungsleitungen der BAYER-Anlagen in die Quere kommen.

Oberirdisch setzt das nur wenig einladende Panorama aus Überlandleitungen und Produktionsstätten des Konzerns dem „Naherholungsgebiet“ enge Grenzen. Auf dem Areal selber stören seltsame Apparaturen, nur unzureichend mit „Kunst“ verkleidet, den Gartenkunst-Genuss. Sechs Brunnen haben auf der LAGA die Aufgabe, den Pegelstand des Wassers zu kontrollieren, bei Erreichen einer bestimmten Marke könnte der Rhein sonst die Produktionsabfälle unterspülen und die Gifte ausschwemmen. Große Messstationen ermitteln überdies permanent, ob sich die Belastung des Grundwassers noch in den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen hält.

Eine Jahrhundert-Aufgabe: „Wie sich das Gelände innerhalb der nächsten 100 Jahre verhalten werde, sei allerdings nicht gänzlich vorherzusehen“, räumt der LAGA-Landschaftsarchitekt Rüdiger Brosk denn auch ein. Die Waz eröffnet ebenfalls wenig schöne Aussichten: „Setzungspegel und Grundwasserkontrollen wird es hier auf ewig geben“. Zwischen Chrom, Chlor & Co. stimmt die Chemie nämlich immer noch - sie reagiert munter miteinander drauflos. Darüber hinaus bilden sich durch Abbauprozesse neue giftige Gase. Dementsprechend sieht das Sickerwasser der Altlast aus. 750 Kubikmeter muss BAYER stündlich abpumpen und im Klärwerk reinigen.

Um ein „Work in Progress“ handelt es sich bei der Dhünnaue also, weil Konzern und Stadt das Areal nicht sanierten, sich stattdessen für eine bloße Absicherung der Altlast entschieden. Den Unterschied erläuterte Klaus Stief vom Umweltbundesamt 1988 auf einem Umweltschutz-Forum in Köln. „Unter Sanierungsmaßnahmen versteht man Maßnahmen, die zu einer Beseitigung des Gefährdungspotenzials der Altlast führen. Unter Sicherungsmaßnahmen werden Maßnahmen verstanden, welche die Gefährdung der Umwelt vermindern oder auch zeitlich befristet unterbinden, die allerdings das Gefährdungspotenzial nicht beseitigen. Man erreicht einen Zeitgewinn. Irgendwann, in der Regel innerhalb von Jahrzehnten, werden die Sicherungsmaßnahmen unwirksam werden. Man wird sie wiederholen müssen“, führte er in seinem Vortrag aus. Aber das verdrängen die Verantwortlichen laut Stief nur allzu gern. „Obwohl durch die Wahl des Wortes ‚Sicherungsmaßnahmen‘ im Gegensatz zu dem Wort ‚Sanierungsmaßnahmen‚ jedermann die zeitlich befristete Wirksamkeit und die ständige Unterhaltungs- und Reparaturbedürftigkeit der Maßnahmen klar werden soll, neigt man in der Praxis wohl immer dazu zu hoffen, dass man das Altlastenproblem ‚vom Halse‘ hat, wenn sie gesichert ist. Das wird sich in der Regel irgendwann einmal als verhängnisvoller Irrtum herausstellen“, stellt der Diplom-Ingenieur fest.

Da hat der Experte die LAGA-Lage richtig erfasst. Im Katalog zur Ausstellung, die sich auf der Gartenschau der Geschichte der Dhünnaue und ihrer Abdichtung widmet, heißt es lapidar: „Aufwändige Technik löst das Altlast-Problem“. Eine Sanierung war nach BAYERs Ansicht nicht möglich. „Aufgrund der früher üblichen ungeordneten Ablagerung der überwiegend festen und im geringen Maße auch pastösen und flüssigen Abfälle sind die Belastungen sehr ungleichmäßig verteilt. Eine gezielte Sanierung einzelner Teilbereiche kommt deshalb nicht in Frage“, schreiben die AusstellungsmacherInnen. Eine glatte Lüge, wie ein Blick auf die Schweizer Deponie Kölligen beweist. 350.000 Tonnen Gefahrgut lagerten dort ein - und Giftmüll-Trennung betrieben die „Entsorger“ ebenso wenig wie in Leverkusen. Trotzdem entschieden sich die Verantwortlichen für eine Komplett-Sanierung mit Auskofferung des verseuchten Areals - und mussten es auch. Die Gesetze des Landes untersagen nämlich Baumaßnahmen, die den Giftaustritt nicht stoppen und als „Langzeit-Provisorien“ eine jahrhundertelange Überwachung erfordern. So kann sich die Schweiz freuen, schon im Jahr 2025 keine gefährlichen Zeitbomben mehr im Boden ticken zu haben.

In der Bundesrepublik sträubten sich BAYER & Co. stets aus Kostengründen gegen eine solche ökologisch sinnvolle Lösung. Einer genaueren Überprüfung halten ihre Argumente indes nicht stand. Sicherungsmaßnahmen erfordern zwar am Anfang keinen so hohen finanziellen Aufwand wie Sanierungsmaßnahmen, rechnet man aber die bei „Langzeit-Provisorien“ anfallenden Betriebs- und Reparaturkosten hinzu, so halten sich die Ausgaben in einem vergleichbaren Rahmen. Allein für die Reinigung des Sickerwassers muss BAYER jährlich einen Millionen-Betrag aufbringen. Was bei der Dhünnaue noch so alles an Ausgaben anfallen könnte, weiß niemand genau, denn Langzeituntersuchungen über die Beständigkeit des verbauten Materials existieren nicht, und viele Entwicklungen sind nicht vorhersehbar. So musste die Stadt Hamburg 1994 unvermittelt bei der bloß gesicherten Altlast auf dem Gelände der ehemaligen Waffenfabrik STOLZENBURG „nachbessern“, weil das nahe gelegene Wasserwerk die Trinkwasser-Gewinnung drosselte und der Grundwasser-Spiegel sich in der Folge gefährlich nah an die giftigen Produktionsrückstände heranschob.

Über diese ganze Problematik findet sich im Katalog zu der LAGA-Ausstellung „Die Dhünnaue gestern und heute“, die „eine offene Chronik über Fortschritt und Verantwortung“ sein will, nichts. Es fängt schon schlecht an. Der Konzern hat angeblich nicht nur nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“ sorglos seine Abfälle am Rhein entsorgt, er wollte der Stadt damit auch einen wirksamen Hochwasserschutz bieten. Dass die „gute Tat“ vielleicht doch nicht so gut für Leverkusen war, stellte sich laut Text erst Ende der achtziger Jahre heraus. „Ende 1987 steht fest: Eine Gefährdung der Bewohner in der Wiesdorfer Dhünnaue kann nicht ausgeschlossen werden“. Aber selbst dann ist alles nur halb so schlimm, denn die Wissenschaft hat festgestellt: „Insgesamt kann eine akute Gefährdung der Bevölkerung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden“. Der Herr Professor Einbrodt von der Universität Aachen war so nett. Vorher hat es nach Aussage von BAYER nur einige Klagen wegen Geruchsbelästigung gegeben und „unerwartete Schwierigkeiten“ im Zuge der geplanten Wohnbebauung über der Deponie. Eine Baugrund-Untersuchung meldete nämlich Zweifel daran an, ob der Beton dem chemischen Untergrund standhalten würde und sagte zudem eine Absenkung der Häuser voraus. Sie sollte Recht behalten. Später ergaben Messungen eine hohe Chrom-Belastung von Kellern. Die Stadt Leverkusen quartierte die Mietparteien um und schloss eine Schule. Nach Darstellung der AusstellungsmacherInnen geschah das alles nur „vorsorglich“. Die ungewöhnlich hohe Krebsrate im Umfeld der Schule - laut SPIEGEL fünf Tote, 15 Erkrankungen - verschwiegen sie.

Nicht nur diese Fälle hätten genug Grund für Entschädigungsklage geboten. Die Erleichterung darüber, dass „die Stadt Leverkusen und die BAYER AG juristischen Streit vermieden haben und sich in allen Fragen auf partnerschaftliche Lösungen verständigten“, ist den Konzern-AutorInnen deshalb deutlich anzumerken. Sie vermelden in Sachen Dhünnaue „Mission erfüllt“ und meinen so „eine Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung der Stadt“ geschaffen zu haben. Das Einzige, was sich auf dem Areal jedoch nachhaltig entwickelt, ist die Last der Altlast für die nachfolgenden Generationen.

taz

CBG Redaktion

taz vom 17.11.2005

Ghostwriter Chemieverband

Eine große deutsche Koalition bereitete die Abschwächung von REACH vor

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Vor den Europaabgeordneten steht an diesem Dienstagnachmittag ein Mann, der die Waffen gestreckt hat. Ein Mann, der nicht mehr über 1.200 Seiten Chemiegesetz streiten will, nicht mehr den Kurs halten will zwischen eintausend widersprüchlichen und komplizierten Änderungsanträgen. Guido Sacconi, der sozialistische Berichterstatter für die Richtlinie REACH (Registrierung, Evaluierung, Autorisierung chemischer Substanzen) hält einen grünen, verschrumpelten Apfel in die Höhe und fordert seine Kollegen auf, für seinen Antrag zu stimmen: „Mit Gesetzen ist es wie mit diesem Apfel. Wenn man ihn nicht rechtzeitig pflückt, verdirbt er.“

Vor zwei Jahren hat die damalige Umweltkommissarin Margot Wallström nach heftigen internen Auseinandersetzungen mit der Abteilung von Industriekommissar Erkki Liikanen den ersten REACH-Entwurf vorgelegt. Das Ziel: Informationen über die Verträglichkeit von rund 100.000 chemischen Substanzen, die ungetestet in Umlauf sind, für Mensch und Umwelt zu erhalten. Der Plan brachte die chemische Industrie und die Verarbeiter chemischer Produkte auf die Barrikaden. Noch mehr aber verschreckte sie der zweite logisch folgende Schritt: Wenn Substanzen erst einmal als Gesundheits- oder Umweltrisiko erkannt sind, müssten sie durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden.

Jahrelang diskutierten die Kommissionsabteilungen Umwelt und Industrie intern über die Details. Im Rat stritten die Länder mit starken chemischen Industrien (ein Viertel des Jahresumsatzes von 440 Milliarden Euro wird in Deutschland erwirtschaftet) mit den ökologisch orientierten Nordländern. Im traditionell verbraucherorientierten Europaparlament beugten sich die Abgeordneten über Krebsstatistiken und Kostenrechnungen. Beidem ist mit den tröstlichen Kategorien Ursache und Wirkung nicht ohne weiteres beizukommen. Weniger Chemie, weniger Krebs, Aller-gien, chronische Müdigkeit, behaupten die Mediziner. Findet ihr ein winziges Problem in unserem Spezialmotoröl, können wir die ganze Autofabrik zumachen, sagen die Industriellen.

