Leverkusener Anzeiger, 27. April 2010
Bayer
Protest gegen Nano-Anlage
Für die am Freitag stattfindende Bayer-Hauptversammlung in der Kölner Messe wird mit Protesten gerechnet. Konzerngegner und Umweltschützer kritisieren die neue Produktionsanlage für Kohlenstoff-Nanoröhren.
Leverkusen – Die Bayer-Hauptversammlung am Freitag in der Kölner Messe wird nicht ohne Proteste über die Bühne gehen. Zu den etablierten Konzerngegnern von der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ gesellen sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Sie kritisieren die neue Produktionsanlage für Kohlenstoff-Nanoröhren, mit deren Bau Bayer Material Science im Januar im Chempark begonnen hat und die im Sommer in Betrieb gehen soll. Die weltweit größte Anlage ihrer Art sei von der Kölner Bezirksregierung als „Versuchsbetrieb“ eingestuft worden, erklärten am Montag BUND und BBU. Deshalb habe Bayer kein Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz durchlaufen müssen: „Der Bau der Fabrik beruht lediglich auf einer Genehmigung des Leverkusener Bauamts“, heißt es in einem Brief von BUND und BBU, den die „Coordination“ verbreitete.
Das reicht den Umweltorganisationen nicht: „Bei allem Respekt: ein Bauamt ist nicht in der Lage, die Risiken von neuartigen Stoffen zu prüfen. Wir fordern ein Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit sowie eine toxikologische Bewertung der in Leverkusen produzierten Nanotubes“, sagte Claudia Baitinger von der Landesorganisation des BUND. Bayer konnte bis Redaktionsschluss zu dem Vorgang nicht Stellung nehmen.
Neben der Nanoröhrchen-Produktion steht Bayers Antibabypillen-Reihe „Yasmin“ im Fokus der Gegner. Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele wollen am Freitag den erwarteten 4000 Aktionären berichten, was ihnen zustieß. Die 25 Jahre alte Rohrer nahm die Bayer-Pille „Yasminelle“ ein, erlitt im vorigen Juni eine schwere Lungenembolie und sieht einen unmittelbaren Zusammenhang. Tatsächlich steht das in der „Yasmin“ Reihe eingesetzte Hormon Drospirenon im Verdacht, ein höheres Embolie-Risiko mit sich zu bringen. Es widersprüchliche Studien – und rund 1000 Klagen gegen Bayer in den USA.
Weitere Kritik erntet Bayer wegen des Wasserverbrauchs. Axel Köhler-Schnura von der „Coordination“ erklärt, dass der Chempark Leverkusen etwa 130 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr benötigt. Das ist fast das zweieinhalbfache des privaten Verbrauchs der Einwohner von Köln. Alte Wasserrechte versetzten Bayer in die Lage, vor allem Grundwasser zu entnehmen, während die Städte auf aufwändig gereinigtes Rheinuferfiltrat zurückgreifen müssen. Köhler-Schnura fordert mehr Brauchwasserrecycling. Von Thomas Käding