Sehr geehrte Damen und Herren,
ich darf mich und meine Organisation kurz vorstellen:
Helmut Röscheisen, Generalsekretär Deutscher Naturschutzring (DNR), das ist der Dachverband von nahezu 100 Natur- und Umweltschutzverbänden, denen über 5,5 Millionen Einzelmitglieder angehören. Nach dem DGB ist der DNR viertgrößter Dachverband in Deutschland.
Zu unseren derzeitigen Aufgabenschwerpunkten gehören die Auseinandersetzung um die sichere Lagerung von Atommüll, einschließlich der Kommission Endlager sowie eine weitere Altlast, PCB.
Damit komme ich zu unserer heutigen Veranstaltung. Es sollte Vorstand, Aufsichtsrat, MitarbeiterInnen und Aktionäre der Bayer AG sowie die anwesenden Medienvertreter und Gäste dieser Hauptversammlung interessieren, welche Rolle die Bayer AG bei der PCB-Problematik spielt und was sie tun muss, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden.
Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden seit 1929 in großem Umfang industriell erzeugt. Die Bayer AG war einer der großen Produzenten. Heute ist PCB auf allen Kontinenten, in allen Meeren und selbst in der Antarktis verbreitet. PCB lässt sich im menschlichen Fettgewebe nachweisen und wird über die Muttermilch an Neugeborene weitergegeben. Irreparable neurologische Schäden können verursacht werden. Eine PCB-Belastung im Mutterleib kann zu einem verringerten Intelligenzquotient und zu Verhaltensstörungen führen und wird mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und Autismus in Verbindung gebracht. PCB schädigen das Nerven-, Immun-, Hormonsystem sowie die Haut und sind krebserzeugend beim Menschen.
1989 wurden die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von PCB in Deutschland verboten. PCB gehört zum „Dreckigen Dutzend“ persistenter organischer Schadstoffe, deren Herstellung nach dem Stockholmer Übereinkommen von 2004 weltweit unterbunden werden soll.
Im Jahre 2011 wurde der sogenannte EU-Auslösewert bei dioxinähnlichem PCB, der eine Warnfunktion hat, in Deutschland bei Rindfleisch in 188 von 220 Proben um das Doppelte überschritten. Anstelle nach den Quellen der PCB-Belastung zu suchen, wurde dieser Wert auch auf Drängen des damaligen Umweltministers Röttgen einfach verdoppelt.
Inzwischen haben wir nach der Auswertung aktueller Studien und unserer hochrangigen Fachtagung im vergangenen Jahr wesentliche Ursachen der heutigen, viel zu hohen PCB-Belastung ermittelt. Dazu gehört der Baubereich.
Die Bayer AG hat etwa 20.000 Tonnen PCB für Fugenverdichtungsmassen hergestellt. Sie wurden in den 60er und 70er Jahren in Zweckbauten wie Schulen, Kindergärten, Universitäten, aber auch Schwimmbädern verbaut. Der größte Teil dieser PCB-haltigen Stoffe befindet sich noch heute in den Gebäuden. Durch Ausdünstung gelangen schätzungsweise jährlich 10 t in die Umwelt. Hinzu kommt in manchen Gebäuden durch die Ausgasung eine große Innenraumbelastung. Der Vorsorgewert von 300 ng PCB/m3 wird öfters überschritten. Statt der in der PCB-Richtlinie für diese Gebäude empfohlenen regelmäßigen Lüftung der Räume, müssen die PCB-haltigen Materialien fachgerecht entfernt werden.
Wir wissen bis heute nicht, welche Gebäude betroffen sind. Beispielsweise wurde im Dezember 2013 im Kölner Unicenter eine zu hohe PCB-Belastung festgestellt. Bisher gibt es keine Inventarisierungs- und Beseitigungspflicht für PCB in offener Anwendung wie bei Fugen. Schweden könnte als Beispiel dienen, das ein derartiges Inventar aufgebaut hat.
Meine Frage lautet daher: Ist die Bayer AG bereit, für eine Inventarisierung und Beseitigung der PCB-Belastungen im Baubereich finanzielle Mittel bereit zu stellen?