Nun sind sich plötzlich alle einig. Eine große Koalition im Europaparlament, vertreten durch den italienischen Berichterstatter Sacconi von den Sozialisten und den Deutschen Hartmut Nassauer, CDU, hat einen Vorschlag gestrickt, dem wohl die Mehrheit heute zustimmen wird. Industriekommissar Günter Verheugen findet den Text noch besser als den Vorschlag der Kommission. Die Chemieindustrie sagt, sie könne damit leben. Die britische Ratspräsidentschaft sieht plötzlich Chancen, ihr Halbjahr immerhin mit einem politischen Durchbruch zu schmücken.

Kurz gefasst beinhaltet der Sacconi-Nassauer-Vorschlag, die Zahl der Stoffe, die getestet werden müssen, drastisch zu verringern, die Anforderungen und die Zahl der Tests zurückzufahren und zugleich den bürokratischen Aufwand für Brüssel und die neue EU-Chemieagentur in Helsinki enorm zu steigern. Da die meisten Stoffe nicht getestet werden, wird man auch nicht erfahren, ob sie sich als Ersatzstoffe für Risikosubstanzen eignen würden.

In Brüssel erzählt man sich, Angela Merkel habe den neuen Vorschlag persönlich ihrem Parteifreund Nassauer in die Feder diktiert. Das ist natürlich übertrieben. Nassauers Ghostwriter sitzen im deutschen Chemieverband. Liest man aber den Passus aus dem Koalitionsvertrag, in dem es heißt, REACH müsse „mit dem Ziel verändert werden, die Chemikaliensicherheit zu verbessern, ohne dabei die Herstellung von Chemikalien zu verteuern oder ihre Anwendung zu behindern“, dann kann man daraus schließen, dass die Koalitionäre in Berlin mit der jetzt vom EU-Parlament ausgetüftelten Version zumindest zufrieden sein werden.

Der klassische Kompromiss zeichnet sich dadurch aus, dass er niemanden so richtig glücklich macht. Den neuen REACH-Text mögen alle - dabei steckt er voll Absurditäten. Der Ansatz, da ja über das Risiko zunächst nichts ausgesagt werden kann, diejenigen Stoffe am gründlichsten zu testen, die in großen Mengen hergestellt werden, ist vom Tisch. Die Bringschuld bezüglich Informationen sollte ursprünglich bei der Industrie liegen - nun muss die neue Chemieagentur den Details hinterherjagen. Die Beweislast für die Unbedenklichkeit, die eigentlich bei den Herstellern liegen sollte, landet auf Umwegen ebenso bei der Agentur.

Die Industrie bekommt eine Frist von elf Jahren, um die Daten abzuliefern, die sie jetzt schon vorliegen hat. Das Prinzip, dass jeder Stoff nur einmal registriert wird und die Basisdaten dann veröffentlicht werden, wird durchbrochen, was den großen Konzernen nutzt und die kleinen Anwender finanziell belastet. Da auch in Zukunft 90 Prozent der Substanzen nicht untersucht werden, wird es unmöglich, unbedenkliche Ersatzstoffe zu finden. Der Standort Europäische Union wird geschwächt, da Importeure noch weniger Auflagen erfüllen müssen als europäische Hersteller.

Kein Wunder, dass Berichterstatter Guido Sacconi mit seinem ramponierten grünen Bioapfel so erschöpft und unglücklich aussah. Sein Gewissen treibt ihn um, weil er zwischen Arbeitsplätzen und der Gesundheit seiner Wähler entscheiden soll. Vielleicht würde ein mutigeres REACH den Standort Europa mittelfristig stärken und die Gesundheitskosten dazu noch senken.

Aber „mittelfristig“ ist für Politiker wohl ein unvertretbares Risiko. Dass ihm seine ungarische Fraktionskollegin Edit Herczog zum Trost einen glänzenden roten Apfel neben sein verschrumpeltes grünes Exemplar legt, macht die Symbolik der Sache nicht besser. Da muss man doch sofort an Schneewittchen denken.

„Man hat starke Kopfschmerzen“

Der Toxikologe Hermann Kruse ist der Ansicht, dass schon geringe Mengen giftiger Stoffe in Infusionsschläuchen oder Kinderspielzeug krank machen. Daher seien umfassende Tests nötig

taz: Herr Kruse, wie viel Gift verträgt der Mensch?

Hermann Kruse: Das kommt auf den Stoff an. Schon kleine Dosen sehr giftiger Stoffe können etwa dazu führen, dass Männer unfruchtbar und Mädchen zu früh geschlechtsreif werden. Sehr bedenklich sind zum Beispiel Stoffe, die den Kunststoff biegsam machen. Weichmacher wie DEHP, die Sie in Infusionsschläuchen oder Kinderspielzeugen finden, wirken wie Hormone.

Wie stark ist die Belastung?

Sie ist schleichend. Die Stoffe gasen zum Beispiel aus dem Bodenbelag im Büro oder aus dem Sofa zu Hause aus. Sie reichern sich in der Umwelt an, wandern in die Nahrungskette. Irgendwann lagern sie sich im Fett, in der Niere und den Knochen des Menschen ab.

Wie krank macht das genau?

Das Immunsystem wird geschwächt, das Nervensystem angegriffen. Eines Tages hat man starke Kopfschmerzen, ist müde oder kann sich nicht konzentrieren. Die Schäden sind langfristig.

Verursacht die Chemie auch Krebs und Allergien?

Die Schadstoffe leisten garantiert ihren Beitrag dazu, dass ein Tumor entsteht oder schneller wächst. Allerdings ist der Zusammenhang - anders als beim Raucher, der Lungenkrebs bekommt - nicht so eindeutig nachweisbar.

Wie müsste ein vernünftiges Chemierecht aussehen?

Für jeden Stoff, der verkauft wird, muss ausgeschlossen werden, dass er Krebs auslöst, dass er Erbgut angreift oder Föten schädigt. Auch allergische Reaktionen müssen getestet werden.

Wie gut ist die EU-Chemiereform?

Wir bekommen ein bisschen Ordnung, weil erstmals alle Substanzen aufgelistet werden. Es gibt also viel Schreibtischarbeit, aber zu wenig wenig Laborinformationen. Das ist der Fehler.

Weil Sie um Ihren Arbeitsplatz fürchten?

Nein, es geht darum, mehr über die Giftigkeit von Chemikalien herauszufinden. Schon kleine Mengen können gefährlich sein. Und Stoffe wirken zusammen anders als allein. Das muss alles untersucht werden.

Mit welchen Tests?

Als Erstes braucht man eine gute Analytik - damit zum Beispiel hochgiftige Stoffverunreinigungen entdeckt werden. Zum Zweiten müssen wir Substanzen an Ratten, Mäusen und Affen testen - über Jahre. Bisher gibt es keine vernünftigen Ersatzmethoden.

Wie wurden bisher die Risiken festgestellt?

Das war immer reiner Zufall - und zumeist war es bei der Entdeckung bereits zu spät. Die Substanzen wurden dann schon im Blut oder im Urin des Menschen gefunden.

Wie können Verbraucher die chemische Mitgift vermeiden?

Der Konsument kann sich nicht schützen. Überall können giftige Stoffe stecken.

INTERVIEW: HANNA GERSMANN

HERMANN KRUSE, 63, ist stellvertretender Direktor des Instituts für Toxikologie und Pharmakologie für Naturwissenschaftler an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Dort forscht er u. a. über Schadstoffe in Lebensmitteln und in Gebäudeinnenräumen.

Gift-Abc

Die schädigende Wirkung vieler Chemikalien, denen der Mensch im Alltag kaum ausweichen kann, ist längst bekannt. Verboten sind sie oft nicht - weil die letzte wissenschaftliche Bestätigung fehlt, die nur langfristige Tests liefern könnten.

Antimikrobielle Wischlappen gelten als hygienisch. Dafür stecken in ihnen Stoffe, die Bakterien abtöten - und Allergien auslösen.

Babyfläschchen aus Polycarbonat beinhalten Bisphenol A. Wird das Fläschchen erwärmt, gelangt der Stoff in die Milch und dann in den Körper. Er wirkt wie das weibliche Hormon Östrogen - und wird für Frühreife und Unfruchtbarkeit verantwortlich gemacht.

Computer dampfen bromierte Flammschutzmittel aus, die umweltschädlich sind. Sie verhindern, dass Elektrogeräte Feuer fangen.

Deos können synthetische Moschusdüfte enthalten, die die Haut reizen und Allergien verursachen.

Erdbeeren sind oft mit Giften vom Acker belastet.

Filzstifte enthalten Schwermetalle wie Antimon, das als Krebs erzeugend gilt.

Gummipuppen werden durch Phthalate biegsam. Weil diese Leber und Spermien schädigen, sind sie in Babyspielzeug verboten, sonst aber erlaubt.

Hamburger werden oft in fettundurchlässiges Papier gewickelt, das mit perfluorierten Substanzen behandelt ist. Diese stören den Stoffwechsel.

Isomatten sind schlecht für die Nerven, weil in ihnen phosphororganische Verbindungen stecken.

Jogginghosen werden gegen Schweiß geschützt. Als Anti-Mief-Stoff nehmen Hersteller oft Triclosan, das die Leber schädigt.

Kondome sind häufig mit Krebs erregenden Nitrosaminen belastet.

Lederschuhe werden mit giftigen Färbe- oder Gerbemitteln behandelt. Beispiel: Krebs erregende Chromsalze.

Muttermilch ist mit dem giftigen Pestizid DDT belastet, das schon seit gut 30 Jahren verboten ist.

Nachtlager: Aus Matratzen gasen gleich mehrere Stoffe aus, die einem den Schlaf rauben.

Orientteppiche werden mit synthetischen Pyrethroiden unappetitlich für Motten. Die Stoffe lösen Nervenschäden aus.

Plastiklatschen können Tributylzinn enthalten, das das Immun- und Hormonsystem schädigt.

Quietschenten weisen manchmal Kadmium auf, das die Knochen angreift und das Nervensystem schädigt.

Röcke werden häufig bügelfrei gemacht - mit Formaldehyd, das Allergien auslösen kann.

Shampoo kann den Riechstoff Lyral enthalten. Der wird verdächtigt, Allergien auszulösen.

Teflonpfanne: Damit das Ei nicht anpappt, sind sie mit umweltgefährdenden Antifluorchemikalien ausgestattet.

UV-Schutz in Sonnencreme: Chemische Filter stehen im Verdacht, wie Hormone zu wirken.

Vampirblut: Im Menschenblut sind etliche gefährliche Chemikalien nachweisbar.

Waschmittel: Häufig wird Nonylphenol eingesetzt, das den Hormonhaushalt schädigt und Allergien auslöst.

XXL-Hawaiihemden werden mit Organozinnverbindungen UV-beständig. Die Stoffe schaden Leber, Nerven und Immunsystem.

Yps und andere Zeitschriften: In der Druckerschwärze stecken Lösemittel, die die Nerven schädigen.

Zelte können Cyclohexan ausgasen, das Kopfschmerzen und Schwindel hervorruft.

[Aspirin] Leserbrief zum Artikel „Die Volkspille“

CBG Redaktion

Süddeutsche Zeitung vom 29. März 2011

Stefan Weber beschreibt in der Serie „Starke Marken“ die Historie von Aspirin und hangelt sich hierbei sorgsam entlang der Verlautbarungen und Anekdoten der Bayer AG. Die Kehrseiten der „Volkspille“ werden in dem halbseitigen Artikel mit gerade mal einem Satz erwähnt.

