NRW-Landesregierung plant Steuergeschenk
Wasserverbrauch der BAYER-Werke veröffentlicht
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren veröffentlicht erstmals die von den BAYER-Werken in NRW entnommenen Wassermengen. Der Verbrauch des Leverkusener Werks ist demnach doppelt so hoch wie der Trinkwasserbedarf der benachbarten Millionenstadt Köln. Trotz dieses gewaltigen Eingriffs in die Natur schafft die NRW-Landesregierung den sogenannten „WasserCent“ ab. Damit geht einer der wenigen Anreize zum Wasser sparen verloren.
von Philipp Mimkes
Die Fabriken von BAYER entziehen dem Boden enorme Mengen Grundwasser. An mehreren Standorten sank hierdurch der Grundwasserspiegel beträchtlich, so zum Beispiel in Wacken (Schleswig Holstein), wo sich der Boden absenkte und Schäden an Gebäuden entstanden. Das Wackener Wasserwerk versorgt das BAYER-Werk in Brunsbüttel (siehe Stichwort BAYER 4/2008).
Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN erhielt nun über eine Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz Angaben zum Wasserverbrauch der fünf größten BAYER-Werke in Nordrhein-Westfalen (siehe Tabelle). Der jährliche Gesamtbedarf liegt demnach bei etwa 220 Millionen Kubikmetern Grund- und Flusswasser. Mit jährlich rund 130 Mio cbm hat das Leverkusener Werk dabei den höchsten Verbrauch. Das Monheimer BAYER-Werk verbraucht rund 50 Mio Kubikmeter. Zum Vergleich: die rund eine Million Einwohner von Köln benötigen nach Angaben des örtlichen Versorgers RheinEnergie etwa 57 Mio Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr.
Besonders kritisch zu sehen ist daher der hohe Verbrauch von Grundwasser, welches in der Regel sauberer ist als Flusswasser. Während allein das Leverkusener Werk 85 Millionen cbm Grundwasser verbraucht, beziehen große Teile von NRW ihr Trinkwasser aus aufwändig gereinigtem Rheinuferfiltrat. BAYER besitzt für seine Werke „alte Wasserrechte„, die zum Teil bis in das 19. Jahrhundert zurückreichen.
Harald Gülzow vom BUNDESVERBAND BÜRGERINITIATIVEN UMWELTSCHUTZ (BBU) kommentiert: „BAYER muss verantwortlicher mit den Grundwasservorräten umgehen. Deshalb ist dringend in Produktions- und Reinigungsprozesse zu investieren, bei denen keine Abwässer entstehen, sondern das Gebrauchswasser wieder in einem Kreislauf zurückgeführt und aufbereitet wird.“
Um einen Anreiz zu schaffen, den Wasserverbrauch zu senken, hatte die damalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn im Jahr 2003 ein Wasserentnahmeentgelt eingeführt – bis dahin hatte der Konzern keinerlei Gebühren für die gewaltige Wasserentnahme entrichtet. Der sogenannte WasserCent für entnommenes Grund- und Oberflächenwasser liegt je nach Nutzung zwischen 0,3 und 4,5 Cent pro Kubikmeter. Das jährliche Aufkommen in NRW in Höhe von 86 Millionen Euro wird etwa zur Hälfte von privaten Haushalten und der Industrie entrichtet. Die Einnahmen sind zweckgebunden, das Land finanziert damit Maßnahmen zum Gewässerschutz im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. BAYER, bzw. die BAYER-Tochterfirma CURRENTA, zahlte im vergangenen Jahr rund 4,6 Millionen Euro.
WasserCent abgeschafft
Die schwarz-gelbe Landesregierung beschloss nun, den WasserCent schrittweise abzuschaffen. Damit kommt die Regierung Rüttgers einer langjährigen Forderung der Industrie nach. So hatte BAYER-Chef Werner Wenning bereits vor der Einführung des WasserCent kritisiert: „Diese landesspezifische Regelung führt zu gesteigerten Produktionskosten und wirft den gesamten Wirtschaftsstandort NRW, insbesondere aber die chemische Industrie mit ihren wasser- und energieintensiven Betrieben, auch im Vergleich mit anderen Bundesländern, zurück.” Im August diesen Jahres bezeichnete Wenning den WasserCent trotz der vergleichsweise geringen Summen erneut als „Investitionshemmer“, und forderte – parallel zur ermäßigten Ökosteuer für große Energieverbraucher – eine Entlastung. Auch der von der Landesregierung NRW eingeführte „Dialog Wirtschaft und Umwelt“, in dem BAYER und RWE (nicht aber die Umweltverbände) vertreten sind, hatte stets die Abschaffung gefordert.
Vor dem Hintergrund des hohen Wasserverbrauchs von BAYER kritisierten der BUND, die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und der BUNDESVERBAND BÜRGERINITIATIVEN UMWELTSCHUTZ die Entscheidung in einer gemeinsamen Stellungnahme. Paul Kröfges, NRW-Landesvorsitzender des BUND: „Aus der Sicht des BUND ist das Wasserentnahmeentgelt unverzichtbar, denn es stellt einen wichtigen Anreiz dar, Wasserentnahmen auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken. Insbesondere für die Entnahme von Kühlwasser wäre im Gegenteil eine deutliche Anhebung der Abgabe erforderlich, um den erheblichen Auswirkungen der Erwärmung unserer Gewässer Rechnung zu tragen.“ Untermauert wird diese Ansicht durch eine aktuelle Studie des BUND, die die Erwärmung des Rheins dokumentiert und insbesondere die Belastungen durch die Kühlwassernutzungen darstellt.
Die Abschaffung des Wasserentnahmeentgelts wird auch die künftige Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erschweren – entweder werden Projekte zum Gewässerschutz gestrichen, oder die Bürger werden über den Umweg anderer Steuermittel mit den erforderlichen Kosten belastet. Deutlich gerechter gewesen wäre es, die Verursacher der Gewässerbelastungen weitgehender in die Pflicht zu nehmen.
Die von BAYER entnommenen Wassermengen (in Kubikmeter/Jahr):
2008 – 2007 – 2006 – 2005
Werk Leverkusen
Rheinwasserwerk: 45.538.921 – 59.006.356 – 44.001.389 – 42.503.718
Grundwasser: 85.608.897 – 89.957.325 – 92.010.147 – 87.083.140
Werk Monheim 52.691.314 – 46.796.344 – 41.399.608 – 46.554.953
Werk Dormagen
Brunnen Worringen: 17.873.420 – 17.327.201 – 19.634.105 – 19.786.530
Brunnen Dormagen: 7.484.009 – 7.779.134 – 7.996.759 – 7.885.573
Werk Krefeld 3.047.057 (vorl.) – 16.625.913 – 16.966.824 – 16.472.239