Westdeutsche Allgemeine, 16. Juni 2007
Giftige Stoffe liegen in der Luft
Feinstaub, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid – zahlreiche Sondermüllverbrennungsanlagen in NRW stoßen im mehr gefährliche Abfälle aus. Beim Geschäft mit dem Sondermüll geht es um viel Geld
Essen. Das Verbrennen von Sondermüll ist in Nordrhein-Westfalen nach wie vor eine hochgiftige Angelegenheit. Das zeigt der Blick auf neu veröffentlichte Daten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv). Demnach lag in zahlreichen Sondermüllverbrennungsanagen bei der bislang letzten Messung 2004 der Ausstoß bestimmter Giftstoffe viel höher als bei der vorherigen Messung m Jahr 2000.
Zum Beispiel bei BASF in Münster. Dort lag der Ausstoß von Kohlenmonoxid im Jahr 2004 bei 388 Kilogramm. Vier Jahre zuvor waren es nur 183 Kilogramm. Bei Dynamit Nobel in Leverkusen stieg der Schwefeldioxid-Ausstoß von 758 Kilogramm im Jahr 2000 auf 2637 Kilogramm. Schweldioxid trägt in erheblichem laß zur Luftverschmutzung bei. Ebenfalls deutlich in die Höhe gingen dort die Feinaub-Emissionen. Von gut 600 Kilogramm auf über 900 Kilogramm.
Feinstaub gehört zu den gefährlichsten Schadstoffen. Er stetzt sich in der Lunge fest, verursacht Krebs und führt zu Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hauptversacher von Feinstaub ist neben den Kraftfahrzeugen vor allem die Industrie.
Die Ausstoßangaben für die weiligen Anlagen beruhen auf freiwilligen Angaben der jeweiligen Betreiber. Die sind manchmal nicht immer eindeutig. Etwa bei BASF. So wurde im Jahr 2000 der Ausstoß von gerade sechs Kilogramm Feinstaub angegeben. Vier Jahre später hieß es lediglich, der Ausstoß habe unter 100 Kilogramm gelegen.
Bei Bayer in Leverkusen führten zunächst falsch veröffentlichte Zahlen des Landesamtes zu Verwirrung. Am Ende stellte sich heraus, dass der Ausstoß von Giftstoffen 2004 ähnlich hoch gewesen ist wie vier Jahre zuvor. Das aber ändert nichts an der Tatsache, dass Bayer einsamer Spitzenreiter ist beim Freisetzen gefährlicher Stoffe. Allein in der Leverkusener Anlage wurden 2004 knapp 22 Tonnen Schwefeldioxid freigesetzt, zehn Tonnen Ammoniak und 160 Tonnen Stickoxide. In der Bayer-Anlage in Dormagen gingen 67 Tonnen Stickoxide und knapp fünf Tonnen Schwefeldioxid in die Luft.
Sowohl in Leverkusen als auch in Dormagen sollten 4500 von 22 000 Tonnen australischen Giftmülls verbrannt werden. Außerdem in einer Anlage in Herten und in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein). NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) hat diesen Import jetzt untersagt. Das Verbrennen von Sondermüll in deutschen Anlagen ist ein lohnendes Geschäft. Es geht um viel Geld. Die Entsorgung des australischen Sondermülls hätte allein Bayer rund drei Millionen Euro Umsatz gebracht.
Damit sich die oft überdimensionierten Anlagen rechnen, sind deren Betreiber aber auch auf lukrative Sondermüll-Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. So verwundert es nicht, dass sich Bayer bis zuletzt um den australischen Sondermüll bemühte. Erst im Jahr 2004 nämlich wurde die Kapazität des Dormagener Sondermüllofens von 56 000 Tonnen auf 75 000 Tonnen ausgeweitet.
Giftmüll aus Brunei
In NRW gibt es 13 Sondermüllverbrennungsanlag Davon sind zwölf im Besitz von Chemiekonzernen, Gefüttert werden viele diese Anlagen mit Giftabfällen aus dem Ausland. Die Liste ist lang Quecksilber-Reste aus Brunei, aus Kolumbien kamen Chemikalien, aus Mexiko PCB Öle. Zwischen 1999 und wurde aus 52 Staaten Müll nach NRW geliefert. online Diskussion: Sondermüll in NRW verbrennen? Von Wolfgang Pott