Aspirin ist unwidersprochen ein hochwirksames Medikament, das aber, anders als die Werbung suggeriert, mit schweren Nebenwirkungen einhergehen kann. Der Wirkstoff greift tief in den biochemischen Haushalt des Körpers ein und kann u.a. Blutungen im Magen-Darm-Trakt und Magengeschwüre verursachen. Trotzdem versucht die Bayer AG das Präparat als „Wunderpille“ zu vermarkten - zum Beispiel mit der website WonderDrug.com. Von den Gefahren findet sich in der Werbung kein Wort. Dabei sterben in den USA mehr Menschen an Aspirin-Nebenwirkungen als beispielsweise an HIV oder Verkehrsunfällen.

Auch die Werbekampagnen, mit denen Bayer schon Ende des 19. Jahrhunderts für das Präparat warb, werden in dem Artikel beschrieben. Stefan Weber zeigt sich auch hierbei ganz als langjähriger Haus- und Hof-Schreiber von Bayer: denn praktisch zeitgleich mit Aspirin brachte das Unternehmen damals das „verträgliche Hustenmittel“ (O-Ton Bayer) Heroin auf den Markt. Weltweit schaltete Bayer Anzeigen, die gleichzeitig für Aspirin und Heroin warben. Hierauf einzugehen hätte wohl aber zu viel Schatten auf die „Volkspille Aspirin“ geworfen.

Philipp Mimkes
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

Artikel Die Volkspille

Xarelto

CBG Redaktion

Presseerklärung vom 5. März 2013
Coordination gegen BAYER-Gefahren

Sicherheitsrisiko Xarelto

Erneute Bedenken der FDA gegen Gerinnungshemmer / BfArM: 58 Todesfälle in Deutschland / „kein Vorteil aus Behandlung mit Xarelto“

In den USA verzögert sich erneut die Zulassung von BAYERs Gerinnungshemmer Xarelto zur Nachbehandlung von Blutgerinnseln in der Herzkranz-Arterie. Statt eine Zustimmung zur Vermarktung zu erteilen, hat die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA in einem „Complete Response Letter“ an BAYER weitere Daten zur Sicherheit des Präparats angefordert. Einen ersten solchen Brief hatte sie dem Leverkusener Multi bereits im Februar 2012 zugestellt, da er in den eingereichten Test-Unterlagen drei Todesfälle nicht dokumentiert hatte.

Schon bei den Genehmigungsprozessen zu den Indikationen „Thrombose-Prophylaxe nach dem Einsetzen künstlicher Hüft- oder Kniegelenke“ und „Schlaganfall- und Embolie-Prophylaxe bei PatientInnen mit Vorhofflimmern“ hatte es in den Vereinigten Staaten Probleme gegeben. Die Aufsichtsbehörden warfen dem Konzern unter anderem vor, die Proband/innen, die in der Vergleichsgruppe das Präparat Warfarin einnahmen (verwandt mit Marcumar), nicht richtig mit dem Medikament eingestellt zu haben.

Wie berechtigt diese Skepsis ist, zeigen die Daten des „Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM), die die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) auf Anfrage erhielt: die Behörde registrierte demnach allein im vorigen Jahr 58 Meldungen über „tödliche Verläufe“ nach der Einnahme von Xarelto und 750 über schwere Nebenwirkungen wie Blutungen. Auch wenn „ein Kausalzusammenhang im Einzelfall nicht sicher belegt ist“, wie das BfArM betont, schockieren diese Zahlen.

Jan Pehrke von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Es kann nicht sein, dass BAYER nur aus Profit-Gründen ein Medikament in den Markt drückt, an dessen Sicherheit es erhebliche Zweifel gibt. Der Konzern sollte aus den Pharma-Skandalen mit LIPOBAY, TRASYLOL und YASMIN gelernt haben.“ Nach Auffassung der CBG sollten Präparate, die gegenüber älteren Mitteln keinen Vorteil bieten, grundsätzlich nicht zugelassen werden.

Während das BfArM das Nutzen/Risiko-Potenzial von Xarelto (Wirkstoff Rivaroxaban) und dem ebenfalls umstrittenen Boehringer-Fabrikat Pradaxa (Wirkstoff Dabigatran) trotzdem positiv beurteilt, raten medizinische Fachkreise von der Verwendung des Produkts ab. Sie plädieren dafür, weiter an dem bewährten Marcumar, einem zur Gruppe der Cumarine gehörenden Vitamin-K-Antagonisten mit dem Wirkstoff Phenprocoumon, festzuhalten.

„In der Therapie und Rezidiv-Prophylaxe von Thromboembolien sehen wir Rivaroxaban nur bei Kontraindikationen für Cumarine als Option. Bei Vorhofflimmern ist es unseres Erachtens dritte Wahl nach Cumarinen und Dabigatran (Pradaxa)“, konstatiert das industrie-unabhängige arznei-telegramm. Und die „Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft“ (AkdÄ) stellt fest: „Insgesamt ergibt sich aus Sicht der AkdÄ für Patienten in Deutschland, die zur Prophylaxe kardioembolischer Erkrankungen bei Vorhofflimmern mit Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon gut zu behandeln sind, kein Vorteil aus einer Therapie mit Dabigatran oder Rivaroxaban. Ihr Einsatz sollte sich auf Patienten beschränken, für die Vitamin-K-Antagonisten keine Therapie-Option sind.“

Neben dem Preis – es ist 15-mal billiger als Xarelto – spricht für Marcumar vor allem, dass es zu ihm im Gegensatz zum BAYER-Produkt ein Gegenmittel gibt, das gegebenenfalls schwere Blutungen stoppen kann.

Nur mittels einer riesigen Marketing-Maschinerie gelang es BAYER, das Mittel in den Markt zu drücken. Nicht umsonst hatte es der jetzige Unternehmenschef Marijn Dekkers schon bei seinem Amtsantritt zu einer Hauptaufgabe erklärt, „die Vermarktung unserer Innovationen zu verbessern“. Und so investierte der Pharma-Riese Unsummen in Miet-ExpertInnen, „ÄrztInnen-Fortbildungen“, Anzeigen-Kampagnen in Fachblättern, Pharma-BeraterInnen und Logistik. Er schreckte nicht einmal davor zurück, MedizinerInnen Muster per Post zuzuschicken, obwohl dies bereits seit langem verboten ist.

weitere Informationen zur Xarelto-Kampagne

[Greenpeace] Hauptversammlung 2013

CBG Redaktion

BAYER-Pestizide töten Bienen

Sehr geehrter Herr Dr. Dekkers, geehrte Mitglieder von Konzernleitung und Aufsichtsrat, liebe Damen und Herren Aktionäre von Bayer,

Sie haben sicherlich unsere Botschaft am Eingang zum Messegelände wahrgenommen. Leider passen immer nur kurze Wahrheiten auf unsere Banner, erlauben Sie mir daher einige erläuternde Worte.

Mein Name ist Dirk Zimmermann und ich setze mich bei Greenpeace für eine nachhaltige, zukunftsfähige Landwirtschaft ein. Zweifellos ist jede Landwirtschaft auf die Hilfe durch bestäubende Insekten zwingend angewiesen. Mit dem dramatischen Bienensterben, das wir vorwiegend in Nordamerika und Europa mit Sorge verfolgen, steht daher viel mehr auf dem Spiel als die Produktion von Honig. Bienen leisten mit der Bestäubung eines Großteils unserer Kulturpflanzen einen unschätzbaren und vor allem unersetzbaren Beitrag zur Produktion unserer Lebensmittel.

Ihr Motto „Science for a better life“ ist allgegenwärtig. Es steht in krassem Widerspruch zu Bayers Unternehmenspolitik. Eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse werden ignoriert und damit ein „besseres Leben“ akut gefährdet. Es liegt eine Fülle von Studienergebnissen zu Bienensterben und Effekten von Pestiziden auf Bestäubungsinsekten vor – und alle weisen in die gleiche Richtung: das Bienensterben hat verschiedene Ursachen. Entscheidenden Anteil aber haben Agrargifte, darunter auch von Bayer produzierte Insektizide. Wirklich überraschen kann das nicht, immerhin werden diese Gifte angewendet um Insekten zu töten. Von daher ist die einfache Wahrheit auf unserem Banner, „Pestizide töten Bienen“, auch richtig. Zudem aber wissen wir immer mehr über die schädlichen Wirkungen von Pestiziden über ihre direkte Tödlichkeit hinaus. Effekte auf das Nervensystem von Bienen etwa gefährden das Überleben der Insekten. Dieses „Gift für das Gedächtnis“, wie es die Süddeutsche Zeitung einmal genannt hat, kann schließlich auch töten. Wenn Sie sich selbst ein Bild von der Datenlage machen wollen empfehle ich Ihnen eine Mitte April veröffentlichte Greenpeace-Studie. Unter anderem werden Sie in dieser den Stand der Forschung zu den Bayer-Giften Clothianidin und Imidacloprid finden, die nach unserer Überzeugung zusammen mit 5 anderen Wirkstoffen, darunter drei weitere auch von Bayer angebotene, umgehend aus der landwirtschaftlichen Praxis verschwinden müssen.

Zu dem Thema könnte ich Ihnen auch Unterlagen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA empfehlen. Selbst die eher für ihre industriefreundlichen Positionen bekannte EFSA konnte in diesem Fall nicht anders und hat aufgrund der akuten Risiken dringenden Handlungsbedarf ausgemacht. Auf Grundlage ihrer Empfehlung hat die Europäische Kommission ein vorübergehendes Verbot von drei besonders gefährlichen Bienengiften empfohlen, das kommenden Montag erneut zur Abstimmung kommt.
Kommenden Montag - das bedeutet: Ihnen bleiben nur noch 3 Tage um den verantwortlichen Politikern in Brüssel zuvorzukommen. Drei Tage Zeit, um Ihrer Verantwortung gerecht zu werden und ihre gefährlichsten Bienenkiller vom Markt zu nehmen.

Ich möchte abschließend ein weiteres Zitat von Ihnen heranziehen. Mit „Diversity is future“, Vielfalt ist Zukunft, werben Sie auf den Internetseiten Ihrer Agrarabteilung. Leider verstehen Sie darunter den Einsatz vielfältiger Unkrautvernichtungsmittel, ansonsten würde ich ohne Einschränkungen zustimmen. Vielfalt ist in einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Landwirtschaft – und diese kann nur ökologisch sein – unerlässlich. Aber selbst die industriellste Landwirtschaft ist auf Artenvielfalt angewiesen und kann auf Bestäubung durch Bienen nicht verzichten. Möchte Bayer wirklich die Verantwortung für das Sterben der Bienen übernehmen? Ich glaube kaum dass dies im Interesse des Unternehmens und seiner Anteilseigner sein kann.

Die Bayer-Historie ist reich genug an Skandalen – ich fordere Sie dazu auf, das in Ihrer Macht stehende dafür zu tun, dass nicht auch noch die Ausrottung der Bienen aufgenommen werden muss. Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht und nehmen sie bienenschädliche Pestizide vom Markt!

