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junge Welt

Junge Welt, 4. Dezember 2014

Kriegsverbrecher

Carl-Duisberg-Straße wird umbenannt

Bayer-Generaldirektor taugt wegen seiner Verantwortung für Gaskrieg und Zwangsarbeit nicht als Vorbild

Am Ende ging es schnell: eine Mehrheit aus SPD, Grünen, Linken und Piraten stimmte am vergangenen Mittwoch für die Umbenennung der Dortmunder Carl-Duisberg-Straße in Kleine Löwenstraße. Ein Brief der Firma Bayer, die die Namensänderung in letzter Minute verhindern wollte, fand keine Berücksichtigung.
Damit kam ein Verfahren zum Abschluss, das drei Jahre zuvor mit einem Aufruf der Coordination gegen BAYER-Gefahren begonnen hatte. Zum 150. Geburtstag des ehemaligen BAYER-Chefs forderte das Netzwerk eine Umbenennung der nach Duisberg benannten Straßen – so in Bonn, Frankfurt, Dormagen und Leverkusen –, der gemeinnützigen Carl Duisberg-Centren und des Wuppertaler Carl Duisberg-Gymnasiums.
Der ehemalige Dortmunder Ratsherr Richard Kelber nahm dies zum Anlass, einen Bürgerantrag zur Umbenennung der Carl-Duisberg-Straße zu stellen. Zunächst wurde der Antrag mehrfach vertagt, dann sollte er in geheimer Sitzung beraten werden – angeblich, um die Persönlichkeitsrechte (!) des 1935 verstorbenen Duisbergs zu schützen. Doch nach öffentlicher Kritik forderten SPD, Grüne und CDU in einem gemeinsamen Antrag an das Dortmunder Stadtarchiv, alle Straßen zu untersuchen und eine Liste untragbarer Namenspaten vorzulegen. Schließlich wurde im September 2014 eine Aufstellung mit sechs Namen vorgelegt, die man sich »als weltoffene Stadt nicht leisten kann«, so Dr. Stefan Mühlhofer, Leiter des städtischen Archivs. Zum ehemaligen Bayer-Chef heißt es in der Stellungnahme: »In der Bewertung der Person Carl Duisbergs durch das Stadtarchiv wurden durchaus auch die bis heute positiv zu wertenden Aspekte in seiner Lebensleistung berücksichtigt. Nichtsdestotrotz empfiehlt das Stadtarchiv eine Umbenennung.« Denn: »Während des Ersten Weltkriegs wurde unter seinem Vorsitz Giftgas für den Kriegseinsatz produziert. (…) Duisberg gehörte zu den führenden deutschen Industriellen, die während des Krieges die – auch nach dem damals geltenden internationalen Kriegsrecht illegale – Deportation belgischer Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland durchsetzten. (…) Er war von Beginn an Gegner der Weimarer Demokratie.«
In den 20er Jahren hatte sich Duisbergs Lebenstraum, der Zusammenschluss der deutschen Chemie-Industrie zur IG Farben, erfüllt. Duisberg organisierte Spenden an rechte Parteien, spätestens seit 1930 auch an die NSDAP. Von den Nationalsozialisten erhielten die IG Farben im Gegenzug Absatzgarantien für synthetischen Treibstoff und Kautschuk. In der Folgezeit kooperierte kein Unternehmen so eng mit dem Nazireich.
Dennoch setzt die Firma Bayer bis heute unbeirrt auf ihren einstigen Lenker. Zum 150. Geburtstag veröffentlichte der Konzern eine Eloge, in der von Duisbergs »Ziel, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern« ebenso die Rede ist wie von seinem angeblichen sozialen Engagement.

Philipp Mimkes ist Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V.

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