Herr Dr. Dekkers, sie sprachen vorhin von dem Mut, Projekte zu beenden. Beweisen Sie ihn.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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[Greenpeace] Hauptversammlung 2014

CBG Redaktion

Rede von Dr. Dirk Zimmermann, Greenpeace

Sehr geehrter Herr Dr. Dekkers, geehrte Mitglieder von Konzernleitung und Aufsichtsrat, liebe Damen und Herren Aktionäre von Bayer,

mein Name ist Dirk Zimmermann und eigentlich hatte ich Ihnen heute im Namen von Greenpeace zum Gewinn des „Public Eye Awards 2014“ gratulieren wollen, für den unter anderem Bayer als Anbieter maßgeblich am Bienensterben beteiligter Pestizide zur Wahl stand. Die starke Konkurrenz durch Gazprom verwies Bayer auf den zweiten Platz, von „zweitem Sieger“ oder „Vizekusen“ zu sprechen verbietet sich wohl. Zweifellos hätten Sie den Schmähpreis mindestens genauso verdient gehabt – genau wie Gazprom setzen Sie unersetzliche Ökosysteme fahrlässig aufs Spiel. Es ist außerordentlich bedauerlich, dass Sie auch in den vergangenen Monaten alles daran gesetzt haben, erneut nominiert zu werden. Ich möchte Sie jetzt und hier darum bitten, keinen falschen sportlichen Ehrgeiz zu entwickeln, und stattdessen endlich Ihr Motto „Science for a better life“ auch auf das Leben und Überleben von Bienen und einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Landwirtschaft zu beziehen.
Im vergangenen Jahr hat die Europäische Kommission 4 Bienen-gefährliche Pestizide mit Teilverboten belegt, mit Clothianidin und Imidacloprid sind 2 Wirkstoffe von Bayer betroffen. Es war dies ein dringend notwendiger und dennoch nur winzig kleiner Schritt in die richtige Richtung. Clothianidin hat erst vor wenigen Wochen seine Giftigkeit bedauerlicherweise spektakulär unter Beweis gestellt und zahlreiche Bienenvölker in direkter Nachbarschaft zum Bayer-Werk getötet. Die subtilen, nicht direkt tödlichen Wirkungen der auch von Ihnen vertriebenen Gifte sind aber mit Sicherheit mindestens genauso gefährlich, und entscheidend mit für das Bienensterben verantwortlich. Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen, die ein Verbot akut nahelegen, sind es aber auch die erheblichen Wissenslücken, die einen Einsatzverzicht erforderlich machen. Wissenslücken, die neben den genauen Wirkungen einzelner Chemikalien vor allem auch die von Pestizid-Cocktails betreffen, ebenso wie die konkreten Wege, über die Bienen und andere Insekten mit Giften in Berührung kommen.

Wir, Greenpeace, haben Untersuchungen durchgeführt, um zumindest einen vagen Eindruck vom Ausmaß der möglichen Gefährdung von Bienen durch Pestizide zu bekommen – und der Eindruck ist gruselig. Vor 2 Wochen haben wir die Veröffentlichung von Testergebnissen zum Anlass genommen um vor Ihrer Firmenzentrale in Leverkusen zu protestieren. Auf einem Banner haben wir die von Ihnen geschädigten Bienen selbst ihre Forderung „Stop Killing us“ vorbringen lassen. Und das aus gutem Grund: Wir haben festgestellt dass Pollen, der Bienen und ihrer Brut direkt als Nahrung dient, zum Teil mit bedenklichen Pestizid-Cocktails belastet war. Gleiches gilt für in Baumärkten und Gartencentern erhältliche Pflanzen: wir haben quer durch Europa bis zu 17 verschiedene Agrargifte in einer einzelnen Pflanze gefunden. In allen Fällen waren Bayer-Pestizide prominent vertreten. Die entsprechenden Reports sind online verfügbar. Ich empfehle sie Ihnen allen zur Lektüre.
Die verhängten Teilverbote für bienengefährliche Pestizide gingen maßgeblich auf Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA zurück. Die EFSA ist alles andere als bekannt dafür, politisch motiviert zu handeln, sie wird im Gegenteil immer wieder für ihre Nähe zur Industrie kritisiert. In diesem Fall war die Sachlage aber zu eindeutig. Unlängst hat sich die EFSA erneut in die Debatte eingeschaltet und sich zu der Gefährdung von Bienen durch kombinierte Stressfaktoren geäußert – soweit dies denn möglich war. Erneut machen Datenlücken eine Bewertung der Gefährlichkeit von zum Beispiel Pestizid-Cocktails so gut wie unmöglich. Die wenigen existierenden Befunde sind aber erschreckend, mit Sicherheit heben sich Gifte in ihrer Wirkung nicht gegenseitig auf – sondern verstärken sich vielmehr. Umso bedenklicher sind die Ergebnisse unserer Untersuchungen – und umso wichtiger ist es, Wirkstoffe, für die schon die Einzelbetrachtung indiskutable Gefährdungen für Bienen zeigt, aus der Praxis dauerhaft und umfassend zu verbannen.

2 Jahre Teilverbot mit viel zu vielen Ausnahmen, für erwiesenermaßen bienengefährliche Agrargifte, sind ein Anfang, aber dennoch nur ein schlechter Witz. Dafür, dass Bayer nun gegen diese Verbote klagt, fehlt mir jeglicher Humor – und es fällt schwer die richtigen Worte zu finden. Arroganz? Ignoranz? Borniertheit? Überheblichkeit?

Wenn Ihnen tatsächlich etwas an Wissenschaft, Bienen und Vielfalt liegt, wie diverse Werbebotschaften von Ihnen glauben machen wollen, dann kann das nur eines heißen: ziehen Sie die Klage gegen die Europäische Kommission zurück und nehmen sie Ihre gefährlichsten Bienenkiller vom Markt – ich kann mir nicht vorstellen dass irgendjemand von Ihnen den Eintrag „Bienensterben“ in der Skandalchronik von Bayer verantworten möchte.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

[Carl Duisberg Zitate] Zitate von Carl Duisberg

CBG Redaktion

zum Thema Giftgas

Brief an Major Bauer vom 3. März 1915 (Kühlem, S. 218/219)
„Dieses Chlorkohlenoxyd ist das gemeinste Zeug, das ich kenne. (...)
Wenn man nun stundenlang den Gegner mit diesem giftigsten aller gasförmigen Produkte behandelt, so werden meiner Meinung nach die Gegner sofort ausreißen (…)
Die einzig richtige Stelle aber ist die Front, an der man so etwas heute probieren kann und auch für die Zukunft nicht sobald wieder Gelegenheit hat, so etwas auszuprobieren. (...)
Ich kann deshalb nur noch einmal dringend empfehlen, die Gelegenheit dieses Krieges nicht vorübergehen zu lassen, ohne auch die Hexa-Granate zu prüfen.“

Brief an Major Bauer vom 13. Dez 1915 (Kühlem, S. 268)
„die K-Granaten (sind) für die besonderen Zwecke des Angriffs mit durchstossender Kraft viel besser. Ähnlich wie das Chlor, nur dreimal giftiger, also gleich dem Phosgen, wirkt der K-Stoff nicht nur beissend auf Augen und Schleimhäute, sondern er ätzt auch die Lunge und vergiftet das Blut“.

Brief an Major Bauer vom 10. August 1916 (Kühlem, S. 292/293)
„Er möge doch eine Füllung nehmen, die zur Hälfte aus Per-Stoff und zur Hälfte aus Phosgen besteht. Diese Mischung ist nämlich meines Erachtens am köstlichsten.“

Brief an Hans-Hasso von Veltheim, 8. Oktober 1915 (Kühlem, S. 254)
Deshalb hat man jetzt für den Oktober grössere Aufträge an T- und K-Granaten erteilt. Von jeder Sorte 48000 Stück. Wir arbeiten mit Hochdruck, um sie fertig zu stellen. Hoffentlich werden weitere Bestellungen für den Monat November und Dezember folgen. Ich will sehen, ob ich nach dieser Richtung hin in Berlin etwas erreichen kann.

Brief an Major Bauer vom 19. Januar 1916 (Kühlem, S. 272)
„nachdem ich mir schon seit Wochen den Kopf vergeblich zerbreche, wie ich noch weiter helfen und neue Reiz- und Gift-Stoffe ausfindig machen kann...“

zum Thema Zwangsarbeit

16. September 1916: Treffen mit dem preußischen Kriegsminister
„Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien!“
Das Reichsamt des Inneren griff den Vorschlag der Industrie auf und ließ rund 60.000 Belgier deportieren

Zitat Duisberg (Timo Baumann, Giftgas und Salpeter; Düsseldorf 2011):
„Es war so: Als wir bei der Übernahme des großen Hindenburg-Programmes Mangel an Arbeitern aller Art hatten (...), erfuhr ich zufällig bei einem Vortrag, den ich bei der 4. Armee hielt, von dem Chef des Stabes, dass er mit Leichtigkeit aus dem ihm unterstellten Teile Flanderns 60.000 bis 80.000 Arbeiter abgeben könne.“

„Wir haben aus Polen Tausende von Arbeitern herausgeholt, aber aus Belgien nicht einen einzigen bekommen. Und die, die wir bekommen haben, sind weggelaufen, weil sie es in Belgien besser haben als bei uns.“

Kriegsproduktion / Sprengstoffe

Brief an Major Bauer im Juli 1915
„Sähen Sie jetzt einmal, wie es hier in Leverkusen aussieht, wie die ganze Fabrik umgekrempelt und umorganisiert ist, wie wir fast nichts mehr als Kriegslieferungen ausführen (...), so würden Sie Ihre helle Freude haben.“

Brief an Prof. Emil Fischer vom 23. Dezember 1914 (Kühlem, S. 212)
Das Leben in der Fabrik ist emsiger wie je zuvor geworden. In den anorganischen Betrieben sind wir ununterbrochen tätig, um die Sprengstofffabriken mit den nötigen Rohmaterialien zu versehen. Die Anilinfabrik hat sich ganz in einen Kriegslieferungsbetrieb verwandelt (….)
…zur Füllung der Granaten, deren wir 10.000 Stück pro Tag fertig machen wollen…

Brief an Major Bauer vom 13. Dez 1915 (Kühlem, S. 270)
„hätten wir uns schweren Herzens zur Aufnahme der Sprengstoff-Fabrikation entschlossen. Jetzt seien wir leider schon soweit gekommen, dass wie ein Drittel der Gesamtproduktion Deutschlands machten und den grössten Teil auch in Granaten füllten.“

Brief an Major Bauer vom 10. September 1916 (zitiert nach Otto Köhler)
«Es war zu lieb und nett von Ihnen, daß Sie mir... Gelegenheit gaben, nicht nur Sie wiederzusehen, sondern auch vor allem den Volksheros Hindenburg und den Moltke dieses Krieges, Ludendorff, persönlich kennen zu lernen. Der neunte im neunten Monat 1916 war ein ereignisvoller Tag in meinem Leben, den ich sobald nicht vergessen werde. Es war nämlich wie damals nach der Marneschlacht im Spätherbst 1914... Auch damals war es der Munitionsmangel, in weit bedrohlicherer Form wie heute, der uns zusammenführte und uns nicht nur menschlich näher brachte, sondern auch praktisch in die Speichen des Krieges eingreifen ließ.«
vier Tage später wurde das „Hindenburg-Programm“ zur massiven Aufrüstung verkündet

Adlon Konferenz, Februar 1917:
Duisberg forderte die Entlassung von Reichskanzler Theobald von Bethmann: „Wir sind ganz auf Krieg und Gewalt eingestellt, und das beste wäre, wenn diese Sachlage auch äußerlich zum Ausdruck käme, dass der Marschall auch Kanzler wäre (...). Denn jetzt ist ‚Politik’ gleich Krieg und Krieg gleich ‚Politik’“.

Mitgliedschaft in der rechtsextremen Deutschen Vaterlandspartei

Duisberg hat bezüglich seiner Mitgliedschaft wiederholt die Unwahrheit gesagt.
Zum Beispiel im Brief an Dr. E.A. Merck vom 31. Oktober 1918 (Kühlem, S. 362):
…sonst müsste er wissen, dass ich mich politisch nie betätigt habe. Ich habe niemals einer politischen Partei angehört und Politik nicht getrieben.
oder im Brief an den Journalisten Maximilian Harden am 22. November 1918 (Kühlem, S. 372): „Ich habe bisher keiner politischen Partei oder Parteirichtung angehört, habe mich nie um Politik gekümmert“

Annexionen

3. März 1915 Brief an Gustav Stresemann (zitiert nach Otto Köhler)::
«So unangenehm es aus politischen Gründen ist, Belgien vielleicht als Kronland oder Kolonie dem Deutschen Reich anzugliedern, der vielen Reichsfeinde wegen, die wir damit übernehmen müssen, aus militärischen und wirtschaftlichen Gründen werden wir diese Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen haben und uns damit abfinden müssen, da nach meiner Meinung es ein großer Fehler sein würde, dieses durch seinen Reichtum an Kohlen, durch die darauf begründete billig arbeitende Industrie, durch seine günstige Lage wirtschaftlich und landwirtschaftlich so wichtige Gebiet nicht in die Interessensphäre unseres Reichs hineinzuziehen.“

Brief an Hans-Hasso von Veltheim, 8. Oktober 1915 (Kühlem, S. 253)
Deshalb brauchen wir uns auch zukünftig nicht vor Wallonen und Flamen in Belgien, vor Polen, Letten, Esthen und Ukrainern im Osten zu sorgen, wenn wir das von ihnen bewohnte Land der deutschen Interessensphäre angliedern wollen. Wir müssen aber auch Österreich nicht nur zu erhalten, sondern zu erweitern suchen.

Brief an Major Bauer vom 19. Januar 1916 (Kühlem, S. 274)
„Ich natürlich gehöre zu denen, die nicht ruhen und rasten werden, bis wir handgreiflichen massgebenden Einfluss auf diese sonst als Zankapfel kriegerischer Wirren zu betrachtende Brücke zwischen unseren schlimmsten Zukunftsfeinden in England und Deutschland gewonnen haben. Auch aus wirtschaftlichen Gründen dürfen wir uns einen solchen, für die Zukunft allein massgebenden Einfluss auf die Belgier nicht aus der Hand nehmen lassen. Es wäre ein großes Verbrechen an der Zukunft Deutschlands, wenn wir jetzt nicht die Gelegenheit benutzen und wenigstens so lange kämpfen würden, bis wir in diesem Punkte obgesiegt haben.“

Gewerkschaften
1910: In der Tätigkeit von Gewerkschaften erblickte er vor seinen Jubilaren ein «Verbrechen an unserem deutschen Volk«.

USA-Reise 1903: Duisberg störten «die außerordentlich hohen Löhne, die hier herrschen«, und «nicht zuletzt die Unabhängigkeitsbestrebungen Ihrer Arbeiter, welche sich in unangenehmer Weise in den letzten Jahren hier in den ‚Unions‘ bemerkbar machen«. Und weiter: «Der amerikanische Arbeiter hat die Industrie an der Kehle und wird sie erwürgen.«

Unterstützung von Nazis und Expansionspolitik

Duisberg Rede vom 24. März 1931:
„Erst ein geschlossener Wirtschaftsblock von Bordeaux bis Odessa wird Europa das wirtschaftliche Rückgrat geben, dessen es zu seiner Behauptung in der Welt bedarf.“

1931 (Quelle: Carl Duisberg, Abhandlungen, Vorträge und Reden aus den Jahren 1932-1933, Berlin 1933, S. 135)
„Fortwährend ruft das deutsche Volk nach einem Führer, der es aus seiner unerträglichen Lage befreit. Kommt nun ein Mann, der bewiesen hat, dass er keine Hemmungen hat, so muss diesem Mann unbedingt Folge geleistet werden.“

Brief an den Kölner OB Dr. Günter Riesen vom 16.10.1933:
„Zeit meines Lebens habe ich dem Führerprinzip gehuldigt und mich stets zu dem Grundsatz bekannt ‚Geführt muss werden’ und so hoffe und wünsche ich, dass unter der zielbewussten Führung unserer bewährten Kämpen Hindenburg und Hitler unsere neue Regierung innen- und außenpolitisch von Erfolg zu Erfolg schreitet und es ihr … glücken möge, durch straffe und unentwegte Schulung unseres Nachwuchses die Kräfte heranzuziehen und auszusondern, die durch Höchstleistungen (…) unter Beweis stellen, dass sie ein Anrecht auf Führerschaft besitzen. Nur auf diesem Wege wird unser geliebtes Vaterland den ihm gebührenden Platz an der Sonne unter den Nationen wieder erlangen und die unserem Volke durch Verleumdung und Lüge genommene Achtung unter den Kulturvölkern wieder erzwingen.

Verschmutzung des Rheins

Stefan Blaschke. Unternehmen und Gemeinde. Das Bayerwerk im Raum Leverkusen 1891-1914. Köln: SH-Verlag, 1999
Carl Duisberg bekräftigte, dass technische Maßnahmen zur Abwasserreinigung eine »Vergeudung von Nationalkapital« seien. Duisberg trat für die »Freiheit der fließenden Welle« ein und forderte eine unbeschränkte industrielle Nutzung des Rheins.

Heroin

Als Kritiker die Sicherheit des Präparats in Frage stellten, forderte Carl Duisberg, die Querulanten „mundtot zu schlagen“. Und weiter: "Wir dürfen nicht dulden, dass in der Welt behauptet wird, wir hätten unvorsichtigerweise Präparate poussiert, die nicht sorgfältig probiert sind“.
Obwohl sich rasch die Gefahr der Abhängigkeit herausstellte, führte der Konzern den gewinnbringenden Verkauf über Jahrzehnte hinweg fort.

[CBG/Mimkes] Hauptversammlung 2016

CBG Redaktion

Philipp Mimkes (CBG)

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Philipp Mimkes, ich spreche für die Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Wir alle hören zur Zeit sehr viel von den Panama Papers.
Aber auch hier in Europa gibt es leider Steuer-Oasen. Und auch BAYER verschiebt seine Gewinne systematisch in solche Niedrigsteuer-Länder.
Mit der Folge: die Finanzierung der öffentlichen Haushalte wird immer mehr den Kleinbetrieben + den Lohnabhängigen aufgebürdet.

BAYER hat sein Eigenkapital zu großen Teilen nach Benelux verschoben.
So entnehmen wir dem Jahresabschluss 2015, dass die Bayer Global Investments in Mijdrecht ein erstaunliches Eigenkapital aufweist: 12,2 Milliarden Euro.
Die Bayer World Investments (ebenfalls Holland) besitzt sogar ein Eigenkapital in Höhe von 14 Milliarden.
Von einer größeren Fabrik in Mijdrecht ist mir nichts bekannt => Es dürfte sich um bessere Briefkastenfirmen handeln.

Bayer World Investments und Bayer Global Investments halten Anteile an rund 70 Tochtergesellschaften von BAYER. Hierdurch werden die Voraussetzungen für interne Verrechnungen und Lizenzierungen geschaffen, mit denen Steuern gedrückt werden.

Erste Frage: wie viele Personen beschäftigen Sie in Mijdrecht?
(Antwort des Vorstands: 300)

Nicht viel anders sieht es in Belgien aus: Bayer Antwerpen besitzt ein Eigenkapital von 11,4 Milliarden Euro.

Der Grund für den Verschiebe-Bahnhof: die dortigen Steuer-Geschenke.
z.B. gewährt Belgien Zinszahlungen auf das Eigenkapital, wodurch fiktive Zinsen steuerlich geltend gemacht werden können.

Apropos Belgien: BAYER hat auch das firmeninterne Bank-Wesen in Antwerpen angesiedelt. So gewährte allein BAYER Antwerpen im Jahr 2014 anderen Konzern-Töchtern Kredite in Höhe von 13,4 Milliarden Euro. Die hierauf berechneten Zinsen werden in Belgien kaum versteuert – der Steuersatz liegt unter 5 %.

Meine nächste Frage: in welcher Höhe hat Bayer Antwerpen 2015 Kredite an Konzern-Töchter in anderen Ländern vergeben?

Das fortgesetzte Steuerdumping ist jüngst sogar der EU-Kommission zu bunt geworden => vor 3 Monaten erklärte sie die belgischen Steuer-Schlupflöcher für illegal und forderte Nachzahlungen von insgesamt 700 Millionen Euro.
Betroffen hiervon sind 35 transnationale Firmen. Wegen angeblicher Geschäftsgeheimnisse hat die EU-Kommission nicht bekannt gegeben, um welche Firmen es sich handelt. In der Presse wurden aber auch Chemie-Konzerne genannt.

=> Frage, Herr Dekkers: ist BAYER eines der Unternehmen, das in Belgien Steuern nachzahlen muss?
2. wenn ja: um welche Summe geht es dabei?

Ich nannte eben Eigenkapital-Beträge in Benelux in zweistelliger Milliarden-Höhe.
Zum Vergleich: die Bayer HealthCare AG mit Sitz in Leverkusen (also der große Gewinn-Bringer von BAYER) weist für 2015 gerade mal ein Eigenkapital von 1,1 Millionen Euro aus, und sogar einen operativen Verlust von 230 Mio Euro.

Herr Dekkers: bitte erläutern Sie, wie dieser angebliche Verlust von Bayer HealthCare zustande kommt.

Die Stadt Leverkusen, immer noch Sitz der BAYER-Konzernzentrale, verliert durch solche Tricks ihre Existenzgrundlage.
Leverkusen befindet sich in der Haushaltssicherung und gehört dem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ an. Der Steuerzahler muss die Kommune also vor der Pleite retten.

Der Bürgermeister von Leverkusen, Uwe Richrath, fand hierzu im vergangen Sommer deutliche Worte: „Die Weltfirma BAYER beteiligt sich in Leverkusen sehr wenig am Gewerbesteuer-Aufkommen“.

Und noch ein Zitat, diesmal von Norbert Walter-Borjans, NRW-Finanzminister: „Dass eine Stadt wie Leverkusen mit der Weltmarke BAYER aus dem Stärkungspakt gestützt werden muss – das glaubt erst mal keiner. Wir können es uns nicht leisten, dass sich Unternehmen systematisch davor drücken, ihren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens zu leisten“.

Dem kann ich mich nur anschließen.

Derweil ist sich BAYER nicht mal zu schade, steuerrelevante Abteilungen von Leverkusen nach Monheim zu verlagern, um Gewerbesteuern zu sparen.
Hierfür hat BAYER zum Beispiel seine Patentrechte ausgegliedert und eigens die Firma Bayer Intellectual Property GmbH gegründet. Steuer-Experten schätzen, dass BAYER allein durch dieses Manöver die Steuerzahlungen um rund 10 Millionen Euro gedrückt hat.

hierzu meine Fragen:
1. wie hoch ist die jährliche Steuerersparnis durch Verlagerungen von Leverkusen nach Monheim?
2. in welchen Ländern werden die Patentrechte und Lizenzeinnahmen von BAYER steuerlich veranschlagt?
3. welche Gewerbesteuer-Zahlungen hat BAYER 2015 an seinen Standorten Leverkusen, Dormagen, Wuppertal und Krefeld geleistet?

um ein klares Bild über Steuer-Vermeidung zu erhalten, benötigen wir dringend ein „country by country reporting“, also eine Auflistung der Umsätze, Gewinne und Steuern pro Land.

Herr Dekkers, warum hat Ihr LobbyVerband „BusinessEurope“ trotz der aktuellen Panama-Enthüllungen noch vor zwei Wochen ein solches „country by country reporting“ abgelehnt?

Ist Bayer bereit, an dieser Stelle voranzugehen und Gewinne und Steuer-Zahlungen länderweise auszuweisen?

Herr Dekkers: wir haben im vergangen Jahr eine Untersuchung zur Steuerflucht von BAYER veröffentlicht. Diese ist wiederholt von Medien aufgegriffen worden.

Ein Sprecher von BAYER äußerte auf Anfrage: „Unser Unternehmen sucht den Dialog – auch mit kritischen Gruppen und Vereinigungen“
Nicht jedoch mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren.

Warum? Zitat BAYER: „Die Haltung der Coordination steht nicht immer mit den Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Einklang. So hat die CBG beispielsweise zum Ziel, Bayer „unter gesellschaftliche Kontrolle“ zu stellen.“

Herr Dekkers: die Zentrale von Bayer steht hier in NRW.
Ich zitiere mal aus der Landesverfassung von NRW:

Artikel 27:
Paragraf 1: Großbetriebe der Grundstoffindustrie, und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden.
(2) Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, sind zu verbieten.

Unsere Forderung, BAYER „unter gesellschaftliche Kontrolle“ zu stellen, geht also viel weniger weit als der Verfassungstext.

Von daher meine Frage, Herr Dekkers: Kennt BAYER den Text der nordrhein-westfälischen Landesverfassung?

Ich komme zu meinem 2. Thema:
BAYER hat seit langem die staatlichen Bildungseinrichtungen im Visier.
z.B. bietet BAYER kostenlose Lehrerfortbildungen an. Auch erstellt BAYER seit vielen Jahren Unterrichtsmaterialien, gerne zu umstrittenen Themen wie Gentechnik oder Pestiziden.

Früher richtete sich diese Beeinflussung nur an weiterführende Schulen, in letzter Zeit immer häufiger auch an Grundschüler.

Die BAYER-Tochter CURRENTA ist nun einen Schritt weiter gegangen:
an den Werks-Standorten wird ein eigens erstelltes „Wimmelbuch“ an Kindergärten verschenkt.

Wir sehen darin das „fröhliche Treiben“ in einer Chemie-Fabrik: Kranfahrer, Taucher, Clowns, bunten Luftballons etc.
Unter anderem wurde das Buch zu Weihnachten in Kindergärten verschenkt.

Herr Dekkers: Dies ist ein Angriff auf die Köpfe der Kleinsten!
Kleinkinder können die Risiken chemischer Anlagen nicht einordnen und sind gegenüber solcher Propaganda völlig wehrlos.

Ein ähnlich verharmlosendes Werk verteilen Sie in den USA zum Thema Bienensterben.

Die Beispiele zeigen, dass Kinder nirgendwo mehr vor der Einflussnahme von Unternehmen sicher sind.

Generell gibt es die Tendenz, dass Bildungseinrichtungen immer mehr für Werbezwecke missbraucht werden.

Dienstleister wie die Deutsche Schulmarketing Agentur bieten das ganz umverblümt an, Zitat: „Ziel ist es „die wirtschaftlichen Interessen werbetreibender Unternehmen mit dem pädagogischen Bildungsauftrag in Einklang zu bringen“.“
Werte wie eine eigenständige Meinungsbildung oder Kritikfähigkeit werden durch solche Manöver untergraben.

BAYER strebt augenscheinlich die Beeinflussung möglichst großer Teile der Gesellschaft an – und macht dabei nicht einmal vor Kleinkindern halt.

Herr Schmitt-Lord von der BAYER Science & Education Foundation hat das sogar offen eingeräumt: (Zitat) „Ich muss gestehen, wir fördern die Schulen nicht ganz uneigennützig. Wir sehen das als langfristige Investition“.

Hierzu meine Fragen:
1. mit welchen PR Agenturen arbeitet BAYER im Bereich Schule + Kindergarten zusammen?
2. wie viele verschiedene Unterrichts-Materialien haben BAYER oder BAYER-Tochterfirmen veröffentlicht? Und für welche Jahrgangsstufen?
3. wie viele Beschäftigte befassen sich mit der Erstellung von Lehrmaterialien? Welchen Etat haben sie?

Aus meiner Sicht müssen Grundschulen und Kindergärten ein Schutzraum sein. Werbung hat in Bildungsstätten nichts verloren.

Da der BAYER-Vorstand die Verletzung dieses Schutzraums zu verantworten hat, möchte ich Sie auffordern, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern.

[Aufruf] Aufruf Demonstrationen 17. September 2016

CBG Redaktion

Aufruf zur Demo gegen TTIP und CETA am 17. September

BAYER setzt sich nicht von ungefähr stark für das Freihandelsabkommen TTIP ein, das die EU und die USA abschließen wollen. Allein durch die avisierte Senkung der Zölle erwartet der Leverkusener Multi große ökonomische Vorteile, vor allem bei dem Handel, den er mit sich selbst betreibt. Der Konzern hat seine Wertschöpfungskette nämlich quer über die Kontinente verteilt, die Herstellung von Vorprodukten erfolgt oftmals ganz woanders als die Verarbeitung. „Auch deshalb summiert sich der transatlantische Handel des BAYER-Konzerns jährlich auf einen Milliarden-Betrag, das meiste davon firmen-intern. Durch TTIP könnten wir also in erheblichem Umfang Zollgebühren sparen“, kalkulierte der einstige BAYER-Chef Marijn Dekkers durch. „Am meisten aber würde eine Annäherung von Regulierungen bringen“, sagte er und zählt als Beispiele vereinheitlichte Kriterien für Arzneimittel-Zulassungen und Betriebsinspektionen auf. Auch von laxeren Standards für Pestizide, Gen-Pflanzen und hormonell wirksame Stoffe wie Bisphenol A hofft der Konzern zu profitieren. Summa summarum beziffert er den TTIP-Effekt auf einen Betrag in dreistelliger Millionen-Höhe – im Jahr wohlbemerkt. Und dann wären da noch die Schiedsgerichte, die ihm noch bessere Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Rechtspositionen versprechen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) wendet sich massiv gegen diese Art der Unternehmensbeglückung auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt. Sie beteiligt sich deshalb aktiv an den Kampagnen gegen TTIP, CETA & Co. und nimmt am 17. September auch an den bundesweiten Protesten gegen die Handelsabkommen teil.

[CBG/Pehrke] Redebeiträge HV 2017

CBG Redaktion

Jan Pehrke (CBG): MONSANTO-Übernahme

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Jan Pehrke. Ich bin Journalist, gehöre dem Vorstand der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN an und möchte heute zum Thema „MONSANTO-Übernahme“ sprechen.

BAYER schickt sich an, MONSANTO zu übernehmen und damit der mit Abstand größte Agro-Konzern der Welt zu werden. Käme der Deal vollumfänglich zustande, betrüge der Markt-Anteil beim gen-manipulierten Saatgut weit über 90 Prozent, bei den konventionellen Saaten läge er bei 30 Prozent und bei den Pestiziden ungefähr bei 25 Prozent. Dazu eine erste Frage:

Eine Dominanz von weit über 90 Prozent im Genpflanzen-Bereich kommt einem Monopol gleich. Sieht der Vorstand das genauso so oder hat er vielleicht doch eine Vorstellung davon, wie unter diesen Bedingungen andere Anbieter zum Zuge kommen sollen?

Auf welche Weise BAYER seine neue Wirtschaftsmacht zu nutzen gedenkt, sollten die Behörden den Deal genehmigen, davon hat uns der Konzern im Vorfeld dieser Hauptversammlung schon einmal einen Vorgeschmack geliefert: Er hat versucht, die Hauptversammlung vor den Protesten gegen das Vorhaben abzuschirmen und damit das Demonstrationsrecht zu beschneiden. Stellen Sie sich so etwa den Dialog mit den Kritikern vor, den Sie angeblich führen wollen?

Aber nicht nur für die Demokratie hat die Transaktion Risiken und Nebenwirkungen, sondern auch für die LandwirtInnen, VerbraucherInnen, die Beschäftigten und die Standort-Städte. Die LandwirtInnen müssten etwa mit höheren Preisen rechnen. So sagte Jim Benham von der US-amerikanischen INDIANA FARMERS UNION, ich zitiere:

„Der Merger wird den Landwirten wehtun. Je mehr Konsolidierung wir bei den Anbietern unserer Betriebsmittel haben, desto schlimmer wird’s“

Der BAYER-CROPSCIENCE-Chef Liam Condon hat Preis-Erhöhungen deshalb gegenüber der New York Times auch gar nicht erst ausgeschlossen. Allerdings versicherte er scheinheilig, BAYER würde den FarmerInnen dafür in jedem Fall einen Mehrwert bieten. Dazu jetzt meine Frage:

Plant BAYER im Falle einer Übernahme von MONSANTO wirklich Preis-Erhöhungen oder kann der Vorstand mir hier und heute eine Garantie dafür geben, dass die Preise zumindest in den zwei kommenden Jahren auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben?

Darüber hinaus hätten die LandwirtInnen weniger Auswahl, wenn der Konzentrationsprozess im Agro-Business weiter fortschreitet und nur noch vier Große mit BAYER an der Spitze übrig bleiben. Dabei ist heute schon ein beträchtlicher Innovationsstau zu beklagen. Und der hängt mit den oligopol-artigen Strukturen der Branche zusammen, wie der BAYER-Konzern selbst einräumt. Ich zitiere seinen Forscher Dr. Hermann Stübler:

„Seit über 25 Jahren hat die weltweite Pflanzenschutz-Industrie kein wirtschaftlich bedeutendes Herbizid mit neuem Wirkmechanismus mehr für Flächen-Kulturen entwickelt und auf den Markt gebracht – unter anderem eine Folge der Konsolidierung der Industrie, die mit einer deutlichen Reduktion der Forschungsaufwendungen für neue Herbizide einherging.“

Auch das Angebot beim Saatgut ginge durch die Übernahme zurück. Und die schrumpfende Sorten-Vielfalt bekämen die VerbraucherInnen dann in den Supermärkten zu spüren. Auf die Beschäftigten hätte die MONSANTO-Übernahme ebenfalls Auswirkungen. So sind die bei Transaktionen dieser Art immer viel beschworenen Synergie-Effekte mit Arbeitsplatz-Vernichtungen verbunden. Zudem könnte die durch den Deal enorm angewachsene Schuldenlast BAYER zwingen, sich von Unternehmensteilen zu trennen und/oder Rationalisierungsmaßnahmen einzuleiten, was ebenfalls mit Job-Verlusten verbunden ist. Überdies drohen zusätzliche Stellen-Streichungen durch die Auflagen der Kartell-Behörden, sich von bestimmten Produkt-Linien zu trennen. BAYER rechnete da zunächst mit Geschäften im Umfang von 1,6 Milliarden Dollar Umsatz, erhöhte die Zahl dann aber auf 2,5 Milliarden. Dazu eine Frage:

Was bedeutet die Zahl von 2,5 Milliarden Dollar auf Arbeitsplätze umgerechnet?

Unter der Übernahme hätten schließlich auch die Standort-Städte zu leiden. BAYER pflegt seine Großeinkäufe nämlich immer von der Steuer abzusetzen. Als der Konzern 2014 von MERCK die Sparte mit den nicht rezeptpflichtigen Arzneien erwarb, verkündete er frank und frei, ich zitiere:

„BAYER rechnet ab dem ersten Jahr nach dem Vollzug mit signifikanten Steuer-Einsparungen.“

Auch jetzt hat BAYER laut Geschäftsbericht wieder bestimmte Erwartungen hinsichtlich der – ich zitiere:

„steuerlichen und bilanziellen Behandlung der Transaktion“

Dazu eine Frage:

„Wie sehen diese Erwartungen konkret aus, wie viel Gewerbesteuer hofft BAYER durch den Deal zu sparen?“

Zu allem Übel hat BAYER sich auch noch freimütig zur Geschäftspolitik MONSANTOs bekannt. So findet es der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann legitim, LandwirtInnen Lizenz-Verträge für Saatgut aufzuzwingen und die Gerichte zu bemühen, falls die Bauern und Bäuerinnen es dann wieder aussäen, ohne zu zahlen. Regelrecht begeistert zeigt er sich von diesem Vorgehen, ich zitiere:

„MONSANTO hat ein völlig neues Geschäftsmodell etabliert und marktfähig gemacht.“

Selbst die Klagen gegen FarmerInnen rechtfertigt Werner Baumann:

„Wenn man ein solches Verhalten als Unternehmen toleriert, entzieht man dem Geschäftsmodell die Basis. MONSANTO hat nur seine Rechtsposition verteidigt“.

Auch gegen das Pestizid Glyphosat, das in Verdacht steht, Krebs zu erregen, hat er nichts und nennt das Ackergift, ich zitiere:

„Ein sehr gutes und auch gut erforschtes Herbizid von MONSANTO, das auch weiterhin seine Daseinsberechtigung haben wird.“

Und dass sich in Indien schon hunderttausende FarmerInnen umgebracht haben, weil sie das teure, aber nur wenig Erträge einbringende Gentech-Saatgut von MONSANTO in den Ruin getrieben hat, streitet der Vorstandsvorsitzende schlichtweg ab.

„So etwas wird nicht dadurch wahr, dass NGOs sich gegenseitig bestätigen und in ihrer Kritik noch bestärken“, sagt er.

Dazu jetzt meine Fragen:

Wird BAYER wirklich das Lizenz-System von MONSANTO übernehmen?

Und wird BAYER alle Prozesse fortführen, die MONSANTO in dieser Sache gegen LandwirtInnen führt?

BAYER selber zählt im Geschäftsbericht im Zusammenhang mit der angestrebten MONSANTO-Übernahme zahlreiche Risiken auf, aber zu den Risiken, die aus den zahlreichen Prozessen erwachsen, in die MONSANTO verwickelt ist - ich nenne hier nur beispielhaft die Schadensersatz-Prozesse, die Geschädigte der Chemikalie PCB gegen den Konzern angestrengt haben, findet sich dort nichts. Deshalb meine Frage:

Hat BAYER schon durchgerechnet, welche finanziellen Risiken mit diesen gerichtlichen Auseinandersetzungen von MONSANTO verbunden sind?

Erwähnung finden im Geschäftsbericht hingegen andere Risiken wie etwa die, dass sich die Synergie-Effekte doch nicht im gewünschten Maß einstellen, dass sich die Integration MONSANTOs schwieriger erweist als erwartet, dass die Umsatz-Erwartungen sich nicht erfüllen, dass die Schuldenlast zu einem Problem werden könnte und es mehr Auflagen von Seiten der Behörden gibt, als der Konzern einkalkuliert hat.

Zum letzten Punkt habe ich zwei Fragen:

1. In welchen Ländern hat BAYER bereits die Genehmigung für den Deal beantragt und in welchen Ländern plant der Konzern es noch?

2. Die indische Behörde hat BAYERs Antrag beanstandet und zusätzliche Unterlagen angefordert. Und in Brüssel bei der Wettbewerbsbehörde gestalten sich laut Pressemeldungen schon die Vorgespräche schwierig. Gibt es ähnliche Probleme auch in anderen Staaten?

Zu den Risiken zählt der Geschäftsbericht des Weiteren, ich zitiere

„Schwierigkeiten in der Aufrechterhaltung bestehender Beziehungen mit Arbeitnehmern“.
Das ist aber kein Risiko mehr, sondern schon längst Realität. Als erstes hat Herr Baumanns Vorgänger, Marijn Dekkers, das Unternehmen vorzeitig verlassen, weil er gegen den Kauf war. Dazu jetzt meine Frage:

Warum sträubte sich Marijn Dekkers seinerzeit gegen den Plan, MONSANTO zu übernehmen? Welche Argumente hatte er?

Auch an die AktionärInnen möchte ich appellieren, sich noch einmal in Gedächtnis zurückzurufen, dass sich der ehemalige BAYER-Vorstandsvorsitzende mit Händen und Füßen gegen die MONSANTO-Übernahme wehrte und deshalb sogar seinen Vertrag früher auflöste. Wir haben Marijn Dekkers an dieser Stelle oft kritisiert, während Sie nichts auf ihn haben kommen lassen. Deshalb sollte ihnen seine Haltung in dieser Sache zu denken geben, meine ich.

Und ebenfalls zu denken geben sollte Ihnen, dass BAYER nicht gewillt ist, Sie zu der Übernahme zu befragen. Christian Strenger, der Direktor des Centers for Corporate Governance bezeichnet ein solches Vorgehen als „juristisch umstritten“ und sagt, ich zitiere:

„Wer den mündigen Aktionär will, sollte ihn also in seiner Rolle als Eigentümer und Risiko-Träger gerade bei Mega-Fusionen ernst nehmen“

Nicht zuletzt, weil BAYER das nicht tut, möchte ich Sie auffordern:

Entlasten Sie Vorstand und Aufsichtsrat nicht!!!

Stimmen Sie auch gegen den Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat zur Gewinn-Verwendung!!!

Folgen Sie auch nicht den Vorschlägen des Managements zur Neubesetzung des Aufsichtsrats !!!

Stimmen Sie stattdessen für die entsprechenden Gegen-Anträge der Coordination gegen BAYER-Gefahren!!!

Wenn Sie die Veranstaltung vorzeitig verlassen, können Sie uns ihren Stimmblock aushändigen. Sie finden uns wie immer vorne links im Saal.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[PR-Kampagne] Presse-Information CBG 12.11.19

CBG Redaktion

BAYER in Not

PR-Kampagne soll das Image aufbessern

Mit der „

  • voranbringen“-Kampagne versucht der BAYER-Konzern auf die schlechte Publicity zu reagieren, die ihn seit der MONSANTO-Übernahme kontinuierlich in den Schlagzeilen hält. Mittlerweile ist das Unternehmen in ernsthafter Bedrängnis, denn in den USA ziehen immer mehr Geschädigte des Pestizids Glyphosat vor Gericht. Nunmehr sind bereits rund 42.700 Klagen anhängig.

Die Kampagne geriert sich als authentische Stimme der Belegschaft und setzt diese als freudige Konzern-Botschafter*innen in Szene. „Damit überdeckt der Leverkusener Multi die Tatsache, dass er die verheerenden Folgen der MONSANTO-Akquisition auf eben diese Beschäftigten abgewälzt hat. Im Zuge der Transaktion wurden nicht weniger als 12.000 Arbeitsplätze vernichtet“, konstatiert Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG).

Zudem bestreitet der Global Player den Belegschaftsangehörigen das Recht auf freie Meinungsäußerung und drangsaliert sie mit autoritären Methoden. So verpasste er ihnen im Vorfeld des MONSANTO-Deals einen Maulkorb. Von der Geschäftsleitung kam die Anweisung: „Vermeiden Sie Spekulationen und Kommentare zu der Übernahme oder den möglichen Auswirkungen sowohl gegenüber Ihren Kollegen als auch gegenüber externen Personen. Das umfasst auch die sozialen Medien.“ Stattdessen gab der Agro-Riese seinen Angestellten einen Leitfaden mit Sprachregelungen zu dem umstrittenen Deal an die Hand, die er „Argumente für die Hosentasche“ nannte.

In der Image-Kampagne versucht die Aktien-Gesellschaft sogar, sich als Klima-Kümmerer zu inszenieren. Auf einem der Plakate bekennt eine Frau namens Bärbel: „Meine Nichte und ich engagieren uns beide für den Klimaschutz. Sie geht demonstrieren und ich gehe zu BAYER.“ CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann stellt diesem PR-Schachzug die Fakten gegenüber: „Der Versuch, sich positiv auf die Klimabewegung zu beziehen ist vordergründig und unverschämt angesichts eines Kohlendioxid-Ausstoßes, der im Jahr 2018 nicht weniger als 5,45 Millionen Tonnen betrug. Genau dies kritisierten die Schüler*innen von Fridays for Future dann auch auf der letzten BAYER-Hauptversammlung, und der Konzern hatte nach dem Aktionär*innen-Treff nichts Besseres zu tun, als die Forderungen der Aktivist*innen in Tweets als unrealistisch und inhaltslos zu denunzieren.

Dementsprechend wenig Überzeugungskraft kann „

  • voranbringen“ entfalten. In den sozialen Medien fällt die Reaktion auf die Kampagne harsch aus. Unter Fotos von BAYER-Werbeplakaten, welche die User*innen mit ihren Handykameras aufgenommen haben, stehen Kommentare wie „Schämt ihr euch denn gar nicht?“ und „So viel Zynismus muss man sich auch erst mal zutrauen“.

„Nachdem die ‚Wir haben verstanden’-Kampagne vom Juni erfolglos blieb, versucht der Leverkusener Multi sich nun einmal mehr als umweltfreundlich und innovativ darzustellen. Es wird der alte Geist der BAYER-Familie beschworen, der längt verpufft ist – falls es ihn denn je gab – und Gesprächsbereitschaft signalisiert, aber von hochproblematischen Produkten wie Glyphosat nicht abgerückt“, hält Stelzmann abschließend fest.

Pressekontakt:
Marius Stelzmann 0211/33 39 11

[Artikel epd] Kampagne gegen Kinderarbeit

CBG Redaktion

epd Entwicklungspolitik, Heft 8/9, April 2004

Agromultis tolerieren Kinderarbeit im Saatgutanbau

Shanta Sinha kritisiert Halbherzigkeit der Konzerne

„Derzeit geht es ziemlich langsam voran“, klagt Shanta Sinha, Hauptaktivistin der indischen Kinderrechtsorganisation MV Foundation. Sie spricht von nur schleppenden Fortschritten beim Kampf gegen Kinderarbeit im Baumwollsaatgutanbau. In der Produktion von hybridem Baumwollsaatgut sind heute in Indien mehr Kinder beschäftigt als in anderen bekannten Produktionsbereichen wie der Teppichherstellung oder der Verarbeitung von Edelsteinen. Die Vertragslandwirte stellen Kinder ein, vor allem Mädchen, weil diese für wesentlich weniger Geld pro Stunde arbeiten als Erwachsene. Das Saatgut wird über Zwischenhändler an große Agrarmultis verkauft. Eine Studie des indischen Instituts „Global Research and Consultancy Service“ hatte im Jahr 2003 diese Zusammenhänge aufgezeigt und die Verantwortung von multinationalen Saatgutunternehmen hervorgehoben, u.a. der Bayer-Tochter ProAgro (vgl. epd-Entwicklungspolitik 16/17 2003, S. 11).

„Anfangs hat keine der multinationalen Firmen überhaupt akzeptiert, dass sie für die Ausbeutung von Kindern in der Baumwollsaatgutproduktion verantwortlich ist. Aber der Druck durch Medien und Advocacy-Gruppen in Europa zwang sie dazu, mit der MV Foundation Gespräche zu führen“, berichtet Shanta Sinha. Doch die Unternehmen können entscheiden, bei wem sie das Saatgut einkaufen und haben Einfluss auf die Verträge und damit auch die Möglichkeit, Kinderarbeit zu unterbinden. „Inzwischen haben alle zugestimmt, sich gemeinsam für die Abschaffung von Kinderarbeit einzusetzen. Innerhalb des Verbandes der Saatgutindustrie hat sich eine ‚Child Labour Eradiction Group‚ gegründet, die sich regelmäßig mit den Bauern trifft, um das Problem der Kinderarbeit zu erörtern. Sie haben akzeptiert, dass sie Teil des Problems sind und deshalb Verantwortung übernehmen müssen, um das Problem zu lösen.“

Was tun sie wirklich
Als konkrete Initiative schlug z.B. ProAgro/Bayer vor, eine Bewusstseinskampagne zu starten, dass Kinder nicht arbeiten sollten. „Wir haben ihnen erzählt, dass jeder Mensch im Distrikt Kurnool weiß, dass Kinderarbeit nicht gut ist - dafür braucht kein Bewusstsein geschaffen werden“. Was die MV Foundation dagegen fordert, ist ein klares Bekenntnis der Konzerne gegen Kinderarbeit. „Es ist nicht ausreichend, dass sie nur in ihre Verträge eine Klausel aufnehmen, dass Kinder nicht eingestellt werden sollen. Das haben sie im vergangenen Jahr auch gemacht und es hat sich nichts verändert. Sie müssen eine wirksame Ansage an die Bauern geben, dass sie keine Kinderarbeit tolerieren werden“, so Shanta Sinha. Gleichzeitig soll diese Verpflichtung auch den Medien mitgeteilt werden. Und die Vereinbarungen müssen natürlich auch kontrolliert werden. Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Konzerne mehr zahlen, damit auch erwachsene Arbeitskräfte bezahlt werden können.

Druck aus Deutschland ist wichtig
Neben den Gesprächen und der Kontrolle vor Ort ist es aber auch wichtig, bei den Konzernzentralen im Norden Druck zu entfalten. Neben der moralischen Selbstverständlichkeit, dass Kinderarbeit nicht zu tolerieren ist, fordern auch internationale Regelungen von den Unternehmen, Kinderarbeit zu unterbinden. Die Normen 138 und 182 der internationalen Arbeitsorganisation ILO wenden sich gegen Kinderarbeit, ebenso fordern die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, keine Kinder einzustellen, und dass diese Regelungen auch für die Zulieferer gelten. Darüber hinaus hat sich Bayer mit dem Beitritt zum Global Compact selbst dazu bekannt, keine Kinderarbeit zu tolerieren.

Deshalb haben die Coordination gegen Bayer-Gefahren, Germanwatch und der Global March against Child Labour an die Bayer AG geschrieben, um ihre Besorgnis über die Verwicklung deutscher Konzerne in Kinderarbeit in Indien auszudrücken und unverzügliche Gegenmaßnahmen gefordert. Im Antwortbrief zählt die Bayer AG eine ganze Reihe von Aktivitäten auf, zur Forderung nach höherer Bezahlung nimmt sie jedoch nicht Stellung.

Vor Ort hat ProAgro von selbst das Gespräch mit der MV Foundation gesucht und anerkannt, dass Kinderarbeit ein ernsthaftes Problem sei, in Deutschland hätte man sich bis zum Bayer-Aufsichtsrat damit befasst. „Niemand von uns hat die europäischen Lobbyisten erwähnt, aber es war ganz eindeutig, dass die Firma nur aufgrund des Drucks von dieser Seite zu Diskussionen mit uns kommen würden“, unterstreicht Shanta Sinha die Bedeutung dieser Kooperation von lokalen und internationalen Aktivisten.

Aktuell fordert die MV Foundation von den Unternehmen, dass die Verträge mit den Zulieferern der MV Foundation zugänglich gemacht werden. Sie wollen wissen, ob die Unternehmen klar genug die Nichteinstellung von Kindern fordern. „Wir haben ihnen erklärt, dass während es auf der höchsten Ebene der Unternehmen sichtbar Druck gab, keine Kinder zu beschäftigen, dieser Druck nicht ausreichend genug bis in die untersten Ebenen kommuniziert wurde.“

Diese Saison ist entscheidend
„Es geht immer wieder auf und ab“, bedauert Shanta Sinha. Und für die aktuell im März angelaufene Saison zeichnet sich noch keine entscheidende Verbesserung ab, dabei bezeichnet Shanta Sinha diese als „entscheidend für die Kinder in diesem Gebiet“. In diesen Wochen werden die neuen Verträge mit den Bauern abgeschlossen. Und es ist noch nicht so, dass das Problem schon fast gelöst wäre, wie es die Konzerne gerne darstellen. Es gibt noch genügend Hinweise auf Kinderarbeit.

Shanta unterstreicht: „Wir sind komplett vorbereitet und würden als Wächter zur Verfügung stehen.“ In 4.300 Dörfern ist die MV Foundation aktiv, über 80.000 Freiwillige unterstützen ihre Arbeit. Durch die eingerichteten ,Kinderschutzkomitees‘ wollen sie Informationen sammeln und diese der Saatgutindustrie und dem Arbeitsministerium auf Distriktebene zukommen lassen. In Zusammenarbeit mit dem Labour Department sollen Mitteilungen an alle Arbeitgeber - die Bauern und die Saatgutindustrie - geschickt und ihnen mit rechtlichen Schritten gedroht werden. Wenn sich jedoch keine Fortschritte verzeichnen lassen, dann sind sowohl in Indien als auch in Deutschland noch weitere Schritte möglich und in Vorbereitung, um Druck auf die Unternehmen auszuüben. Das Thema soll auch Ende April bei der Aktionärsversammlung der Bayer AG zur Sprache gebracht werden.

Cornelia Heydenreich arbeitet bei Germanwatch zum Thema Unternehmensverantwortung

[Unterschrift] Forderung unterstützen

CBG Redaktion

Ich fordere den BAYER-Konzern und die RZR Herten auf, kein Hexachlorbenzol aus Australien zu verbrennen

[contact-form-7 id="13930" title="generisch kontakt"]

Schreiben Sie auch direkt an die verantwortlichen Politiker in Australien:

The Hon. Malcolm Turnbull MP Minister for the Environment and Water Resources
Email: malcolm.turnbull.mp@aph.gov.au

The Honorable Kevin Rudd, Leader of the Opposition
Email: Kevin.Rudd.MP@aph.gov.au

to the Leader of the Green Party, Senator Bob Brown
Email: senator.bob.brown@aph.gov.au

Resolution Against the Import of Australian Toxic Waste

Dear Sir,
we would like to object in the strongest terms to the proposed export by the company, Orica Australia of up to 22,000 tones of the toxic persistent organic waste hexachlorobenzene to Germany for disposal.
Australia is a highly developed country and is morally bound to minimize transboundary movements by achieving national self- sufficiency in waste management. We do not accept that it is good environmental management for Australia to transport its highly toxic waste across the globe and to impose this burden on our community.
This proposed export is damaging Australia‚s good environmental reputation in both Germany and Europe.
As members of affected communities in Germany we ask you to soundly reject this export proposal and ensure Orica‘s hazardous waste remains in Australia and is safely treated by Australian technology.

Yours Sincerely,
(Unterschrift)

Hier die Übersetzung:

Sehr geehrte Herr
Resolution gegen den Import von australischen Abfallstoffen-
wir/ich/ meine Familie/ meine Organisation möchte(n) uns aufs schärfste gegen das beabsichtigte Vorhaben durch die Firma Orica Australien aussprechen, die bis zu 22.000 Tonnen des giftigen langlebigen organischen Umweltgiftes Hexachlorbenzol zur Verbrennung nach Deutschland, zu exportieren.
Australien ist als hochentwickeltes Land moralisch verpflichtet, grenzüberschreitende Transporte zu minimieren und eigene nationale Anlagen zur Abfallbehandlung zu schaffen. Wir glauben nicht, dass es gutes Umweltmanagement ist, wenn Australien im großem Maß giftigen Abfallstoff über den Globus transportiert, um uns diese Altlasten zu überlassen. Der beabsichtigte Export ist geeignet, das Ansehen Australiens, hinsichtlich seines vorbildlichen Umgangs mit der Umwelt, in Europa und in Deutschland schwer zu beschädigen.
Als Bürger der betroffenen Gemeinde in Deutschland bitten wir Sie, diesen Exportantrag nachhaltig zurückzuweisen und sicherzustellen, dass Oricas Giftmüll in Australien verbleibt und mit australischer Technologie sicher behandelt und entsorgt wird.
Hochachtungsvoll

Unterschriftensammlung

CBG Redaktion

Ich fordere, dass Antibaby-Pillen mit einem erhöhten Thrombose- und Embolie-Risiko wie Yaz, Yasminelle und Yasmin vom Markt genommen werden!

[contact-form-7 id="13930" title="generisch kontakt"]